Die Holmes-Hochzeit
Die Holmes-Hochzeit
Evelyn PoV
Als ich mit Greg am Anwesen von Sherlock's Eltern ankam, hatte ich die Hiobsbotschaft, dass Mycroft gleich unsere Trauung durchführen würde, inzwischen ganz gut verkraftet. Zwar bezweifelte ich immer noch, dass Mycroft der Richtige für diesen Job war, aber ich vertraute Sherlock und wenn er seinen Bruder als Ersatz anheuerte, dann musste er sich schon bewusst gewesen sein, was er da tat.
Greg war schon ausgestiegen, während Annabelle und Alicia als Erste das Auto verlassen hatten. Alicia wollte sich vergewissern, dass wir freie Bahn hatten und Annabelle hütete meinen Brautstrauß, als ich nun ebenfalls aus dem Auto stieg und Greg die Tür schloss. Annabelle streckte mir den Strauß entgegen, den ich nahm und sie schenkte mir ein zuversichtliches Lächeln.
,,Tja, dann bis gleich. Und denk an deinen Text, Evelyn."
,,Ja, ich will! Das werde ich ja wohl noch hinkriegen.", beteuerte ich und sie hob beide Daumen nach oben.
,,Ich glaub ganz fest an dich. Dann geh ich schon mal auf Position."
,,Du scheinst mir deine Aufgabe etwas zu ernst zu nehmen.", wandte ich ein und Annabelle grinste verschlagen.
,,Ich sagte damals doch, ich streue Blumen auf eurer Hochzeit. Und heute...kann ich es endlich in die Tat umsetzen."
So schnell konnte ich gar nicht gucken, wie Annabelle schon verschwunden war und mein Blick fiel stattdessen auf das Haus von Sherlocks Eltern. Sherlock und ich hatten lange überlegt, wie und wo wir heiraten sollten und da wir beide es nicht so wirklich mit Religion hatten, war die Kirche als Lokation ganz schnell vom Tisch gewesen. Irgendwann hatten die Eltern von Sherlock dann ihren großen Garten vorgeschlagen, der in meinen Augen eher gigantisch war und so wunderschön aussah, dass ich von der Idee sofort begeistert gewesen war. Und gleich war es soweit...Sherlock und ich würden heiraten!
,,Da komme ich ja gerade noch rechtzeitig.", erklang auf einmal eine Stimme und ich drehte mich um, woraufhin mir die Kinnlade runterfiel.
,,Liam?"
,,Hey, Evie! Ich habe gehört, hier findet heute eine Hochzeit statt.", erwiderte er und ich umarmte ihn.
,,Was machst du denn hier?"
,,Alicia hat mich eingeladen. Sie dachte, ich wäre vielleicht auch gerne dabei und ich habe mich gestern extra noch in den Flieger gesetzt.", meinte er und ich starrte ihn ungläubig an.
,,Du bist verrückt."
,,Naja, ich lasse mir doch nicht entgegen, wie du Sherlock Holmes heiratest. Und der ist ein echter Glückspilz wenn ich das bemerken darf...du siehst umwerfend aus.", pflichtete er anerkennend bei und ich schenkte ihm ein dankbares Lächeln.
,,Danke. Ich freue mich, dass du hier bist."
,,Naja, ich wusste ja schon immer, dass du und Sherlock irgendwann zusammenkommt, aber du wolltest ja nie auf mich hören."
Liam grinste verschlagen und ich richtete den Blick gen Himmel. War ja klar, dass er mir auch noch unter die Nase reiben musste, dass er es von vornerein geahnt hatte. Aber das würde ich mir heute wohl noch öfter anhören dürfen und ich war trotzdem froh, dass er und alle anderen an diesem Tag bei mir waren.
,,Jaja...schon gut. Ihr alle habt es gewusst und heute könnt ihr das ausgiebig feiern. Zufrieden?", gab ich zurück und Liam grinste.
,,Ja, in der Tat. Dann gehe ich besser mal. Viel Glück und immer schön Ja sagen, Evie."
Und schon war er verschwunden, während ich ergebend seufzte. Warum nur dachten alle, dass ich die entscheidenden Worte vergessen würde? So schwer waren sie ja nun wirklich nicht und sie waren alles, was mich noch von einem wahrhaftigen gemeinsamen Leben mit Sherlock trennte.
,,Bist du bereit?", fragte Greg urplötzlich, der mir galant seinen rechten Arm reichte und ich hakte mich kurzer Hand bei ihm ein.
,,So bereit, wie ich je sein werde."
***
Als wir den Garten erreichten stach mir als Erstes ins Auge, wie wunderschön alles aussah. Unsere Freunde hatten sich selbst übertroffen, denn es war zwar dezent geschmückt, aber dennoch traumhaft schön. Überall waren weiße Schleifen an den Stühlen und Bäumen befestigt und am Ende des Ganges war ein weißer Torbogen aufgestellt worden, wo Sherlock, Mycroft, Alicia und John standen und auf uns warteten.
Ich spürte alle Blicke auf mir, aber meiner richtete sich nun einzig und allein auf Sherlock. Er trug natürlich einen schwarzen Anzug und obwohl ich ihn ja nicht wirklich anders kannte, hatte er in meinen Augen noch nie besser ausgesehen wie heute. Und nur wenige Meter standen noch zwischen uns, die ich nun gemeinsam mit Greg entlang schritt und als wir das Ende des Ganges erreicht hatten, schenkte Greg mir noch ein zuversichtliches Lächeln, ehe er zu seinem Platz ging. Ich wandte mich an Sherlock, der vollkommen ruhig und gelassen da stand und mir nun ebenfalls ein leichtes Lächeln entgegenbrachte.
Und während ich ihn ansah, konnte ich gar nicht in Worte fassen, wie glücklich ich gerade war. Sherlock war alles, was ich mir wünschte und in wenigen Augenblicken würden wir für immer und ewig miteinander verbunden sein.
Sherlock deutete nun kaum merklich auf Mycroft und ich nickte, woraufhin wir uns nun gemeinsam an den Bruder von Sherlock wandten. Mycroft trug ebenfalls einen dunklen Anzug, aber im Gegensatz zu Sherlock wirkte er unglaublich angespannt und schaute etwas zerknirscht in die Runde, ehe er schließlich das Schweigen brach.
,,Nun...wir alle haben uns heute hier versammelt, um...naja, der Grund ist ja wohl mehr als offensichtlich. Alle, die mich kennen...die wissen, dass dies mein erster und hoffentlich auch einmaliger Versuch in...dieser Tätigkeit sein wird."
Bei seinen Worten schnellten meine Augenbrauen in die Höhe und mein Blick wanderte zu Sherlock. Der sah mich an, winkte aber ab und ich seufzte kaum merklich, als Mycroft fortfuhr.
,,Na, schön...also...bringen wir es hinter uns!", sagte Mycroft und sah dann erwartungsvoll zu seinem Bruder. ,,Sherlock Holmes, willst du hier anwesende Evelyn Headley zu deiner Ehefrau nehmen? Dann antworte bitte mit Ja!"
Ich musste schmunzeln, denn Mycroft schien das alles wirklich schnell hinter sich bringen zu wollen. Sherlock hingegen, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und sah stattdessen entschlossen zu mir.
,,Ja!"
Er hatte es ausgesprochen! Mir blieb kaum Zeit zu realisieren, dass Sherlock gerade wirklich Ja gesagt hatte, denn Mycroft fuhr unbeirrt fort und warf einen vielsagenden Blick auf mich.
,,Evelyn Headley, willst du den hier anwesenden Sherlock Holmes zu deinem Ehemann nehmen? Dann antworte bitte ebenfalls mit Ja."
,,Ja!", erwiderte ich sofort und war unendlich erleichtert, dass ich es endlich sagen durfte und nun erklang die euphorische Stimme von John
,,Darf ich mal?"
Sherlock und ich sahen zu John, der uns nun die Ringe präsentierte. Sein Grinsen schien mit jeder Sekunde breiter zu werden und auch Alicia hatte ein Dauerlächeln aufgesetzt. Ich sah Sherlock abwartend an und der zog schließlich den Ring aus der Schachtel, der ab heute mein Ehering sein würde. Dann griff er nach meiner linken Hand und schob den Ring auf meinen Ringfinger. Ich sah auf den schmalen goldenen Ring und lächelte überglücklich, ehe ich Sherlock ansah und dann seinen Ring aus dem Kästchen zog. Sherlock streckte mir seine linke Hand bereits entgegen und ich steckte ihm den Ring an. Einen kurzen Moment verschränkten wir unsere Hände und ich sah Sherlock überglücklich an, als Mycroft uns in die Realität zurückholte.
,,Also, wenn niemand der hier Anwesenden Grund zum Einspruch hat, dann erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frau. Tja, du weißt, was du zu tun hast, Bruderherz."
Ich sah zu Sherlock und dieser fing meinen Blick auf. Dann überbrückte er den Abstand zwischen uns, während er mich an sich zog und binnen weniger Sekunden verschlossen wir unsere Lippen zu einem Kuss. Jubelrufe und Applaus ertönten, aber das alles blendete ich aus. Auch, als Sherlock und ich unseren Kuss beendeten und uns ansahen, konnte ich an nichts anderes denken als daran, dass es endlich wahr geworden war: Sherlock und ich waren verheiratet!
***
,,Na, das hat Mycroft doch ganz gut hinbekommen.", sagte Alicia amüsiert, während John einen Arm um sie legte.
,,Da stimme ich dir zu. Für seine erste Trauung...gar nicht mal so schlecht."
,,Zum Glück! Ich glaube, ich hätte ihn umgebracht, wenn er das verhauen hätte.", pflichtete ich bei, aber Sherlock schien mehr als überzeugt zu sein.
,,Das hätte Mycroft nicht gewagt."
,,Schön, dass du dir da so sicher bist."
Sarkastisch sah ich ihn an, woraufhin Sherlock mit den Schultern zuckte, aber kaum merklich grinste. Und John hatte sein Dauergrinsen bis jetzt noch nicht abgelegt, während Alicia uns vielsagend ansah.
,,Auf jeden Fall war es eine Trauung, die niemand je vergessen wird."
Wir alle mussten diesbezüglich schmunzeln und Alicia ging schließlich gemeinsam mit John zu Liam, der gerade auf Lizzy aufpasste. Und da steuerte auch schon Annabelle auf uns zu, die zielstrebig zu mir sah und auf Sherlock deutete.
,,Hey, Evie...ich müsste dir deinen Bräutigam mal kurz entführen.", teilte sie mit und ich sah sie verdutzt an.
,,Ach, ist das so?"
,,Ja! Keine Sorge, ich bringe ihn dir gleich zurück, aber Sherlock und ich müssen noch etwas erledigen."
,,Davon weiß ich nichts.", kam es von Sherlock, aber da hatte sich meine Cousine schon bei ihm eingehakt.
,,Weil du vorher nie mit solchen Dingen zu tun hattest. Aber heute kommst du mir nicht davon und ich hab immerhin eine Pflicht zu erfüllen."
,,Wovon redest du da bitte, Annabelle?", fragte ich perplex, woraufhin sie mir einen ernsten Blick zuwarf.
,,Naja, wir sind zwar keine Schwestern, aber so gut wie und da deine Eltern oder besser gesagt dein Vater nicht hier sein kann, werde ich seinen Job wohl übernehmen müssen. Also, wenn ich bitten darf, Mr. Holmes!"
Annabelle zog Sherlock kurzer Hand mit sich, der etwas Unverständliches murmelte, aber da musste er jetzt wohl durch. Am liebsten wäre ich ja mitgegangen, um zu hören, was Annabelle mit Sherlock zu schaffen hatte, aber ich konnte es mir in etwa vorstellen. Und bei diesem Gespräch wollte ich nun wirklich nicht dabei sein.
,,Evelyn!", hallte die Stimme von Mrs. Holmes zu mir rüber, die mit ihrem Mann geradewegs auf mich zukam.
,,Mrs. Holmes!"
,,Herzlich Willkommen in unserer Familie.", rief sie euphorisch und ich fand mich in einer engen Umarmung wieder.
,,Dankeschön!"
,,Ich glaube, wir müssen nicht sagen, wie froh wir darüber sind.", entgegnete der Vater von Sherlock und Mrs. Holmes hatte doch tatsächlich Tränen in den Augen.
,,Ach, Evelyn...wir sind ja so glücklich, dass du wieder da bist. Als es damals hieß, du wärst tot...ach, Gott...das war alles so schrecklich. Und Sherlock hat es ja so mitgenommen."
Diese Zeit würde ich am liebsten aus meinem Gedächtnis streichen, denn sie hatte mir viel Kummer und Schmerz bereitet. Und deshalb war ich froh, dass das alles hinter mir lag und ich positiv in die Zukunft sehen konnte.
,,Ja...das alles tut mir unglaublich leid.", brachte ich hervor, aber Sherlocks Mutter winkte ab.
,,Aber nein...das muss es doch nicht. Sherlock hat uns doch schon alles erklärt. Und die Hauptsache ist doch, dass ihr zwei jetzt zusammen seid."
,,Sie hat es schon von Anfang an gewusst.", raunte Mr. Holmes eher seiner Frau entgegen als mir und ich sah diese überrascht an.
,,Wirklich?"
,,Naja, Sherlock hatte vorher ja nie etwas mit Beziehungen oder Gefühlen zu schaffen, aber als er uns von dir erzählt hat, da wusste ich gleich, dass du was Besonderes sein musst. Und das bist du, Evelyn.", beteuerte Mrs. Holmes und ich war überwältigt von ihren Worten.
,,Danke, Mrs. Holmes!"
,,Dem kann ich mich nur anschließen, Evelyn. Ich glaube, wir könnten uns keine bessere Schwiegertochter wünschen.", stimmte Mr. Holmes seiner Frau zu und ich sah die beiden überglücklich an.
,,Und ich könnte mir keine besseren Schwiegereltern wünschen als euch."
Die beiden umarmten mich nacheinander, ehe sie sich wieder der Feier und den anderen Gästen widmeten. Die Eltern von Sherlock waren mir ja schon von Anfang an sympathisch gewesen und, dass sie jetzt sogar wirklich meine Schwiegereltern waren...das glich schon fast einem Wunder. Ich sah ihnen noch kurz nach, als Sherlock auf mich zusteuerte und ich platzte schon regelrecht vor Neugier.
,,Na, hat Annabelle dich ins Kreuzverhör genommen?"
,,Sie hat mir gedroht, mich zu erschießen, wenn ich dich unglücklich mache. Und sie hat gesagt, die Seele ihrer Mutter würde mich dann sicherlich aus dem Jenseits heimsuchen.", erwiderte er und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
,,Ja, das sähe Tante Maggie ähnlich. Sie hätte dir bestimmt mit einem Fluch oder der ewigen Verdammnis gedroht."
,,Ich habe nie verstanden, warum man deswegen so einen Aufstand machen muss.", gab Sherlock seufzend von sich und ich zuckte mit den Schultern.
,,Ich auch nicht! Und abgesehen davon, weiß ich, dass du mich niemals unglücklich machen könntest."
Sherlock sagte nichts und das nutzte ich aus. Schnell überbrückte ich den Abstand zwischen uns und küsste ihn, was er zuließ und erwiderte. Aber Hochzeiten hatten neben den schönen Momenten auch den grauenvollen Effekt, dass man nicht einen Moment für sich beanspruchen konnte.
,,Nun...das ist dann wohl der Augenblick, wo ich euch gratulieren sollte.", drang die Stimme von Mycroft zu uns durch, weshalb wir unseren Kuss beenden und ich sah auf meinen Schwager.
,,Mycroft! Ich muss zugeben, für dein erstes Debüt als Standesbeamter warst du gar nicht mal so übel. Vielleicht solltest du beruflich umsatteln."
,,Wie ich sehe, hat die Hochzeit mit meinem Bruder dir die Sinne vernebelt, Evelyn. Du bist eindeutig nicht bei Verstand.", entgegnete er, aber Sherlock schien diese Vorstellung zu gefallen.
,,Wäre doch eine nette Abwechslung, Mycroft. So kämst du etwas mehr unter Menschen."
,,Nein, danke...ich verzichte!", platzte es aus Mycroft heraus, der uns entgeisterte Blicke zuwarf. ,,Nun denn...meine Pflicht ist ja somit erfüllt. Vergiss nur deinen Teil der Abmachung nicht."
,,Wie könnte ich? Du würdest mich ja eh pausenlos daran erinnern.", meinte Sherlock und sein Bruder nickte, ehe er so schnell verschwand wie er aufgetaucht war.
Etwas verwirrt sah ich Mycroft nach, denn seine Worte hatten mich hellhörig gemacht. Was für eine Abmachung hatten die Zwei denn getroffen? Es musste damit zu tun haben, dass Mycroft uns spontan getraut hatte, aber die Antwort darauf kannten nur er und Sherlock, weshalb ich mich an meinen frisch angetrauten Ehemann wandte.
,,Okay...jetzt bin ich doch neugierig. Womit hast du ihm gedroht?"
,,Ich habe ihm nicht gedroht.", widersprach Sherlock mir sofort, aber ich ließ mich nicht täuschen.
,,Sherlock!"
,,Ich musste ihm nur versprechen, dass ich im Gegenzug für unsere Trauung, den nächsten Fall, den er mir aufbürden will, ohne Diskussion anzunehmen.", erklärte er und ich hob prüfend eine Augenbraue.
,,Ist das alles?"
,,Ja!"
,,Du lügst!", schlussfolgerte ich und die Mundwinkel von Sherlock zuckten leicht.
,,Wär möglich."
,,Wirst du's mir sagen?", hakte ich nach, aber er schüttelte den Kopf.
,,Nein!"
,,Okay!", sagte ich und als Sherlock mich perplex ansah, zuckte ich mit den Schultern. ,,Was? Ich habs aufgegeben dir zu widersprechen."
,,Jetzt lügst du."
,,Logische Schlussfolgerung, Mr. Holmes. Ich dachte, das wäre Ihnen klar."
***
Die Hochzeitsfeier war mindestens genauso mitreißend wie überwältigend. John und Alicia hielten grandiose Hochzeitsreden, die sicher noch in mehreren Jahren im Gedächtnis von uns allen eingebrannt sein würden und Annabelle hatte mit Liam doch tatsächlich eine Tanzeinlage als Überraschung hingelegt. Und im Anschluss war meine Cousine sogar die Glückliche gewesen, die meinen Brautstrauß gefangen hatte. Natürlich hatte ich ihr gleich angedeutet, dass Mycroft ja noch frei wäre, aber Annabelle hatte bestritten, dass aus ihr und Mycroft jemals etwas Ernstes werden würde. Ich hatte diese Aussage zwar hingenommen, aber mir war klar, dass irgendwas zwischen den beiden in der Luft lag. So, wie es bei mir und Sherlock schon von Anfang an gewesen war.
Irgendwann hatten Sherlock und ich dann aber doch genug von dem Trouble gehabt und Mrs. Hudson hatte uns dabei geholfen, uns heimlich davon zu stehlen. Denn sie hatte John und Alicia, die wie unsere persönlichen Leibwächter gewesen waren, geschickt in ein Gespräch verwickelt und nachdem Greg und Liam betrunken begonnen hatten Karaoke zu singen, war ihnen sowieso alle Aufmerksamkeit gewiss. Tja, eine Hochzeit hatte eben auch durchaus ihre Vorteile.
Als wir die Baker Street erreichten, war ich überglücklich und erleichtert, dass Sherlock und ich endlich allein waren. Zum Glück war die Wohnung ja wieder im tadellosen Zustand und sah fast genauso aus wie früher. Sogar einen neuen Schädel hatte Sherlock sich zugelegt und auch die Messerstiche auf dem Kaminsims hatte er mit großer Freude wieder nachgestochen- sehr zu Mrs. Hudsons Leidwesen.
,,Endlich zu Hause!", brachte ich hervor, während Sherlock die Tür hinter uns schloss und ich sah ihn überglücklich an. ,,Ich liebe dich!"
,,Also, falls du um mein Kurzzeitgedächtnis fürchtest...das ist bestens intakt. So schnell vergesse ich deine Worte also nicht."
,,Idiot!", gab ich zurück und Sherlock grinste ein wenig verschlagen.
,,Schon besser!"
Ich verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf, während ich aber ebenfalls grinste. Sherlock und ich würden uns wohl bis in alle Ewigkeiten weiterhin aufziehen...daran würde auch eine Ehe nichts ändern. Aber so schön unsere Hochzeit auch gewesen war und sie war wirklich schöner, als ich es mir je hätte erträumen können, ich wollte endlich aus dem Kleid raus und passierte deshalb augenblicklich den Flur. Ich ging auf das Schlafzimmer zu, als ich auf einmal den Boden unter den Füßen verlor und mich in Sherlocks Armen wiederfand.
,,Sherlock...was machst du da?", brachte ich hervor und er schmunzelte ein wenig.
,,Nun, wenn ich schon kaum Sinn für Romantik habe...so sollten wenigstens ein paar übliche Traditionen gewahrt werden."
,,Ich verstehe!", sagte ich und drückte die Türklinke runter, ehe Sherlock mich ins Schlafzimmer trug und dann schließlich wieder runter ließ.
Zwar hatte sich das Zimmer ja nicht verändert, aber es war dennoch ein neues Gefühl, es nun verheiratet zu betreten. Und es war tatsächlich wahr!
Sherlock und ich waren verheiratet! Wir würden unser Leben nun gemeinsam führen und zusammen alt werden. Ich konnte es noch gar nicht richtig glauben.
,,Du denkst nach!", stellte Sherlock fest, der sein schwarzes Jackett über die Stuhllehne gelegt hatte und ich lächelte leicht.
,,Mir ist gerade nur klar geworden, dass wir es wirklich getan haben. Wir haben geheiratet!"
,,Ja, das haben wir."
Ich sah Sherlock an und konnte gar nicht in Worte fassen, wie glücklich ich war. Vor ein paar Monaten hatte ich noch gedacht, ich würde ihn nie wiedersehen...aber jetzt waren wir beide hier. Ich war seine Frau und nichts würde uns mehr trennen können. Und diese Gewissheit machte mich so glücklich, wie ich es noch nie zuvor in meinem ganzen Leben gewesen war.
Sherlock wirkte nun jedoch etwas nachdenklich und ich spürte, dass ihn irgendwas beschäftigte. Aber bevor ich ihn danach fragen konnte, brach er von selbst sein Schweigen und sah mich mit einem Mal unsicher an.
,,Evelyn, ich würde dir gerne noch etwas sagen.", setzte Sherlock an und ich warf ihm einen erwartungsvollen Blick zu.
,,Was denn?"
,,Ich weiß, dass es normalerweise üblich ist, dies bei der Trauung zu tun...aber das schien mir in unserem oder vielmehr in meinem Fall nicht sonderlich passend zu sein.", erklärte er und ich verstand, worauf er hinauswollte.
,,Sherlock...sprichst du etwa gerade von Eheversprechen?"
,,Ja, das tue ich. Zuerst habe ich auch überlegt, ob ich es vor allen anderen sage...aber ich möchte lieber, dass nur du es hörst."
Sherlock setzte sich auf das Bett und ich tat es ihm gleich, während ich ihn neugierig ansah. Ich hatte das Thema Eheversprechen ja gar nicht angesprochen, da ich es für Sherlock und mich eher untypisch fand. Aber offenbar war Sherlock mir in diesem Thema mal wieder einen Schritt voraus gewesen und das zeigte mir wieder einmal, wie sehr er sich seit unserer ersten Begegnung verändert hatte.
,,Evelyn, seit jeher...waren Gefühle nur ein chemischer Defekt für mich. Sie hatten für mich keinerlei Bedeutung und ich hielt sie immer für eine Schwäche...einen Nachteil. Aber du hast mir das Gegenteil bewiesen! Ich weiß, dass ich kompliziert sein kann...aber ich verspreche dir, dass ich mich bemühen werde, jeden Tag dazu zu lernen. Auch, wenn ich keineswegs so ein emotionaler Mensch bin, wie ich vielleicht sein sollte."
Ich war für einen Moment sprachlos und konnte kaum glauben, was Sherlock eben gesagt hatte. Seine Worte waren wunderschön gewesen und sie bedeuteten mir unendlich viel. Und ich kannte meine Antwort schon, bevor ich überhaupt an sie gedacht hatte.
,,Sherlock, du bist auf deine Weise emotional genug für mich. Ich gebe zu, als ich dich kennengelernt habe, da hätte ich mir niemals träumen lassen, eines Tages deine Frau zu sein. Aber du hast mich gerettet...auf jede erdenkliche Weise. Ohne dich...hätte ich das alles niemals überlebt. Meine Vergangenheit...mag düster und tragisch sein, aber ich bereue keine Sekunde, nach England gekommen zu sein. Und ich weiß...dass unsere Zukunft wunderbar sein wird...solange wir nur zusammen sind."
Sherlock sah mich ruhig an und ich spürte, wie mein Herz wieder schneller schlug. Und mit einem Mal griff Sherlock nach meiner rechten Hand und verschränkte sie mit seiner linken, ehe er mich entschlossen ansah.
,,Ich weiß, Vincent hat dir viel genommen...aber wie schrecklich seine Taten auch gewesen sind...ich bin ihm trotzdem in gewisser Weise dankbar dafür.", sagte er und als er meinen überraschten Blick bemerkte, lächelte er kaum merklich. ,,Denn, hätte er es nicht getan...dann wären wir uns nie begegnet und du wärst jetzt nicht die, die du wärst...Evelyn Holmes!"
Mehr sagte Sherlock nickt und das musste er auch gar nicht. Ich spürte, wie mir eine Träne über die Wange lief und statt ihm mit Worten zu antworten, überbrückte ich den Abstand zwischen uns und küsste ihn.
Sherlock erwiderte den Kuss und ich glaubte, es war der Schönste, den wir je getauscht hatten. Meine Hände wanderten nun zu seinem weißen Hemd, welches ich langsam aufknöpfte. Sherlock tastete unterdessen auf meinem Rücken nach dem Reißverschluss von meinem Kleid und zog diesen auf. Ich zog ihm das Hemd aus und Sherlock streifte mir den Stoff meines Kleides von den Schultern, ehe ich mich ganz davon befreite, es über die Stuhllehne legte und mich kurz darauf erneut in den Armen von Sherlock wiederfand.
Erneut verschlossen wir unsere Lippen zu einem Kuss, doch dieser war nicht länger sanft und gefühlvoll, sondern intensiv und er sprach all das aus, was wir füreinander empfanden. Ich fand mich schließlich auf der Matratze unseres Bettes wieder und Sherlock war binnen weniger Sekunden über mir.
Heute war der schönste Tag in meinem Leben und ich war mir sicher, dass von nun an unzählige mehr folgen würden. Denn mit Sherlock an meiner Seite wusste ich, dass ich alles schaffen konnte. Er war der fehlende Teil, nachdem ich schon immer gesucht und den ich nun endlich gefunden hatte. Sherlock machte mich vollständig und durch ihn hatte ich mich weiter entwickelt...zu der Person, die ich jetzt war.
Als Clarissa Evelina Price war ich geboren worden. Und als Evelyn Headley hatte ich meine Heimat verlassen und war hierher nach London gekommen. Aber nun war ich Evelyn Holmes und ich wollte nie mehr jemand anders sein.
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