~ Zweiundzwanzig ~

Und was sagt ihr zu Ali?“, fragte Niall, als alle Jungs sich um den Tresen herum versammelt hatten.
Er hatte sie alle in ihre Stammkneipe eingeladen, um eine möglichst vertraute Umgebung für ihre Unterhaltung zu schaffen.  
Dafür hatte er die gemeinsame Probe am Abend ausfallen lassen, was allen entgegen kam. Auch die Kleine schien sich zu freuen, denn sie hatte sich keine fünf Minuten nach seiner Ankündigung aus dem Staub gemacht, während sie bereits telefoniert hatte. 
Es klang, als ob sie mit ihrer „Freundin“ Ornella gesprochen hatte, denn sie hatte sich immer wieder entschuldigt und ihr versprochen von nun an mehr Zeit für sie zu haben. 
Wenn sie sich da mal nicht täuschte, dachte Niall wütend.

Er hatte erwartet, dass sie sich vollkommen mit diesem Projekt identifizieren würde, aber sie schien nicht ganz verstanden zu haben, worum es hier ging, aber das würde er ihr bei ihrem gemeinsamen Training am Freitag noch klar machen. Glasklar. 
Sie hatte Fortschritte gemacht, aber dass war schließlich auch die Voraussetzung für dieses Experiment gewesen, aber Niall wollte noch mehr von ihr sehen.
Er war sich nicht sicher, inwiefern die schwierige Situation und der Umgang mit den Jungs auf ihre Nervosität und dementsprechend auch auf ihre Stimme geschlagen hatten, aber er wollte nicht glauben, dass das alles war. 

Aber das würde er gleich von den Jungs in Erfahrung bringen. Er war gespannt, was Harry heute mit ihr gemacht hatte.
Niall hoffte er hatte sich an seine Vorgaben gehalten und wirklich mit ihr geübt und ihr nicht das Schlagzeug spielen beigebracht.
Harry war schnell abzulenken und er konnte es zwar nicht unbedingt Ali zu trauen, das Üben sausen zu lassen und stattdessen etwas Spaß zu haben, aber Niall hatte sich noch kein Bild von ihrer jetzigen Gefühlslage gemacht und diese schien ausschlaggebend für ihre Handlungen zu sein.
Und wenn sie wütend war, was vermutlich der Fall war, schien sie unberechenbar. 

„Meiner Meinung nach“, begann Louis und bedachte seinen alten Freund mit einem spöttischen Blick. 

„Deine Meinung möchte ich jetzt noch nicht wissen“, fiel ihm Niall schnell ins Wort.
„Du hast noch nicht alleine mit ihr gearbeitet, du kannst also nicht sagen, ob sie bei den gemeinsamen Proben einfach aufgeregter war, als bei den Einzelproben und deswegen ihr Gesang gelitten hat.“

„Ich wollte einfach nur sagen“, begann Louis erneut, doch auch diesmal ließ ihn Niall nicht zu Wort kommen. 

Harry und Liam bestellten währenddessen Getränke. 
Als Niall spürte, dass sie ihre Aufmerksamkeit etwas Anderem zu wandten, sagte er zu Louis:
„Ich weiß, was du denkst, aber lass uns das bitte alleine klären und nicht vor den Anderen.“ 

Louis nickte nur, auch wenn er etwas wütend aussah und als sie ihre Getränke hatten, drehte er sich von den Anderen weg und sah sich um. 

„Also Liam, wie war sie bei dir?“, fragte Niall. 

„Sie hat auf jeden Fall Potential“, sagte Liam. Niall nickte, das war doch schon mal positiv.

„Und ist sie in der Einzelprobe besser gewesen, als mit uns zusammen?“, bohrte Niall weiter. 

„Ich denke schon“, begann Liam.
„Sie scheint noch ein bisschen Angst vor etwas ausdrucksstärkeren Passagen des Songs zu haben, vor allem, wenn es um höhere Töne geht, die sie eigentlich ohne Problem singen könnte. 
Aber sie hat etwas, es wäre sicher eine interessante Mischung deine und ihre Stimme zu kombinieren.“ 

Niall nickte die ganze Zeit über zufrieden vor sich hin, bis Liam zu seiner letzten Bemerkung kam, dann antwortete er ihm klar und resolut: 

„Wir werden nicht gemeinsam singen. Wir sind immer noch eine Rockband. Keine Schmuseband.“ 

Liam nickte niedergeschmettert und er dachte schon, dass es sich damit hatte, da schaltete er sich wieder ein und überraschte Niall mit seinen selbstbewussten Worten: 

„Wenn sie Teil der Band ist, müsst ihr wohl oder übel miteinander arbeiten.“

Niall warf ihm einen erstaunten Blick zu, er hatte ihn schon lange nicht mehr so überzeugt reden hören.
Er konnte nicht anders als Ali die Schuld für Liams Veränderung in die Schuhe zu schieben, nur ihre seltsamen, revolutionären Gedanken, die sie immer wieder klar und deutlich machte, konnten ihn so aus der Bahn werfen. Andererseits konnte er nicht glauben, dass Liam sich von der Kleinen so beeinflussen lassen hatte, vielleicht schien ihm die Sache wirklich am Herzen zu liegen. 
Ein Grund mehr ihm besonders eindringlich klar zu machen, dass er sich nicht von Liam überreden lassen würde.
Er würde kein Duett mit der Kleinen singen. 
Wenn er das Wort Duett schon hörte, stellten sich bereits alle seine Nackenhaare auf. 

Duetts waren etwas für alberne und kitschige Sänger, die sich selbst nicht ernst nahmen. 
Und selbst wenn es interessant wäre, Aleynas zarte Stimme mit seiner dunklen Stimme in Kombination zu hören, dass war einfach nicht seine Welt. 

„Ich arbeite mit ihr, aber ich werde nicht mit ihr singen“, sagte Niall und sah dabei Liam so eindringlich an, dass eigentlich keine Wiederrede von ihm kommen sollte.

„Wieso nicht?“, fragte Liam nun deutlich genervt. 

Selbst Niall war von diesem Anflug von Wut in seiner Stimme überrascht. 

„Sie hat eine gute Stimme und du sprichst doch selbst davon, dass die Zusammenarbeit mit ihr gewissermaßen ein Experiment ist. Wieso also nicht ein weiteres Experiment starten?“ 

„Weil...“, sagte Niall nun wütend, während er sein Bier auf Ex hinunterkippte und es ruckartig auf den Tresen knallte, sodass sogar Louis sich wieder ihm zuwandte und ihn spöttisch musterte. 
„Weil erstens ein Experiment mehr als genug ist und zweitens wir noch nicht mal wissen, ob Ali wirklich das Potential hat, das wir in ihr sehen.“

„Sie hat Potential“, schaltete sich nun auch Harry ein, der bisher nur still vor sich hin gegrinst hatte. 

„Und das weißt du, weil?“, begann Niall wütend.

„Weil ich heute zufälligerweise mit ihr geübt habe, falls du das vergessen hattest“, entgegnete Harry ihm weiterhin lächelnd und ohne ein Spur der Wut im Gesicht. 

„Außerdem ist sie eine begnadete Drummerin, sie hat echt Rhythmusgefühl. 
Vielleicht solltet ihr mich rausschmeißen, sie würde meinen Job wahrscheinlich mindestens genauso gut machen können, wenn nicht sogar besser.“

„Sag mir bitte nicht, dass du ihr das Schlagzeug spielen beigebracht hast“, sagte Niall hoffnungslos.

„Jap, genau das habe ich getan. Und es hat ihr mehr geholfen, als Louis dumme Sprüche, Liams unter Drucksetzung  oder deine beleidigte Zurückhaltung“, erwiderte Harry und drehte sich nachdem er geendet hatte von den Anderen weg, um seelenruhig an seinem Bier zu nippen, und die Menschen um sich herum zu beobachten.

„Ich wollte ihr nur helfen“, versuchte sich Liam bereits rechtzufertigen, doch Niall winkte sofort ab, es war sowieso sinnlos. 

Er müsste zuerst mit ihr alleine üben, um sich selber ein Bild von ihren wahren Kenntnissen zu machen. 
Denn anscheinend setzten wir sie zu sehr unter Druck, als dass sie wirklich zeigen konnte, wie gut sie war.
Aber vorher würde noch das Training mit Louis anstehen und Shopping mit Ava, er beneidete Ali für Beides nicht.

„Ich gehe jetzt“, setzte Niall an. „War ein langer Tag, wir sehen uns morgen.“ 

Die Jungs verabschiedeten sich kurz von Niall und tranken weiter ihr Bier, es war für alle ein anstrengender Tag gewesen. Nur Louis folgte ihm. 
Niall seufzte auf, er hatte gehofft, dass Louis vergessen hatten, dass die Beiden sich noch unterhalten wollten und man hatte ihm eine Schonfrist gewährt, aber es sah nicht danach aus. Als sie schließlich schweigend nebeneinander auf dem Bürgersteig standen und die kühle Nachtluft einatmeten, wünschte Niall sich, dass diese Stille für immer anhalten würde, aber dem war natürlich nicht so, denn Louis' Redebedarf war schier endlos. 

„Du kannst die ganze Sache immer noch abbrechen“, redete Louis auf ihn ein, während Niall sich in der Gegend umsah und das nächtliche Treiben beobachtete. 

„Ich weiß, dass werde ich aber nicht tun“, antwortete Niall ihm ruhig.

„Aber wieso nicht“, fuhr Louis unbeirrt fort, während er sich eine Zigarette ansteckte, um seine aufkeimende Wut zu ersticken. 
„Das ist doch vollkommen verrückt. Sie ist doch nur ein einfaches Mädchen. Wie kann sie denn nur so wichtig für dich sein?“ 

Niall nickte immer wieder zustimmend, doch Louis verstand ihn einfach nicht und das, dass erste Mal in seinem Leben.
Wenn er zurückdachte an den Beginn ihrer Freundschaft, als sie beide gerade mal siebzehn Jahre alt waren und beschlossen gemeinsam Musik zu machen, dann hatte es dort niemals eine wirkliche Unverständnis zwischen den Beiden gegeben.
Natürlich hatten sie viele Meinungsverschiedenheiten gehabt. Sie waren beide hitzige und rechthaberische Menschen, die viel gemeinsam hatten, aber auch jede Menge Unterschiede. Louis war jähzornig, nicht besonders tolerant, er ließ die meisten Menschen kaum zu Wort kommen.

Niall war wiederum sehr unentschlossen und teilweiße auch einfach nur frustriert von den wenigen Fortschritten in seinem Leben.
Aber Niall konnte sich noch nie daran erinnern, dass sie bei einer Sache wirklich grundverschiedener Meinungen waren. Tja, und dann kam die Kleine.
Und auch wenn er verstand, warum Louis so abneigend reagierte, er hatte nicht nach Gründen für Nialls Entscheidung gesucht, sondern ihn einfach nur verurteilt. 

„Du hast recht“, sagte Niall, ohne Louis ins Gesicht zu sehen und mehr zu sich selbst.
„Sie ist einfach nur ein einfaches Mädchen, das mir schon jede Menge Schwierigkeiten gemacht hat, solange ich sie kenne. 
Aber sie hat etwas, was ich noch nicht beschreiben kann.“ 

„Jetzt bilde dir doch nichts ein, was gar nicht existiert“, stieß Louis wütend aus. 
„Das Einzige, was sie hat, ist eine ziemlich fiese weibliche Energie und den Wunsch, dich zu zerstören. 
Aber wenn du danach suchst, dann kannst du auch genauso gut Ava in die Band holen.“ 

„Du hältst mich also für einen Idioten, weil ich in Ali etwas sehe, was gar nicht vorhanden ist“, sprach Niall genau das aus, was Louis sich nicht getraut hatte ihm ins Gesicht zu sagen. 

Louis' Reaktion gab seiner Vermutung recht, denn er steckte sich lediglich eine weitere Zigarette an und sah sich ebenfalls um, um Nialls Blick nicht zu begegnen. 

„Was ist denn jetzt mit Ava?“, fragte Louis nur um das Thema zu wechseln.
„Seid ihr jetzt zusammen oder nicht?“

Niall schnaubte wütend und schüttelte den Kopf, während er Louis' Blick einfing und fixierte, so einfach würde er ihn nicht davon kommen lassen. 

„Wir waren nie wirklich zusammen, Louis und das weißt du auch.“ 

„Nein, das weiß ich nicht. Also ging es nur um Sex? Ich habe das Gefühl, dich überhaupt nicht mehr zu kennen.
Du bist immer weg und selbst wenn du da bist, bist du nie wirklich anwesend. Was ist mit dir los?“

Niall sah seinem Freund ins Gesicht und versuchte sich die guten Momente mit ihm ins Gedächtnis zu rufen: 
Die erste gemeinsame Probe, der erste Gig, feuchtfröhliche Abend in Kneipen, lange Nächte in denen sie miteinander gejammt hatten, aber diese Augenblicke erreichten ihn nun nicht mehr.

Er wusste, dass diese Wut verrauchen würde, dass er Louis, egal, was er tat, niemals wirklich nicht mehr mögen könnte, denn dafür waren die Hoch – und Tiefpunkte, die sie bereits zusammen durchgestanden hatten zu viele, als dass ein kleines Mädchen, diese Freundschaft zerstören konnte. 
Aber seine Wut war geweckt und Louis hatte ihn definitiv unter der Gürtellinie getroffen. 

Und auch wenn er es sicherlich bereits jetzt bereute, Niall würde ihm nicht so einfach verzeihen. 
Er hatte ihn schließlich immer noch nicht nach allen Gründen gefragt und solange Louis ihn nicht darauf ansprechen würde, würde er es für sich behalten.

„Ich will, dass du morgen mit Ali übst, egal, was du über sie denkst. 
Ich bin sicherlich nicht mit allem einverstanden, was sie so tut, aber wir sollten sie wenigstens noch menschlich behandeln. Sie rettet uns nämlich gerade allen den Hintern.“

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Tja von welchen Gründen könnte Niall sprechen?

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