~ Sechzehn ~
Das konnte doch nicht wahr sein!
Niall hatte sie belauscht. Er hatte das alles hier mitbekommen: Ihre Schwäche, ihre Angst, ihre Freude. Er hatte die falschen tiefen Töne gehört, die sie anfangs gesungen hatte bis sie sich endlich eingestanden hatte, dass ihre Stimme einfach nicht tief genug war und sich letztendlich doch auf die höheren Töne umgestellt hatte.
Er hatte ihre Unsicherheit in ihrer Stimme und in ihren Worten gehört, dass sie ihre Gitarre brauchte um überhaupt singen zu können.
Er war überall dabei gewesen ohne, dass sie davon Bescheid gewusst hatte. Sie hatte eigentlich erwartet, dass er zu hören wollte, aber, dass er es heimlich tun würde, hätte sie nicht gedacht, für so feige hätte sie ihn nicht gehalten.
Natürlich hatte er es auch in der Musikschule getan, aber da hatte er keine Möglichkeit gehabt und hier hatte Ava ihn praktisch rausgeschmissen. Und trotzdem war er geblieben.
Um sie jetzt zu demütigen?
Aber Ava wollte sie dabei haben und Niall war daraufhin aufgesprungen und hatte beinahe gejubelt.
Also hatte sie ihn doch etwas in der Hand, denn obwohl sie vor ihm immer ziemlich klein wurde, er brauchte sie, wofür auch immer.
„Was machst du denn hier", zischte Aleyna plötzlich, um irgendwie die Stile zu durchbrechen. Sie wollte, dass er merkte, dass sie wütend war, dass sie sich nicht alles von ihm gefallen ließ.
„Na hör mal", sagte er empört. „Das ist immer noch meine Band und ich darf doch wohl dabei sein, wenn für meine Band eine neue Sängerin gecastet wird."
Er war in seinem Stolz verletzt, dass konnte sie spüren, aber sie auch in Ihrem, es war also nur fair ihn jetzt weiter bloß zu stellen, so wie er es vor ein paar Minuten getan hatte.
„Hör mal, Aleyna", schaltete sich jetzt auch Ava ein, die Niall irgendwie mitfühlend ansah.
Aleyna hätte gedacht, sie wäre mindestens genauso wütend wie sie, wenn nicht noch mehr. Sie war schließlich sehr bestimmt ihm gegenüber gewesen und Niall hatte sich ihren Aufforderungen nicht widersetzt.
Auch Ava schien ihn irgendwie in der Hand zu haben, sie wusste nur besser als Aleyna, wie sie diese Macht gegen ihn einsetzte.
„Niall organisiert diese Band, er hat auch ein Recht, seine neue Sängerin zu hören, auch wenn die Art und Weise, wie er das getan hat, nicht besonders gut war", rechtfertigte Ava Nialls Verhalten und Aleyna konnte hören, wie ihre Stimme gegen Ende ihrer Ansprache immer wankelmütiger wurde und sie Niall wieder mitfühlend ansah.
Dieser warf ihr nur einen kurzen wütenden Blick zu.
„Ich bin dir wirklich dankbar Ava, dass du mir diese Chance gegeben hast, aber Niall will mich gar nicht in seiner Band haben, deren Namen ich übrigens nicht kenne. Er hat sich nur einen Spaß daraus gemacht, mich zu demütigen", sagte sie nun und versuchte Niall dabei möglichst nicht anzusehen.
Seinem Blick jetzt zu begegnen hätte sie nur wankelmütig in der Festigkeit ihrer Worte gemacht und diesen Triumph wollte sie ihm wirklich nicht geben.
„Du armes kleines Mädchen", sagte Niall plötzlich und ziemlich hart zu ihr. „Das hier ist die Chance deines Lebens, deine Musik endlich vor einem großen Publikum zu spielen und nur weil ich dich hier ein bisschen tyrannisiere hörst du auf?"
„Niall", warnte Ava ihn vorsichtig.
„Nein, sie hat Angst. Angst ihre Musik zu zeigen, endlich Gefühle zu zeigen und ihren schönen - Mädchen- Gesang endlich aufzugeben. Musik ist persönlich, es gibt nichts Persönlicheres. Und wenn du nicht bereit dazu bist dich zu öffnen, dann bist du hier falsch."
„Hey Leute, bleibt ruhig", schaltete sich schließlich wieder Ava ein, Mutter Theresa höchstpersönlich.
„Where Is The Love?", fragte sie schließlich, um die Stimmung auf zu lockern, aber Aleyna war nun wirklich nicht nach einem schlechten Musik - Witz.
Auch Niall warf ihr nur einen schnellen, aber niederstechenden Blick zu.
„Du sprichst von Persönlichkeit?", fuhr Aleyna ihn nun an, als ob nichts passiert wäre, während sie von ihrem eigenen Schmerz durchflutet wurde.
„Du brauchst irgendetwas von mir, ich weiß zwar nicht was, aber ich weiß, wie dringend du es brauchst. Und ich weiß auch, dass ich deine einzige Möglichkeit bin dieses Ziel zu erreichen, wohin auch immer es führen mag. Meinst du ich bin blöd? Ich weiß, dass du und deine Typen einfach nur ein hübsches Mädchen haben wollt um ein bisschen mehr Geld in die Kassen zu bekommen und wenn wir ehrlich sind, dass Mädchen bin ich nicht. Aber für etwas anderes scheine ich ja auch ganz gut zu sein, aber da mache ich nicht mit, dafür ist mir meine Musik einfach zu Schade."
Aleyna drehte sich wütend um, wurde dann aber noch von Avas Stimme festgehalten.
„Aleyna, dass hier ist nicht alles Nialls Schuld, so wie du die Situation darstellst ist sie nicht ganz richtig: Ja, Niall braucht eine Sängerin und ja, er hat Recht, deine Musik fehlt noch Herz, dass kann sich aber noch entwickeln, wenn du daran arbeitest. Und ja, Niall benimmt sich wie ein Idiot, aber du hast doch gesehen wie er sich gefreut hatte, als ich dir gesagt habe, dass du dabei bist. Es ist nicht alles seine Schuld, ich habe ihm gesagt, dass er zu hören sollte, ohne, dass du davon Bescheid wusstest, weil mir klar war, dass du wenn er nicht da ist, tausendmal offener singen könntest und das konntest du auch, also mach doch jetzt nicht alles kaputt, was du dir erarbeitet hast."
Ich nickte nur und drehte mich dann um, um zu gehen. Vielleicht hatte sie Recht, aber das war immer noch mein Leben. Und das würde es auch immer bleiben.
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„Du bist so ein Idiot, Niall", sagte Ava, nachdem es einige Minuten still gewesen war.
Niall schenkte ihr nicht einen Blick, sondern versuchte seine Wut unter Kontrolle zu halten.
Hätte Ava ihn nicht rausgeschmissen, wäre es zu dieser Situation gar nicht gekommen.
Und die Kleine erst! Was glaubte sie, wer sie war?
Sie hatte ihn wie den Trottel vom Dienst darstellen lassen, obwohl sie eigentlich nur wollte, dass man sie bat zu bleiben. Aber da hatte sie sich geschnitten, er würde irgendwo her schon eine Sängerin auftreiben, die deutlich dankbarer und zuverlässiger war, als dieses kleine Häufchen Elend.
Die Kleine hätte ihm viel zu viel Ärger gemacht, mal abgesehen davon, dass sie niemals vor Publikum singen würde, weil sie einfach zu viel Schiss hatte.
Niall ballte seine Hände zu Fäusten, als er hörte, wie Ava aufseufzte und spöttisch mit der Zunge schnalzte. Es war schließlich nicht alles seine Schuld gewesen!
Ava hatte sich auch nicht richtig verhalten und dass sie Aleyna gestanden hatte, Niall in das Nebenzimmer eingeschleust zu haben, war vollkommen naiv gewesen.
Die Kleine hatte zwar nicht Niall vertraut, aber Ava, warum auch immer, höchstwahrscheinlich war es unter der Kategorie blindes Vertrauen gegenüber gleichgeschlechtlichen zu verbuchen. Und Ava hatte ganz klar ihr Vertrauen missbraucht, zumindest in Aleynas Augen.
Frauen, dachte er nur und seufzte genervt auf. Musste den wirklich alles mit denen so kompliziert sein?
„Niall", setzte Ava erneut an, um irgendwie ein Gespräch zu Stande zu bringen, an dem er nicht teilnehmen würde.
„Lass mich bitte einfach in Ruhe", sagte Niall zu ihr, und wand sich von ihr ab, um sich auf einen Stuhl zu setzten, der Stuhl auf dem vor ein paar Minuten noch Aleyna gesessen hatte.
Er schnappte sich eine Gitarre und begann vor sich hin ein paar Melodien zu spielen.
Das Gitarre spielen beruhigte ihn etwas, hielt ihn davon ab alles in Schutt und Asche zu treten und ließ ihn wieder etwas klarer denken.
Er hatte drei Möglichkeiten.
Erstens, er würde die Sache mit der Kleinen einfach sein lassen und sie dahin wünschen, wo der Pfeffer wächst.
Eine sehr einnehmende Idee, obwohl er sie gerne vorher noch angeschrien hätte, sodass nichts mehr von ihr übrig blieb, außer kleine Haufen Staub.
Zweitens, er könnte einfach eine neue Sängerin besorgen, die älter war und einfacher zu lenken. Er wollte keine andere Sängerin, außerdem fand man gute Sängerinnen, die keine Ansprüche hatten, auch nicht wie Sand am Meer.
Drittens, er könnte zu der Kleinen gehen und sie auf Knien anflehen bei ihm zu singen.
So niveaulos war er nicht.
Also was sollte er tun?
„Niall, entschuldige dich doch einfach", sagte Ava jetzt leise, fast flüsternd.
Sie war sich bewusst, dass sie hier auf einem sehr schmalen Grad wanderte. Denn jedes weitere Wort, hätte ihn aufspringen und ihr blödes Plattenstudio in Schutt und Asche legen lassen.
„Du bist auch nicht ganz unbeteiligt an der Sache, Ava", brachte Niall schließlich raus, während er wütend mit den Zähnen knirschte.
„Hättest du mich und die Jungs einfach ein paar Songs aufnehmen lassen, hätten wir dieses Problem nicht."
„Jetzt bin ich also Schuld, dass deine Band einfach keinen Erfolg hat!", schrie sie mich wütend an.
„Niall, deine Band hat weder einen Namen, noch eigene Songs!"
„Und, wenn die Kleine mitgemacht hätte, hätten wir das immer noch nicht. Also, was hätte sie also bitte an der Situation geändert?", fragte Niall nun auch aufgebracht, aber immer noch mit betont ruhiger Stimme.
„Aleyna", ermahnte Ava ihn. „Hat eine unglaublich Stimme, die sie einfach noch nicht richtig benutzen kann. Und sie kann dich auf Trab halten, weil sie sich nichts von dir sagen lässt und alles, was du sagst in Frage stellt."
„Ava", sagte Niall nun während er aufstand. „Willst du mir jetzt sagen, dass ich es allein nicht gebacken kriege?"
Niall stellte die Gitarre etwas zu ruckartig in den Ständer und funkelte Ava wütend an.
„Ich habe auch schon vorher irgendwie mein Geld verdient, ohne deine Hilfe."
„Ja", antwortete sie nun energisch.
„Du hast jede Nacht bei anderen Leuten übernachtet, einmal im Monat ein Gig gehabt, und keinen Cent auf deinem Konto. Nennst du das auskommen?"
Niall setzte gerade zu einer beleidigenden Gegenantwort an, als Ava ihm einen Strich durch die Rechnung machte und beschwichtigend sagte:
„Aleyna fordert dich und deine Fähigkeiten heraus, wie es bist jetzt noch kein Anderer getan hat. Sie tastet sich an deine Schwachstellen heran und sie würde die Band bereichern."
Ava kam ihm nun wieder näher und legte eine Hand auf seine Schulter, Niall hätte sie am liebsten abgeschüttelt, aber er hielt sich zurück.
„Du weißt wie viele Bands es gibt, die aus lauter Typen bestehen und keinen Erfolg haben, weil es einfach schon zu viele von denen gibt. Aber wann hast du das letzte Mal eine Rockband, wie eure gesehen, die eine weibliche Stimme haben, deren Stimme so fein und klar ist, wie Aleynas? Mal abgesehen davon, sie kennt sich noch kein bisschen in diesem Business aus, sie wird kein Geld von dir verlangen.
Und weil sie so jung ist, werden die Jungs sich nicht an sie ranmachen, was dir eine Menge Ärger erspart.
Durch sie gewinnt ihr alle: Die Jungs, weil sie eine Sängerin bekommen, ich, weil ich endlich wieder eine Platte produzieren kann, Aleyna, weil sie endlich lernen wird Selbstbewusstsein zu zeigen und du, weil dir endlich jemand in den Hintern tritt."
Niall sah Ava einen Moment lang einfach nur an. Er konnte es kaum glauben, was sie gerade gesagt hatte.
„Du hast das alles von Anfang an geplant", sagte er nun.
Ava zuckte mit den Schultern, nahm einen Zettel von einem Abstelltisch und sagte: „Das hier ist Aleynas Adresse, wen du schlau bist, gehst du zu ihr hin und entschuldigst dich wenigstens bei ihr. Du musst nicht mit ihr arbeiten, das ist deine Sache, aber wenn du nicht vollkommen, zum Arschloch degradiert werden möchtest, solltest du wenigstens zu ihr hingehen und die Sache ordentlich beenden."
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Aijeijei erst freut sich Niall und dann ist er wieder der Vollidiot schlecht hin.
Was denkt ihr wird er tun?
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