~ Fünfundsechzig ~
„Hier“, sagte Niall etwa eine Viertelstunde später und drückte ihr ein Kissen in die Hand, während sie sein Sofa zu einem Bett umfunktionierten.
„Danke“, murmelte Aleyna nur, unangenehm berührt und legte es auf das Sofa, auf dem bereits eine Decke lag.
Sie hatten nicht besonders viel miteinander gesprochen, seit Ali aufgetaucht war. Sie hatte Niall nur das Nötigste erklärt, sie brauchte einen Platz zum Schlafen, egal wo.
Niall, der sie anscheinend nicht weiter drängen wollte oder aus ihrem Gesichtsausdruck seine eigenen Schlüsse gezogen hatte, stellte keine weiteren Fragen, sondern bot ihr sein Bett an.
Natürlich hatte sie abgelehnt, denn erstens war es sein Bett und zweitens das Sofa viel zu klein für ihn.
„Schon in Ordnung“, brummte Niall nun, der gerade dabei war seinen Couchtisch von diversen Bierflaschen zu befreien.
Immer wieder versuchte Aleyna dazu anzusetzen, ihm zu erklären, warum sie hier war oder sich zu entschuldigen, dass sie einfach so, ohne Anmeldung bei ihm reingeplatzt war, doch der Mut verließ sie und so schwieg sie ergriffen.
Sie wusste, dass sie etwas sagen oder tun musste. Niall hatte das alles bereits getan, er hatte gekämpft und nun war sie dran. Er würde nichts tun, solange sie ihm nicht deutlich machen würde, dass sie es wirklich wollte.
„Du musst…“, begann Aleyna, als er ein paar seiner Klamotten, die er auf dem Boden verteilt hatte aufzuheben.
Als er ihre Stimme vernahm, ließ er das Kleidungsstück, das er gerade in der Hand hielt, fallen und sah neugierig zu ihr herauf. Da sie nicht sofort weitersprach, zog er eine Augenbraue nach oben, während ein fragender Gesichtsausdruck auf sein Gesicht trat.
„Du musst hier nichts aufräumen, das ist schon in Ordnung“, fuhr sie fort und hätte sich für ihre Blödheit gern selbst eine gescheuert.
Stattdessen biss sie sich unsicher auf die Unterlippe, bis sie blutete. Niall lachte nur, als ob sie einen Witz gemacht hätte, ignorierte ihre Aussage aber vollkommen und brachte seine Kleidung weg.
Dann halt nicht, brummelte Aleyna in Gedanken.
Als er wiederzurückkam hatte Aleyna sich auf das Sofa fallen lassen und ihre Hände an ihre Schläfen gepresst, den Blick starr auf den Boden gerichtet.
Was machte sie hier überhaupt? Hatte sie gedacht, dass alles auf einmal gut werden würde?
Das hier war kein Märchen. Das war das Leben. Hier musste man etwas für sein Glück tun, sie wusste nur noch nicht genau was.
Oder – vielleicht wusste sie es doch, nur sie konnte es einfach nicht tun.
Da sie ihren Blick gesenkt hielt, bemerkte sie nicht gleich, dass Niall wieder im Raum war.
Erst als er sich kurz räusperte, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, hob sie ertappt den Blick um auf Nialls unergründliche Miene zu treffen.
Er verschloss sich vor ihr, aber sie konnte ihm keinen Vorwurf machen. Sie tat es auch.
„Brauchst du noch etwas?“, fragte er schließlich gezwungen höflich, obwohl man ihm ansah, dass es ihm gegen den Strich ging, so um den Brei herum zu reden.
„Nein, danke“, erwiderte Ali ebenso höflich.
Was machten sie nur? Was machte sie nur? Konnte sie ihm nicht einfach sagen, was Sache war? Nein.
Und weil sie es nicht konnte, musste diese unehrliche Höflichkeitsmasche weitergeführt werden, obwohl sie sie ebenso verabscheute wie Niall.
Wo war die Ali, die gerade ihre Mutter angeschrien hatte? Die Alu, die von zu Hause weggelaufen war, zu einem Typen, den sie gerade mal ein paar Wochen kannte?
Tja, sie schien sich gerade ziemlich gut zu verstecken und als Vertretung hatte sie die verklemmte Aleyna geschickt. Danke.
„Na gut“, erwiderte Niall sichtlich genervt. „Dann, gute Nacht.“
Bevor sie etwas erwidern konnte, hatte er sich auch schon auf dem Weg in sein Schlafzimmer gemacht und die Tür hinter sich polternd geschlossen.
Okay, er war wütend auf sie. Aus gutem Grund, ermahnte sie sich selbst. Sie war schließlich auch von sich selbst genervt. Sie hatte es sich mit allen Leuten, die ihr wichtig waren verscherzt und es fühlte sich so an, als ob es keinen Ort mehr gab, an den sie noch konnte.
Selbst Niall wollte sie anscheinend nicht mehr.
Also, versuchte Ali ihren Tag nachlässig zusammenzufassen:
Sie hatte kein zu Hause mehr, keine Freundin mehr, denn Ornella hasste sie, Niall war genervt von ihr und ihre Mutter würde sie nicht mehr einen Schritt ins Haus machen lassen. Kurz gesagt: Sie war siebzehn Jahre alt und obdachlos.
Sehr rosige Aussichten, versuchte sie zu scherzen, aber alles in ihr, sehnte sich danach endlich all ihren Frust loszuwerden. Sich auszuweinen und dann weiterzuleben.
Und auch wenn sie niemand davon abhielt, sie selbst würde sich diese Schwäche nicht eingestehen lassen.
Sie versuchte sich mit einem Blick aus dem Fenster abzulenken, denn an Schlaf war gar nicht zu denken.
Sie war zwar müde und erschöpft, aber ihre Gedanken ließen sie nicht in Ruhe. Doch der Blick aus dem Fenster war nicht besonders vielversprechend. Nur eine Menge grauer Hochhäuser und wenig grün. So ähnlich musste es wohl in ihrem Kopf aussehen.
“Open your eyes and look outside, find the reasons why”, schossen ihr die Zeilen von Avril Lavignes Nobody´s Home durch den Kopf.
„Be strong, be strong now. Too many, too many problems. Don't know where she belongs, where she belongs.”
Ja, ihr ging es wohl genauso. Manchmal fragte sich Aleyna nur, warum all die niederschmetternden Songs so gut zu ihr passten. Das war nicht fair.
“She wants to go home, but nobody's home. It's where she lies, broken inside. There's no place to go, no place to go to dry her eyes. Broken inside.”
Bevor sie sich endgültig ihren masochistischen Gedanken hingeben konnte, tauchte Niall plötzlich wieder vor ihr auf.
In dunkelblauen Boxershorts und weißem Shirts bekleidet baute er sich vor ihr auf und wirkte wütend auf sich selbst. Ohne jede Erklärung hielt er ihr seinen schwarzen iPod hin, denn Ali nur zögernd in die Hand nahm.
Sie war noch etwas zu sehr von seiner Erscheinung beeindruckt gewesen.
„Danke, aber…“, wollte sie gerade widersprechen, weil sie ihren eigenen iPod mithatte, aber Niall unterbrach sie.
„Liste 3“, sagte er zerknirscht und machte sich wieder auf dem Weg in sein Zimmer.
Schnell öffnete Ali die Liste und sah einen Song, der ihr nicht unbekannt war. Starlight, Muse.
„Warte Niall“, rief sie noch.
„Was gibt´s“, sagte er und drehte sich wieder zu ihr um, es wirkte etwas unfreiwillig. Es fiel ihm nicht einfach, sich ihr gegenüber noch höflich zu verhalten.
„Wieso Starlight?“, fragte sie ihn neugierig.
„Weil ich, wenn ich den Song höre, immer das Gefühl habe genau das tun zu können, was ich mir gerade wünsche. Und ein bisschen Hoffnung könnte dir nicht schaden, oder?“, antwortete er ihr wissend. Sie nickte ergriffen.
„Danke“, flüsterte sie noch, aber da war er bereits verschwunden.
Am nächsten Morgen wurde sie vom Rauschen der Dusche geweckt. Müde rieb Aleyna sich den Schlaf aus den Augen und setzte sich auf, um einen Blick nach draußen zu werfen. Die gleißenden Sonnenstrahlen blendeten sie und sie hätte zu einem wolkenlosen Himmel sehen können, wenn ihr die grauen Häuser nicht die Sicht versperren würden.
Sie konnte die Augen kaum aufhalten, sie hatte nicht besonders viel schlafen können.
Und als sie dann eingeschlafen war, hatte sie von ihrem Bett zu Hause geträumt, dem weichen großen Kissen und die große gemütliche Bettdecke.
Nun hier aufzuwachen war ein befremdliches Gefühl gewesen. Immer noch viel es ihr schwer zu begreifen, wo sie war und wie sie hier hergekommen war.
Auf einmal war einfach alles anders. Aber sie hatte es so gewollt.
Sie hatte Nialls Songliste rauf und runter gehört – viele Songs waren ihr bereits bekannt, von Anderen hatte sie nur gehört, aber er hatte recht:
Sie halfen, zumindest für eine kurze Zeit. Danach brannten sich wieder andere Melodien und Texte in ihr Gedächtnis. Melancholische Melodien, ernüchternde Texte.
Damit musste sie leben.
Plötzlich hörte sie, wie eine Tür geöffnet wurde. Schnell hob Ali ihren Blick und sah wie Niall aus dem Badezimmer heraustrat. Mit nassen Haaren, die in alle Himmelsrichtungen abstanden, einer abgetragenen Jeans, einem dunkelgrauen enganliegenden Shirt und einem ertappten Gesichtsausdruck sah er auf sie herab.
„Hey“, begrüßte Aleyna ihn, wohlwissend wie nichtsaussagend dieses Wort war.
Aber zumindest war es besser, als ihn anzuschweigen.
Wieso war sie auf einmal so ängstlich? Wieso konnte sie nicht einfach einen flapsigen Spruch machen und wieder in eine Diskussion mit ihm verfallen?
Weil er sich nicht mehr darauf einlassen würde. Er wollte die Wahrheit und nichts Anderes. Und genau das war so schwer für sie, ihm zu geben.
„Hi“, sagte Niall stirnrunzelnd und musterte sie unverhohlen einmal von oben bis unten.
Verlegen versuchte Ali den Heuhaufen auf ihrem Kopf zu bändigen und ihre Kleidung glatt zu streichen.
Aus Mangel an Kleidung hatte sie in ihren Klamotten geschlafen, die nun vollkommen zerknittert war.
Niall war während sie sich selbst versuchte wieder in Stand zu setzten in seinem Schlafzimmer verschwunden und kam nun mit einem weißen Shirt in der Hand zurück, das er ihr in die Hand drückte.
„Danke“, murmelte Aleyna kleinlaut und machte sich auf den Weg ins Badezimmer.
Dort angekommen drückte sie sich erst einmal an die geschlossene Tür, um wieder ruhig durchzuatmen.
Ihr Herz schlug in einem unregelmäßigen Rhythmus und sie wusste nicht, wie viele dieser krampfigen Unterhaltungen mit Niall es noch brauchte, um den Geist aufzugeben.
Seufzend tauschte sie ihr zerknittertes Shirt gegen das weiße Shirt von Niall.
Es war ihr wohl einige Nummern zu groß, deshalb knotete sie es an einer Seite fest, damit es nicht ganz so lang war.
Dann wusch sie sich den Schlaf aus den Augen, kämmte ihre Haare notgedrungen mit den Fingern und suchte, wenn sie leichte Panikattacken bekam, Halt am Waschbeckenrand. Niall hatte eine schöne Wohnung, stellte sie erstaunt fest, als sie das kleine Bad musterte.
Sie war nicht besonders groß – Wohnzimmer und Küche lagen in einem Zimmer und grenzten nahtlos aneinander an – und eher minimalistisch eingerichtet, aber irgendwie gemütlich und bewohnt, selbst wenn Niall nicht besonders oft hier war.
Ganz anders, als ihr zu Hause, dachte Aleyna gedankenverloren. Und das obwohl ihr Haus so viel größer und die Möbel alle einzeln von ihrer Mutter ausgewählt worden waren.
Aber trotzdem wirkte das Haus immer leblos, so wie auch ihre Bewohner.
Nialls Junggesellenwohnung hingegen glühte nur so vor Energie und Leben.
Ali warf einen Blick in den Spiegel und versuchte zu lächeln. Es wirkte nicht besonders echt. Nichtssagend wie ein Achselzucken, beinahe wie eine Entschuldigung.
Noch einmal atmete sie tief durch und öffnete dann die Tür.
Im Wohnzimmer war Niall bereits wieder dabei, hektisch durch die Gegend zu laufen.
Als er sie erblickte, stoppte er kurz, um sie einmal unter die Lupe zu nehmen und fuhr dann fort.
Etwas Spöttisches lag in seinem Gesicht und wenn Ali sich nicht täuschte, hätte er unter normalen Umständen sie abneigend angesehen und einen Spruch über sein Shirt, dass Ali durch ihren Knoten zerknittert hatte, gemacht.
Aber er schien in den letzten Tagen eine unglaubliche Geduld an den Tag zu legen, die Ali überraschte, zugleich aber auch unsicher machte. Sie wurde einfach nicht schlau aus ihm.
„Willst du etwas essen?“, fragte er sie zuvorkommend wie noch nie.
„Nein“, erwiderte Aleyna und passte ihren Tonfall an seinen an. Beinahe wünschte sie sich, er würde sie wieder zusammenstauchen, alles war besser als diese gespielte Höflichkeit.
„Okay“, erwiderte Niall gedankenverloren, während er seinen kleinen Kühlschrank öffnete, der nahezu leer war.
„...Etwas zu trinken vielleicht?“, fuhr er fort und schob die wenigen Lebensmittel im Kühlschrank hin und her.
„Hier ist noch ein bisschen Wasser…und ich glaube das war´s auch. Kaffee gibt’s auch, aber den trinkst du wahrscheinlich nicht.“
„Nein, ist schon in Ordnung, Kaffee ist gut“, beeilte sie sich zu sagen und machte sich schnurstracks auf den Weg zur Kaffemaschine, bevor Niall sie erreichen konnte und Ali wieder nichtsnutzig im Raum herumstand und Däumchen drehte.
„Du auch?“, fragte sie ihn, als er unschlüssig neben ihr zum Stehen kam. Er nickte und setzte sich auf die Couch.
Ha!, hätte Aleyna beinahe ausgerufen. Jetzt musst du mal rumsitzen und dich wie ein Nichtsnutz fühlen, dachte sie triumphierend.
„Die Songliste war wirklich gut“, versuchte sie ein Gespräch am Laufen zu halten. Niall brummte etwas Unverständliches, aber davon ließ sie sich nicht abschrecken.
„Aber was hatte Last Day Of Your Life von Glass Pear in dieser Liste zu suchen?”, fragte sie ihn düster.
Es war der einzige Song der ganzen Liste gewesen, den sie nicht als aufmunternd, sondern niederschmetternd empfunden hatte.
„Na ja, wenn du weißt, dass jeder Tag der Letzte sein könnte, tust du automatisch das, wonach du dich gerade sehnst. Mehr Hoffnung kann ein Song doch gar nicht geben“, murmelte Niall unbeeindruckt, doch Ali spürte, dass hinter seinen Worten mehr steckte.
„Na gut“, gab sich Aleyna merkwürdigerweise schnell geschlagen, um ihn nicht weiter zu verstimmen und schenkte in zwei Tassen, die sie auch ohne Nialls nicht wirklich hilfreiche Ratschläge („Nicht da!“, „Lass mich das doch machen!“) fand. Gerade wollte sie die Tassen in die Hand nehmen und zu Niall hinübertragen, da hörte sie wie er energisch vom Sofa aufstand und beinahe auf sie zugelaufen kam.
Erschrocken drückte sie sich an die Theke, als sie das Gefühl hatte, dass er sie überrennen würde.
„Scheiße, Ali“, murmelte er, als er direkt vor ihr stand. „Ich will nicht länger warten.“
Und bevor sie verstehen konnte, was er damit genau meinte, hatte er den Arm bereits um sie geschlungen, sie an sich gezogen und seine Lippen hart und fest auf ihre gedrückt. Seine Lippen erstickten jeden Zweifel, jeden Protest.
Sie nahmen ihr die Kraft zu Urteilen und vernünftig zu entscheiden. Erstickten jede Unsicherheit, jede Skepsis im Keim.
Ali hätte gedacht, dass sie ihren leidenschaftlichsten Kuss schon erlebt hätte, aber dieser Kuss übertrumpfte alles, was sie bis jetzt gefühlt hatte.
Verzweifelt presste Niall immer wieder seine Lippen auf ihre, und fuhr mit seiner freien Hand durch ihr offenes Haar und brachte es wieder durcheinander, ohne jede Rücksicht auf Verluste.
Er versuchte sie anzutreiben, sie zu triezen, sich endlich auch so hinzugeben, wie er es tat.
Ihn ebenfalls so zu berühren, wie er es gerade mit ihr tat. Aber sie traute es sich nicht.
Weil sie Angst hatte, weil er so erfahren wirkte – und war - und weil sie einfach das Richtige tun wollte.
„Komm schon, Ali“, murmelte er in ihr Haar und küsste sie. „Trau dich.“
Als sie seine Worte vernahm, machte ihr Herz einen Satz.
Niall sprach sie selbstverständlich aus, beinahe zärtlich.
Er stellte sich ihr vollkommen zur Verfügung, ließ ihr freie Hand. Ihr Herz begann immer schneller zu schlagen, aber sie mochte es. Sie fühlte sich so frei, so energiegeladen, so…glücklich.
Niall löste sich von ihren Lippen, blieb aber weiterhin dicht neben ihr stehen, sodass sich ihre Lippen immer wieder zufällig streiften.
Sein warmer Atem strich beruhigend über ihre Wangen. Es lag an ihr, ob dieser Kuss noch weitergehen würde.
Niall würde ihn nicht fortführen, das war ihr klar.
Trotzdem ließ er keine Gelegenheit aus sie noch weiter zu reizen, ihr Verlangen grenzenlos zu machen und sie so dazu zu bringen, genau das zu tun, was er wollte.
Er hatte Glück. Ausnahmsweise war es ihr egal, das zu tun, was Niall wollte. Denn sie wollte es auch.
Schnell überwand sie den kurzen Abstand ihrer Lippen und drückte nun ihre auf seine.
Vorsichtig streckte sie die Hand aus, um über seine Gesicht zu fahren. Er ließ sie gewähren.
Langsam strich sie über sein Gesicht. Sie begann unter seinen unverschämt blauen Augen entlang zu streicheln, fuhr über seine von dunklen Bartstoppeln übersehten rauen Wangen, bis hin zu seinem Kinn, dass sie umfasste und dazu nutzte ihn sanft noch näher zu ihr zu ziehen.
Niall hatte die Augen geschlossen gehabt, während sie sein Gesicht begutachtet hatte, nun öffnete er sie wieder und sah sie an.
Unglaubliche Wärme lag in seinen Augen. Sie hatte nie gedacht, dass blaue Augen so warm sein konnten.
Trotzdem würde er sie jetzt noch nicht einfach so davonkommen lassen. Seine Augen mochten warm sein, sein Wille war eisern.
Unmerklich nickte sie scheinbar sich selbst zu, bevor sie fortfuhr. Es kostete sie eine Menge Mut Niall einfach so zu berühren und sie musste sich jedes Mal selbst wieder dazu überwinden es zu tun.
Nun umschloss sie seine Unterlippe mit ihren Lippen und zupfte sanft an ihnen. Sie hörte Niall zustimmend brummen und fuhr fort. Ali setzte ihre Erkundungstour fort und ließ ihre Hände in seinen Haaren verschwinden, um sie durcheinander zu bringen. Gleiches Recht für alle, dachte sie lächelnd und wühlte weiter darin herum.
Er hatte unglaublich weiches Haar, als ob es dafür gemacht war, berührt zu werden, überlegte sie schmunzelnd.
„Was gibt´s da zu lachen?“, fragte Niall sie gespielt ernst, doch seine Augen strahlten sie glücklich an.
„Nichts“, murmelte sie, sehnte sich aber nach seinen Armen um ihren Körper. Seinen Händen auf ihrem Gesicht, ihren Haaren. Seinen Lippen, die sich fest auf ihre drückten.
Bittend sah sie zu ihm herauf, um ihn zu überzeugen, dass er sich nun wieder einschalten konnte.
Die ersten Sekunden schien er noch entschlossen, nicht nachzugeben, aber als sie kurz davor war sich von ihm zu lösen, zog er sie blitzschnell an sich.
Ihr entfuhr ein entfesselnder Laut, während Niall weiter vor sich hin grinste.
Dann fanden ihre Lippen sich wieder und sie verfielen in einen nun beinahe bekannten Rhythmus.
Mehr, mehr, mehr, war alles wozu Aleyna fähig war zu denken. Mehr. Und Niall gab ihr genau das. Mehr.
Als sie das Gefühl bekam, dass diese Situation perfekter nicht sein konnte, wurden ihre Träume plötzlich von einem lauten Klingeln unterbrochen.
„Mist“, murmelte Niall energisch und löste sich unfreiwillig von ihr, um sein Handy hervor zu ziehen.
„Das ist Louis“, fuhr er entschuldigend fort. „Ich sollte drangehen.“
„Ja klar“, erwiderte Ali, als auch ihr Handy in ihrer Tasche zu klingen begann.
Niall sah sich ertappt um, als er die bekannte Melodie wiedererkannte. Es war „The Reason.“
Er warf ihr einen kurzen verblüfften Blick zu, der ihr auch nicht mehr sagen konnte, als er selbst: „Dieser Song ist dein Klingelton?“
Sie zuckte die Achseln, sie hatten nun mal den gleichen Musikgeschmack, auch wenn Niall es gerne abstritt.
„Harry“, sagte Aleyna mit einem Blick auf das Display.
Niall verdrehte nur die Augen, brummte etwas Unverständliches und nahm dann den Anruf entgegen.
Ali las währenddessen die SMS, die Harry ihr geschrieben hatte: „Wir haben gleich Probe, Ali. Bitte komm. Wir brauchen dich.“
Ali lächelte. War es möglich an einem Tag alles zu verlieren und dann festzustellen, dass es da etwas Anderes gab, dass den Schmerz zwar nicht verschwinden ließ, aber undendlich minderte? Anscheinend schon.
Ali setzte sich auf das Sofa, um Niall beim Telefonieren zu hören zu können. Gerade versuchte er seinen Freund dazu zu überzeugen, die Probe heute abzusagen.
„Ich weiß, dass das Abschlusskonzert ansteht und wir uns die Listen noch nicht angeguckt haben“, sagte er gerade zerknirscht. „Aber einen Tag mehr oder weniger…“
Er ließ den Satz in der Luft hängen, um Louis' Antwort zu lauschen. Einen Tag mehr oder weniger, dachte Aleyna schmunzelnd. So etwas hätte der alte Niall sich niemals getraut zu sagen. Für ihn konnte es gar nicht genug Proben geben, vor allem, wenn es um die Optimierung ihres Gesanges ging. Aber er war wohl einfach nachlässiger geworden.
„Na gut…okay…Dann bis gleich“, erwiderte Niall ernst und legte auf.
Dann drehte er sich wieder zu ihr um und zuckte mit den Achseln.
„Ich muss los“, erwiderte er, während er die Stirn runzelte, als ob er nach den richtigen Worten suchen würde.
„Ich bin nämlich Sänger und Gitarrist in einer Band und die brauchen mich“, fuhr er nun lächelnd fort, als ob sie sich gerade erst kennengelernt hatten.
Und so war es irgendwie auch. Zumindest für sie.
„Ich auch“, entgegnete Aleyna grinsend, die sein Spiel mitspielte. „Wir haben jetzt Bandprobe.“
„Und gehst du hin?“, fragte Niall, der sich sein Grinsen nicht mehr verkneifen konnte.
„Na ja“, überlegte Ali laut während sie in ihre Chuck glitt und ihre Haare mit den Fingern versuchte nach Nialls „Angriff“ wieder zu glätten. „Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, oder?“
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Jor, die beiden haben wohl wieder zueinander gefunden und Ali geht wieder zur Probe.
Was könnte jetzt noch schief gehen?
Noch 4 Kapitel dann folgt der Epilog.
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