Kapitel 8: •(Un)Erträgliche Erinnerung•
,,I am the diamond you left in the dust
I am the future you lost in the past."
- Little Mix
-
Collin füllte das Weinglas mit dem Chateau Cheval Blanc aus dem 47er Jahrgang, der für meinen Geschmack zu konzentriert war. Das Rot des Weins bereitete mir jetzt schon Schwindel. Collins gepflegten Hände drehten die Flasche sachte, als er fertig mit dem Einschenken war. Er schob mir das Glas entgegen und weil ich höflich war, nahm ich das Glas. Gut, ich nahm es eigentlich, weil ich gerade etwas brauchte, das mir Mut zuredete, meine Zunge lockerte, um Worte zu sagen, die ich all die Jahre hatte sagen wollen.
Nach einem Schluck rieb ich meine Zunge am Gaumen, betrachtete wie Collin sich hinsetzte, seinen linken Arm auf dem dunklen Sessel abstützte und den rechten mit dem Wein in der Hand vor sich kreisen ließ. Sein Blick lag schwer auf mir und ich wandte meinen ab. Wir saßen uns beinahe gegenüber. Der Wein stand auf dem Couchtisch aus Birke. Ich saß ebenso wie er in einem Sessel und links von mir war ein sunkelbraunes Sofa aus matten Leder, das ungefähr vier Meter breit war. Die dunklen Farben passten zum rotbraunen Kamin aus Backsteinen, das an der Wand rechts von mir stand. Zum Kamin müsste ich einige Schritte laufen. Ein großer Teppich säumte unseren Sitzbereich und der Raum war unfassbar groß. In der Höhe sowohl auch in der Breite. Der Abschnitt für den Sitzbereich, der aus den beiden Couches und dem Sofa bestand, nahm die Mitte des Raums ein. Weiter links von mir waren zwei große Fenster, die den Raum mit Licht durchfluteten, wenn das Wetter fröhlicher war.
Die Wände vor unt hinter mir hielten wunderschöne Gemälde berühmter Künstler. Van Goghs oder Monets Werke waren farblich angepasst und wurden auf einer angenehmen Höhe aufgehangen. Die Rahmen schmiegten sich wie eine zweite Haut an die Kunstwerke, waren der Mantel für sie. Über jedem Bild hatte man Lichter angebracht, die die Werke perfekt in Szene setzten. Sein Geschmack wunderte mich. Ich hätte ihn eher für einen Kadinsky gehalten. Kantig und kräftig.
,,Ich habe lange um sie gekämpft", gab er einen Kommentar von sich, der mir bewusst war. Solche Bilder kosteten viel und waren wirklich unmöglich zu bekommen. Ich fragte mich wie er diese Bilder bekommen hatte, mit welchem Mitteln er spielte, um zu bekommen, was er haben wollte.
Zumindest wusste ich wie er mit der Liebe hantierte und konnte mir gut vorstellen wie er dies auch mit seinen Geschäften tat.
,,Wenigstens eine Sache, um die du gekämpft hast."
Collins Blick durchbohrte mich und ich blickte weiterhin stur an ihm vorbei, zu den Bildern, die seine Wand wie Trophäen schmückten. Collin gab gerne preis, was er hatte. Nun hatten seine Bilder meinen Platz eingenommen, waren womöglich sein kostbarstes Hab und Gut.
,,Ich habe bereut, dass ich mich nie aufrichtig entschuldigt habe und nie um dich gekämpft habe", sagte er und legte das Glas auf den Tisch, verschränkte seine Hände ineinander und blickte mich beinahe flehentlich an.
,,Ich habe dir nie bewiesen, dass du mir so unfassbar wichtig warst und immernoch bist. Es tut mir leid, Reese."
Ich blickte auf mein Glas, trank den Inhalt wie einen Shot, der mir versprach, dass er meine Wunden lecken würde.
,,Und ich weiß vielleicht ist es zu viel verlangt, aber ich bitte dich, dass du mir noch eine Möglichkeit gibst, das gut zu ma-"
,,Wie bitte?" Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Ich schluckte überrascht und setzte mich auf, blickte ihn an und lachte.
,,Du bist verdamnt spät dran, Collin. Das kannst du nicht von mir erwarten", sagte ich, meine Stimme suhlte im Ärger. Ich blickte mich im Raum um, versuchte meine aufkeimende Wut zu zügeln.
,,Ich weiß, Reese, aber bitte hör' mir zu. Das habe ich alles für dich getan. Die Bilder deiner Mutter-"
,,Darum habe ich verdammt nochmal nicht gebeten!"
Ich stand auf. Diese Thematik musste aus meiner Sicht stets mit Samthandschuhen berührt werden. Auch Collin erhob sich und er wollte auf mich zugehen, doch ich hielt ihn mit einem Handzeichen fern, umfasste mit der anderen Hand meinen Mund und schluchzte leise. Tränen bahnten sich an und ich wandte mich ab. Er raufte sich durch die Haare, fauchte frustriert und setzte sich wieder hin, die Hände stets im hellen Haar.
,,Ich weiß, ich weiß. Bitte Reese..." Collin blickte hoch und der Schmerz vertiefte sich in seinen Augen und kennzeichnete sich auf der Stirn. Seine Stimme brach und er atmete tief durch.
,,Du bist mir so viel wert und ich möchte dir das zeigen. Ich möchte unsere Träume verwirklichen, mit dir die Welt erkunden und dich auf Händen tragen."
Ich drehte mich weg, verschränkte meine Arme und biss mir auf die Unterlippe. Ich spürte wie die Tränen liefen und ich drückte meinen Handrücken gegen die Nase, wollte verhindern, dass ich erneut schluchzte.
,,Und ich verlange nicht, dass du mir etwas zurückgibst, Reese. Lass' uns Bekannte sein. Lass' mir die Möglichkeit, dir zu geben, was ich genommen habe."
Ich atmete laut aus und drehte mich um, blickte in die Augen eines Mannes, dem ich glaubte, dass er bereute und litt. Doch sein Schmerz war nicht berechtigt. Er hatte uns das angetan und er hatte mein Herz unachtsam in der Welt und besonders an das Mädchen verteilt, für das es sich anscheinend gelohnt hatte, uns aufzugeben.
,,Du hast uns aufgegeben und jetzt erwartest du von mir, dass ich jetzt an uns glaube? Woher soll ich wissen, dass du nicht zur nächsten gehst, wenn dir das wieder zu langweilig und zu ernst wird?"
,,Ich bitte dich darum, dass du über mein Angebot nachdenkst. Dass wir Freunde werden und ich zumindest meine Fehler korrigieren kann. Früher war ich dumm und habe dich nicht geschätzt. Ich mach nicht die selben Fehler, Reese."
Seine Stimme klang entschlossen, sicher. Wie betäubt wandte ich mich ab, steuerte auf seine Haustür zu und verließ sein Anwesen. Ich nahm nur noch vage wahr, wie die Bäume an mir vorbeirauschten, als ich mich auf den Weg zurück machte und mich die Tränen wie ein Schleier begleiteten. Der Himmel färbte sich dunkelblau, harmonierte mit der Trauer, die meine Freude schlafen gelegt hatte. Und als ich vor der Haustür stand und diese öffnete, blickte mir die Nacht erneut entgegen. Syrells Blick wandelte sich von einem glücklichen zu einem überraschten Blick. Seine Züge wurden hart und ohne etwas zu sagen, umfasste seine große warme Hand meine und zog mich mit sich.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top