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Das Erste, das ich hörte, war eine kratzige Stimme, die sich flüsternd mit einer weiteren Stimme mit einem irischen Akzent unterhielt. „Was machen wir mit ihr und vor allem was hat sie denn gemacht? Das Blut ist nämlich sicher nicht vor ihr, Harry.", sagte der Ire. Ich genoss den Akzent, wie lange hatte ich den Akzent, mit dem ich aufgewachsen war, nicht mehr gehört. „Ja schon klar, wenn sie so viel Blut verloren hätte, würden wir eine Leiche auf dem Sofa haben, Blitzmerker.", machte Harry sich über den Iren lustig. Ich hielt es für passend die Augen aufzumachen und somit zu verhindern, dass die beiden anfingen zu streiten. Gerade als der Ire, welcher übrigens recht schnuckelig mit seinen blonden Haaren aussah, anfangen wollte, Harry anzumotzen, sah Harry, dass ich meine Augen geöffnet hatte. 

„Sie ist wach, Niall." Niall drehte sich sofort um und schaute mich an. Beide liefen auf mich zu und blieben direkt vor mir stehen. Die Situation hatte etwas Bedrohliches und ich setzte mich schnell auf, um im Notfall flüchten zu können. Wie automatisch checkte ich das Zimmer ab; ich war mit der Zeit auf der Straße vorsichtig geworden und war immer bereit, zu fliehen. Ich saß auf einem beigenen Sofa und unter mir lag eine durchsichtige Folie, um das Leder des Sofas zu schützen. Alles war ordentlich, auf dem Boden lag nichts herum und auch ansonsten war alles penibel ordentlich gehalten. Die terracottafarbenen Wände gaben dem Zimmer ein mediterranes Flair und wie ich sofort feststellen konnte, war alles farblich perfekt abgestimmt.

Als Harry mich musterte, wurde mir klar, wie wenig ich mit meinen fransigen Haaren und den schmutzigen Klamotten hierher passte. Von Old Grays Blut, das an meinen ganzen Klamotten klebte und in meinen Haaren getrocknet war, ganz zu schweigen. Niall setzte sich mit einem schüchternen Lächeln neben mich, während Harry angeekelt von mir, oder war es wegen dem Blut, stehen blieb. Er schaute mich mit seinen grünen Augen durchdringlich an. 

„Also?", fragte er hochnäsig. „Was?". Ich verstand nicht, was er damit sagen wollte. Genervt fragte er: „Name? Alter?" Ich hatte zwar nicht die geringste Ahnung, warum er das wissen wollte, aber ich antwortete: „Alison McAfferty, siebzehn Jahre alt." „Oh mein Gott, sie kommt aus Irland.", quietschte Niall begeistert. Als ich ihn ansah, grinste er glücklich. „hmpf, und ganze Sätze kann sie auch noch nicht sagen.", motzte Harry. Der hatte aber auch echt eine schlechte Laune. Aber ich schwieg, denn ich wollte ihn nicht aufregen, vor allem jetzt noch nicht, da ich ja nicht mal wusste, ob er was mit Z und seiner Gang zu tun hatte. Schweigend saßen wir uns gegenüber. Ich schaute zu Niall, denn Harry schüchterte mich ein. Und schon wieder begann Harry mit seiner tiefen Stimme zu reden. „Woher kam das Blut?". War das etwa ein Verhör? „Von Old Gray", sagte ich fast schon flüsternd. 

Und dann passierte wieder einmal das, wofür ich mich hasste. Ich begann zu weinen, erst leise, dann entwickelte sich daraus ein hysterisches Schluchzen. Niall stand auf und setzt sich neben mich. Dann zog er mich in einen Umarmung, er ignorierte, dass ich voller Blut war, und er ließ mich sein Shirt vollheulen. Nach einiger Zeit wurde meine Tränen weniger und ich putzte mir mit dem Taschentuch, das Harry mir mitleidslos hinhielt, die Nase. „Old Gray? Ich kenne ihn. Was war los? Er war ein friedfertiger Mensch, also wird er nichts Schlimmes getan haben.", meinte Harry sachlich. Ich begann zu erzählen. „Ich kenne ihn schon lange, er war wie ein Vater für mich. Als ich zu unserem Ort, an dem wir immer übernachtet haben, kam, war es schon dunkel. Ich hab mich, wie immer, neben ihn gelegt und bin eingeschlafen. Am nächsten Morgen war er tot. Z hat ihn umgebracht." Ich zeigte ihnen den Zettel, den ich immer noch in meiner Hand hatte, und die Beiden schauten sich bedeutungsvoll an. Ich wollte nicht wissen, was sie dachten. Ich wollte endlich all meine Gedanken, die mich seit heute Morgen belasteten, loswerden, mir den Schmerz von der Seele reden. Also redete ich weiter und ignorierte dabei die Tatsache, dass Harry schon den Mund aufgemacht hatte um etwas zu sagen: „Was hat Old Gray denn Schlimmes getan. Er hat sich um mich gekümmert, er war mein bester Freund und das ist nicht selbstverständlich, wenn man auf der Straße wohnt. Ich weiß, er hat gekifft, aber ich denke, das ist eines der weniger schlechten Gewohnheiten, die man als Obdachloser haben kann..." „Er hat dir nicht alles erzählt.", unterbrach mich Harry, unhöflich wie immer. „Er war unser Spitzel und wir gehören zu Zs größten Feinden. Das ist wahrscheinlich gestern ans Licht gekommen und Z hat Old Gray daraufhin umbringen lassen. Du kannst froh sein, dass du noch lebst, normalerweise gibt es keine Zeugen."


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