Chapter 10
Carols P.o.v.:
Ich konnte meinen Blick nicht auf meine Füße richten. Also nun auf meinen einen Fuß. Mein Kopf pochte und schmerzte all die Zeit höllisch und es hörte nicht auf! Nicht nur mein Kopf tat weh. Unvorstellbare Schmerzen an meinem Bein plagten mich. Ich hatte nicht ganz mitbekommen, ob das Wesen nun tod war oder nicht. Ich sah nur noch Dad vor Augen. Meine Tränen kullerten ununterbrochen über meine Wangen und ich brachte kein Wort raus. Wie sollte ich nach all dem weiterleben? Hatte ich jetzt noch einen Sinn im Leben?
Joseph zupfte an meiner Hose und versuchte sie so weit wie möglich runterzuziehen, um einen Knoten am Ende des Hosenbeins zu machen, damit die Wunde nicht mehr frei lag und gleichzeitig versuchte er nicht meine Schulter loszulassen, damit ich nicht hinfiel. Wir waren fast im Erdgeschoss angekommen. Aus der
"- 30. Etage". Sehr tief.
Ob das alles real war wusste ich trotzdem immer noch nicht...
Trotz der Schmerzen und den Umständen war ich nicht allein. Joseph war da. Das erleichterte mich so sehr. Und ich brachte ein leichtes Lächeln hervor während ich ihm in die Augen sah. Dann schlossen sich meine Augen und ich wurde wieder ohnmächtig. Ich war viel zu erschöpft, um wach zu bleiben.
Kraftlos. Gefangen in Selbstmitleid und Wut. Ich fühlte mich benebelt und immer schwächer...
**
Josephs P.o.v.:
Sie sah mich zitternd an und hielt für wenige Sekunden, mit ihrem leichten herzerwärmenden Lächeln den Blickkontakt zu mir. Doch dann schlossen sich ihre Augen und sie klappte zusammen.
Ich fing sie auf.
Sie tat mir so Leid. Unendlich. Was würde ich alles geben, damit es ihr besser gehen würde, sie ihren Fuß nicht verloren hätte und das alles nicht erleben hätte müssen. Es war jedoch nicht rückgängig zu machen.
Sie fing an zu zucken. Oh Mist! Sie hatte zu viel Blut verloren! Gar nicht gut!, dachte ich.
Wir mussten umso schneller hier raus. Die Fahrstuhltüren öffneten sich. Ich blickte hastig nach vorne, nach links und dann nach rechts. Geradeaus war ein langer Gang, der sehr abgedunkelt vor mir lag. Ich bemerkte, dass der rechte heller war. Das war bestimmt der richtige Weg. Licht ist eigentlich immer ein gutes Zeichen.
Alles war still... doch dann ertönte ein Krächzen. Ein lauter Rums und die Wand der linken Seite brach ein.
Blitzschnell sprang die Kreatur aus dem entstandenen Loch der Wand, mit aufgerissener Haut an ihren Armen und Beinen. Es sah noch schrecklicher und wütender aus als vorher.
RENN UM DEIN LEBEN!, schrie meine innere Stimme. Es fletschte sabbernd seine Zähne und knurrte laut.
Mit Carol in den Armen ernahm ich die Flucht. Ich rannte einfach, ohne zurück zu blicken.
Ich rannte und schrie, damit Carol aufwachte und selbst rannte, trotz ihrer Schwäche. Ich konnte sie nicht mehr länger tragen.
Sie wachte aber nicht auf. Dies bereitete mir noch mehr Sorgen.
War sie tod? Ich flehte, dass sie es nicht war. ,,Carol! WACH AUF! HALT DURCH!", rief ich.
Dann geschah das Undenkbare. Gerade als ich an die Stelle kam, wo der Gang heller wurde und eine Treppe vor mir erschien, die nach unten in einen Raum führte, den ich direkt erkannte... hatte das Wesen uns eingeholt. Fast hätte ich es geschafft...
Die Kreatur ergriff Carols Fuß. Ich wollte sie festhalten, war jedoch nicht mehr stark genug. Ich selbst merkte, wie mir schwindelig wurde und ich nicht schnell genug bremsen konnte. Ich stieß gegen das Treppengeländer, verlor Carol aus meinen Armen. Sah wie die Kreatur den Fuß aus seinem Griff verlor und Carol nun nach mir fiel.
Das letzte was ich warnahm, war ein lautes Brüllen von der Kreatur und ein lauter, harter Aufprall auf dem Boden. Die Dielen krachten nicht zusammen zum Glück. Ein letzter Blick zu Carol, die neben mich gefallen war brachte mich zum grinsen. So schön...
Dann wurde mir schwarz vor Augen.
**
Carols P.o.v.:
Ich kniff meine Augen fest zusammen. Wollte meinen Kopf heben. Der schmerzte jedoch zu sehr. Langsam hob ich meinen Arm. Tastete nach Joseph. Nein! Er lag nicht bei mir. Ich war allein. Ich lag nahe am Loch, wo wir hineingezogen wurden. Da wo alles begonnen hatte.
Wo war Joseph?
Ich robbte zu einer Wand, stütze mich an dieser vorsichtig hoch um mein eines Bein bloß nicht zu schnell zu belasten. Kurz wurde mir schwindelig und ich schwankte ein wenig. Kein Wunder ich hatte viel geblutet. Da fiel mir erst auf, das ich die Wunde nicht fertig abgedeckt hatte. Joseph wollte es schnell tun, doch der kleine Knoten war wieder aufgegangen. Ich sah die Wunde und spürte einen Stich, der durch meinen ganzen Körper lief.
Ich bückte mich leicht, um mein Hosenbein nochmal besser zuzuknoten an dem Teil, wo mein Fuß einst war...
Unfassbar. Ich hatte nur noch einen Fuß. Es war so schlimm, dass ich es einfach immer noch nicht begreifen konnte. Dieses Wesen würde dafür bezahlen.
Unter dem Unterschenkel, da wo der Knöchel und Fuß einst war, hing nun ein Hosenbein, das ich zugeknotet hatte. Vor lauter Schmerzen wollte ich aufschreien, doch das konnte ich nicht. Erstens, da ich kaum noch Stimme hatte, zweitens kaum noch Kraft dazu hatte und drittens ich nicht wollte, dass das Wesen wusste wo ich war und Joseph etwas antuen würde, nur um mich zu bekommen.
Ich würde alles tun, damit Joseph heil hier raus käme. Er hatte ursprünglich nichts damit zu tun. Es war mein Problem. Jedoch hatte er mir geholfen. Sehr oft. Er gab mich nicht auf, wofür ich ihm sehr dankbar war. Ich wollte ihn wirklich an mich drücken und nie wieder loslassen. Er bedeutete mir nun mehr als alles andere. Alles andere war unwichtig geworden.
Mein Dad, ein Mörder. Meine Mum, nicht immer für mich da gewesen...
Ich liebe dich Joseph!, schluchzte ich in Gedanken. Ich wollte nur ihn.
Langsam und behutsam humpelte ich die Treppe wieder hinauf und folgte einem leisen Murmeln. Ich wusste nicht was das Tropfen verursachte, jedoch war ich mir ganz sicher, dass ich dort Joseph finden würde. Diese schwache Hoffnung breitete sich in mir aus und ich humpelte, abgestützt an der Wand, etwas schneller.
Ich kam dem Geräusch immer näher...
Ein leises Schluchzen holte mich aus meinem abschweifenden Kummer.
,,Bitte nicht! Lass-", er hustete, ,,Lass mich in Frieden, verdammt! Und -", er schluckte laut seinen Kloß im Hals hinunter, "Carol auch!"
,,NIEMALS! Das hat sie nicht verdient. Du auch nicht... und ihr Vater erst recht nicht...", zischte das Wesen.
,,Nimm mich statt ihn!", schrie ich wütend und unbedacht.
Ich konnte den Gedanken einfach nicht ertragen, dass Joseph sowas durchstehen musste, obwohl er mir nur helfen wollte. Ich musste etwas tun. Und in dem Moment, war es das erste was mir einfiel. Nun hatte ich es auf mich aufmerksam gemacht.
,,Bitte lass ihn gehen und nimm mich!", flehte ich erschöpft. Wenn ich sterben würde, könnte Joseph fliehen. Zusammen hätten wir es sowieso niemals rausgeschafft, erklärte ich mir logisch.
Joseph blickte mir tief in die Augen. Trauer und Angst konnte ich erkennen. Bittere tiefe Angst.
,,Komm näher... komm...", wisperte es. Ich ignorierte es. Ich konnte mich auch nicht wirklich fortbewegen.
Plötzlich, bevor ich auch nur ein Wort sagen konnte, knallte es laut. Dieses Geräusch kam von unten. Was oder wer war das bloß gewesen?
War es nur der Wind? Ich hatte kurze Hoffnung gespürt, die blitzschnell wieder davon flatterte. Niemand wusste, wo wir waren. Wir waren verloren und allein. Joseph vielleicht noch nicht aber ich würde mein Ende finden. Hier und jetzt.
Dann polterte etwas die Treppen hinauf. Das Wesen kroch schnell zur Tür. Lugte um die Ecke und wurde von etwas hartem zu Boden geschlagen. Man hörte einen Schuss. All dies geschah in der Dunkelheit. Ich konnte nichts erkennen. Dann spürte ich ein Stechen im Oberschenkel. Meine Muskeln zogen sich zusammen und verkrampften sich. Ich schnappte stockend nach Luft. Wie ein Fisch an Land.
Ich konnte nicht aufhören. Ich tastete mein Bein ab, um eine mögliche Blutung zu stoppen oder irgendetwas zu finden, was diese Verkrampfungen auslöste, doch ich konnte es nicht.
,,Jo-Joseph...Joseph...", hauchte ich zittrig. Wahrscheinlich war ich zu leise, denn es kam keine Antwort. Stattdessen Rufe. Von einer männlichen Stimme.
,,Raus hier! Los! Sofort!" Ich kannte die Stimme irendwo her. Dad!? Nein das konnte nicht sein. Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich spürte wie nass sie waren. Blut? Oh nein! Der Boden war voll davon. War es von mir? Oder hatte das Wesen Joseph verletzt? Ich konnte nicht mehr. Ich schloss die Augen und alles verstummte um mich herum.
P.o.v. von Carols Dad:
Ich schlief. Träumte einen furchtbaren Traum. Ich sah Carol gefangen und bei ihr war ein junger Mann. Sie rannten vor etwas weg. Dann stürtzten sie. Carol humpelte irgendwelche Treppen hoch. Es waren alte verottete Holztreppen. Ihr fehlte ein Fuß! Dann sah ich Joseph. Angekettet auf einem breiten Tisch. Er blutete und war verletzt.
Etwas hockte vor ihm. Ein widerwärtiges, hässliches Wesen. Schrecklich sah es aus. Es wollte Joseph foltern und dann fressen. Der Grund war mir unbekannt. Carol stand angelehnt an der Wand, die beide voneinander trennte... Sie weinte und schien sehr verzweifelt zu sein.
Ich schreckte auf und lief in meinem Schlafanzug hinunter in die Garage. Öffnete meinen Safe mit den versteckten Waffen und nahm mir das erst beste Gewehr zur Hand. Dann rannte ich aus der Haustür in die Stadt.
Es war vier Uhr morgens. Die Straßen der Stadt waren leergefegt. Bis auf ein paar Betrunkene oder Rauchende, die vor Clubs standen oder auch woanders. Ich lief weiter. Meine Beine trugen mich hinfort. Ich wusste nicht wohin, war schweißgebadet und machte mir große Sorgen. Mein Kopf schmerzte auf einmal. Mir schossen viele Bilder in mein Gedächtnis zurück. Zu viele auf einmal. Was war nur los mit mir? Es waren Erinnerungen...
Dann kam alles geordnet wieder zurück. Ich riss die Augen auf und wusste, wer diese Kreatur war. Ich wusste alles. Und die Schuldgefühle kamen wieder in mir hoch. Aber auch die Wut und die immer größer werdende Sorge um meine Carol.
Ich lief geradewegs auf das alte verlassene Haus am Rande der Stadt zu. Es fing an zu regnen. Die Bäume fingen an im Wind heftiger zu schwanken. Der Regen wurde stärker, als ich vor der aufgerammten Tür stand. Sorgenfalten bildeten sich auf meiner Stirn.
Dann sah ich dieselben Treppen, wie in meinem Traum. Mein Puls stieg an. Ich hatte das Gefühl mein Herz würde mir jeden Moment aus der Brust springen. Da stoß ich gegen das Geländer. Ich hatte das schwarze tiefe Loch zu sehr angestarrt, dass sich nahe der Treppe befand. Meine Sorge fraß mich immer mehr von innen auf. Was war hier passiert?, fragte ich mich. Ein kurzer Blick in das dunkle Loch hatte mir gereicht. Es war tief und so finster. Was war hier verdammt nochmal passiert? Wie war all das möglich, was ich sah?
Was hatte er wohl Carol angetan? Warum rächte er sich an ihr und nicht an mir, wenn schon?
Ich rannte die Treppen hoch und sah wenige Sekunden später dieses Wesen aus dem Raum luken. Ich schlug ihm mit dem Gewehr mit aller Kraft gegen den Kopf. Es taumelte und stürtzte. Jedoch rappelte es sich kurz darauf wieder auf. Wütend grinste es mich an. ,,Schön dich zu sehen... aber du kommst zu spät!", zischte es.
Widerlich!, dachte ich mir einfach nur. Immer noch widerlich!
Er hatte mich dazu gebracht, ihn verbrennen zu lassen. Er ist und war ein Psychopath und einfach irre.
Zu was für einem Wesen war er nur geworden? Ein Alptraum. Ein Schatten seiner bösen und finsteren Seele. Er war ein Monster.
Hastig reagierte ich also und schoss der Kreatur in den Kopf. Augenblicklich war es tot. Mir war übel.
Ich schrie nach den beiden. Ich wollte schleunigst von diesem Ort verschwinden. Dann fiel mir wieder ein, dass Joseph angefesselt war und ich eilte zu ihm und schoss die Ketten kaputt. Er befreite sich vom den restlichen Ketten und zeigte sehr erschöpft auf Carol, die bewegungslos am Boden lag.
Ich nahm sie in die Arme und Joseph half mir sie rauszubringen.
Endlich waren wir draußen. Der Regen war nicht mehr so stark. Wir rannten zur nächsten Person, damit sie den Notartzt für uns anrief. Eher gesagt für Carol. Ein paar Minuten später hörten wir die Sirenen und Carol kam in die Notaufnahme.
***
Carol's P.o.v.:
Jetzt sind drei Wochen seit dem Vorfall vergangen. Mir geht es nun besser. Joseph musste auch ins Krankenhaus. Er hatte geprellte Rippen und viele tiefe Fleischwunden, die genäht werden mussten.
Mein Fuß ist wirklich weg. Leider. Ich habe mich aber damit abgefunden und übe nun mit einer Protese zu laufen.
Joseph gestand mir, dass er mich liebt. Ich bin froh, dass er all dies mit mir durchgemacht hatte und ich nicht alleine als Verrückte da stand.
Nachdem ich mit Joseph vom Krankenwagen abgeholt wurde erzählte mir Dad, dass er zu uns nach Hause gerannt war und Mom geweckt hatte.
Sie hatten Benzin zu dem alten Haus hingeschleppt, so viel wie möglich vollgekippt und es dann angezündet. Langsam aber sicher brannte das alte Haus vor ihren Augen ab.
Endlich war er erlöst. Wir alle waren es nun.
Ich und Dad haben uns darüber nochmal unterhalten. Er war kein wirklicher Mörder. Er musste es tun. Dieser Mann war nicht mehr normal gewesen. Er war unheilbar psychisch krank gewesen. Er hatte ihm gedroht und Dad hatte sich gewehrt.
Dad konnte sich wieder an alles erinnern. Wir erklärten es vorsichtig Mom.
Sie verstand erst nichts. Dann war sie lange so unter Schock, dass sie tagelang neben meinem Bett im Krankenhaus saß und weinte.
Doch es geht mir gut! Ich werde all dies leider niemals vergessen können, doch ohne Joseph wäre mein Leben für immer mit den Alpträumen geplagt worden. Ich hätte nie etwas dagegen unternommen.
~ Ende ~
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