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Als ich nun nach dem Hofgang von einem der Aufseher abgeholt werde, freue ich mich schon sehr auf das abendliche Training. Als ich die Halle betrete, mache ich große Augen. Neben der Stange stand nun an Tisch mit einem Fernseher. Neugierig trete ich näher und sehe eine kleine Notiz. An mich. Nummer eins.
>> Drücke auf der Fernbedienung den Startknopf um zu starten. Der rote Knopf pausiert. <<
Neugierig drücke ich den Startknopf und sehe zu, wie auf dem Bildschirm ein kurzer Ladebildschirm kommt und dann das Video von YouTube abgespielt wird. Damit kann ich arbeiten! Ich ziehe mir meine Schuhe und die Jacke aus und beginne mich mit ein paar Dehnübungen aufzuwärmen. Dabei lasse ich das Video für die Musik immer und immer wieder laufen. Anschließend beginne ich mit einigen der leichteren Übungen. Der Anfang klappt schon sehr gut, doch nachdem ich einige Male die erste Drehung gemacht habe, muss ich mein Handgelenk ein wenig ausschütteln.
Was meinte Mister McMillan... Wenn ich es schone und langsam anfange wird es ohne Probleme abheilen...? Im normalen Tagesablauf hat es mir keine Probleme bereitet, doch jetzt mit dieser Belastung... Ich schüttle meinen Kopf. Konzentrier dich auf das wesentliche! Also wende ich mich erneut dem Video zu und spule zu der Stelle, an der die Frau die Stange empor klettert und sich kopfüber herablässt. Einige Male schaue ich es mir an und gehe dann selber an die Stange.
Hochgreifen. Das kenne ich aus meinen alten Übungen. Mit den Beinen nachgreifen und noch ein Stück höher. Kein Problem. Dann schlingt sie die Beine um die Stange und hebt sich nur noch mit einer Hand. Ich merke schon jetzt, das die Kraft in meinen Armen ein wenig nachlässt und lasse mich wieder hinunter gleiten. Die Arme ausschüttelnd gehe ich einmal um die Stange und schaue mir dann das Video noch einmal an.
Okay Julian. Das schaffst du! Also erneut. Hochgreifen. Nachrücken. Weiter hoch. Beine drum. geht doch! Dann greift sie mit der einen Hand ihren Fuß. Das heißt, meine schwache Hand muss mein Körpergewicht halten. Zumindest kurz... Sie lässt sich ja direkt nach hinten runter... Also Hand an Fuß und Bauchmuskeln anspannen.. Druck auf die Stange zwischen die Beine und nach hinten runter! Schwer atmend lasse ich mich wie im Video die Stange kopfüber herab rutschen und rolle mich nach hinten ab. Rücklings bleibe ich liegen und starre die Decke an. Das erste Mal wäre geschafft....
Ich schließe meine Augen. Meine Hand pocht und ich kann mein Herz stark schlagen spüren. Ich kann mich noch gut an die vielen male erinnern, als die Frauen von meiner alten Arbeit an der Stange tanzten. Sie haben mir alles beigebracht, was ich kann... Sie haben mir die YouTube-Seite gezeigt.... Durch sie habe ich dieses Hobby kennenlernen können und den Spaß daran gefunden. Auch wenn mir mittlerweile ein wenig übel wird bei der Vorstellung, dass Menschen dafür gezahlt haben, mich im privaten Raum tanzen zu sehen... Ich meine, wie alt war ich damals? Zehn? Elf? Als ich angefangen habe...
Ich atme tief durch und seufze leise. Dann richte ich mich wieder auf und schaue erneut zur Stange. Doch bevor ich näher gehen kann, werde ich gerufen und schaue auf. "Zieh dich an. Für heute ich Schluss." Also folge ich ihm, nachdem ich mich wieder angezogen habe und finde mich bald darauf in meinem Zimmer wieder. Als ich auf meiner Matratze zu Ruhe komme starre ich die Decke an. Morgen ist Weihnachten. Wird Mister Baranow mich zu sich holen? Oder werde ich den Tag wie alle anderen auch bei den Sklaven verbringen? Ein Seufzen entweicht mir und ich schließe meine Augen.
Zwar bin ich viel früher als meine Zimmergenossen da, doch ich bin so ausgepowert von meinem Training, das ich da eher weniger drauf achte und einfach schlafen. Schlafmangel ist das letzte was ich beim Üben gebrauchen kann...
* * *
Der nächste Tag beginnt wie alle anderen und alleine bei den Dingen, die mir der Unterricht abverlangt habe ich vollkommen vergessen, das heute Weihnachten ist. Nach dem Hofgang, der heute aufgrund des Regens ausfallen muss, werde ich wieder abgeholt und in die Halle gebracht. Wie auch gestern starte ich mit dem Aufwärmen und einigen Dehnübungen, ehe ich mich erneut an den Part von gestern wage. Nach drei versuchen bemerke ich, das ich beobachtet werde. Unsicher schaue ich mich um und sehe, dass zwei von Mister Baranow's Männern, die zuvor Scheinwerfer in die Halle gebracht und diese angeschlossen habe, nun bei dem kleinen Tisch mit dem Fernseher stehen und mich beobachten.
Ich kratze mich etwas verlegen im Nacken und drehe mich ein wenig weg. Es ist mir irgendwie unangenehm, dass sie mir zusehen... Auch wenn ich weiß, das an der Show noch viel mehr Leute da sein werden und mich beobachten werden... Aber dann wird es so sein, dass ich die Übungen alle kann und weiß was ich mache... Und jetzt... jetzt Übe ich... Was, wenn ich einen Fehler mache? Wenn ich mich verletzte... Sie denken dann sicherlich, ich sei der letzte Vollidiot.
"Zeig es nochmal!", meint nun der eine von Beiden und kommt noch einen Schritt näher zu mir. Ich wende mich ein wenig von ihm ab und meine Hände legen sich zitternd um die Stange. "Auf was wartest du?", triezt er mich weiter und ich hebe unsicher meinen Blick. "I-ich... Ich kann es noch n-nicht ganz....", erkläre ich mit leiser Stimme und mache mich ein wenig kleiner. Doch er schnauft nur, verdreht die Augen und geht weg. Der andere Mann bleibt noch einen Moment stehen, ehe auch er sich abwendet und die Beiden wieder ihrer Arbeit nachkommen. Erleichtert atme ich aus und schließe einen Moment meine Augen.
Für heute habe ich genug von dem Part... Ich gehe zu dem Fernseher und widme mich nun dem restlichen Teil der Choreografie. Das scheint machbar zu sein und so mache ich mich Schritt für Schritt daran, die einzelnen Teile zu üben. So lange bis mir mein Bauch, meine Oberarme und meine Hand wehtun und ich von Ace abgeholt werde. Doch er bringt mich nicht wie erwartet auf mein Zimmer, sondern in das Reich von Mister Baranow. "Warte hier.", befiehlt Ace und deutet auf das Kissen im Wohnzimmer und ich lasse mich nieder. Meine gesunde Hand schließt sich um die noch leicht verletzte und ich wende meinen Blick im Zimmer umher. Irgendwas ist anders...
Als Mister Baranow das Zimmer betritt und auf das Fenster zugeht erkenne ich auch was. Ein kleiner Tannenbaum, der in einem Blumentopf auf dem Tisch steht. Darunter eine Schachtel. Und eine Kerze daneben. Eine Duftkerze die das ganze Zimmer in ihren Duft hüllt. "In meiner Heimat liegt bestimmt mehr Schnee wie das, was der Regen heute übrig gelassen hat. Und das an Weihnachten. Eine Schande....", beginnt er und wendet sich dann erst zu mir. "Wie ich gehört habe, arbeitest du fleißig an deiner Vorführung. Ich hoffe doch du bietest uns was. Kleiner Scherz." Dann setzt er sich auf das Sofa und nimmt die Schachtel vom Tisch. "Komm her."
Ich stehe auf und gehe zu ihm. Lasse mich neben ihm auf dem Sofa nieder, so wie er er mir andeutet und schaue unsicher und mit großen Augen zu ihm. "Ich habe etwas für dich.", erklärt er und ich weite meine Augen noch mehr. Er hat ein Geschenk für mich? Aber wieso...? Unsicher nehme ich die Schachtel entgegen und öffne sie langsam. Heraus kommt ein Stoff. Vorsichtig nehme ich ihn heraus und stelle fest, dass es sich dabei um eine dunkle kurze Jogginhose handelt, die, wie es aussieht, relativ eng anliegen wird. Zudem ist da etwas... Glitzerndes...? Ich lege die Hose auf die Seite und ziehe ein weiteres Teil heraus. Es ist aus einem dünnen und durchsichtigen Netzstoff, welcher übersäht mit vielen glitzernden und funkelnden Punkten ist. So etwas habe ich noch nie- Doch! Eine der Frauen aus dem Club hatte auch sowas ähnliches... Nur hatte sie es als Strumpfhose... Und es war wunderschön!
"Wow... danke...!", bringe ich heraus und merke erst jetzt, das noch ein Teil darin liegt. Eine Hoodiejacke? Aber die ist doch viel zu kurz...? "Zieh es an!", meint Mister Baranow neben mir und ich schaue einen Moment überrascht zu ihm, ziehe dann aber die drei Kleidungsstücke an. Tatsächlich hatte ich recht was die Jacke betrifft. Sie reicht mir nur bis knapp über den Bauchnabel. Aber irgendwie gefällt es mir bei diesem Outfit... Die Hose ist enganliegend, aber ich kann alles so richten, das mir beim Tanzen nichts im Weg sein wird. Und der Stoff des Glitzeroberteils ist weich und geschmeidig. Ich liebe es!
"Du siehst super aus!"
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