|~26~|
Ein Piepen weckt mich. Langsam öffne ich meine Augen und murre etwas. Ich habe seit langem mal wieder wirklich gut geschlafen. Doch dann reiße ich meine Augen auf. Er hat mir Tabletten verabreicht! Mein Körper spannt sich an und ich setze mich auf... Und finde mich in seinem Bett wieder. Nach und nach lässt meine Anspannung nach, denn ich bemerke, dass ich alleine bin. Das Piepen kommt von einem Wecker und als ich auf die Uhr sehe, erkenne ich, dass es schon zwölf Uhr mittags ist.
Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und gähne herzhaft, ehe ich das nervende Piepen ausstelle und mich etwas lockerer im Schneidersitz hinsetze. Ein wenig verwirrt bin ich schon. Wieso bin ich alleine hier? Seit ich die Strafe im Keller hatte hat mich Mister Baranow nie alleine in seinem Reich gelassen.... Außer ich war in dem Käfig eingesperrt. Automatisch wende ich meinen Blick zu diesem und eine Gänsehaut macht sich auf meinem Körper breit.
Dann erblicke ich das Bild. Ich realisiere, dass ich auf der Seite des Bettes liege, die immer gemacht ist und auch das Bild erkenne ich. Ein trauriges Lächeln legt sich auf meine Lippen. Ich habe es gemalt... Wie in Trance nehme ich den Bilderrahmen in die Hand und streiche mit meinen Fingerspitzen vorsichtig über das Glas, das den Schmetterling schützt. Ich erinnere mich an den Tag... Es war warm und ich hatte gerade die Stifte bei mir. Mit meinem Hasen zusammen habe ich gemalt... Und dann-
"Guten Morgen!", reißt mich eine Stimme aus meinen Gedanken und vor lauter Schreck lasse ich das Bild fallen. In dem Moment reiße ich auch schon meine Augen auf und will danach greifen, doch eine andere Hand war schneller. Mister Baranow hat das Bild in der Luft gefangen und schaut es sich nun einmal an, ehe er es auf den Nachttisch zurückstellt und sich neben mir auf das Bett setzt.
"Eigentlich wollte ich hier sein, wenn du wach wirst... Doch Frank hat angerufen und berichtet, dass alles reibungslos läuft. Sie haben eben einen Fahrerwechsel gemacht und sollten gegen fünf ankommen.", erklärt er und geht nicht auf das Bild ein. Ich schaue ihn immer noch eher erschrocken an. Ich habe nicht bemerkt, wie er das Zimmer betreten hat...
"Du hast nicht gegessen? Ich habe dir ein Frühstück bringen lassen. Ess bitte etwas. Ich möchte nicht, dass es wird wie damals. Auch wenn Vanessa nicht mehr da ist, ich denke McMillan wird es genau so sehen.", meint er dann mit einem Seitenblick auf den Teller, der hinter dem Bild steht. Noch bevor ich reagieren kann, kommt er mir aber noch näher. Seine Hände greifen nach meinem Hals und... lösen dort eine kleine Kette?
Ich war die ganze Zeit angekettet? Wie habe ich das nicht bemerkt? Verwundert fahre ich mir über meinen Hals, über das Halsband und traurig lasse ich meinen Kopf hängen. Stimmt... Das Halsband ist ja da... Ich habe es nun schon so lange, dass ich es nicht einmal mehr mitbekomme...
~~~
Es vergehen ein paar Tage in denen nicht wirklich etwas nennenswertes passiert. Ich bin fast ausschließlich bei Mister Baranow... Entweder sitze ich wie damals neben seinem Schreibtisch oder an der Terassentür. Gestern Abend war ich so in Gedanken, dass ich ihn nicht kommen sehen habe. Ich bin furchtbar erschrocken und habe ihn aus Reflex geschlagen.
Als mir die Situation bewusst wurde bin ich direkt in Tränen ausgebrochen und habe mich entschuldigt. Er selber ist aber nur ohne ein Kommentar gegangen und hat mich alleine gelassen. Ich habe mich nicht einen Millimeter bewegt und so lange geweint, bis ich schlussendlich eingeschlafen bin. Kaum öffne ich aber die Augen, finde ich mich in dem Wald wieder.
Im Gegensatz zu den vielen anderen Malen, wusste ich aber, dass es sich nur um einen Traum handeln kann. Schniefend bin ich aufgestanden und umhergelaufen, habe nach etwas oder jemandem gesucht. Dann ist hinter mir ein Geräusch zu hören gewesen und ich drehe mich um. Ich kann die Umrisse eines Mannes sehen. "Juliaaan~", meint er und ich kann seine weißen Zähne sehen, als er grinsend auf mich zu kommt.
Ich, meinen schnellen Herzschlag ignorieren, gehe einfach auf die Knie, senke meinen Kopf und lege meine Hände auf meine Oberschenkel. Ich bin bereit... "Wieso nicht früher so...?", kann ich ein leises Hauchen vernehmen. Eine Berührung an meiner Wange lässt mich leicht erschaudern, doch ich gebe mich der Berührung hin. Als ich nun meine Augen öffne ist die Dunkelheit verschwunden. Ich sitze an der Klippe, von der ich das erste Mal hinabgestürzt bin und lasse meine Füße baumeln.
Der warme Meereswind führt durch meine Haare und ich lasse mich in das Gras fallen. Es ist weich und warm, die Sonne scheint stark auf mich herab und alles in mir ist ruhig... Ich fühle mich frei...
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