|~152~|
Den restlichen Nachmittag habe ich stillschweigend neben Franjo verbringen müssen. Ich habe so gut es geht meine schlechte Laune verborgen und mich als braven Sklaven gegeben. Immer wieder schaue ich zu Franjo auf und versuche zu erkennen, ob er die ganze Zeit bescheid wusste... Aber sobald er seinen Blick auf mich legt, unterbreche ich den Blickkontakt und starre wieder auf den Boden. Als die Show dann vorbei ist und nach und nach die ganzen Gäste verschwinden, nimmt er mich zur Seite. „Gehe schonmal vor, ich bin gleich bei dir. Dann machen wir uns einen schönen Abend~", schnurrt er gut gelaunt und ich brumme nur leise als Antwort. Den schönen Abend kann er sich sonst wo hinschmieren. Aber wie er es gesagt hat, gehe ich schon einmal vor und befinde mich nun wenige Minuten später im Flur. Nach einem kurzen Moment des Zögerns gehe ich die Treppe hinauf in mein Zimmer, um mir ein paar frische Klamotten zu holen. Oben angekommen, streife ich meinen Tanzanzug ab und ziehe mir eine Jogginhose und einen Hoodie über, ehe ich mich auf meinen Schreibtischstuhl setze. Ich habe so gar keine Lust jetzt zu Franjo zu gehen und die Nacht mit ihm verbringen zu müssen. Am liebsten würde ich mich in meinem Zimmer einsperren, aber das ist leider belegt. Sobald Miss Karim und Izzy wieder da sind, werden sie hier schlafen wollen.
Als ich eine Tür zugehen höre, spitze ich meine Ohren. Ich kann Schritte hören, wie sie durch den Flur gehen und kurz darauf verschwinden. „Julian?!", werde ich dann aber gerufen und wende meinen Blick Richtung Tür. Aber ich denke nicht einmal daran, zu ihm zu gehen. Erst als die Schritte wieder erklingen und ich nochmal ein „Julian??" höre, seufze ich und lasse ein genervtes „Ja?!" erklingen. Dann kann ich hören wie die Schritte die Treppe hochkommen. Je näher die Schritte kommen, desto mehr spannt sich in mir alles an. Nicht weil ich Angst habe oder dergleichen... Sondern eher, weil ich nicht weiß, wie ich auf ihn reagieren werde. Wie ich reagieren sollte. Als ich dann höre, wie die Schritte vor meiner Tür innehalten und dann die Klinke herabgedrückt wird, drehe ich mich bewusst um. Ich will ihn nicht sehen. „Was machst du denn hier oben? Und wieso hast du dich umgezogen? Ich hätte mich auf eine private Vorstellung gefreut~", gibt er amüsiert von sich und ich verziehe direkt mein Gesicht. „Pff. Die kannst du dir sonst wo hinschieben...", murmle ich zudem und kann hören, wie die Schritte, die auf mich zugekommen sind, nun innehalten.
"Was hast du gesagt?", fragt nun eine eher verblüffte Stimme und ich schnaube nur nochmals. "Das du dir die private Vorstellung sonst wo hinstecken kannst!", blaffe ich ihn aber nur an und wende nun doch meinen Blick zu ihm. Er steht mitten in meinem Zimmer und ich kann die Verwirrung in seinem Gesicht sehen. Ich verziehe mein Gesicht und spüre, wie ich nur noch mehr Wut bei seinem Anblick verspüre. "Was ist denn mit dir los?", fragt er nun und runzelt dabei die Stirn. Ich schaue ihn ungläubig an. "Was mit mir los ist?!", fahre ich ihn an und stehe auf. Ohne es steuern zu können gehe ich einige Schritte auf ihn zu und starre ihn fassungslos an. "Was mit mir los ist, willst du wissen?!", frage ich nochmal und kann den spöttischen Unterton in meiner Stimme nicht verbergen. Mein Gegenüber hebt nur verwundert die Augenbraue, erwidert aber nichts... Und das macht mich in dem Moment noch wütender. "Du bist echt unfassbar!", schnaube ich und wende mich ab. Meine Hände habe ich zu Fäusten geballt und meine Arme zittern vor Anspannung. "Du solltest doch am besten wissen, was mit mir los ist! Du hast es schließlich zu verantworten!", knurre ich.
Dann kann ich eine Hand auf meiner Schulter spüren und mein Körper spannt sich automatisch an. "Julian, vergiss nicht mit wem du redest. Sag mir doch einfach, was dein Problem ist.", sagt er in einem so ruhigen Ton, dass in mir eine Sicherung durchbrennt. Ich schlage seine Hand von meiner Schulter, drehe mich um und starre ihn wütend an. "Was MEIN Problem ist?!", fauche ich und stoße ihn mit beiden Händen gegen die Brust um etwas Abstand zwischen uns zu bringen. "Mein Problem bist du, verdammt!" „Julian!", entgegnet mein Gegenüber in einem warnenden Ton, doch ich habe genug. „Du machst alles kaputt! Er ist mein Freund und du setzt alles daran, dass es ihm schlecht geht! Entführen und als Sklave ausbilden ist eine Sache... Aber du kannst entscheiden, wem du wen verkaufst. Und du hast zugelassen, dass er zu diesem Arsch kommt. Du bist keinen Deut besser als er! Du bist genauso daran schuld, dass es ihm so beschissen geht! Und alles, an was du denkst ist, wie du ihn möglichst schnell wieder loswirst. Ich habe so lange gebraucht um ihn wieder einigermaßen zu stabilisieren, dass er überhaupt wieder auf mich oder Demian reagiert... Und was machst du?! Du verkaufts Demian! Und jetzt auch noch Lukas! Du bist so ein Arsch!", brülle ich ihn an und haue ihm immer wieder gegen die Brust.
„Was, wenn ich ihn jetzt nie wieder sehe? Wenn er wieder so behandelt wird... Das hält er nicht aus! Und das alles nur wegen dir! Wieso hast du das zugelassen? Wieso hast du ihn erneut verkaufen müssen? Wieso...", auf einmal schluchze ich auf und meine Sicht verschwimmt. Ich spüre wie mein Gegenüber seine Arme um mich legt und mich an sich drückt. Erst will ich protestieren und mich wieder von ihm lösen, doch dann brechen meine Gefühle vollkommen über mich ein und ich kralle mich an ihn. „Wieso...?", schluchze ich immer wieder an seine Schulter und kneife meine Augen zusammen. Ich lasse zu, dass ich komplett anfange zu heulen und kralle mich an seiner Schulter fest. Wieso hat er zugelassen, dass Lukas wieder verkauft wird... Er war noch nicht so weit... Ich war noch nicht soweit ihn wieder gehen zu lassen. Zuerst Demian und jetzt auch Lukas... Wieso muss ich immer alleine sein? Wieso darf ich keine Freunde haben?
Das ganze weinen macht mich verdammt müde und ich merke gar nicht, wie ich auf Franjos Arm genommen werde und er mich in sein Zimmer bringt. Als ich das nächste Mal aufschaue ist es dunkel und einzig und alleine die Nachttischlampe erhellt den Raum noch. Ich liege ohne meine Klamotten in Franjos Bett, eingekuschelt in meiner Kuscheldecke aber ohne Franjo. Mein Kopf brummt und mein Magen knurrt und auch sonst kann ich nicht gerade behaupten, dass ich mich gut fühle. Ich verspüre nicht ein positives Gefühl. Einsamkeit, Wut und Trauer nehmen sämtlichen Platz ein und je mehr ich versuche etwas Ordnung in das Chaos zu bringen, desto mehr will ich wieder anfangen zu heulen. Wieso ist Franjo nicht bei mir? Bestraft er mich, weil ich vorhin gegenüber ihm meine Beherrschung verloren habe? Bei dem Gedanken ziehe ich die Decke nur noch mehr um mich und mache mich ein wenig kleiner. Ich fühle mich schrecklich, weil ich ihn so angeschrien habe.
Plötzlich hebe ich meinen Blick. Etwas hat sich verändert. Im ersten Moment kann ich nicht sagen was, doch als die Tür leise geöffnet wird erkenne ich, dass ich wohl die Schritte davor bemerkt habe. Mein Blick bleibt an der Tür hängen und so beobachte ich nun, wie Franjo den Raum betritt. Direkt kann ich spüren, wie sich in mir etwas erweckt und ich minimal zu zittern beginne. „Oh, du bist wach... Geht es dir besser?", fragt eine leise Stimme, als er auf mich zukommt und das schlechte Gewissen nagt immer mehr an mir. Er hört sich nicht böse an... Kein bisschen wütend. Aber das kann doch nicht sein... Leise schniefe ich auf und weiß nicht so recht, was ich ihm antworten soll. Als er sich dann auf das Bett setzt und seine Hand vorsichtig auf meine Seite legt, brechen meine Gefühle erneut über mich ein und ich kralle mich an ihn und weine erneut. „E-es tut mir leid... Ich... Es tut mir leid...", schluchze ich immer wieder und kralle mich fest an ihn. Er lässt das ruhig über sich ergehen und erwidert nichts darauf und langsam werde ich immer leiser und auch muss ich nicht mehr weinen.
„Schau mich bitte an.", sagt er nach einer Weile mit ruhiger Stimme und ich hebe meinen Blick an. Er trägt seine Kontaktlinsen nicht und auch sonst sieht er nicht wütend oder angespannt aus. „Ich werde dein Verhalten nicht verzeihen.", sagt er dann und ich halte erschrocken meinen Atem an. „Aber ich bin dir deswegen auch nicht böse. In den letzten Monaten habe ich deutlich gesehen, dass dir Demian und Lukas ans Herz gewachsen sind und du sie als deine Freunde siehst. Das ist, soweit ich das aus einer Unterhaltung mit Delta gelernt habe, ganz normal und menschlich. Und es ist für mich okay. Du darfst sie vermissen und von mir aus darfst du auch wütend auf mich sein. Aber dir muss bewusst sein, dass das nun einmal mein Beruf ist und dass ich nur wegen einer Freundschaft keine Unterschiede machen kann." Einen Moment schaue ich ihn einfach nur an, dann nicke ich aber und ein leichtes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen.
„Ich weiß...", hauche ich dann leise und wische mir einmal über mein Gesicht. „Es war gestern irgendwie zu viel... Du hattest mir ja gesagt, dass Lukas bald verkauf sein wird und ich habe ja auch gesehen, wie er sich langsam erholt hatte... Da war es klar, dass es bald so sein wird. Nur war es dann so schnell... Ich konnte mich, wie auch bei Demian nicht verabschieden und wurde dann von diesem auch noch zur Rede gestellt... Ich kenne ja die meisten Gesichter deiner Kunden durch die Akten, wenn ich bei dir im Büro bin... Aber das was mir Demian erklärt habe... Der Mann der jetzt Lukas hat... ich kenne ihn nicht. Ich habe Angst um ihn...". Ich seufze leise und setze mich ein wenig aufrechter hin. Langsam weichen meine Gefühle einer Leere. Mein Körper beginnt sich taub anzufühlen und nicht einmal die Wärme von Franjos Körper kann zu mir durchdringen. „Ich kann ja versuchen mit dem Käufer in Kontakt zu treten. Dann kannst du dich davon überzeugen, dass es ihm gut geht, dich richtig verabschieden und wer weiß, vielleicht wird er uns ja wie Samira und ihre Sklavin besuchen kommen.", meint Franjo dann und ich habe meinen Blick. „Das würdest du machen?", frage ich und er nickt. Nun schleicht sich doch ein warmes Gefühl in mich. Eine Mischung aus Dankbarkeit und Freude.
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