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Der kommende Morgen war seltsam. Trotz der Tatsache, dass wir uns ausgesprochen hatten, lag eine seltsame Stille zwischen uns und ich kann diese nicht wirklich zuordnen. Leise esse ich also mein Frühstück und überlege mir, was ich heute noch machen muss. Es ist Dienstag und somit muss ich zu den Sklaven und bis Mittags am Unterricht teilnehmen. Dann hab ich zwei Stunden für mich. Vielleicht kann ich mal wieder etwas zeichnen...? „Julian? Ich habe eine Bitte.", werde ich nun angesprochen und schaue auf. Franjo schaut mich an und ich kann in seinen Augen nicht ganz erkennen, was in ihm vorgeht. „Was denn?", frage ich also, als mein Mund leer ist. „Ich habe noch einmal nachgedacht. Über das, was wir gestern Abend besprochen hatten... Ich denke du hast recht und es war falsch von mir, dir eine Freundschaft zu verwehren. Ich werde nichts mehr sagen, unter einer Bedingung.", erklärt er mir und ich kann ein breites Lächeln nicht verhindern.

„Du wirst keinen der Sklaven, auch nicht deine Freunde, zwischen uns kommen lassen. Du wirst keine Strafen für sie in kauf nehmen, keine Regeln brechen und auch sonst in keiner Weise deine Vorteile für sie benutzen. Hast du verstanden?", fragt er nun und ich nicke schnell. „Ja verstanden Sir! Danke!" Dann nickt er und wir setzen unser Essen fort. Nun kreisen ganz andere Gedanken in meinem Kopf umher und ich überlege, wie ich die meiste Zeit mit Lukas verbringen kann. „Ich habe einen Auftrag... Bring bitte Nummer fünfunddreißig zu Doktor McMillan. Er muss noch zwei Untersuchungen durchführen um ihn endgültig einzustufen.", meint Franjo, als wir gerade unser Frühstück aufräumen und ich spitze meine Ohren. Lukas ist momentan mit Nummer fünfunddreißig ausgeschrieben.... Aber er hat doch schon alle Tests gemacht... „Was für eine Untersuchung?", hacke ich also nach und schließe den Schrank, in welchem ich gerade den sauberen Teller gestellt habe.

„Die Untersuchungen für sein Schmerzempfinden und sein Lustempfinden. Da er durch Mister Noir entjungfert wurde, müssen wir dies testen um ihn einzuordnen.", erklärt er und ich runzle die Stirn. Ich musste auch durch die Tests, aber an sowas kann ich mich nicht erinnern. „Seit wann gibt es sowas?", frage ich daher und er kommt zu mir. Vor mir bleibt er stehen und seufzt leise, aber mit einem Lächeln auf den Lippen. Er legt seine Hände auf meine Hüfte und drückt mich dort leicht an ihn. Ich lege meine Hände auf seine Schultern und schaue ihm weiter abwartend in die Augen. Auch wenn ich, vor allem in den letzten Monaten, einiges gewachsen bin, Franjo überragt mich noch immer um einen halben Kopf. „Ach kleiner... Es hat sich vieles bei den Untersuchungen geändert. Den Schmerztest haben wir seit etwa einem Jahr und der Lusttest, den haben wir schon länger. Du hast ihn nur nicht machen müssen, weil du noch Jungfrau warst und ich dich nun in der Art nicht einschätzen lasse. Das kann ich gut alleine", dabei schmunzelt er, lässt seine Hände etwas tiefer wandern und kneift mir in meinen Arsch.

Auch ich muss schmunzeln, stelle mich einen Moment auf die Zehenspitzen um mir einen Kuss zu klauen, ehe ich mich von ihm löse und Richtung Treppe gehe. „Wann soll ich ihn den zu McMillan bringen?", frage ich nun noch und schaue noch einmal zu Franjo. Dieser steht noch immer an der selben Stelle und schaut mich aus dunklen Augen an. „Am besten sofort. Er ist bei den anderen Slaven. Gruppe C. Sie sollten mit dem Frühstück durch sein und auf dem Weg zu den Duschen.", erklärt er mir nach einem Blick auf die Uhr und ich nicke. Also gehe ich schnell in mein Zimmer und ziehe mich um, ehe ich mich auf den Weg mache um Lukas abzuholen. Als ich den Hof überquere kommt mir Finn entgegen. „Guten Morgen Finn~", begrüße ich ihn und grinse ihn an. „Guten Morgen kleiner. Gut dich zu sehen. Wie geht e dir?", fragt er und ich winke ab. „Das gestern war ein dummer Streit. Aber wir haben uns ausgesprochen und jetzt geht es mir wieder super!", erkläre ich ihm und schaue hinüber zu der Halle, in der Lukas sein müsste. „Was machst du?", fragt Finn nun und schaut ebenfalls zu der Halle.

„Ich soll einen Sklaven zu McMillan bringen wegen dem Schmerztest.", erkläre ich ihm und wende meinen Blick zu ihm. Ich sehe, wie er seinen Mund verzieht und brummt. „Was ist?", hacke ich nach und sehe, wie nun Finn seinen Blick wieder auf mich legt. „Ich halte nicht viel von diesem Test.", erklärt er nun und ich runzle die Stirn. „Wieso?", hake ich nach und bin ein wenig verwirrt. Das sich einer der Ausbilder, mit solch einem Rang wie Finn, negativ über eine Methode des Bosses äußert ist selten. „Die Sklaven bekommen durch einen speziellen Anzug gezielte Stromschläge um das tiefe Muskelgewebe zu erreichen und so einen tiefen Schmerz auszulösen. Es fühlt sich etwas so an, als hättest du einen Wadenkrampf nach einem Marathon... Oder so... Nur eben überall da, wo es der Arzt haben will. Ich habe schon einige Sklaven gesehen, die bei diesem Test zusammengebrochen sind.", erklärt er und ich starre ihn entsetzt an. „Nein! Das kann Lukas nicht tun... Das ist ja Folter!", beschwer ich mich und sehe, wie er mit den Achseln zuckt. „Wie dem auch sei... Ich muss weiter.", meint er nun und verlässt mich. Lässt mich alleine und vollkommen entsetzt mitten auf dem Hof stehen.

Was soll ich nun machen? Ich will nicht, das Lukas- „Ich habe nur eine Bedingung.... Du wirst keinen der Sklaven, auch nicht deine Freunde, zwischen uns kommen lassen. Du wirst keine Strafen für sie in kauf nehmen, keine Regeln brechen und auch sonst in keiner Weise deine Vorteile für sie benutzen. Hast du verstanden?", kommen mir Franjos Worte wieder in den Kopf und auch die Strafe, die ich gestern erhalten habe. Ein Schauer geht mir über den Rücken und ich schüttle mich. Nein Julian... Du bist nicht für ihn verantwortlich... Also gehe ich schnell weiter und verdränge meine unguten Gefühle in den Hintergrund. Als ich in den Gang komme, an dessen Ende die Sklaven auf die Dusche warten, atme ich noch einmal durch und gehe dann zu den Ausbildern. „Guten Morgen Ace. Seit wann bist du bei den Sklaven?", begrüße ich den hinteren und runzle meine Stirn. Normalerweise ist er immer bei Frank in der Zentrale und führt mit diesem neben der Überwachung auch die Entführungen durch. „Seit ein zwei Wochen. Die Gruppe musste geteilt werden, zu viele Sklaven.", erklärt er nun und ich nicke. „Ich soll Nummer fünfunddreißig zu McMillan bringen.", teile ich ihm nun mit und er nickt. Also gehe ich zu Lukas und tippe ihn an der Schulter an. Er zuckt einen Moment zusammen und wendet sich dann mit gesenktem Kopf zu mir um. Ein leises Seufzen verlässt meine Lippen. „Folg mir."

Während wir über den Hof laufen, mustere ich den Jungen neben mir. Er lässt seinen Kopf und die Schultern gesenkt und schaut teilnahmslos auf den Boden. Auch seinem restlichen Körper kann man ansehen, dass er am Ende ist. Als wir beim Arzt ankommen, bleibt er auf einen Hinweis von mir am Eingang stehen und ich gehe zu McMillan. „Guten Morgen Sir... Ich bringe Sklave Nummer fünfunddreißig.", begrüße ich ihn und schaue noch einmal zu ihm. „Sir... Bei allem Respekt, denken sie nicht, dass dieser Test zu früh angesetzt ist? Lu- Ich meine Nummer fünfunddreißig ist noch nicht so weit...", äußere ich mein Bedenken, werde aber nur abgewunken. „Lass das meine Sorge sein."

Seufzend stelle ich mich also neben die Tür und schaue stumm zu, wie der Arzt auf Lukas zugeht und auf ihn einredet. Leise seufzend lasse ich meinen Kopf hängen und versinke in meinen Gedanken. Als ich nun Lukas Stimme höre, schaue ich auf. „Was soll der Mist?", fragt er und hält sich den Bauch, so als ob er schmerzen hat. Doch ich kann nicht ausmachen woher er sie habe soll. Er hat einen schwarzen Anzug an und steht etwa einen Meter von McMillan entfernt in der Mitte des Raums. „Sklaven stellen keine Fragen! Auf einer Skala von eins bis zehn. Wie hoch ist der Schmerz?", fragt dieser aber und ich sehe, wie Lukas seine Fäuste ballt und zu Boden schaut. Dann entspannt er sich aber und seufze leise. Er antwortet mit fünf. Mein Blick wandert wieder zu McMillan und ich sehe, wie er ein paar Dinge an seinem Bildschirm tippt, ehe er zu Lukas schaut. Dieser zuckt mit einem Mal zusammen und keucht auf, schlingt seine Arme um seinen Bauch und presst die Lippen aufeinander. Entsetzt beobachte ich dies. Der Arzt fragt wieder nach den Schmerzen und notiert sich ein Ergebnis. Dann geht es weiter. So wie es aussieht, wird es bei jedem Mal mehr und auch mehrere Stellen. Zu Beginn hat er sich den Bauch gehalten, doch nun liegt Lukas auf dem Boden, zusammengekauert wie ein Embryo. Ich will, dass es aufhört! Es soll aufhören! Doch die Erinnerung an die Strafe gestern und an die Worte von Franjo, lassen mich keinen Millimeter laufen."Ngh~ AHH!", sein Schmerzensschrei lässt mich zusammenzucken und Tränen bilden sich in meinen Augen. Wieso hört er nicht auf?!

„Bitte... Ich kann nicht mehr! Bitte nicht!", fleht er mit leiser Stimme, doch der Arzt schnalzt nur mit der Zunge. „Auf einer Skala von 1 bis 10... Wie hoch ist der Schmerz?", fragt er und ich kann das schwere Atmen von Lukas hören. "Mehr a-als zehn!! Bitte ich k-kann nicht mehr!", flüstert er schwach und ich gehe einen kleinen Schritt zu ihnen. Wenn ich doch nur... Aber nein. Wieder bleibe ich stehen und schaue mit verweinten Augen zu Lukas. Er muss unglaubliche Schmerzen habe... Wieder kann ich ein Klicken hören und zucke zusammen. Wieder kann ich den Schmerzschrei von Lukas vernehmen. Einen Moment schließe ich meine Augen, dann aber schaue ich wieder zu ihm. Doch etwas ist seltsam. Direkt spanne ich mich an. Lukas liegt auf dem Boden.. Doch seine Körperspannung fehlt... Direkt renne ich die wenigen Schritte zu ihm und knie mich neben ihn. „Lukas!", spreche ich ihn an, doch es kommt keine Reaktion. Ich packe ihn an den Schultern und rüttle ihn leicht. „LUKAS!", rufe ich ihn weiter und nehme um mich herum nichts mehr wahr. Die Tränen in meinen Augen verschleiern mir die Sicht und ohne weiter nachzudenken gebe ich ihm eine Ohrfeige. Einen Moment warte ich, doch noch immer reagiert er nicht. Plötzlich merke ich, wie ich auf die Seite geschoben werde und sehe, wie McMillan ein Gerät neben Lukas auf den Boden stellt.

Wie in Trance beobachte ich, wie er den Anzug von Lukas löst und an dessen Brust zwei kleine Kreise aufklebt. Dann folgt mein Blick den Kabeln, die von dort weg gehen und ich sehe wieder die Maschine. Auch McMillan scheint die Maschine zu betrachten und knurrt leise. „Verdammt!", flucht er, ehe er zu Tür geht und diese öffnet. Er ruft etwas, doch ich kann nur noch zu Lukas schauen. Er liegt einfach nur da, bewegt sich nicht und schaut dabei so friedlich aus. „Achtung...", werde ich nun angesprochen und spüre, wie ich auf die Seite geschoben werde. „Was? Nein! Stop!", beschwere ich mich und schaue auf. McMillan und zwei Aufseher sind da und diese heben Lukas gerade hoch. „Lass sie und mich unsere Arbeit machen Sklave!", werde ich aber abgewimmelt, „Sein Herz schlägt unregelmäßig und seine Atmung ist flach. Er muss auf die Krankenstation, damit ich ihn besser überwachen kann!"

Auch wenn ich alles andere als begeistert darüber bin, lasse ich zu, dass die zwei Aufseher Lukas mitnehmen. Ich gehe ihnen direkt nach und sehe zu, wie sie ihn auf der Krankenstation in eines der Betten legen. Schnell setze ich mich auf den Stuhl direkt daneben und rücke nahe an das Bett. Ich schaue dabei zu wie McMillan einige Geräte anschließt und dann einige Zeit auf den Monitor schaut. „Soweit scheint er sich beruhigt zu haben. Sein Herz schlägt wieder normal und auch seine Atmung hat sich beruhigt.", erklärt mir der Arzt dann und macht sich in einer Akte ein paar Notizen. „Wenn sich hier auf dem Bildschirm etwas ändert und er rot leuchtet, holst du mich sofort, verstanden?", wendet er sich dann an mich und ich nicke schnell. So verlässt der Arzt das Zimmer und lässt mich mit Lukas alleine. Vorsichtig lege ich meine Hand auf die seine. Sie ist kalt und er reagiert nicht auf die Berührung. Ein dunkles Gefühl legt sich auf meine Brust, doch ich presse meine Lippen aufeinander. „Es wird alles gut...", murmle ich leise und lasse meinen Blick auf den Bildschirm wandern.

Es sind schon einige Stunden vergangen in denen ich nur neben Lukas am Bett sitze und auf ihn oder auf den Bildschirm starre. Dieser und vor allem das monotone Piepen beruhigt mich sehr, auch wenn ich mich noch immer sorgen mache. Der Arzt war zwischendurch auch ein, zwei Mal da und hat nach dem rechten geschaut, doch auch er kann nichts an der Situation ändern. Der Tag neigt sich dem Ende. Ich bemerke es daran, dass es um mich herum dunkler wird und das Licht im Raum eingeschalten werden muss... Auch merke ich es daran, dass ich langsam müde werde. Doch ich denke nicht einmal daran, jetzt von Lukas Seite zu weichen.

„Nummer eins!", kann ich mit einem Mal die tiefe Stimme von Mister Baranow hören und blinzle einige Male. Ich muss wohl eingedöst sein und schaue nun ein wenig desorientiert auf. Franjo steht im Türrahmen und schaut sich die Situation an und seufzt. Dann geht er zu mir und legt eine Hand auf meine Schulter. „Es ist spät. Du kannst nichts für ihn machen. Komm mit ins Bett.", meint er, doch ich schüttle den Kopf. „Nein. Ich möchte bei ihm bleiben... Wenn er aufwacht muss ich da sein...", beharre ich aber und lege meinen Blick auf Lukas. Ein schweres Seufzen ist zu vernehmen und der Druck an meiner Schulter verstärkt sich. Ich spüre, wie mich Franjo mit sanfter Gewalt mit sich ziehen will. Doch ich halte mich an Lukas fest und schüttle meinen Kopf. „Nein, bitte nicht! Lass mich hier!", flehe ich ihn an und spüre mit einem Mal ein Zucken in meiner Hand. Erschrocken schaue ich zu Lukas und sehe, wie sich seine Gesichtszüge verziehen. Er windet sich leicht in seinem Bett und als ich meinen Blick auf den Monitor lege, erstarre ich einen Moment. Das schöne monotone Piepen hat sich verändert und rennt jetzt regelrecht. Die Zacken, die immer gleichmäßig über den Bildschirm gelaufen sind zeigen jetzt ein starkes Zickzackmuster an und auch die Zahl die oben rechts in der Ecke ist, hat sich von vierundsechzig auf einhundertzweiundfünfzig verändert und blinkt rot. „Nein... Nein!"

Ich löse mich komplett von Franjo und beuge mich zu Lukas. „Lukas... Es ist alles gut... Ich bin da und pass auf dich auf... Lukas...", rede ich auf ihn ein, doch es verändert sich nichts. Dann kann ich hören wie die Tür aufgeht und sehe auf. Ich kann den Arzt sehen wie er schnell zu uns kommt und im nächsten Moment eine Spritze zur Hand hat. Er hat am Mittag eine Infusion gelegt und nun drückt er den Inhalt der Spritze mit Hilfe des Zugangs in Lukas. Es dauert einen kurzen Moment, doch ich sehe schnell, dass das Mittel seine Wirkung zeigt und sich Lukas beruhigt. Er schaut nun fast wieder friedlich aus und ich atme erleichtert durch. „Lukas... Ich bin's... Wach auf!", hauche ich leise, doch wieder reagiert er nicht. Als ich wieder aufsehe, ist Franjo weg und ich seufze leise. Doch gerade kann ich mir da keine Gedanken drum machen... Gerade ist Lukas wichtiger.

So vergehen die nächsten Stunden ruhig und ich zwinge mich dazu, wach zu bleiben. Immer wieder fallen mir meine Augen zu, doch ich muss wach bleiben. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass wir mittlerweile sechs Uhr morgens haben und auch mein Körper fühlt sich so an. Aber ich kann und will nicht schlafen. Nicht solange Lukas so ist. Als die Tür aufgeht schaue ich auf und sehe erneut Franjo vor mir. Er mustert mich einen Moment und seufzt dann, doch ich wende tonlos meinen Blick wieder auf Lukas. Ich kann hören wie er durch den Raum geht und spüre kurz darauf, wie er mir eine Decke über die Schultern legt. „Versuch ein wenig zu schlafen Julian...", murmelt er leise, doch ich schüttle meinen Kopf. „Dann schaut niemand nach Lukas...", murmle ich und gähne dabei. Ein leises Seufzen verlässt seine Lippen. „Okay. Ich werde McMillan bescheid geben. Er wird hier sein und du wirst schlafen, verstanden?", fragt er nun und ich nicke schwach. Ich habe nicht die Kraft mich jetzt zu streiten. Kurz darauf betritt Doktor McMillan das Zimmer und nickt mir zu. „Ich werde hier ein wenig Arbeiten. Schlaf ruhig solange.", erklärt er mir und ich nicke müde. Das muss man mir nicht zweimal sagen. Vorsichtig lege ich meinen Kopf neben Lukas Arm ab und schließe die Augen. Es dauert auch nicht lange und schon bin ich im Land der Träume.

Doch mit einem Mal werde ich wach. Ich spüre, wie ich in meinem Stuhl nach hinten gezogen werde und blinzle müde. Nach und nach nehme ich wahr, dass das Piepen der Maschine wieder rennt und sehe auch, wie eine 248 oben rechts in der Ecke rot flackern. Dann kann ich sehen wie Doktor McMillan Lukas die Decke vom Körper reißt und den Anzug öffnet. Ein Mann schiebts ich in mein Blickfeld und ich nehme nun auch die Gespräche um mich herum wahr. „Kammerflimmern... Er muss den Anzug ausziehen. Helf mir!", lautet eine Anweisung des Arztes und ich sehe, wie er sich über Lukas beugt und immer wieder auf seine Brust drückt. Noch immer etwas desorientiert stehe ich wackelig auf und gehe zu dem Bett, werde aber wieder nur grob auf die Seite geschoben. „Übernimm. Ich muss den Defibrillator vorbereiten.", sagt der Arzt nun, als der Aufseher den Anzug den Lukas anhatte auf die Seite schmeißt. Langsam realisiert mein Kopf auch, was hier gerade vor sich geht und wie erstarrt schaue ich dem Geschehen zu. Der Aufseher ist nun derjenige, der Lukas mithilfe einer Herzdruckmassage versorgt und der Arzt fummelt an einem Apparat auf der Seite herum. Dann sehe ich, wie er zwei Vierecke in die Hand nimmt. „Weg!", lautet der Befehl und ich sehe, wie er die Dinger an Lukas Brust klebt. Dann sehe ich, wie er einen Knopf drückt und eine monotone Frauenstimme etwas sagt. „Schock in drei Sekunden. Wegtreten. Drei. Zwei. Eins. Deep-" Dann ist alles ruhig. Einen Moment. Doch dann setzt wieder ein gleichmäßiges Pipen ein und ich sehe, wie die rote Zahl in der Ecke wieder grün wird und sich bei zweiundsechzig einpendelt.

Erleichterung durchströmt mich und erst jetzt merke ich, wie mir Tränen über die Wange gelaufen sind. „Gut. Ich brauche rund um die Uhr einen Aufseher hier. Sowas sollte nicht noch einmal passieren!", erklingt nun auch die erleichterte Stimme von McMillan. In den kommenden Minuten sorgt McMillan wieder dafür, dass es Lukas soweit gut geht. Er leert den Harnbeutel und gibt ihm über die Sonde die er gestern Abend gesetzt hat Essen. Auch deckt er ihn wieder ordentlich zu. Dann überprüft er nochmals alle Werte, schaut nach den Reaktionen und seufzt schwer. „Er sollte langsam wieder aufwachen. Sonst sehe ich hier keine Zukunft... Momentan ist soweit wieder alles okay und er atmet auch selbstständig. Wenn aber auch dies aussetzt werden wir ihn verlieren.", erklärt er und lässt mich damit alleine. Geschockt sehe ich zu Lukas und ziehe mir langsam meinen Stuhl wieder zurecht. Das darf nicht passieren... Nein nein nein nein nein!

So vergehen die Stunden. Franjo hat mir Essen gebracht und saß eine Weile stumm neben mir, doch als ich ihm gesagt habe, das ich Lukas noch immer nicht alleine lassen werde, ist er wieder gegangen. Auch haben sich die Aufseher im Wachdienst abgewechselt und immer stand einer von ihnen neben der Tür und hat Lukas beobachtet. Doch dieser liegt nur da und bewegt sich nicht. Er sieht aus als ob er friedlich schlafen würde und bei dem Gedanken, dass er das verdient hat, wird mein Herz ganz schwer. Auch wenn ich ihn noch nicht so gut kenne... Zu glauben, dass es ihm im Koma besser geht als im Leben ist schwer. Die nächste Nacht kommt und als ich zu den Aufsehern sehe und erkenne, dass Finn gerade seinen „Wachdienst" antritt, atme ich erleichtert auf. „Pass auf ihn auf...", murmle ich leise und lehne mich dann zurück um ein wenig zu schlafen. Die Nacht verläuft ruhig und als ich das nächste Mal meine Augen öffne ist es um mich herum hell. Mein erster Blick fällt auf Lukas und als ich ihn und die Maschine gemustert habe und keine Auffälligkeiten feststellen kann, atme ich erleichtert durch. „Es geht ihm soweit ganz gut. Es hat sich nichts verändert.", erklingt eine Stimme von der Tür und als ich aufsehe, erkenne ich nicht wie erwartet Finn, sondern Ace. Sie müssen in der Nacht gewechselt haben...

Irgendwann nach dem Frühstück, dass mir Franjo erneut gebracht hat und auch nachdem der Arzt seine Untersuchungen beendet hat, geht die Tür auf und ich schaue etwas verwirrt auf. Ich sehe zwei Ausbilder und einen Jungen in ihrer Mitte. Mein erster Gedanke war, der Junge ist verletzt und muss ebenfalls behandelt werden. Doch dann schaue ich genauer hin. Es ist Nummer sechsunddreißig. Er trägt ein langes Shirt und eine lockere Jogginhose und schaut unterwürfig auf den Boden. Ein Anblick der selten ist. „So. Du hast eine Stunde. Dann wirst du in den Nachmittagsunterricht gehen!", meint der eine Aufseher und ich sehe, wie Demian in die Subhaltung geht und den Kopf senkt. „Ich habe verstanden Sir. Vielen Dank Sir!", spricht er nun mit hoher Stimme und lässt mich verwundert meine Augenbrauen heben. Auch als der Aufseher einen Moment seine Hand auf den Kopf des Sklaven legt und er nichts macht, bin ich mehr als überrascht.

Dann sehe ich, wie die Aufseher den Raum verlassen und sich Nummer sechsunddreißig in Bewegung setzt. Er steht auf und verzieht sein Gesicht, dann aber geht er mit schnellen Schritten auf die andere Seite von Lukas Bett und legt seine Hand an dessen Schulter. Er schaut starr auf ihn und presst seine Lippen zusammen. Dann senkt er den Kopf und ich kann ihn etwas leises murmeln hören. Doch es ist zu leise, als dass ich den Wortlaut verstehen könnte. Einige Minuten später hat er sich ebenfalls einen Stuhl herangezogen und sitzt nun wie ich auch bei Lukas und schaut ihn emotionslos an. „Was machst du hier?", frage ich ihn nach einer weiteren Weile um die Stille zu brechen, doch er reagiert nicht. „Nummer sechsunddreißig?", spreche ich ihn erneut an und sehe, wie er nun seinen Blick hebt und den Mund verzieht. „Mein Name ist Demian!", faucht er mich leise an. Dann spannt er sich an und wendet seinen Blick über die Schulter. Als er aber sieht, dass der Aufseher an der Tür uns nicht weiter beachtet, atmet er erleichtert aus und wendet sich wieder an Lukas. „Okay... Demian... Ich bin Juli~", Ich weiß wer du bist!", unterbricht er mich aber wieder und schaut mich nun leise seufzend an. „Du bist bei den anderen Sklaven sehr beliebt, der persönliche Fuckboy des Blödmanns der das hier alles leitet und aus mir unerklärlichen Gründen ein kleiner besserwisser." Ich starre ihn mit offenem Mund an und kann nicht ganz glauben, wie er hier mit mir spricht. Dann aber seufze ich leise und senke meinen Kopf. Ich kann nichts darauf erwidern was mich rechtfertigt... Er hat schon recht, auch wenn er es hätte netter formulieren können.

„Ich weiß... Ich weiß aber auch genau so viel über dich.", meine ich dann und hebe meinen Blick. Ich schaue ihn nun emotionslos an, schaue dann einen Moment zu dem Aufseher und beuge mich anschließend etwas mehr über Lukas und senke meine Stimme: „Du bist vor Jahren zu uns gekommen. Sie haben dich auf der Straße aufgelesen, wo du mehrere Monate mit anderen Kindern gelebt hast und sie beschützt hast. Du bist von daheim abgehauen, hast also noch Familie, die dich aber wahrscheinlich nicht einmal sucht. Du bist frech und undiszipliniert. Du hast eine Abneigung gegen jegliche Dominanz. Jeder der dir etwas vorzuschreiben versucht, wird mit Ablehnung, Ignoranz oder Wut bestraft. Du hast mehr Strafen bekommen als jeder andere. Doch selbst die haben nichts an deinem Verhalten geändert und es eher noch bestärkt. Dann haben sie herausgefunden vor was du wirklich Angst hast und es gezielt gegen dich benutzt. Zum einen die Höhenangst, zum anderen d~" „Es reicht."

Er hat seinen Blick von mir abgewandt und ich schließe meinen Mund. Da habe ich also seinen Wunden Punkt getroffen... Langsam senke ich meinen Blick und seufze. „Entschuldige. Das war nicht fair...", murmle ich und lege meinen Blick wieder auf Lukas. „Es war auch von mir nicht fair. Wie ich deine Situation einschätze hast du dich deinem Schicksal ergeben um dich zu schützen. Ich habe deine Narben im Sommer gesehen... Ich weiß, wie sich das anfühlt. Zumal du noch einiges länger hier bist als ich und auch noch jünger bist.", wirft nun Demian wieder ein und ich lenke meinen Blick auf ihn. „Du wolltest wissen, wieso ich hier bin...?", beginnt er nun und wendet seinen Blick auf Lukas. „Wegen ihm. Er war die letzten Wochen bei mir auf dem Zimmer... Er hat einiges durchgemacht... Und er erinnert mich an einen jungen, den ich auf der Straße unter meinen Fittichen hatte. Ich kann es nicht leiden hier... Was die Leute hier mit den Kids machen. Ich verabscheue sie alle. Sie und ihre Methoden. Doch ich kann nichts ändern. Vor allem nicht, wenn ich mich gegen sie stelle. Ich habe heute alles gemacht, was sie gesagt haben und mich kein einziges Mal gegen sie gestellt um einen Wunsch zu bekommen. Um ihn zu sehen und mich zu vergewissern, dass er lebt." Ich schaue ihn einen Moment nur stumm an, dann nicke ich langsam.

„Verstehe. Ich kann dir soviel sagen, dass sein Körper da ist und es diesem soweit ganz gut geht. Nur zeigt er seit zwei Tagen keinerlei Reaktion. Gestern musste er reanimiert werden und der Arzt meinte, wenn das noch einmal vorkommen sollte, sieht es schlecht für Lukas aus.", erkläre ich ihn und sehe, wie er besorgt zu diesem schaut. Die kommenden Minuten haben wir uns noch über belangloses unterhalten. Naja... Um ehrlich zu sein nur über Lukas und ein zwei Themen was die Ausbildung vormittags betrifft. Dann ging die Tür auf und Demian zuckt zusammen. „Deine Zeit ist vorbei Sklave. Steh auf und folg mir.", befiehlt einer der Aufseher und ich sehe, wie Demian einen Moment seinen Kiefer anspannt, ehe er brav aufsteht und dem Aufseher mit gesenktem Kopf folgt. Ich finde dieses Verhalten wahnsinnig stark von ihm, da er so weit davon entfernt ist, gebrochen zu sein...

Am Abend ist Franjo wieder mit Essen zu mir gekommen und hat sich neben mich gesetzt. „Willst du nicht die Nacht bei mir verbringen?", fragt er und ich schaue ihn seufzend an. So gerne würde ich das bejahen, doch ich kann nicht. Ich muss hier bei Lukas bleiben. „Nein ich kann nicht..." Die nächsten Minuten haben wir miteinander gekuschelt und ich konnte mich seit Tagen wieder beruhigen. Doch dann erregt etwas meine Aufmerksamkeit und mit großen Augen schaue ich auf den Monitor. Die Zahl oben in der Ecke steigt immer höher und ein schrilles Piepen ist zu hören. Erschrocken springe ich auf und rüttle an Lukas Arm. „Lukas!!" Doch dann spüre ich, wie sich Arme um meinen Bauch schlingen und ich nach hinten gezogen werde. Weg von Lukas. Ich sehe durch einen Tränenschleier wie der Aufseher von der Tür kommt und eine Herzdruckmassage beginnt und die Tür aufgerissen wird und auch Doktor McMillan den Raum betritt.

Für mich verläuft das wie in Zeitlupe und ich kann nur auf Lukas starren. Ich sehe, wie er Reanimiert wird. Die Zahl in der Ecke ist wieder rot und die Zacken gehen schnell auf und ab, dann wird mein Blick abgewendet und ich blinzle die Tränen aus meinen Augen um klar zu sehen. Franjo schaut mich an und ich sehe, wie er seine Lippen bewegt. Doch alles was ich hören kann ist das schnelle Piepen der Maschine. Dann die monotone Stimme wieder... Der Schock und erneut Stille. Ich halte meinen Atem an und starre Franjo an. Dann setzt ein regelmäßiges Piepen ein und ich atme erleichtert aus und lasse mich in Franjos Arme fallen. Er ist wieder da! Vollkommen aufgelöst lasse ich meinen Tränen freien lauf und kralle mich fest an Franjo. „Boss!", meint nun der Aufseher und als ich aufsehe erkenne ich, dass er auf Lukas deutet. Etwas ist anders. Mit großen Augen starre ich ihn an und sehe, wie er sich leicht windet, sein Gesicht verzieht und eine Hand zu diesem Bewegt. „Er ist wach!!", quietsche ich aufgeregt, löse mich von Franjo und springe zu Lukas. Dann erkenne ich, wie Lukas Gesicht auf die Seite gedreht wird. Der Arzt fixiert seinen Kopf, hebt ein Augenlied an und leuchtet mit einer kleinen Taschenlampe hinein. Zufrieden lässt er dann von Lukas ab. „Reaktion vorhanden!", bestätigt er und ich kann vor lauter Freude und Erleichterung gar keine Worte bilden. Also stürze ich mich einfach auf ihn und umarme ihn.

Lukas öffnet mit einem Mal seine Augen und starrt mich an. Er erstarrt förmlich, ehe er seinen Blick hinter mich wendet und ihn dann auf den Boden senkt. Auch versucht er sich von mir zu lösen, was mit all den Dingen die noch mit seinem Körper verbunden sind keine gute Idee wäre. „Lukas... Hey... Alles ist gut... Du bist in Sicherheit... Beruhig dich doch...", murmle ich leise auf ihn ein, doch er beginnt nur panisch seinen Kopf zu schütteln und sich noch mehr von mir zu distanzieren. Ich verstehe das nicht. Ich will ihm doch nur helfen! Doch dann spüre ich die sanfte aber bestimmende Hand von Franjo, die mich zurückzieht und schaue ungläubig zu Lukas. Entsetzt sehe ich ihm dabei zu, wie er sich aufrichtet und seine Füße neben dem Bett auf den Boden stellt. Er will doch nicht etwa aufstehen? Kaum legt er sein Gewicht auf seine Beine, kippt er auch schon um und ich gebe einen erschrockenen Laut von mir. Erschrocken halte ich mir die Hand vor den Mund und sehe zu, wie Franjo zu ihm geht, ihn an der Hüfte packt und wieder ins Bett verfrachtet.

Er kneift ängstlich die Augen zu und zieht den Kopf ein, so als ob er eine Strafe erwarten würde, schaut dann aber unsicher auf. Franjo steht wieder neben mir und verschränkt die Arme. „Was hattest du gerade vor?", fragt dieser und auch ich bin gespannt auf die Antwort. „I-Ich~...", krächzt Lukas und räuspert sich. Auch seinen Blick hat er wieder gesenkt. Schnell nehme ich ein Glas von dem kleinen Tisch und schenke ihm etwas Wasser ein. Dann reiche ich ihm das Glas. „Trink erst mal was... Bitte..." Er nimmt das Glas entgegen und leert es unter kurzem Zögern. Dann räuspert er sich erneut und antwortet: „Ich wollte mich unterwerfen Sir. Ich habe es erneut nicht zur Zufriedenstellung meines Meisters hinbekommen und wurde erneut zurückgegeben. Ich verdiene dieses Bett nicht, Sir. Ich wollte nur an meinen rechtmäßigen Platz gehen."

Wieder schlage ich meine Hand vor den Mund und starre ihn sprachlos an. Was sagt er denn da? Wie in Trance beobachte ich wie der Arzt nun auf ihn zugeht und die Infusion an seinem Arm betrachtet. „Wie heißt du?", fragt er und in mir schreit es förmlich. Er heißt Lukas! Lukas! „Fünfunddreißig, nach meinem letzten Stand Sir.", haucht er aber leise als Antwort und ich schniefe leise auf. „Wie lautet dein echter Name?", hackt er nun weiter und ich schaue mit etwas Hoffnung zu Lukas. Doch dieser hat seinen Kopf gesenkt und starrt auf seinen Arm. „Ich... Ich heiße so wie mein Meister mich nennt. Ich habe keinen Namen. Ich bin nur ein Sklave mit einer Zahl...", haucht er und mir laufen schon wieder meine Tränen über die Wange. Dann spüre ich neben mir eine Bewegung und sehe, wie nun auch Franjo näher an Lukas tritt.

„Du hast gerade gesagt, du hast, erneut jemanden nicht zufrieden gestellt? Wie meinst du das?", fragt er und ich sehe, wie Lukas einen Moment nach den richtigen Worten suchen muss. „Ich wurde das zweite Mal verkauft und das zweite Mal zurückgegeben. Ich habe erneut versagt und ich ha~", dann unterbricht er und ich starre ihn sprachlos an. Wovon redet er? „Wie sah der zweite Käufer aus und was hat er gemacht?", fragt Franjo nun und ich schaue ihn verwirrt an. Was für ein Käufer? „Ich... Dunkle Haare und.... Dunkle Augen... Glaube ich... Und... Er hat mich oft bestrafen müssen... Glaube ich...", murmelt er leise und ich kann Verzweiflung in seiner Stimme hören. „So einen Mann... Kenne ich nicht. Ich glaube du hattest einen sehr realistischen Komatraum...", meint nun Franjo und eröffnet Lukas somit, was wirklich passiert ist. „K-koma?!", haucht er verwirrt und ich spüre, wie Franjo wieder neben mich tritt. Dann spüre ich eine sanfte Berührung an meinem Rücken und taumle langsam Richtung Lukas. „Julian wird dir alles erklären... Beruhig dich ein wenig und bleibe vor allem im Bett liegen."

Franjo verlässt den Raum und der Arzt befreit Lukas von dem Sauerstoffgerät und dem Harnbeutel. Dann verlässt auch er den Raum und ich starre weiterhin stumm auf Lukas. Dieser betrachtet seinen Arm und verfolgt dann mit seinem Blick langsam den Schlauch der Infusion. „Lukas...?", hauche ich leise und schaue ihn an. Er wendet langsam seinen Blick zu mir, doch in diesem liegt keinerlei Gefühlsregung. Keine Emotion. Er starrt mich an, aber er achtet nicht auf mich. Ein wenig gehe ich näher. „Lukas?", frage ich erneut und setze mich vorsichtig zu ihm auf sein Bett. Meine Hand lege ich dabei leicht auf seine Schulter. Zuerst starrt er meine Hand an, dann wendet er wortlos seinen Blick in mein Gesicht.

„A-an was erinnerst du dich noch? S-seit... Seit dein alter Meister, dieser Franzose, doch zurück gebracht hat?", frage ich ihn leise und schaue ihn traurig an. Dann antwortet er mir: „Ich wurde mit Nummer sechsunddreißig auf ein Zimmer gebracht und mehrmals untersucht... Sie haben mich zu dem Arzt gebracht und er hat... Hat mir eine angemessene Strafe für meine unbrauchbar Art und mein Fehlverhalten bei Mister Noir gegeben. Anschließend bin ich in meinem Zimmer aufgewacht und Mister Baranow kam herein. Er hat gesagt, dass ich gekauft wurde und wollte mich mitnehm~" Da unterbreche ich ihn. „Halt! Bitte... Das stimmt nicht mehr. Und du musst mich nicht sitzen... Wir sind Freunde...", erkläre ich ihm und kann hören, wie er leise auflacht. „Freunde verraten sich gegenseitig nicht so...", wirft er mir vor und ich starre ihn erschrocken an. Ich habe was... Ich... Doch er hat recht. Ich hätte es abbrechen müssen... „Ich... Es tut mir leid Lukas... Ich konnte nicht wissen... Als du im Koma lagst war ich nur bei dir... Ich... Ich habe mir solche Vorwürfe gemacht... Bitte Lukas... Ich, es tut mir doch leid...", hauche ich leise und lasse meinen Kopf hängen. Erneut kommen mir die Tränen.

„Bitte erzählt mir, was vorgefallen ist...", erwiedert er dann aber leise und als ich ihn ansehe, ist ein wenig seines Ichs in ihm zu sehen. Er hat Angst. Ist vollkommen Verunsichert und will die Wahrheit. Also nicke ich schnell und wische mir die Tränen weg. „Ich hatte den Auftrag, dich zu McMillan zu bringen, dem Arzt. Er sollte den Schmerztest mit dir machen. Ich habe von vorneherein gesagt, dass sie damit warten sollen und du nicht stark genug dafür bist. Aber sie haben mich ignoriert und über meinen Kopf hinweg entschieden. Dann habe ich dich keinen Moment alleine gelassen und als der Arzt die Stromstärke immer höher gemacht hat...", ich mache eine kurze Pause und schlucke. „Es war schrecklich. Ich habe es fast nicht mit ansehen können, aber hätte ich etwas gemacht... Ich wurde erst bestraft und war einfach noch nicht so weit... Es tut mir Leid... Du bist dann einfach umgekippt und hast nicht mehr reagiert... Ich habe mich sofort auf dich gestürzt, habe geschrien, dass du aufwachen sollst und habe versucht dich wieder wach zu bekommen, ich habe dir eine Ohrfeige gegeben und an deiner Schulter gerüttelt... Doch nichts passierte. Doktor McMillan hat dich direkt an so eine Maschine angeschlossen und dein Herz hat ganz unregelmäßig geschlagen, deine Atmung war nicht stabil. Er hat sofort die zwei Aufseher vor der Türe geholt und hat befohlen, dich auf das Krankenzimmer zu bringen. Ich bin dir natürlich nicht von der Seite gewichen. Du sahst so verloren aus. Nicht still... Eher, als hättest du einen Fiebertraum. Ich habe versucht dich zu beruhigen, aber du hast nicht reagiert... Aber nach einer Weile wurdest du ruhig, hast fast friedlich dagegen und geschlafen Fast 10 Stunden am Stück. In der Zwischenzeit ist auch Franjo vorbeigekommen und hat nach dir geschaut, wollte mich ins Bett bringen, aber ich wollte nicht. Er hat versucht mich von dir weg zu ziehen, ich habe mich aber an dir festgehalten und mich geweigert... Als du dann auch noch panisch wurdest, hat er mich bei dir gelassen."

Erneut mache ich eine kurze Pause, doch Lukas starrt nur stumm an mir vorbei, seine Stirn in Falten gelegt. „Das ganze ging so nochmals fast einen Tag. Du hast durchgehend wie Tod gewirkt, keine Reaktion gezeigt. Und dann mit einem Mal, hat dein Herz wieder Aussetzer gehabt. McMillan hat es Kammerflimmern genannt und dich einmal Geschockt, dann hat er dir noch eine Spritze gegeben und es war wieder einiger maßen Okay. Ich habe nur noch geweint und auch Demian war einmal da, weil er sich sorgen gemacht hat. Er ist extra für dich ganz brav bei einer Session gewesen um einem Wunsch zu haben. Eine Stunde saßen wir dann gemeinsam neben dir und haben ein wenig geredet. Ich habe ihm erklärt, dass du nun schon seit zwei Tagen keinerlei Reaktion zeigst... Dann war vorhin ein Schockmoment. Dein Herz hatte erneut einfach aufgehört richtig zu schlagen und der Arzt hat dich reanimieren müssen. Zum Glück war Franjo zu dem Zeitpunkt da... Er hat mich festgehalten, denn einen Moment sah es so aus, als ob du es nicht schaffen würdest... Naja, und jetzt bist du wieder da...", ende ich meine Erzählung und sehe, wie Lukas starr an die Wand schaut. Dann richtet er sich langsam auf und ich schaue ihm unsicher und etwas erschrocken dabei zu, wie er aufsteht. Schnell gehe ich zu ihm und stütze ihn vorsichtig. Er will zum Fenster. Ich ziehe den Ständer, an dem die Infusion hängt mit und beiße mir auf die Lippe. Franjo meinte, er soll liegen bleiben...

Er starrt nach draußen und einen Moment denke ich, er verliert sein Gleichgewicht. Doch er lehnt sich wohl nur an die Scheibe. Seine Augen dabei geschlossen. „Warum...?", haucht er leise und ich bin mir nicht sicher, auf was er sich genau bezieht. Vorsichtig lege ich also meine Hand auf seine Schulter um ihm zu zeigen, dass ich bei ihm bin. „Leg dich bitte wieder hin...", murmle ich nun und sehe direkt, dass er sich nicht umstimmen lässt. Leise seufze ich und senke einen Moment meinen Blick. „Ich kann nachvollziehen, wie du dich fühlen musst... Es muss schrecklich gewesen sein... Ich meine, ich habe dich quasi verraten... Ich habe mein wohl höher als deins gestellt... Und dazu hatte ich~" Doch nun unterbricht er mich. „Das volle Recht Julian. Du hast eine bessere Nummer als ich, also kannst du tun und machen mit mir, was immer du willst. Es ist okay, ich gebe dir für das was passiert ist keine Schuld... Bitte lass es einfach gut sein. Ich... Ich würde gerne etwas Zeit für mich haben..." Ich schaue ihn entsetz an und will etwas sagen, doch was soll ich bitte darauf erwidere. Also lasse ich meinen Kopf fallen und folge seiner Bitte und verlasse sein Zimmer.

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