|~126~|
Sicht Franjo
"Du darfst~ jederzeit~", keuche ich nahe an seinem Ohr und spüre schon im nächsten Moment wie er zwischen uns kommt und sein Muskelring sich immer wieder um mein Glied zusammenzieht. Ein tiefes Stöhnen verlässt meine Lippen als auch ich zu meinem Orgasmus komme und noch ein- zweimal in ihn stoße, ehe ich mich langsam und mit einem wohligen Seufzen aus ihm ziehe.
Ich lasse mich neben ihn in mein Bett gleiten. Vorsichtig ziehe ich den Jungen neben mir in meine Arme. Er ist heiß und verklebt mit seinem Sperma, doch das ist mir egal. Seine Augen sind geschlossen und seine Brust hebt und senkt sich schnell. Ich streiche ihm vorsichtig durch seine nass geschwitzten Haare und ein Lächeln legt sich auf meine Lippen.
Er ist schon eingeschlafen, als ich ihn noch immer in meinen Armen halten und vorsichtig über seinen Rücken streiche. Als Delta vorhin zu mir kam und ganz aufgeregt meinte, das Julian sich verletzt hat und ich schnell kommen muss, habe ich mir schon das schlimmste ausgemalt. Die Erinnerung an den Sturz mit seinem Handgelenk... An die Sache mit Kevin...
Aber damit.... Hatte ich nicht gerechnet.
Noch immer kann ich nicht ganz begreifen was er gerade getan hat. Dieser Tanz alleine war schon mehr als der Wahnsinn... Aber dann zu hören, dass er soweit ist...! Das war wie Weihnachten und Ostern an einem Tag. Noch nie habe ich mich so glücklich gefühlt. Und noch nie hat sich das abwarten so sehr gelohnt wie auf dieses Ereignis!
Zwar werde ich den kleinen, unschuldigen Julian vermissen, der bei jedem noch so kleinen Winker rot wird... Aber ich glaube auch fest daran, dass ich mich mit dem neuen Julian gut verstehen werde.
Sicht Julian
Ich wache auf, als ich eine sanfte Berührung an meiner Wange wahrnehmen. Verschlafen öffne ich meine Augen und sehe direkt in die blauen von Mister Baranow. Sie Mustern mich voller Zuneigung und Freude und erst einen Moment später erinnere ich mich daran, was wir gestern Nacht getan haben.
Verlegen schließe ich meine Augen und drehe mich ein wenig weg von ihm. Ein leichtes Ziehen ist in meinem Unterleib zu spüren und ich gebe ein leises Murren von mir. "Na~ gute geschlafen?", begrüßt mich seine tiefe Stimme und ich gebe nur ein Nicken von mir. "Ich geh kurz ins Bad und lass eine Badewanne ein. Ich bin gleich wieder da~", haucht er nun und ich spüre, wie er einen kleinen Kuss auf meinem Hinterkopf platziert, ehe er sich von mir entfernt und eine Kälte zurücklässt.
Direkt drehe ich mich wieder und schaue ihn nach, wie er mich verlässt. Ein kleines Seufzen verlässt meine Lippen, ehe ich meine Augen noch einmal schließe und den gestrigen Abend Revue passieren lasse. Es war toll. Es war sogar mehr als toll. Und erst jetzt wird mir richtig bewusst, dass ich mich somit unwiderruflich als seins ausgegeben habe.
Ein glückliches Lächeln legt sich auf meine Lippen und ich ziehe die Decke näher und mich. Gerade, kann man so sagen, bin ich wohl der glücklichste Mensch auf Erden!
Kurze Zeit später kommt Mister Baranow wieder zu mir und nimmt mich auf seinen Arm. Ich schlinge meine Arme um seinen Hals und wieder ist ein unangenehmes ziehen in meinem Unterleib zu spüren. Er bringt mich ins Badezimmer und lässt mich in der halbgefüllten Wanne nieder. Er selbst aber bleibt vor dem Spiegel stehen und schaut mich mit einem Lächeln an. Aber... Er soll zu mir kommen.... "Sir...", beginne ich und schaue zu ihm. Doch er kommt nur zu mir an die Wanne und schüttelt seinen Kopf. "Franjo."
Der Tag endet damit, dass ich in seinen Armen einschlaf. Nachdem er mir erklärt hatte, dass ich ihn, wenn wir unter uns sind, Franjo nennen soll und er mich auch wieder Julian nennen wird, hat er sich doch noch zu mir in die Badewanne gesellt. Anschließend haben wir uns angezogen und gegessen. Er musste den Mittag über einige Dinge an seinem Computer arbeiten, ist aber für den Abend wieder zu mir gekommen und wir haben viel gekuschelt.
Den Mittag habe ich mit Delta verbracht und naja, was soll ich sagen.... Wir haben viel über den Abend geredet... Und was passiert ist.
Seit dem ist ein halbes Jahr vergangen. Ich fühle mich immer besser und wohler. Der Sex und die kleinen Spielereien mit Mister Baranow... Ich meine mit Franjo sind wirklich der Wahnsinn, der kleine Schmerz danach ist mittlerweile auch vollkommen normal für mich und auch sonst ist es durch mein Öffnen ihm gegenüber viel leichter geworden.
Viel öfter habe ich offen auf ihn zugehen können. Auch schaffe ich es mittlerweile fast ohne rot zu werden über die Dinge zu reden. Ich habe meinen Platz neben ihm eingenommen und bin im Unterricht der Vorzeigesklave. Ich zeige den anderen, wie man sich verhalten soll und stehe bei Fragen der männlichen Sklaven offen da.
Zwar kommen immer Mal wieder ein zwei Sklaven daher, die gegen alles sind.... So ist der Sklave den ich damals kurz nach Riccardo das erste Mal bei Franjo im Wohnzimmer gesehen habe noch immer bei uns. Er stellt sich gegen alle und jeden. Ich persönlich halte mich von ihm fern. Er erinnert mich zu sehr an Riccardo. Und noch immer schmerzt der Gedanke an ihn.
Ansonsten gibt es nicht viel zu erzählen. Naja... Franjo hat die Bilder gefunden... Die vielen Zeichnungen die ich von ihm gemacht habe. Er war mehr als begeistert und hat mich... Belohnt?
Neben diesen Recht erfreulichen Dingen gibt es nur eine Sache, die mich die letzten Wochen sehr beschäftigt. Fast jede Nacht habe ich Albträume. Es ist immer das selbe. Eine geisterhafte Frau. Erdrückende Dunkelheit. Laute Geräusche und dann alles gedämpft. Es ist schon soweit gekommen, dass ich gestern Schlafmittel bekommen habe, weil sich Mister Baranow solche Sorgen gemacht hat und ich durch den Schlafmangel wie ein laufender Toter aussehe.
Dank der Schlafmittel konnte ich seit Wochen das erste Mal wieder einigermaßen durchschlafen und wache daher relativ erholt auf. Zwar bin ich noch immer mehr als müde, aber ich fühle mich besser als die letzten Tage. "Du hast gut geschlafen...", meint eine Stimme neben mir und als ich meinen Blick zu dieser gleiten lassen erkenne ich Franjo. Zwar habe ich mein eigenes Zimmer und bin eigendlich auch immer dort zum schlafen außer am Wochenende... Aber seit ich die Albträume habe besteht er darauf mich bei sich zu haben.
"Ja... Es war eine wirklich ruhige Nacht.", meine ich leise und schließe seufzend meine Augen. Soll so meine Zukunft aussehen? Mit Schlafmitteln das ich schlafen kann...?
Den Tag habe ich wie sonst auch bei den anderen Sklaven verbracht. Viele blicke liegen auf mir. Viel Unsicherheit ist zu spüren. Sie sehen mein Aussehen als Zeichen dafür, das Mister Baranow schuld daran ist. "Nummer eins!", werde ich gerade von Ace auf dem Hof angesprochen und drehe mich gähnend zu ihm um. Ich könnte schon wieder auf der Stelle einschlafen, so müde bin ich.
"Der neue. Kannst du kurz mit ihm reden? Er verlangt schon fast nach dir...", erklärt er mir und ich nicke direkt. Solche Aufträge bekomme spricht ich öfter. Das ich nach einer Bestrafung mit Sklaven reden soll oder die neuen einführen soll... es ist also nichts neues für mich.
So folge ich Ace und finde mich schnell in einem der Ausbilderzimmer wieder. Es ist ausgeschmückt mit vielen Toys und anderen Geräten, die zu allen möglichen Praktiken eingesetzt werden können. In der Ecke zusammengekauert sitzt ein Junge mit fast weißen Haaren. Als er mich sieht werden seine Augen groß, doch erst als Ace nicht mehr bei uns ist, steht er auf und kommt auf mich zu.
Ich lasse mich erneut gähnend auf dem Bett nieder und schließe einen Moment meine Augen, ehe ich meine Aufmerksamkeit auf den jungen richte. Ich erkenne die Nummer an seinem Halsband. Er hat die Nummer 22. "Guten morgen 22. Wie kann ich dir helfen?", Frage ich ihn daher und Versuche ihm ein Lächeln zu schenken.
"Ich will nicht so enden...", Haucht er leise und weicht zurück. "Was genau meinst du damit?", frage ich ihn und deute neben mich. Doch er schüttelt nur den Kopf und geht nun vor mir auf und ab. "Nein... Ich werde... Ich werde abhauen. Ich werde eine Möglichkeit fin~" "Du wirst hier nur auf zwei Arten weg kommen.", unterbreche ich ihn aber direkt da ich genau weiß, wie sehr man sich in solche Gedanken hineinsteigern kann. Nun habe ich seine Aufmerksamkeit. Seine braunen Augen liegen aufmerksam auf mir und so fahre ich fort. "Entweder du stirbst, weil du dich zu sehr gegen alles stellst oder du wirst verkauft."
"Nein. Das kann nicht sein! Ich will das nicht!", meint er aber direkt und weicht zurück. Ich seufze innerlich und gehe auf ihn zu. Vorsichtig lege ich eine Hand auf seine Schulter. "Es ist wirklich nicht so schlimm wie man sich das vorstellt.", meine ich und versuche ihm seine Angst zu nehmen. Ich meine ich kann ihn verstehen. Hätte mir damals irgendso ein Sklave gesagt, das ich mich schon damit abfinden würde, wäre ich sicherlich genauso abweisend wie er gewesen. Doch er schlägt meine Hand weg und starrt mich wütend an. "Ach ja. Schau dich doch an! Du siehts aus als hättest du Tage lang nicht geschlafen! Und dann behauptest du auch noch, dir würde es so gut gehen. Siehst du nicht, wie sehr er dich manipuliert hat?", faucht er mich an und schupst mich ein wenig von sich weg.
Doch ich seufze nur erneut und schüttle sachte meinen Kopf. "Du hast recht. Ich habe die letzten Tage nicht gut geschlafen. Das liegt aber nicht an meinem Master. Er versucht eher, dass ich wieder besser schlafen kann. Ich kann dir nicht mehr sagen als ich es schon getan habe. Füge dich ein, benehm dich. Dann wirst du hier ein gutes Leben haben. Sobald du verkauft wurdest musst du auf deinen neuen Besitzer eingehen. Finde heraus was er mag, was er nicht mag. So machst du es dir und allen anderen leichter.", erkläre ich ihm nun eher monoton und klopfe dann zweimal an der Tür, sodass Ace mich wieder abholt. Der Sklave, Nummer 22, stand nur noch in der Ecke und hat mich mit offenem Mund angestarrt. Normalerweise gehe ich behutsamer mit unseren neuen um, aber gerade bin ich einfach zu müde und habe keinen Nerv mehr dafür.
Als es draußen langsam dunkel wird sitze ich an meinem Fenster und schaue hinaus. Immer wieder fallen mir meine Augen zu, doch ich versuche mich wach zu halten. Zu groß ist die Angst, wieder ihr zu begegnen. Gerade öffne ich wieder verschlafen meine Augen, da breitet sich ein unwohles Gefühl in mir aus. In meinem Zimmer wird es mit einem Mal ganz kalt. Ängstlich lasse ich mich auf den Boden sinken und weiche an die Wand zurück. Ich kann einen unbeschreiblichen Druck auf meiner Brust ausmachen und habe das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Panisch fahren meine Hände an meinen Hals. Ich reiße meine Augen auf und mein Herz pocht wie verrückt. Dann finden meine Augen eine Bewegung im Raum. Direkt versuche ich mich auf diese zu konzentrieren und erkenne sie. Ihre Haare in alle Himmelsrichtungen abstehend. Ihre Augen vor entsetzen geweitet. Und wie immer starrt sie mich an. Sie öffnet ihren Mund, doch nichts außer Seifenblasen kommen daraus. Dann streckt sie ihre Hand nach mir aus. Panisch schaue ich ihr dabei zu. Wie zu Eis erstarrt und nicht fähig mich von ihr weg zu bewegen. Dann ein rumpeln...
"~ian! Wach auf!", erschrocken reiße ich meine Augen auf und fuchtel mit meinen Händen vor mir rum. Sie soll mich in ruhe lassen! Doch schnell werden meine Hände festgehalten und erst als ich die Wärme, die von dem Griff ausgeht wahrnehme beruhige ich mich. Sie ist kalt. Sie ist nicht warm. Langsam öffne ich meine Augen und sehe in das besorgte Gesicht von Mister Baranow. Direkt bilden sich die ersten Tränen und ich werfe mich ihm in die Arme. Schluchzend kralle ich mich an ihm fest und kann spüren, wie er mich fest in den Arm nimmt. "I-ich will nicht mehr... Sie... Sie soll mich in Ruhe lassen!", schluchze ich kurz darauf an seine Brust und höre ein leises Seufzen. "Ich wünschte ich könnte sie von dir nehmen... Aber das kann ich nicht...", meint er leise und streicht meinen Rücken hinauf.
"Sir... Vielleicht ist es einen Versuch wert?", kann ich nun die Stimme von Delta hinter uns ausmachen und schaue mit verklebten Augen zu ihr. Was meint sie? "Ja du hast recht. Morgen früh.", meint er aber nur ich kann spüren, wie er mit mir zusammen aufsteht. Er bringt mich hinunter in sein Zimmer und setzt mich auf dem Bett ab. Ich würde gerne wissen, was er und Delta eben besprochen haben, doch er scheint mehr mit anderen Dingen beschäftigt zu sein. Er hilft mir aus meinen nassen Klamotten raus und deckt mich zu. Doch ich setze mich wieder auf und ziehe die Decke mit mir. Ich will nicht schlafen. Nicht nach dem jetzt schon wieder...
Er geht zu seinem Schrank und kommt dann mit einer kleinen Dose wieder. Ich kenne sie. Von gestern. Direkt breitet sich ein wenig mehr ruhe in mir aus. Er öffnet die Dose und nimmt eine kleine Flasche hinaus. Damit kommt er zu mir. Den Deckel schraubt er ab, dann lässt er den Inhalt in den Deckel fließen und hält ihn mir hin. "Ich verspreche dir, dass wir eine Lösung finden werden... Jetzt schlaf aber erstmal...", haucht er sanft, als ich auch schon den Saft getrunken habe und ihm den Becher zurück gebe. Wie auch gestern schon merke ich die Wirkung schnell und mir fällt es immer schwere meine Augen offen zu halten. Ich hebe meinen Arm und will ihn zu mi holen, doch durch meine nun mehr verschwommene Sicht sehe ich nur, wie er mir einen kurzen Blick zuwirft und sich dann abwendet. Aber... Wieso lässt er mich denn alleine...
Als ich das nächste Mal meine Augen öffne befinde ich mich in einem Auto. Erschrocken richte ich mich auf und schaue unsicher umher, doch als ich Mister Baranow neben mir ausmache und hinter uns mir Delta ein "Guten Morgen" wünscht, entspanne ich mich. Ich träume also nicht. "morgen...", murmle ich verschlafen und schaue aus dem Fenster. Es ist schon hell und die Sonne ist schon hoch am Himmel. Ich habe wohl eine ganze Weile geschlafen. "Wo... gehen wir hin?", frage ich neugierig, da ich mich nur an zwei Tage erinnere, an denen wir außerhalb der Anlage unterwegs waren. Der Tag als ich im Krankenhaus war und Halloween. "Wir suchen einen... Freund auf. Vielleicht kann er dir helfen.", meint Mister Baranow nur und ich nicke verwirrt.
Wir fahren noch eine ganze Weile, dann kommen wir an einem großen Haus an. Es sieht ein wneig aus wie das Krankenhaus damals, nur sind hier viel weniger Parkplätze. Als Mister Baranow einen Parkplatz gefunden hat schaut er mich an. In seinem Bick liegt Sorge. Auch stelle ich fest, dass er seine Kontaktlinsen gerade nicht trägt und verwirrt schaue ich ihn an. "Regel... Du wirst bei mir bleiben. Versuche wenig aufzufallen. Wenn dich jemand anspricht, verhalte dich normal und höflich. Aber.... Verhalte dich nicht wie ein Sklave. Dr. Koslow weiß bescheid. Bei ihm kannst du offen reden.", erklärt er und ich sehe Unsicherheit und Sorge in seinen Augen. Hat er Angst das ich ihn verrate? Das ich abhaue? Ich schiebe diesen Gedanken beiseite und nicke. Er will gerade aussteigen da halte ich ihn auf. "Wie... Also in welchem Verhältnis stehen wir zueinander? Also ich meine für die anderen? Sind sie... Mein ehm... Vater?", frage ich ihn unsicher und alleine der Gedanke verwirrt mich sehr.
Einen Moment scheint er zu überlegen, dann nickt er. "Ja. Das passt. Laut deinem Pass heißt du Julian Baranow. Delta ist also... Deine Schwester.", erklärt er und nun ist ein schwaches Lächeln auf seinem Gesicht zu sehen. "Familienausflug~", meint er etwas belustigt und steigt nun aus. Ich werfe Delta noch einen Blick zu, die diese ganze Situation wohl eher amüsant findet und steige dann ebenfalls aus. Unsicher schaue ich mich um. Es ist sehr grün um das Haus herum, auch wenn die Nachbarshäuser nicht weit entfernt zu sehen sind. Auf einer der Wiesen sind mehrere Bänke und ein großes Schachbrett. Auch einige Menschen sind zu sehen. Unsicher trete ich nahe zu Mister Baranow und auch wenn er mir bei diesem Ausflug keine Leine als Sicherheit geben kann, so schließe ich meine kalten Hände um seine große warme Hand. Ich kann sehen, wie er dem einen kurzen Blick widmet und dann Delta in Richtung des Eingangs folgt.
Es scheint mir so, als kenne sie sich hier aus. Wir gehen durch die Eingangshalle, die ähnlich wie damals im Krankenhaus aussieht. Nur gemütlicher. Dann folgen wir einem Gang und ich kann immer wieder einen Stuhl oder eine Pflanze ausmachen. Dann erkenne ich eine Holztür mit dem Namen Dr. Koslow. Wir sind wohl angekommen. Etwas ängstlich klammere ich mich mehr an die Hand von Mister Baranow und nachdem wir hineingebeten wurden, folge ich ihm in das Innere des Zimmers.
"Guten Tag Doktor Koslow. Wie in meiner Mail schon beschrieben geht es heute um... meinen Jungen.", eröffnet Mister Baranow direkt und stellt mich vor sich ab. Ich kann seine Hände auf meinen Schultern spüren und schaue mich ein wenig neugierig in dem Raum um. Es ist kein Arztzimmer, soviel ist sicher. Es ist sehr gemütlich eingerichtet, ein großer Holzschreibtisch an der einen Seite, viele Bücher in Regalen auf der anderen Seite. Zudem ist eine bequem aussehende Sitzlandschaft und ein Tisch vorhanden. Dann sehe ich den Arzt. Er ist ein wenig kleiner als Mister Baranow und trägt eine Brille. Seine Haare stehen ihm wild vom Kopf ab und sein Oberteil hat einen kleinen Kaffeefleck am Kragen. Direkt muss ich ein wenig schmunzeln und ein großer Stein der Anspannung fällt von mir.
"Ach... Julian, oder? Komm, setzt euch und dann erzählst du mir mal, was dich beschäftigt okay? Wollt ihr was trinken? Essen?", meint er und geht auch schon zu der Sitzlandschaft. Kurz darauf haben wir Kekse vor uns und wir alle haben etwas zu trinken. Delta hat sich ein Buch genommen und sitze auf dem Sessel neben uns. Ich lehne an Mister Baranow und halte den Kakao in meinen Händen und Dr. Koslow sitzt uns gegenüber. "So, nun erzähl mal. Was lässt dich nicht schlafen?"
Ich schaue einen Moment ein wenig unsicher zu Mister Baranow, doch dieser nickt nu zuversichtlich und so erzähle ich ihm, an was ich mich erinnere. "Eine Frau. Sie sieht gruselig aus... Sie will mich haben. Und ein Druck ist da... Ich habe das Gefühl nicht atmen zu können. Es ist auch dunkel und kalt...", berichte ich ihm und sehe, wie er sich ein paar Notizen macht. "Wer ist diese Frau? Hast du sie schon einmal gesehen?", fragt er mich nun und ich überlege. Doch dann schüttle ich den Kopf. "Ich weiß es nicht. Sie kommt mir bekannt vor, doch ich weiß nicht woher."
"Okay. Ich würde gerne etwas probieren.", meint er uns steht auf. Er geht umher und sict einige Dinge zusammen. Dann kommt er wieder und ich sehe ein kleines Gerät in seine Hand. "Ich möchte in dein Unterbewusstsein vordringen. Mein Gefühl sag mir, das hinter dem Traum mehr steckt und du das verstehen musst, bevor du wieder ruhig schlafen kannst.", erklärt er mir und ich drücke mich ein wenig mehr an Mister Baranow. "Ich werde dich in eine Art Trance versetzen. Dir kann nichts passieren. Mister Baranow wird bei dir sein und auf dich aufpassen. So können wir aber tiefer gehen als das, was dein Traum dir zeigt."
Er erklärt noch eine ganze Weile einige Dinge bis ich schließlich nicke und ihm somit meine Zustimmung gebe. Auch wenn ich ein wenig Angst davor habe denke ich, dass er vielleicht Erfolg haben wird.
Da das Thema Hypnose ein wenig sehr umfangreich ist und ich mich auf die Schnelle nicht so gut hineinarbeiten konnte, wird es nicht ausführlich beschrieben wie er rein kommt^^
Also lege ich mich wie er es gesagt hat entspannt hin und kann Mister Baranow nahe bei mir spüren. Er nimmt meine Hand in die seine und so entspanne ich mich und höre auf das, was Dr. Koslow sagt. Er leitet die Hypnose ein und schon schnell finde ich mich in einem Raum wieder. Verwundert gehe ich durch den Raum und schaue mich um. Meine Fingerspitzen streifen die Wand. Wie bin ich hier- "Konzentrier dich Julian. Wo bist du? Was kannst du sehen?", kann ich dann aber eine Stimme hören und erinnere mich. Das ist nur ein Traum. Also schaue ich mich genauer um. Ich kneife meine Augen zusammen. Es wirkt wie ein Schleier der hier auf dem Raum liegt. "Ich... Moment ich versuche...", ich strecke meine Hand aus und wische den Schleier beiseite. Dann erkenne ich den Raum.
"Ich bin daheim."
Total fasziniert Laufe ich durch das nun eher helle Zimmer. Es ist ein Kinderzimmer. Mit hellen blau und Grüntönen eingerichtet. Ein Bett mit Gittern steht in der Ecke und ich gehe auf dieses zu. Darin liegt eine kleine Decke. Ich erinnere mich an sie. "Meine Kuscheldecke...", murmle ich und nehme sie in meine Hand.
"Beschreibe was du sehen kannst.", Kann ich nun wieder die stimme eines Mannes hören und runzle meine Stirn. "Ich stehe in meinem alten Kinderzimmer. Ich erinnere mich daran wie mein Vater mit mir hier gespielt hat... Wie meine Mutter mir mein Kuscheldecke gibt...."
Ich erinnere mich wieder daran wieso ich hier bin und schaue mich um. "Aber diese Frau... Sie ist nicht da..." Ich gehe auf die Tür zu. Aber kaum habe ich den Griff berührt verliere ich den halt und stürze in die Dunkelheit. Ich schnappe nach Luft doch schon wieder habe ich das Gefühl erdrückt zu werden. Doch etwas ist anders. Ich kann etwas warmes spüren. Feste klammerte ich mich an die Wärmequelle. "Du kannst atmen Julian.", Kann ich die Stimme des Mannes wieder hören und atme tief ein. Er hat Recht.
"Was siehst du jetzt? Wo bist du?", fragt die stimme nun und ich schaue mich um. "Ich... Es... Ich bin mir nicht sicher. Es..." Dann sehe ich sie. Angst breitet sich in mir aus und ich weiche ein wenig zurück. "Sie kann dir nichts machen. Sie ist ein Geist. Beschreib mir wie sie aussieht. Ganz genau."
Einen Moment brauche ich, dann aber konzentriere ich mich so gut es geht auf die Frau. "Sie... Sie scheint Angst zu haben.... Denke ich. Sie schaut mich fast schon panisch an... Ihre Haare sind blond... Sie stehen in alle Richtungen ab und... Nein... Sie. Es sieht so aus als wäre sie unter Wasser...", erkläre ich und blinzle verwirrt. "Seid ihr vielleicht unter Wasser? Schau dich um. Erkennst du noch etwas, was darauf schließt?", werde ich nun gefragt und nur schwer kann ich den Blick von der Frau wenden. Ich schaue mich um und auch ich scheine im Wasser zu sein. Das würde den Druck auf meiner Brust erklären und das Gefühl keine Luft zu bekommen. Dann erkenne ich etwas unter mir. Es schimmert rot.
Ich bewege meine Arme und versuche zu dem roten Licht zu schwimmen. Und tatsächlich funktioniert es. Kurz davor erkenne ich, das es sich dabei um ein Auto handeln muss. Doch dann werde ich an meinem Arm gepackt und nach hinten gerissen. Erschrocken reiße ich meine Augen auf und sehe die verschwommene Gestalt eines Mannes. Er hat ein Tuch um den Mund und graue Haare. Mehr erkenne ich nicht, da reiße ich meine Augen auch im hier und jetzt auf und setze mich erschrocken auf. "Alles ist gut. Ich bin da...", kann ich die beruhigende Stimme von Mister Baranow neben mir hören und lehne mich an ihn. Mein Hände vor dem Gesicht.
Nach einer Weile habe ich mich soweit beruhigt, dass ich den Doktor wieder ansehen kann. Auch wenn ich mich noch immer nahe an Mister Baranow drücke. "An was kannst du dich erinnern, bevor du in das Heim gekommen bist...?", werde ich nun gefragt und schaue auf den Boden. Dann schüttle ich den Kopf. Bis vor wenigen Minuten wusste ich nicht einmal, dass ich einmal eine richtige Familie besessen hatte. Ich hatte immer angenommen direkt nach der Geburt abgegeben worden zu sein. Dann erhebt er wieder die Stimme. Doch dieses Mal auf Russisch und demnach bin ich nicht angesprochen. Aus der Zeit in der ich nun schon bei Mister Baranow lebe kann ich ein wenig was davon verstehen. Er meint, grob übersetzt, das diese Träume mit meiner Vergangenheit zu tun haben und die Frau wohl meine Mutter ist. Das ist nicht wirklich eine Überraschung für mich. Es macht sogar Sinn.
Dann kommt mir wieder ein anderer Traum in den Sinn. Es war einer der ersten Träume. Bevor die Frau im Wasser immer gekommen war. "Wir waren in einem Auto unterwegs....", murmle ich leise und erinnere mich an das warme Gefühl. "Mein Vater... Er ist gefahren. Meine Mutter hat immer wieder zu mir geschaut. Ich war in meinem Kindersitz hinter meinem Vater angeschnallt. Es war... Sonnig und ich hatte mich gefreut. Ich weiß nicht mehr wo wir hin wollten... Oder wann es war..."
Meine Hand fährt über meine Stirn und ich schließe meine Augen. "Dann... Ich weiß nicht. Ich glaube es war schon Abend. Es war auf jeden Fall dunkel... Und-" ich erinnere mich an die verschwommenen Fenster. "Es regnet. Nein. Es gewittert! Da war ein Blitz und es war auch laut im Auto... Und dann... Irgendwas..." Ich reiße meine Augen auf. Es gab einen lauten Knall... Und dann war es dunkel und kalt. "Ich glaube wir hatten einen Unfall und sind irgendwie von der Straße abgekommen. Überall war Wasser und dann... Da war ein Mann!"
Aufgeregt schaue ich Mister Baranow an und sehe, wie er mich besorgt mustert. Aber ich bin mir sicher! Es muss so gewesen sein.
Mister Baranow hat sich noch kurz mit Doktor Koslow unterhalten, doch ich bin nur am Fenster auf und ab gegangen. Dann werde ich an meiner Schulter berührt und schaue überrascht auf. "Wir gehen...", meint Delta und schenkt mir ein leichtes Lächeln. Ich nicke nur und folge Mister Baranow und Delta zurück zu unserem Auto. Die ganze Zeit muss ich über das nachdenken, was ich erfahren habe.
Sicht Franjo
Ich war mir wirklich unsicher ihn zu Koslow zu bringen. Delta hatte er gut helfen können... Aber bei ihr war das ein ganz andere Problem. Da kannten wir die Ursache und auch die Auslöser. Aber bei Julian sieht es ganz anders aus. Ich bin dem also mehr sehr viel Skepsis entgegen getreten doch was wir erfahren haben klingt plausibel.
Das was Julian erzählt hat klingt alles real. Koslow meinte, es könnte eine Art Belastungsstörung zu Grunde liegen, dass er nicht mehr schlafen kann. Etwas in seinem Unterbewusstsein hält ihn wach. Und nach dem was wir erfahren haben hat er eine Vermutung. Er geht davon aus, dass Julian als Kleinkind Zeuge eines Unfalls war. Da er keine Eltern hat nimmt Koslow an, dass diese bei dem Unfall gestorben sind und Julian das so sehr verdrängt hat, dass er sich nicht mehr an sie erinnern kann. Auf meine Frage, wieso es jetzt nach so vielen Jahren wieder präsent wird meinte er nu, dass es sein kann, dass sich Julians Unterbewusstsein nun soweit sicher und wohl fühlt, dass er diese innere Dunkelheit rauslassen und verarbeiten möchte.
Ich meine... Ich sollte froh sein. Er fühlt sich also wirklich wohl bei mir... Aber wenn das zur Folge hat, dass es ihm so schlecht geht.... Koslow meinte, ich muss herausfinden was damals passiert ist und Julian damit abschließen lassen. Also habe ich Ace und Frank darauf angesetzt, kaum das wir die Psychotherapie verlassen hatten. Mittlerweile sind wir fast wieder im Lager angekommen. Delta war ruhig. Sie hat das Buch das sie begonnen hat zu lesen ausgeliehen bekommen, bis zu ihrer nächsten Sitzung und Julian... Er schaut nur nachdenklich aus dem Fenster.
Der Tag vergeht wie im Flug. Als wir in der Anlage angekommen sind ist Julian ohne ein weiteres Wort in seinem Zimmer verschwunden. Auch Delta hat sich mit ihrem Buch auf das Sofa zurück gezogen und so bin ich an meinen Laptop gegangen um selbst ein wenig zu recherchieren. Spät am Abend habe ich aufgehört und bin zu Julian. Er liegt auf dem Boden. Einen Stift noch halb in seiner Hand. Er hat gemalt und ist dabei wohl eingeschlafen. Er sieht beinahe sogar friedlich aus. Immer wieder zucken seine Augenlieder oder seine Hand ein wenig, aber sonst ist er fast ruhig. So vorsichtig wie es mir gelingt nehme ich ihn auf meinen Arm und gehe mit ihm in mein Zimmer. Dort lege ich ihn in mein Bett und decke ihn zu, ehe ich mich ausziehe und mich zu ihm lege. Wenn er wach werden sollte, wird er mich wecken.
So schlafen wir bis zum Morgen und tatsächlich konnte Julian durchschlafen. Am nächsten Morgen wirkt er zwar noch immer müde und ausgelaugt, aber nicht mehr ganz so schlimm wie die Tage zuvor. Wir haben zusammen gegessen und Julian und Delta sind ihren Aufgaben nachgekommen. Auch ich habe mich den meinen gewidmet, immer aber im Austausch mit Ace und Frank die mir alle Informationen liefern sollen.
Sicht Julian
Seit dem Besuch bei Doktor Koslow sind drei Tage vergangen. Ich konnte mehr schlecht als recht schlafen. Immer wieder habe ich den Traum von meiner Mutter im Wasser. Mittlerweile wache ich daran aber nicht mehr schweißgebadet auf...
Gerade sitze ich im Matheunterricht und kritzle ein wenig auf dem Blatt herum, da geht die Tür auf und Mister Baranow betritt den Raum. Ich kann direkt spüren wie die Sklaven um mich herum nervös werden und sich teilweise zusammenkauern. ich jedoch schaue ihn nur kurz an und wende mich dann wieder meinen Gedanken zu. Der Mann... Mit dem Tuch vor dem Mund... Was hat er mit der ganzen Sache z~ "Nummer eins. Komm mit.", lautet der Befehl und verwirrt stehe ich auf und gehe mit gesenktem Kopf und Händen hinter dem Rücken zu Mister Baranow. Vor ihm mache ich einen kleinen Knicks, etwas was ich mir seit Halloween angeeignet habe. Eine Geste mit der Subhaltung zu vergleichen, wenn es gleich weiter gehen wird und die Subhaltung demnach als Zeitaufwendig ersetzt werden kann.
Er führt mich aus dem Raum und den Gang entlang auf die Halle mit den Autos zu. Dort deutet er mir an, mich auf den Beifahrerplatz zu setzen und so steige ich ein. Auch er steig ein und kurz darauf befinden wir uns auf der Straße. "Sir... Franjo... Wohin gehen wir?", frage ich neugierig und schaue aus dem Fenster. "Ich habe etwas herausgefunden und möchte es dir zeigen.", antwortet er nur und stellt die Musik an. Ein wenig verstimmt mich diese Aussage... Ich hatte mir mehr Information erhofft.
Wir fahren etwa zwei Stunden, dann parkt er und steigt aus. Auch ich steige aus und sehe mich neugierig um. Wir sind etwas abseits eines kleinen Dorfes und vor uns ist ein großer Platz umrundet von Hecken. Auch kann ich am Ende eine kleine Kapelle erkennen. Ist das ein Friedhof? Ich kann spüren wie er meine Hand in die seine nimmt und mich mit sich zieht. Also folge ich ihm und schon bald gehen wir tatsächlich durch verschiedene Grabreihen. "Was machen wir hier...?", frage ich erneut, doch ich bekomme keine Antwort.
Nach einer Weile bleibt er vor einem Grabstein stehen. Er sieht sehr alt aus. Es ist ein heller Stein und an einigen Stellen ist er schon mit Moos bewachsen. Auch sieht das Grab sehr ungepflegt aus. "Was wollen wir hier...?", frage ich nun und sehe die Namen auf dem Grabstein. Monika und Martin Becker. Gestorben im Januar 2004. Aber was soll mir das nun sagen? "Das... Sind deine Elter Julian.", meint nun Mister Baranow hinter mir und verwirrt schaue ich zu ihm und dann wieder zu dem Grabstein. Das Bild der Beiden im Wald kommt mir ins Auge. Sie strahlen mich an. "Martin.... Monika...", langsam gehe ich in die Knie und meine Hände lege ich in das Gras vor mir. "A-aber... Wie...?", hauche ich leise und die ersten Tränen drängen sich hervor.
Ich kann spüren wie sich Mister Baranow neben mich setzt und seine Hand auf meinen Rücken legt. "Genau kann ich es dir nicht sagen... Es wurde nie aufgeklärt wie es dazu kam... Sie... Ihr wart auf dem Weg in Richtung Süden. Deine Großeltern haben in der Region gelebt, vielleicht wolltet ihr sie besuchen. Es kam in der Nacht zu einem Unfall. Euer Wagen ist von der Straße abgekommen und in einen Fluss gestürzt. Die Einsatzkräfte kamen durch den Schnee und die späte Alarmierung erst Sunden später an und für deine Eltern war jede Hilfe zu spät.", erklärt er mir und immer mehr Puzzelteile setzen sich in meinem Kopf zusammen. Doch dann wende ich meinen Blick zu ihm "A-aber... Ich war d-doch bei ihnen..."
"Genau hier wird es merkwürdig. Im offiziellen Bericht steht, du wärst ebenfalls umgekommen. Doch in den geheimen Unterlagen steht lediglich das ein leerer Kindersitz und keine Leiche zu finden war... Du hast bei Doktor Koslow von einem Mann erzählt. Der im Wasser bei dir war und ich habe ein wenig recherchiert. Kurz nach dem Vorfall ist eine anonyme Anzeige in der Zeitung gewesen. Ein Mann hat einen seltsamen Text veröffentlich und Ace hat ihn entschlüsselt. Er hat sich für sein Tun entschuldig und bittet um Vergebung Ich vermute er ist der Mann der dich aus dem Wasser geholt hat... Der einzige der wirklich weiß, was vorgefallen ist..."
Geschockt und verwirrt starre ich Mister Baranow an. Dann wende ich meinen Blick wieder zu dem Grabstein meiner Eltern.
Eine Weile blieb ich einfach sitzen. Mister Baranow hat sich ein wenig entfernt sodass ich ein wenig Privatsphäre hatte. Irgendwann schaue ich auf. "Ich hatte all die Jahre gedacht ihr würdet mich hassen... Dass ihr mich nicht wolltet und ich deshalb all die Zeit im Heim war... Und jetzt. Alles stellt sich auf den Kopf...", hauche ich leise und senke meinen Blick wieder. Doch dann stehe ich auf. ich will Gewissheit. Ich will wissen, was damals passiert ist! Ich schaue über die Gräber und erkenne in einiger Entfernung Mister Baranow im Schatten auf einer Bank sitzen. Also gehe ich auf diesen zu und setze mich prompt auf seinen Schoß. Die Arme lege ich um seinen Nacken und den Blick habe ich auf seine roten Kontaktlinsen gelegt. "Ich will es wissen... Bitte.. Können wir mit dem Mann sprechen? Wissen wir, wer er ist?", frage ich und schaue ihn hoffnungsvoll an und nach einem kurzen Moment in dem er nur seine Hände um mich gelegt hat nickt er.
So kommt es, dass wir uns wieder in sein Auto setzen und er wieder eine ganze Weile fährt. Schlussendlich kommen wir an einem Tor an und Mister Baranow lässt die Fensterscheibe hinab. Ich erkenne ein Schuld mit der Aufschrift "Seniorenresidenz Sonnenblick" und runzle meine Stirn. Nachdem sich Mister Baranow angemeldet hat wird das Tor geöffnet und wir fahren eine lange Auffahrt hinauf. Links und rechts sind wiesen mit Bänken und auch einen Brunnen kann ich sehen. Ein wenig erinnert es mich an das Gelände rund um das Gebäude in dem Doktor Koslow arbeitet.
Mister Baranow parkt das Auto und erneut steigen wir aus. Ich folge ihm in das große Gebäude in der Mitte und direkt zu einer Art Rezeption. Dort meldet sich Mister Baranow erneut an und eine junge Frau kommt zu uns und führt uns durch die Anlage bis hinter das Haus. Dort deutet sie auf einen Mann der auf einem Stuhl nahe eines kleinen Vogelhauses steht und Mister Baranow bedankt sich. Dann nimmt er meine Hand und schaut mich an. "Sicher das du da jetzt willst?", fragt er noch, doch ich nicke nur und so gehen wir auf den Mann zu.
Ich lasse mich neben ihm auf einer Bank nieder und schaue ihn an. Er sieht alt aus. Aber dennoch ist eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Mann aus meiner Erinnerung auszumachen. Oder rede ich mir das nur ein? Er hat seine dunklen Augen auf das Vogelhaus gerichtet und scheint mich nicht einmal bemerkt zu habe. "Sir...? Guten tag?", räuspere ich mich und tatsächlich wendet er nun seinen Blick zu mir. Er schaut mich einen Moment nur stumm an, dann aber werden seine Gesichtszüge trauriger und er schaut zurück zu dem Vogelhaus. Erst denke ich, er will mich ignorieren, doch dann kann ich seine gebrechliche Stimme hören. "Ich wusste das du früher oder später auftauchen wirst... Du siehst ihr wirklich ähnlich...."
"Was...?", gebe ich verwirrt von mir und nun wendet er sich wieder gänzlich mir zu. Seine Gesichtszüge zeigen reue. Und Trauer. "All die Jahre habe ich es nicht über mich gebracht... Niemand weiß davon... Doch in mir... Es ist schön dich wohl auf zu sehen kleiner Blondschofp.", meint er nun und ich schaue ihn nur verwirrt an. "Du bist hier weil du wissen willst, was an jenem Tag passiert ist oder?", fragt er nun und ich nicke. Einen kurzen Blick werfe ich zu Mister Baranow der hinter dem Mann steht und sehe, wie er mir ein sanftes Lächeln schenkt.
Dann wende ich meinen Blick wieder zu dem Mann. Dieser aber schaut an mir vorbei. "Es war ein kalter und sehr verschneiter Januar Morgen. Minus elf Grad Mittags um zwei. Das ist wirklich verdammt kalt. Zumindest für Deutsche Verhältnisse. Am Nachmittag war ich mit ein paar Kollegen in einer Baar und wir haben einen Geburtstag gefeiert. Ich habe nicht viel getrunken. Zwei Bier vielleicht. Aber als wir heim gefahren sind war es schon wirklich spät. Mein Handy hatte keinen Akku mehr und meine Heizung im Auto war ausgefallen. Dieses alte verfluchte Ding hat schon länger nicht mehr das getan, was es sollte. Ich bin gefahren und es hatte angefangen zu gewittern. Die Sicht war wirklich schlecht. Ich habe gesehen das mir ein anderes Auto entgegen kommt und wollte ein wenig abbremsen, doch es ist nichts passiert. Ich kann mich noch an ein lautes Poltern erinnern und wie ich durchgeschüttelt wurde, doch dann war das andere Auto weg.", erklärt er und mir wird ganz kalt.
"Ich bin direkt ausgestiegen. Es war eine eklige Mischung aus Schnee und Regen die dort vom Himmel kam und war dennoch so kalt. Ein Wunder das es nicht direkt gefroren ist.... Ich habe die Reifenspuren gesehen. Sie sind direkt vor der Brücke den Abhang hinunter ins Wasser geführt. Ich bin direkt hinunter gerutscht. Die Lichter konnte man sehen. Das Auto war nicht weit im Wasser. Ich habe meine Jacke ausgezogen und meinen Schaal um Nase und Mund gebunden und hinterher. Im nachhinein eine dumme Idee... Ich hätte auch sterben können. Aber ich habe nicht umsonst zwei Kriege überlebt... Die hintere Tür des Wagens ist durch den Aufprall aufgesprungen und so warst du der erste, den ich erreichen konnte. Ich habe dich aus dem Wagen gezogen und nach oben an die Luft gebracht.... Ich habe dich in meine Jacke eingewickelt und bin noch einmal ins Wasser gegangen, doch deine Eltern... Es tut mir leid. Ich konnte nichts mehr für sie tun... Ich habe zugesehen das ich so schnell es geht in die nächste Ortschaft komme und habe auch noch Glück mit dem Heim gehabt. Ich habe nicht wirklich darüber nachgedacht und dich einfach dort abgegeben..."
Ich merke gar nicht wie sehr ich am Zittern bin, bis ich vorsichtig in den Arm genommen werde. Jetzt wo ich es weiß ist es wie ein Schalter der sich umlegt. Ich erinnere mich an ein helles Licht. Ich dachte immer es sei ein Blitz gewesen, aber scheinbar war es der Scheinwerfer des anderen Autos. Dann das große Krachen. Der Unfall... Ich schüttle meinen Kopf und klammere mich an Mister Baranow. Dieser versteht und murmelt etwas, dann nimmt er mich auf den Arm und bringt mich weg. Weg von dem Mann. Weg von dem Ort. Er bringt mich in Sicherheit. Nach Hause.
So... nun wissen wir, wie Julian ins Heim gekommen ist :)
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top