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Aufmerksam schaue ich ihn an, doch bevor er weiterreden kann, klingelt sein Handy und er seufzt leise. „Entschuldige, dass ist mein Boss... Da muss ich ran.", meint er und ich nicke nur leicht, ehe ich mich noch etwas weiter von ihm entferne und zum Fenster gehe. Mein Problem habe ich mittlerweile wieder unter Kontrolle und eine Decke, die ich mir von dem Bett mitgenommen habe, habe ich um meine Schultern gelegt. Die Wiese vor dem Haus wird langsam grün und die Sonne scheint auf diese. Sanft lächle ich und beobachte einen Hasen, wie er aus dem Wald hoppelt und an einem Grashalm knabbert. Im Hintergrund kann ich Master Ilja reden hören. Teilweise auf Deutsch, aber auch auf, so wie ich es vermute, russisch.
Als er auch nach einer viertel Stunde noch nicht fertig ist, gehe ich leise an ihm vorbei und in die Küche. Dort nehme ich mir einen Apfel und damit gehe ich auf die Terrasse. Es ist noch etwas frisch, aber ich fühle mich gut und so schließe ich genießend meine Augen, ziehe die Decke etwas mehr um mich und esse langsam meinen Apfel. Ich muss wohl eingedöst sein, denn als ich die Stimme von Master Ilja höre, die nach mir ruft, wache ich auf und muss gähnen. Ich schaue mich um, der Apfel ist mir aus der Hand in das Gras gefallen und die Decke ist etwas meine Schulter herab gerutscht, sodass man mein Schlüsselbein mit dem Phönixtattoo sehen kann.
„Lukas??!!", höre ich nun wieder von drinnen und ziehe die Decke etwas mehr um mich, ehe ich langsam aufstehe und vorsichtig in das Innere gehe. Ist er sauer auf mich? Oder ist er eher besorgt? Ich hoffe, er ist nicht sauer... Als ich ihn erblicke, bleibe ich erst ganz ruhig. Er schaut sich gerade im Bad um und als sein Blick im Spiegel auf den meinen trifft, muss ich leicht schmunzeln, da er wirklich besorgt wirkte. „Da bist du ja!", begrüßt er mich und dreht sich zu mir um. „Es ist nicht nett, einfach zu verschwinden.... Wir waren noch nicht fertig...", meint er dann und kommt etwas auf mich zu. Ich seufze leise und wende meinen Blick ab, schaue auf den Boden und atme tief durch. „Es ist auch nicht nett, mich zu belügen... Lieber zu telefonieren und mich mal wieder alleine zu lassen", denke ich mir und erschrecke, als er mit einem Mal mein Kinn anhebt.
„Was hast du gesagt?", fragt er und ich schaue ihn erschrocken an. Ich habe... Laut gedacht? Fuck... Nein nein nein nein nein! Das kann doch nicht wahr sein... Ich bin doch wirklich einfach nur dumm... „D-dass es mir leid tut, S-sir...", meine ich leise und kneife meine Augen zusammen, als ich die Wut und die Enttäuschung in seinen Augen sehen kann. Er wird mich bestrafen. Er wird mich verletzen. Wie die anderen auch. Ich war ein böser Sklave und muss bestraft werden. Ich habe ihn angelogen und er weiß es. Ich bin so dumm...
„Wieso?", meint er nun und seine Stimme klingt... Kalt? Er ist wohl mehr als sauer... Langsam lasse ich mich auf die Knie fallen, senke meinen Kopf und lege die Hände mit den Handflächen nach oben auf meine Schenkel. Ich empfange die Strafe. Ich habe es nicht anders verdient... Doch er bewegt sich nicht. Ist es wie bei Mister Noir? Dass er erst zuschlägt, wenn ich mich in Sicherheit wiege? Ich schniefe leise und hebe langsam meinen Blick. Doch Maser Ilja schaut einfach auf mich. Seine Augen wirken... Stumpf. Dann schüttelt er leicht den Kopf und geht sich mit der Hand in die Haare. Er seufzt auf und schaut mich wieder an. „Lukas... Bitte steh auf. Ich werde dich nicht bestrafen... Ich hatte mich gefreut, sowas von dir zu hören. Es war dein altes Ich und das war toll. Nur hast du mich wieder belogen, weshalb ich etwas enttäuscht bin, aber ich werde dir deswegen doch nichts machen...", meint er und schaut mich fast schon wieder sanft an. Nur seine Augen strahlen noch nicht.
Ich kann dem nicht ganz trauen. Was, wenn er das nur sagt um mein Vertrauen zu beko~ Nein! Er hat sich immer an das gehalten, was er gesagt hat. Er hat mir immer nur geholfen. Mir Sicherheit und Geborgenheit gegeben. Mich geliebt und auf mich achtgegeben, mich... Warte. Er hat mich... geliebt?! Und was meint er mit ‚dein altes Ich?' Gefalle ich ihm nicht, wie ich bin? Ich verstehe es nicht und dass er nun einfach geht und mich wirklich alleine lässt, macht die ganze Sache auch nicht besser.
Ich krabbel vorsichtig bis zur Wand und lasse mich an dieser hinsinken. Meine Beine ziehe ich an und schniefe leise, schlinge meine Arme darum und lege den Kopf auf die Knie. Die ersten Tränen verlassen meine Augen und ich schniefe nochmals, ehe ich meine Augen zusammenkneife und versuche, so leise wie möglich zu sein. Ich verstehe es nicht... Wenn er mich doch anscheinend mag, wieso sagt er mir das nicht? Wieso soll ich mein altes Ich an den Tag legen, wenn dieses doch nur Probleme macht? Wieviel Ärger ich doch bekommen habe, wie viele Schmerzen und Einsamkeit ich wegen meinem Verhalten ertragen musste... Vielleicht muss ich mich einfach selber bestrafen. Wenn er es nicht macht...
Unsicher und mit verweinten Augen schaue ich auf und realisiere erst jetzt wieder, dass ich im Badezimmer bin. Die Dusche fällt mir direkt in den Blick und direkt kommen die ganzen bösen Erinnerungen in mir auf. Mein Körper beginnt zu zittern, als mir die Bilder von meinem ersten Duschtag vors Auge kommen. Sie haben mich festgekettet und mit einem eiskalten Wasserstrahl abgespritzt. Es tat so weh.... Und dann haben sie mich einfach liegen gelassen. Wie ein benutzter Gegenstand. In meinen Erinnerungen habe ich nicht mitbekommen, wie ich in die Dusche gestiegen bin. Die Decke habe ich davor fallen gelassen und so habe ich nun nur noch die Boxershort an.
Ich schaue noch einen Moment unsicher auf die Hand, die bereits an dem Temperaturregler liegt und drehe ihn dann auf kalt. Ganz kalt. Mein Körper kribbelt und meine Nackenhaare stellen ich auf, alleine bei der Vorstellung, was jetzt gleich auf mich zukommt. Doch es ist keineswegs ein erfreutes Kribbeln wie zuvor, als ich mich mit meinem Master im Bett befunden habe und er mich mit der Feder berührt hatte. Diese Berührungen waren toll... Das was mich jetzt erwartet nicht. Ich atme noch einmal tief durch und denke wieder an ihn. Wie er mich angeschaut hatte. So enttäuscht. Meine Brust zieht sich zusammen und ich drehe in einer schnellen Bewegung die Dusche auf.
Im ersten Moment bin ich wie erstarrt, dann presse ichmir die Hand auf den Mund um meinen Schrei zu dämpfen. Fuck ist das kalt... Alsich mich langsam daran gewöhnt habe, lasse ich meine Arme wieder sinken undlasse mich selber langsam auf den Boden gleiten. Ja ich nehme die Kältemittlerweile anders wahr als früher, aber selbst ich spüre, dass das Wasserverdammt kalt ist. Zittern schlinge ich meine Arme um meine nun wieder angezogenenBeine und lege den Kopf darauf auf. Nach einer Weile will ich das Wasser wiederausdrehen, doch ich werde daran gehindert...
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