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Es vergehen zwei Tage an denen ich die meiste Zeit mit schlafen verbringe. Ich werde noch immer über die Sonde ernährt und meine Wunden werden einmal am Tag gepflegt. Alles in allem kann ich mich wirklich nicht beklagen. Master Ilja lässt mich zwar auch jetzt keine Sekunde mehr alleine, aber abgesehen von dem Kuscheln in der Nacht, dass ich mehr als ich sollte genieße, lässt er mir meinen Freiraum und begnügt sich damit, eine Hand auf meinem Körper, sei es mein Bein oder mein Rücken, zu haben.
Mit Demian habe ich leider nur wenig sprechen können. Die meiste Zeit war ich einfach abwesend in meinen Gedanken und konnte nicht wirklich im hier und jetzt sein. Noch immer schwirrt die Frage, was nun wirklich passiert ist in meinem Kopf herum und ich will einfach eine Antwort darauf. Doch leider bekomme ich, egal wie sehr ich darüber nachdenke keine auch nur ansatzweiße plausible und erklärende Antwort.
Heute ist ein trüber und feuchter Tag. Das Wetter legt noch einmal einen nach und will uns zeigen, dass der Frühling noch auf sich warten lässt. Am morgen hat es die ganze Zeit genieselt und auch jetzt schafft es die Sonne nicht, durch die dicken, schwarzen Regenwolken zu gelangen. Das Wetter erinnert mich an einen Tag. An einen meiner ersten tage bei Master Ilja. Es war ein fürchterlicher Sturm draußen und ich wollte ihn bei mir haben. Wollte seinen Schutz.
Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich diesen auch bekommen habe... nur kurz danach hatte er den Wunsch geäußert, dass ich doch einfach schlafen soll. Zwar habe ich mittlerweile verstanden, dass ich ihn nur falsch verstanden habe... Aber solange er wie jetzt gerade einfach hinter mir sitzt und ich mich an ihn lehnen kann, ist alles okay. Seine Arme liegen um meine Hüfte und seine eine Hand malt kleine Kreise auf meinem Bauch. Es war zu beginn ein eher ungewohntes Gefühl und hat mir ein wenig Angst gemacht, doch er versicherte mir, dass er nichts machen wird, was ich nicht will. Und so lasse ich dieses Kuscheln zu.
Als es langsam Mittag wird, löst er seine Finger von mir und ich schaue unsicher zu ihm. Ein Lächeln ziert sein Gesicht und er legt seine Hand vorsichtig an meine Wange. „Ich bin gleich wieder da. Ich muss nur eben etwas zu Essen holen...", meint er vorsichtig und wiederwillig beuge ich mich nach vorne um ihm Platz zum aufstehen zu geben. Er verlässt das Zimmer und so bin ich nun ganz alleine. Direkt ziehe ich die Decke mehr um mich und starre den Boden an. Als dieser aber von einem hellen Blitz erhellt wird und ich dann auch noch das Donnern höre, mache ich mich in meinem Bett so klein wie möglich und versuche meine flache Atmung so normal wie möglich zu halten.
Die Zeit in der ich alleine bin wird immer länger und länger. Ich halte das nicht mehr aus und als das nächste Donnergrollen zu hören ist, springe ich schon fast auf und gehe, so schnell er mir mein schwacher Körper zulässt, auf die Zimmertüre zu. Ich habe schon erfahren, dass es sich hier nicht um ein richtiges Krankenhaus, sondern eher eine private Einrichtung des behandelnden Arztes ist. In diesem Teil sind fremde Personen verboten, also muss ich auch keine Angst haben, dass mich jemand erkennt und ich dann Ärger von meinem Master bekomme.
Ich öffne die Türe und schaue mich etwas verzweifelt um, kenne mich aber nicht aus und sehe keinen Hinweis, wo Master Ilja sein könnte. Unsicher gehe ich, mich an der linken Seite abstützend, den Gang entlang und versuche irgendwo ein Anzeichen für Master Ilja zu finden. Doch nirgends ist auch nur etwas zu hören und so muss ich wohl die Türen ausprobieren. Die erste Türe bringt mich nur zu einem Badezimmer und auch wenn die Dusche, beziehungsweise die Badewanne irgendwie verlockend aussieht, mache ich hier lieber einen Bogen drum.
Die nächste Türe bringt mich in einen kleinen Raum, in welchem Schuhe und Jacken hängen. Auch eine weitere Türe ist zu sehen und ich muss nicht erst überlegen, was es ist. Es ist die Ausgangstüre. Mein Körper erstarrt und ich starre die Türe an. Ich könnte gehen. Einfach gehen und zurück zu meiner Familie. Aber... Am Rande nehme ich wahr, wie hinter mir Schritte zu hören sind und langsam drehe ich mich um. Ich sehe Master Ilja mit einem Tablett auf das offene Zimmer zugehen und als er die offene Türe bemerkt, bleibt er wie angewurzelt stehen. Ich kann in seinem Gesicht auch auf die Entfernung den Schrecken erkennen und als er dann seinen Blick den Gang entlang wandern lässt und mich beim Ausgang erkennt, verändert sich sein Gesichtsausdruck.
Es ist eher... Entsetzen, Wut, Unglauben... Doch als ein weiteres Donnergrollen mich wieder in die Realität versetzt, ignoriere ich diesen Blick und renne zu ihm. Ehe er auch nur etwas sagen kann oder irgendwie sonst reagieren kann, klammer ich mich an ihn und ignoriere dabei die Tatsache, dass ich damit das Tablett umgekippt habe. Ich bebe vor Angst wegen dem Gewitter und kneife meine Augen zusammen, während ich mich fest in sein Shirt kralle.
Erst ist er nur verwirrt und sein Körper bewegt sich keinen Millimeter. Dann aber legt er vorsichtig seine Arme um mich und ich kann seinen Kopf auf meiner Schulter spüren. Die ersten Tränen verlassen meine Augen und ich verstehe erst nicht, wieso ich weine. Ist es, weil ich meine Chance zur Flucht nicht einmal ergriffen habe? Oder doch eher nur, weil ich froh über seine Reaktion bin? Ich weiß es nicht und es ist mir auch egal, solange er mich nicht mehr alleine lässt. „B-bitte nicht w-wieder...", hauche ich leise und er schiebt mich etwas von sich weg.
„Wieder was...?", fragt er leise und ich hebe meinen Kopf langsam. „M-mich wieder alleine lassen... So... So wie bei Mister N-Noir...", erkläre ich und erinnere mich, wie er mich einfach zu diesem Monster gegeben hat. Doch sein Gesichtsausdruck zeigt reine Verwirrung und ich verstehe nicht ganz, wieso. „Ich habe dich nicht zu ihm gebracht...", meint er dann und ich runzle meine Stirn. Ich dachte... Aber...
„Komm her Kleiner... Wir bringen dich ins Bett und dann reden wir...", meint er leise und schon werde ich hochgenommen und halte mich erschrocken an ihm fest. Wie er von sich aus so auf mich zugeht ist mir ein Rätsel, aber ich bin froh darüber. Ich schaue erst wieder auf, als wir wieder auf dem Bett sind und er die Decke über uns zieht. „So und jetzt erzähl mal, was passiert ist... Nachdem du die Tabletten genommen hast...", verlangt er sanft von mir und ich nicke leicht.
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