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„Ich werde dir nichts tun und ich bin nicht dein Master oder dein Sir. Nenn mich einfach ganz normal. Ilja. Ich bin der Gute...", erklärt er leise und ich kann meinen Blick nicht von seinen Augen abwenden. Er streicht mit seinem Daumen sanft meine Wange entlang und sein Blick liegt in meinem. Jedoch lässt er seine Augen immer wieder über mein Gesicht wandern, bis er schlussendlich an meinen Lippen hängenbleibt und ich leicht schlucke.

Ich kann mich nicht aus der Starre lösen oder etwas an der Situation ändern. Ich habe mich vollkommen in seinen Augen verloren und bin einfach erstarrt. Kein Muskel in meinem Körper bewegt sich auch nur einen Millimeter und ich habe auch keine Kontrolle mehr über meine Gedanken. Sie sind komplett durcheinander, genauso verwirrt und überfordert wie mein Körper.

Er will mich küssen, das sehe ich genau und ich kann nicht dagegen machen. Er ist mein Master. Nein warte. Er ist nicht mein Master. Er ist einer der Guten. Ein Polizist. Aber wieso lässt er mich dann nicht nach Hause? Wieso hält er mich gefangen? Wieso darf ich nicht einfach gehen? Wieso...? doch all meine Gedanken werden durch eine plötzliche Berührung einfach weggewischt. Es ist, als hätte ich einen Stromschlag bekommen, nur ist es wie lähmend und ich kann mich nun erst recht nicht mehr bewegen. Ich reise meine Augen auf und merke wie mein Herz einen Moment aussetzt.

Er... Er küsst mich. Er hat die wenigen Millimeter, die unsere Lippen noch von einander getrennt hatte überwunden und seine Lippen auf die meinen gelegt. Ich bin wie paralysiert, kann mich nicht bewegen und verstehe einfach nichts mehr. Will er doch mehr? Will er mich doch benutzen wie Mister Noir? Will er noch weiter gehen? Geht es überhaupt noch schlimmer als eine Vergewaltigung?

Ich weiß nicht was in mich gefahren ist, was ich genau fühle. Es ist einfach zu viel. Ich habe Angst, dass er mir weh tut, dass er mich benutzt wie alle anderen. Aber auch habe ich Angst, dass er mich abweist. Ja ich gebe es zu. Nach langer Zeit habe ich endlich wieder das Gefühl zumindest manchmal einfach Sicher zu sein. Sobald er tief und fest in der Nacht schläft und ich keine Gefahr mehr von ihm befürchten muss, genieße ich die Nähe, die schützenden Arme um mich. Aber wenn ich etwas falsch mache, ändert sich alles und er ist sauer. Er stößt mich von sich weg. Er...

Wie auch jetzt. Ich merke wie der Körper vor mir immer weiter zurückweicht und erkenne nun auch, dass ich meine Augen mittlerweile geschlossen habe und sich einige Tränen aus diesen geschlichen hatte. Meine Arme zittern und ich gebe nun, da ich wieder ganz für mich bin ein leises Wimmern von mir. Ich traue mich nicht, ihm in die Augen zu sehen, will nicht die Ablehnung in ihnen sehen. Automatisch mache ich mich kleiner und ziehe meine Beine an. Am liebsten würde ich mich nun unter der Bettdecke verstecken und dem Glauben, dem ich als kleines Kind verfallen war glauben, dass mir dann nichts böses wiederfahren kann. Zwar hat mir Master Noir mehr als nur einmal gezeigt, dass dies nicht der Fall ist, aber ich würde wahnsinnig gerne einfach daran glauben.

„Ich verstehe schon. Es war dumm von mir. Ich werde dich in Ruhe lassen!", kann ich nun eine eher schneidende Stimme hören und zucke nur noch mehr zusammen, doch bevor ich auch nur etwas machen konnte, wurde ich einfach alleine gelassen. Die Türe hat er hinter sich mit einem lauten Wumps ins Schloss fallen lassen und nun ist es in diesem Zimmer erschreckend ruhig.

Es dauert eine ganze Zeit, bis ich mich beruhigt habe und wieder einigermaßen entspannt bin. Jedoch plagen mich nun wieder ganz andere Gedanken. Er hat mich geküsst. Und dann hat er abgebrochen. Er wollte mich nicht. Er hat mich abgewiesen und lässt mich nun alleine. Er isoliert mich von allem und jedem, von sich selber. Von der einzigen menschlichen Person, die mir hier Nähe und Sicherheit geben kann. Er bestraft mich, weil ich...

Ja weil ich was? Weil ich angefangen habe zu weinen? Weil ich nicht erwidert habe? Weil? Ich weiß es nicht und das kotzt mich an. Ich habe etwas falsch gemacht, sonst würde ich nicht bestraft werden. Oder habe ich nichts falsch gemacht und er hat einfach keine Lust mehr auf mich? Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich daran. Er hat einfach keine Lust mehr auf mich und hat mich deshalb einfach liegen gelassen.

Irgendwann bin ich wohl mit diesen Gedanken auch eingeschlafen, denn ich wache mitten in der Nacht wieder auf und finde mich alleine auf dem Bett wieder. Direkt schlinge ich meine Arme ein wenig mehr um mich und schaue mich verwundert um. Er at mich noch nie alleine gelassen, vor allem nicht in der Nacht. Eigentlich konnte ich jede Nacht seine Arme um mich spüren und habe seine Sicherheit genossen. Doch nun bin ich alleine und dass es draußen gerade ein wenig gewittert macht es nicht besser.

Auf leisen Sohlen gehe ich an das Fenster und blicke hinaus. Ich erkenne nicht besonders viel, da wir noch immer Nacht haben und der Mond und die Sterne hinter dicken, schwarzen Wolken verborgen sind. Aber das was ich erkenne, wenn einen Blitz aufleuchtet ist nicht gerade schön. Der Wind peitscht den Regen um die Bäume und auf das Fenster und lässt die riesigen Tannen schwanken. Auch der Regen, der an das Fenster klatscht ist auf der einen Seite mehr als beunruhigen. Als der nächste Blitz aufzuckt und das Donnergrollen das ganze Haus erschüttert, zucke ich stark zusammen und schnappe mir die Decke um mich in dieser zu verstecken.

Ich will nicht alleine sein... Ich will... Master Ilja. Auch wenn er gerade sauer auf mich ist, ist er der einzige, der mich hier schützen kann. Egal wie sehr er mich bestrafen wird, ich will jetzt zu ihm und kann nicht anders. Also beiße ich die Zähne zusammen und gehe zögernd auf die Türe zu. Doch als erneut ein Blitz das Zimmer erleuchtet, werfe ich mein Vorhaben über den Haufen und gehe einfach los. Mit schnellen Schritten schleiche ich mich durch den Gang und suche in jedem Zimmer nach einem Anzeichen darauf, wo Master Ilja sein könnte. Und ich werde zum Glück fündig.

Mit dem Schein der Wohnzimmerlampe erkenne ich, dass mein Master auf dem Sofa sitzt. Seinen Kopf hat er auf seiner Brust abgelegt und in der Hand hält er noch ein Glas. Vorsichtig gehe ich weiter auf ihn zu, doch so wie es aussieht schläft er wirklich. Oder ist zumindest eingenickt. Ganz vorsichtig nehme ich ihm das Glas aus der Hand und rieche daran, kann jedoch nicht feststellen um was es sich handelt. Als ich das Glas auf den Tisch gestellt habe und mich wieder zu ihm wende, sehe ich gerade noch wie er seine Lippen etwas befeuchtet und leise schmatzt. Süß.

Einen Moment starre ich ihn einfach nur an und bin etwas geschockt von meinem Gedanken. Er soll süß sein? Er ist nicht süß... Er ist stark... Und sportlich und... Wieder schmatzt er leicht und sein Kopf neigt sich etwas zur Seite, ehe er langsam an dem Sofa herab rutscht und schlussendlich darauf liegt. Ich kann es leider nicht abstreiten, es sah schon süß aus...

Vorsichtig gehe ich nun noch näher und mustere ihn ganz genau. Er schläft wirklich fest, hoffe ich... Noch immer hat er die Jogginhose von vorhin an, nur trägt er nun auch wieder seine Waffe und ein Shirt. Wenn ich mich zu ihm lege und alles so kommt, wie geplant, würde die Waffe aber stören. Vorsichtig beiße ich mir auf meine Unterlippe und strecke meine etwas zitternden Hände unter der Decke zu seiner Waffe aus und versuche möglichst vorsichtig den Knopf, mit dessen Hilfe die Halterung an seinem Gürtel fest ist zu öffnen.

Ich habe es gerade geschafft und will die Hand mit der Waffe zurückziehen, da wird auf einmal mein Handgelenk ergriffen und ich starre ertappt und erstarrt zu ihm auf. Doch er scheint noch mehr zu schlafen als wach zu sein und zieht seine Augenbrauen etwas zusammen. Dann murmelt er leise etwas und plötzlich finde ich mich in seinen starken armen wieder. Vor lauter schreck habe ich die Waffe an meinen Körper gepresst und mein Herz hat einige Schläge ausgesetzt. Ich kann ihn deutlich hinter mir spüren.

Sein warmer Atem kitzelt meinen Nacken, seine Brust streift meinen Rücken und seine Arme liegen fest aber dennoch ganz locker um meinen Torso. Eine Wiele bleibe ich noch wie erstarrt liegen, ehe ich der Meinung bin, dass er wieder ganz schläft. Dann strecke ich mich etwas und lege die Waffe zu seinem Glas auf den Tisch und drehe mich ganz vorsichtig in seinen Armen um. Nun kann ich ihn anschauen und lasse meinen Blick über sein schlafendes Gesicht wandern. Ganz langsam und zögernd lege ich meinen Kopf immer mehr auf seiner Brust ab und meine arme und somit auch die Decke um ihm. Wie von alleine schließen sich meine Augen und ich kann das Unwetter, das draußen noch immer wütet komplett ausblenden.

Jetzt gerade, genau in diesem Moment fühle ich mich sicher und geborgen. Auch wenn er schläft, ist er immer noch da und beschützt mich. Ich vertreibe die ganzen bösen Gedanken an die möglichen Konsequenzen bis in den hintersten teil meines Gehirns und denke nur an das hier und jetzt, bis ich auch wirklich wieder ruhig in seinen Armen einschlafe.

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