Chapter 8

Ich sah eine Frau in mittleren Jahren, die ein kleines Mädchen in einem Rollstuhl vor sich her schob. Sie lächelte mir zu und die Kleine, neben deren Rollstuhl ich herlief, fasste mich an der Hand. Auch sie lächelte und ich musste zwingend auch lächeln. Wer war dieses süße Geschöpf, dass da meine Hand hielt, fragte ich mich in Gedanken.

Ich ließ meinen Blick umherschweifen. Wir befanden uns in einer Art Park, der mir ziemlich bekannt vorkam, doch ich konnte mich nicht erinnern wovon. Um uns herum wuchsen viele Bäume, deren Blätterdach genauso grün und satt leuchtete, wie die Wiese neben dem Weg, auf dem wir liefen. Plötzlich spürte ich eine Erschütterung und ein lautes Dröhnen in meinem Kopf. Ich wollte meine Hand von dem Mädchen wegziehen, um mir meinen Kopf zu halten, doch sie hielt sie eisern fest und zeigte auf den Himmel über uns.

Ich sah nichts ungewöhnliches. Er erstrahlte in einem schönen Blauton, keine Wolke verunstaltete das Himmelszelt... Plötzlich blieb mein Blick an einem dunklen Strich hängen, der das Bild des blauen Himmels störte. Er begann an einer Stelle und zog sich dabei immer weiter über den Himmel, während er immer größer zu werden schien. Kleine Verästelungen zweigten von ihm ab und an einer Stelle trafen sich zwei dieser Abzweigungen. Wie kann denn so etwas mö-.

Mitten im Denken wurde ich von einem ziemlich lauten unschönen 'Krack' unterbrochen und der Teil des Himmels, der sich zwischen den Zweigen befunden hatte, stürzte ab. Der Himmel brach förmlich über uns ein. Immer mehr Teile stürzten vom Himmel und es ergoss sich ein Himmelschauer über uns. Verzweifelt zog ich an meiner Hand, doch sie rührte sich nicht. Wollte dass Mädchen denn nicht, dass ich mich schützen konnte. Doch sie beugte sich so weit vor, dass sie mir ins Ohr flüstern konnte:

„Allison, du musst dich erinnern, erinnere dich, er... wach auf Allison, wach auf!" Ich sah auf und sah, dass sowohl die Frau als auch das Mädchen zusammen mit dem Himmel und der ganzen Landschaft um mich herum zerfielen. Während weiter Himmelsbrocken auf mich einschlugen, begann ich mit geschlossenen Augen zu schreien.

„Allison!" Ich kannte diese Stimme. Blinzelnd machte ich die Augen wieder auf und versuchte mich zu orientieren. Ich befand mich nicht, wie gedacht, in einer zusammenstürzenden Welt, sondern in meinem weißen, kahlen Zimmer. Die Stimme, die meinen Namen gerufen hatte, war die von Samantha gewesen, die zusammen mit einer Schale voller widerlichem Brei und einem Bündel Stoff vor meinem Bett stand. „Guten Morgen, Allison. Hast du gut geschlafen?" Hatte Doch so konnte ich bei bestem Willen nicht antworten, also musste sie sich mit ein wenig unverständlichem Gebrummel von meiner Seite zufrieden geben.

„Also. Das Programm für heute wird eine andere Untersuchung für dich sein. Zuerst solltest du etwas essen und ich habe dir auch etwas frisches zum Anziehen mitgebracht."

Sie drückte mir bei diesen Worten die Schüssel und das Stoffbündel, das sich als neues Nachthemd entpuppte, in die Hand. Ich setzte mich in meinem Bett auf und streckte mich erst einmal, um die Verspannungen, die bei mir durch den furchtbaren Traum zustande gekommen waren, abzuschütteln, was mir natürlich nicht gelang. Also griff ich erst einmal zu meinem Frühstück und verschlang, trotz des widerlichen Geschmacks, den Brei, denn verhungern wollte ich wegen so etwas nicht. Dennoch überkam mich beim ersten Bissen ein Würgreiz, den ich aber erfolgreich zu unterdrücken wusste.

Nach dem Essen schlug ich die Bettdecke zurück und wechselte schnell die Nachthemden, wobei es mir ziemlich egal war, dass Samantha direkt neben mir stand und mich interessiert beobachtete,

Samantha führte mich durch die langen labyrinthähnlichen Flure wieder zurück zum Labor. Dort schickte sie mich in den selben Raum, in dem auch schon am Vortag die Experimente an mir durchgeführt wurden.

„Wann kommt Leo?", fragte ich sie hoffnungsvoll. „Bitte wer?" Mich überkam ein ungutes Gefühl.

„Äh...", verdammt, wie hatte noch einmal seine Nummer gelautet? „Nummer 389, wann kommt sie?"

„Diese Nummer ist nicht im System registriert", lautete ihre monotone Antwort, als hätte sie sie einstudiert. Aber bedeutete das nicht...

„Diese Nummer existiert folglich nicht." Ach du Scheiße! Mich überkam es heiß und kalt im Wechsel. Tausende Gedanken schossen mir durch den Kopf, die ich mir aber nicht anmerken lassen durfte. Hatte Leo etwa für meine Fehler büßen müssen? Hatte er so enden müssen wie der Tattootyp?

„...kommt."

„Wie bitte?", fragte ich perplex. „Ich sagte", hierbei betonte sie 'sagte' sehr deutlich, „dass ich dich kurz alleine lasse, aber bald die Person erscheinen wird, die ihre Versuche durchführen wird." „Ah, ok. Dankeschön", ich lächelte sie halbherzig an, doch mit den Gedanken war ich bei Leo.

Sie schloss die Tür hinter sich und ich war mal wieder alleine. Es war nicht meine Schuld, es war nicht... Doch es war meine Schuld. Während mich meine Gedanken quälten und mich mein Gewissen plagte, schaute ich den anderen Menschen im Raum durch die Glasscheiben hindurch bei ihrer Arbeit zu. Doch plötzlich geschah etwas sehr Unerwartetes.

Eine Alarmanlage begann zu schrillen und alle drehte ihren Kopf von ihrer Arbeit weg, um sich nach dem Geräusch umzusehen. Kurz verstummte es, ich dachte schon, es hatte sich um ein Versehen gehandelt, doch da begann der nervige, schrille Ton erneut zu erklingen. Nach einigen Malen solcher Wiederholungen, änderte sich jedoch etwas. Anstatt dass der nervende Ton aus den Lautsprechern kam, dröhnte nun die tiefe Stimme eines Mannes aus den Lautsprechern:

„Achtung. Achtung! Es befindet sich ein Eindringling auf dem Weg zu Sektor 4. Ich wiederhole Eindringling auf dem Weg zu Sektor 4. Bitte bleiben Sie ruhig, die Gefahr wird gerade in diesem Moment eliminiert." Bei diesem Wort lief es mir kalt den Rücken hinunter. Eliminiert, so wie meinen ersten Aufpasser? Doch darauf konnte ich mich in diesem Moment nicht konzentrieren.

Ich hörte wilde Schreie um mich herum und stand von meiner Liege, auf die ich mich gerade zur Untersuchung hingelegt hatte, wieder auf. Statt auf die Stimme zu hören und Ruhe zu bewahren, herrschte ein treibendes Durcheinander, wie auf einem Jahrmarkt, im Labor und ich konnte nirgendwo erkennen. Auch von Evelyn war nichts zu sehen, was aber nicht viel heißen musste, da sie sich sowieso so gut wie nie blicken lies. Doch die Situation, in der ich mich gerade befand, war auf jeden Fall nicht normal.

Evelyn hatte mir von dem Tagesplan berichtet, der daraus bestand aufzuwachen, ins Labor zu gehen und mich geordnet den Experimenten zu unterziehen. Doch so wie die Menschen draußen außerhalb meines Glaskastens herumrannten und sich gegenseitig voller Panik umstießen, das war definitiv nicht normal. Gebannt starrte ich auf die Szenerie und verschwendete keinen Gedanken an weglaufen. Wieso den auch? Draußen würde ich nur auf dem Boden enden, schmerzhaft zertrampelt von vielen Füßen. Nein, danke. Da blieb ich dann doch lieber hier in meiner kleinen Versuchszelle, die ich mit der Zeit richtig lieb gewonnen hatte, in Sicherheit. Das dachte ich jedenfalls.

Denn in diesem Moment hörte ich neben dem allgemeinen Trubel noch ein weiteres Geräusch. Ein Ton, der die Menge dazu zu bringen schien, noch schneller zu laufen und noch mehr zu kreischen, als sie es ohnehin schon taten. es klang wie das Pochen eines großen, gewaltigen Herzens. In gleichmäßigen Abständen wurde es immer lauter, bis es schließlich den ganzen Raum auszufüllen schien. Die anderen Mitarbeiter, die außer mir noch im Labor gewesen waren, hatten sich längst aus dem Staub gemacht. Dabei interessierten sie sich doch für Biologie: Genetik und bestimmt auch Herzen. Warum sind sie denn dann weggerannt, obwohl sie dazu aufgefordert wurden, genau dies nicht zu tun?

Ich sah in dem Moment auf, in dem mir einleuchtete woher der Ton stammte, den ich gefühlt seit einigen Minuten zu hören bekam. Gebannt starrte ich auf die Eingangstür, die keiner der Flüchtenden angerührt hatte und zum Hinterausgang hinausgetrampelt waren. Nun kannte ich den Grund für dieses Handeln, denn mit jedem Pochen, jedem Schlag, erhielt die eigentlich so robuste Tür eine weitere zaghafte Dellen. Und je mehr auf sie eingeschlagen wurde, umso größer wurden auch die Dellen, von denen schon Dutzende die Tür zierten.

Immer weitere Dellen zeichneten sich im glänzenden Metall der Tür ab und es war mir immer noch nicht gegönnte wegzulaufen, um mich in Sicherheit zu bringen, wie es alle Anderen gemacht hatten. Ich musste einfach hinstarren, ich konnte gar nicht anders, so fasziniert war ich von der Tür, auf der sich immer mehr Vertiefungen abzeichneten. Wie sie wohl von außen aussehen musste?

Es ertönte ein dumpfer Schlag, der sich anders anhörte, als die Schläge zuvor. Noch einmal war dieses tiefe, gedeckte „Rums" zu hören, dann sprang die Tür, von der ich nie gedacht hätte, sie in solch einem Zustand einmal zu sehen, aus den Angeln und landete in hohem Bogen mitten im Glasraum-Aufbau des Labors. Die Glaskonstruktion, die ich so an diesem Raum gemocht hatte, zerbarst in tausende kleine Glassplitter. Einige davon zerschnitten mir die Haut, doch ich konnte mich immer noch nicht bewegen. Der Türrahmen, oder besser gesagt, was dahinter zum Vorschein kam, hatte mich vollkommen in seinen Bann gezogen...

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Ich hoffe mal wieder das euch diese Kapitel gefallen hat und würde mich über einen Vote und einen Kommentar riesig freuen!❤ Morgen wird wahrscheinlich erst einmal kein neues Kapitel kommen, oder zumindest verspätet, da ich für eine Arbeit lernen und somit das Schreiben etwas vernachlässigen muss...

Liebe Grüße, Julia❤

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