Chapter 17
Wir waren beide wie erstarrt, als vor uns plötzlich ein grimmig schauender Alec stand. Sein Blick flog zwischen Logan und mir hin und her und mit jedem Mal wurde seine Mine dunkler. „Hey... Alec, was machst du denn hier?", versuchte ich, der unangenehmen Situation zu entfliehen. Kurz glaubte ich, einen verletzten Blick hinter der bösen Fassade sehen zu können, doch falls er wirklich real gewesen war, verschwand er spätestens, als Alec wortlos an uns vorbeistürmte und absichtlich anrempelte.
„Pass doch auf, Mann!", rief ihm Logan hinterher, doch Alec beachtete seine Beschwerde überhaupt nicht. Er stürmte einfach weiter, immer weiter den Gang entlang, ohne sich ein einziges Mal zu uns umzudrehen. Ich spürte Enttäuschung in mir aufwallen. Warum war er so unfreundlich zu mir, wenn er doch davor so fürsorglich gewesen war? „So ein Idiot", sprach Logan das aus, was ich mir auch schon gedacht hatte.
Er schaute auf mich hinunter, da er mich immer noch im Arm hielt: „Mach dir nichts draus, solche Typen gibt es immer, von denen sollte man sich einfach nur fernhalten." „Dann kann ich ja nur von Glück reden, dass du nicht so ein Typ bist", witzelte ich. Warum ich in Logans Nähe meine Sorgen so leicht vergessen konnte und Spaß hatte war mir ein Rätsel, doch ich genoss jede Sekunde des Herumalberns mit ihm. „Da hast du ausnahmsweise einmal recht." Ich streckte ihm auf diesen Kommentar hin nur die Zunge heraus.
„So hier wären wir", gab Logan mit vor Anstrengung zusammengebissenen Zähnen von sich, als er mit einer Hand versuchte die Tür zu seinem Zimmer zu öffnen und mich gleichzeitig mit der anderen Hand festhielt. „Du kannst mich ruhig runter lassen", bot ich ihm an, doch er schüttelte entschlossen den Kopf und trug mich, nachdem er die Tür geöffnet hatte in sein Zimmer hinein.
Ich konnte ein Gähnen nicht unterdrücken, so müde war ich. Schließlich musste es inzwischen fast schon früher morgen sein und ich hatte seit fast vierundzwanzig Stunden nicht mehr geschlafen. „Nimm die Hand vor dem Mund beim Gähnen, Prinzessin", kommentierte Logan, als ich meinen Mund aufriss und ihm meine Mandeln zeigte.
„Ach, jetzt sind wir also nach drei Stunden schon bei Prinzessin angelangt?", fragte ich ihn und dieses Mal war ich diejenige, die belustigt eine Augenbraue hochzog. „Ich kann mir auch einen anderen Spitznamen für dich ausdenken, wie wäre es mit Kleine, Mäusc-"
„Ja, ok. Ist schon in Ordnung", wand ich schnell ein. „Können wir jetzt schlafen gehen?", bat ich nach einer weiteren Gähnattake. Logan erwiderte auf meine Frage nichts, jedoch legte er mich vorsichtig auf eines der Betten, die in dem Raum standen. Ich kuschelte mich sofort in die weichen Kissen und Decken und schloss zufrieden die Augen.
Ich war schon beinahe eingeschlafen, als ich plötzlich spürte, wie sich ein warmer Körper neben mich legte und mich leicht in Richtung Wand schob. „Logan?", nuschelte ich schlaftrunken, doch er strich mir nur sanft über den Kopf. „Gute Nacht Prinzessin..."
Ich hörte ein knirschendes Geräusch, das aus der Dunkelheit zu kommen schien. Es wurde immer lauter und dröhnte unerbittlich in meinem Kopf. Ich fragte mich, woher das Geräusch kam, doch sobald die Schmerzen einsetzten, wusste ich, dass ich diese Situation schon einmal erlebt hatte. Nein. Nein, dass konnte nicht sein. Doch eine erneute Schmerzenswelle, die meinen Körper durchzog, machte mir das Gegenteil deutlich.
Ich rang keuchend nach Luft, doch es war, als hätte man ihr allen Sauerstoff entzogen. Ich schnappte nach Luft, wie ein Fisch an Land und hatte trotzdem das Gefühl zu ersticken. Siedend heiße Tränen rannen mir über mein Gesicht und lautlose Schluchzer erzitterten neben den Höllenqualen meinen Körper. Vor meinem inneren Auge tauchte plötzlich ein Paar leuchtende Augen auf. Sie starrten mich feindselig an und schienen mich erdolchen zu wollen. Der Schmerz wollte kein Ende nehmen und meine Schreie und das Flehen verhallten wirkungslos in der Ferne.
Mit einem Mal löste sich der Druck von meiner Brust, von meinem ganzen Körper. Ich zog scharf die Luft ein, die wieder mit Sauerstoff angereichert zu sein schien. War ich etwa wieder...? Nein, oder? Ich betastete mit zittrigen Fingern meine Arme und umschlang danach meinen Oberkörper fest. Nichts schien auf eine erneute Verwandlung hinzuweißen, nur meine verschwitzten Klamotten, die ich zum Schlafen vergessen hatte auszuziehen, und mein rasendes Herz wiesen überhaupt auf eine Veränderung hin.
„Logan?", fragte ich nach einer Weile, weil ich es nicht mehr länger aushielt. „Logan?" Dieses Mal legte ich ein wenig mehr Verzweiflung in meine Stimme. „Was?", grummelte er hinter meinem Rücken. Der immer nette Logan konnte also auch mal nicht so freundlich sein. Plötzlich richtete er sich kerzengerade auf: „Allison?" Ich hörte, dass seine Stimme einen leicht panischen Unterton angenommen hatte.
„Es ist alles in Ordnung. Ich hatte nur einen Alptraum, aber ich wollte nicht, dass du dich erschreckst", entschuldigte ich mich bei ihm. Ich hörte, wie er deutlich die Luft ausstieß und sich dann wieder neben mich legte. Erst hörte ich gar nichts mehr von ihm und dachte schon enttäuscht, dass er ohne ein weiteres Wort wieder eingeschlafen wäre.
„Du zitterst ja am ganzen Körper!", stellte er dann jedoch bestürzt fest. Ehe ich mich versah, befand ich mich in seinen tröstenden Armen und wurde dicht an ihn herangezogen. „Willst du mir von deinem Traum erzählen?", murmelte er in meine Haare.
„Ich weiß nicht... Ich kann es ja versuchen", erwiderte ich, wobei mir der Gedanke daran, meinen Alptraum noch einmal durchkauen zu müssen, beinahe schlecht wurde vor Angst. Doch ich verließ mich darauf, dass Logan mich beschützte und auf mich acht gab. „Ich befand mich in einem Raum..."
Als ich meine Erzählung abgeschlossen hatte, spürte ich wie sich die kleinen weißen Härchen an meinem Arm, die sich während dem Reden aufgestellt hatten, wieder in ihre normale Position begaben. „Es war ja nicht nur ein Traum, alles was ich geträumt habe, habe ich davor schon gesehen. Ich habe meine Verwandlung noch einmal erlebt, was ich eigentlich nie wieder tun wollte."
„Ich kann dich gut verstehen, ich war auch mal ein Neuling. Aber Allison, du kannst deine Verwandlungen nicht abstellen." Als er bemerkte, dass sich Tränen in meinen Augen sammelten und mir die Sicht verschwamm, fuhr er schnell fort: „Du kannst lernen sie zu kontrollieren! Und mit jedem mal werden auch die Schmerzen weniger, weil sich dein Körper daran gewöhnt, die Form zu verändern. Glaub mir, bald wirst du dich sogar freuen, wenn du dich verwandeln kannst, weil es kein schöneres Gefühl gibt als durch die Natur zu rennen und nichts an."
Ich glaubte ihm kein Wort. Für mich war es unvorstellbar, dass ich mich je an die quälenden Schmerzen gewöhnen konnte, selbst wenn sie mit der Zeit nachlassen würden. Doch ich würde es akzeptieren müssen. Schließich konnte ich mich ja nicht ewig davor drücken.
Ich schniefte einmal kurz, dann kuschelte ich mich wieder an Logan, der seine Arme noch enger um mich schlang. „Kannst du mir noch ein bisschen mehr erzählen? Ich mein so vom College und vom Werwolfdasein allgemein. Gewöhnt man sich mit der Zeit daran?" Er überlegte kurz und dachte nach, was ich an den kleinen Fältchen erkennen konnte, die sich auf seiner Stirn bildeten.
„Also, um erst einmal auf deine Frage einzugehen... Ich denke schon, dass man sich gut an die Situation gewöhnen kann. Vor allem da du erst die schlechten, aber noch nicht die guten Eigenschaften dieses Lebens kennengelernt hast. Es gibt dennoch nur sehr wenige, die nicht hier aufgewachsen sind und so wie du brutal aus ihrem Leben in der Menschenwelt", bei diesem Wort verdüsterte sich kurzzeitig sein Blick, „Gerissen wurden. Ich zum Beispiel bin hier im Rudel zur Welt gekommen und aufgewachsen. So wird man eben auf die Verwandlung, die man etwa mit 18 Jahren das erste Mal erlebt, besser vorbereitet. Aber du kannst, trotz das du nicht von vorneherein hier warst, ein sehr guter Werwolf werden."
„Und was ist mit diesen Leuten, den hm... Menschen, die hier leben. Die, die mich anscheinend gefangen genommen haben?" „So genau weiß keiner, wo sie hergekommen sind oder wie sie her gefunden haben. Aber was jeder weiß und was uns auch seit unserer Geburt eingeprägt wurde, ist, dass sie abgrundtief böse sind." Ich dachte über meinen Aufenthalt im Labor nach und meine Gedanken wanderten wie automatisch zu Leo.
Die Trauer überrollte mich, ich hatte zwar nicht offiziell gehört, was mit ihm geschehen ist, jedoch sagte mir mein Gefühl, dass sie ihn umgebracht hatten und das wegen meinem Fehler. Warum hatte ich in diesem entscheidenden Moment nicht, meine Neugierde im Zaum halten können. Und Leo hatte mich sogar dann noch versucht zu beschützen. Ich schüttelte mich, da mich eine Welle an Kälte überkommen hatte.
„Nicht alle dort sind so schlecht wie du sagst!", entgegnete ich ihm. „Schließlich kannst du das schlecht beurteilen, du warst ja noch nie dort" „Ach, das heißt sie haben dich nicht festgehalten und schlecht behandelt?", fragte er mich, wobei ein scharfer Unterton in seiner Stimme lag. „Doch, aber sie hatten auch... Ach egal"? murmelte ich. Es hatte keinen Sinn mit ihm darüber zu diskutieren, weil sich seine Meinung nicht ändern würde, egal was ich sagte.
„Ich glaube", ich wurde von einem weiteren Gähnen unterbrochen, das mir Tränen in die Augen trieb, „Dass ich für heute genug gehört habe, was ich dann erst einmal alles verarbeiten muss." „Du solltest definitiv noch ein wenig schlafen, glaube ich. Wenn du morgen aufwachst, wird alles viel weniger schlimm sein, das verspreche ich dir!" Wenn er sich da mal nicht übernahm mit seinen Versprechen, doch ich lächelte ihn nur müde an und schloss die Augen. Weniger Zeit später war ich schon in einen tiefen, dieses Mal traumlosen, Schlaf gefallen.
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