(2/2) Durch die Nacht

Sie ließ das Wechselgeld in ihre Jackentasche fallen und bugsierte die kleine Wasserflasche in die andere. Wie er ihren Namen gesagt hatte - beinahe musste sie lachen. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht: Das Englisch in Irland war je nach der Gegend sicher gewöhnungsbedürftig und nicht so leicht zu verstehen. Schon ihr Name klang mit diesem starken irischen Akzent gesprochen völlig neu. Irgendwie gefiel ihr das.

"Ja ... yes", sagte sie und nickte ihm zu. "Emma Sperling, that' s me." Sie gab ihm ihre Hand, die er kräftig schüttelte. Er hatte nasse Finger und auch sonst war er ziemlich nass, es musste in Strömen regnen.

Als er nach ihrem Gepäck griff, wusste sie immer noch nicht genau, ob dieser Mann in der dunkelgrauen Steppjacke tatsächlich Mr. Ò Briain war, doch bevor sie ihn fragen konnte, klärte er es selbst auf. Zumindest verstand sie auf Anhieb so viel, dass er nicht ihr neuer Arbeitgeber war; aber er schien ihn zu kennen, denn aus seinem schnellen Reden hörte sie den Namen Ò Briain heraus. So wusste sie zumindest, dass sie nicht gerade in Begriff war, mit einem völlig fremden Mann mitzugehen. Dass ausgerechnet jetzt eine lange Durchsage aus den Lautsprechern kam, machte sein Englisch noch schwerer verständlich als es ohnehin war. Sie bemühte sich, mit ihm Schritt zu halten, während sie seinen Worten angestrengt lauschte. Der Blick aus seinen grauen Augen huschte zu ihr hinüber.

"Red ich zu schnell, Miss? Ah, das kann sein..." Er bemühte sich, deutlicher und vor allem langsamer zu sprechen. "Bin ein Cousin von Mr. Hagan Ò Briain. Flann Doyle." Als sie an die automatische Schiebetür kamen, ließ er sie voran gehen. "Unten im Ort, wo ich wohn'", rief er ihr in den Rücken, "da nennt man mich Doyle. Aber auch Flann könn' se sagen, mir ist's gleich. Ich bring ihm Holz. Und pack mit an, wenn was zu tun ist. Da werden se mich noch öfters sehen, denk' ich. Zwar nicht jetzt, im Winter, aber ab dem Frühling ganz sicher."

Draußen empfing sie pechschwarze Dunkelheit. Die spärliche weiße Beleuchtung hier und da machte sie noch dunkler und ließ den nieder strömenden Regen auch hier wie flüssiges Silber erscheinen.

Flann hatte wieder aufgeholt und lief jetzt neben ihr her. Nach einigen Metern wies er mit dem Kopf knapp auf eines der Fahrzeuge, die auf dem kleinen Parkplatz standen. "Da geht's lang, Miss, nach links. Der dunkle mit der Beule an der Seite is' meiner."

Unter den niederrauschenden Fluten liefen sie zwischen den wenigen Autos hindurch.
"Is jedenfalls ein netter Kerl, Ò Briain, also nur keine Sorge wegen ihm", fuhr der Ire lachend fort, als sie an dem urtümlichen Gefährt ankamen. Emmas Blick blieb an seiner Zahnlücke hängen. Er redete schon wieder zu schnell, vor allem nuschelte er. "Wir sind weniger Verwandte als Freunde, Hagan und ich, seit ewig schon, wissen se. Er is' in Ordnung. Wenn das jemand weiß, dann ich. Er is' nur einsam, seit... aber was red' ich da. Geht mich gar nichts an. Und Sie, junge Miss, eigentlich auch nicht, nehm' se 's mir nicht übel." Er öffnete den Kofferraum, wuchtete ihr Gepäck hinein und schlug die Klappe wieder zu. "Aber das finden se am besten selbst raus." Einen Moment hielt er inne, der plötzliche Ernst in seinen Augen passte nicht mehr zu der redseligen Stimmung, in der er eben noch gewesen war. "Natürlich nur... wenn se lang genug bleiben, Miss."

Ja, wenn, dachte sie. Seine Anmerkung war eigenartig. Aber wahrscheinlich hatte sein Cousin ihm erzählt, dass das neue Kindermädchen gerade eine Stelle vorzeitig verlassen und ihre Arbeit dort abgebrochen hatte. Vielleicht machte sie das in seinen Augen unzuverlässig. Aber das war jetzt egal, sie ärgerte sich nicht über diese Spitze. Vielleicht war es ja auch gar nicht so gemeint und einfach nur dahin gesagt. Wenn sie jetzt empfindlich wurde, machte sie sich den Neuanfang nicht leichter.
Ihr war kalt. Ihre Haare begannen sich voll zu saugen. Der aufkommende Wind schlug ihr die nassen Strähnen ins Gesicht. Flann kniff die Augen vor dem Regen zusammen. Von seiner Hutkrempe tropfte es. Während Emma fröstelnd den Kopf einzog, sah er immer noch über das Autodach zu ihr hinüber. Es sah aus, als überlegte er.

"Wenn ich ihn' zu was raten darf, dann nehm' se' s ihm nicht krumm, wenn er mal 'n bisschen still is', der Hagan", sagte er schließlich. "Oder knorrig. Er braucht, bis er auftaut. Er is' n feiner Kerl, aber er hat' s nicht leicht. Trotzdem... unsereins behandelt er wie' n Graf. Obwohl er ja nich' muss... hat ja nich' jeder so viel Bildung wie er. Er hat 'n gutes Herz, kann man nich' anders erklären." Sein Schmunzeln gab seinen Augen einen warmen Schimmer. "Er is schon auch was besseres, Miss. Nur lässt er 's niemand merken. Das is' das Feine an ihm. Und Sie, Sie sind jung, er wird ihn' schon nichts tun. "

Sie hatte vergeblich gewartet, dass er die Wagentüren öffnete. Sie waren gar nicht verschlossen gewesen. Sie bemerkte es, als Flann ihr sagte, sie könne aber ruhig schon einsteigen, es sei ja offen. Das hätte er erwähnen können! Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Er musste diesen Mr. Ò Briain so sehr schätzen, dass er sie dafür im Regen stehen ließ.
Aber sie wollte nicht kleinlich sein, es war in Ordnung. Dass er den Charakter seines offensichtlich bewunderten Verwandten in höchsten Tönen lobte, machte ihr irgendwie Mut. Wenn Flann nicht furchtbar übertrieben hatte, durfte sie zumindest ein wenig erleichtert sein. Er selbst war ganz offenbar ein einfacher Mann und besaß eine aufrichtige Natur, jedenfalls schloss sie das aus seinem Reden und Verhalten. Er war ein wenig konfus und er schien gerne von einem Thema aufs nächste zu kommen, aber bei alldem wirkte er freundlich und verlässlich. Er hatte sein Herz auf der Zunge, wie man sagte. Und was er ihr von Mr. Ò Briain erzählte, klang nicht übel. Nichts konnte sie nach ihrer Zeit mit Mrs. Saunders so wenig gebrauchen wie Leute, die sich für etwas Besseres hielten und auf andere herab sahen.

"Dann mal rein ins Trockene", rief Flann, schüttelte das Wasser von seinem Hut und warf sich ächzend auf den quietschenden Fahrersitz. Kaum hatte Emma den ausgeleierten Gurt gefunden und geschlossen, startete er den Wagen. Sie strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht. Wider Erwarten tuckerte der Motor zwar laut, aber zugleich auch beruhigend gleichmäßig. Das Geräusch erinnerte sie an einen Trecker.

Das Flughafengelände lag auf einer Landzunge; wie eine Insel ragte sie vor dem Festland ins tosende Meer hinaus. Auch wenn sie das Meer nicht sehen konnte, sie hatte es eben, als sie draußen am Wagen standen, riechen und hören können. Flanns Sprache forderte aber ihre Konzentration so sehr heraus, dass es ihr erst jetzt, als er schwieg, bewusst wurde. Es war da, das Meer. Aber es war noch nicht das Meer, das sie erwartete.

Rings um den kleinen Flughafen gab es keine weiteren Häuser; die nächsten Orte waren über die schmale Straße zu erreichen, auf die sie jetzt gelangten. Für Karten hatte Emma ein beinahe magisch gutes Gedächtnis; was sie auf ihrem Laptop von der Gegend gesehen hatte, stand ihr immer noch klar vor Augen. Sie hatte sich die Strecke zwischen dem Donegal Airport im Nordwesten und ihrem Ziel einigermaßen eingeprägt. Sie würden sich nun erst einmal Richtung Süden und ins Landesinnere bewegen, um die lang gestreckte Meeresbucht zu umfahren, die zwischen der Halbinsel Carrickfinn und einem Gebiet mit dem Namen The Rosses lag. Wie gut, dass sie sich mit der Strecke vertraut gemacht hatte; sonst hätte sie womöglich befürchtet, dass man sie in eine völlig andere Gegend entführte.

Als sie die Lichter des Flughafens hinter sich ließen, hatte sie das Gefühl, von einem Augenblick zum nächsten von der nachtschwarzen Finsternis aufgesaugt zu werden. Nur das blasse Licht der Scheinwerfer schaukelte vor ihnen auf der unebenen Straße. Jenseits davon gähnte eine Schwärze, wie sie sie noch in keiner Nacht erlebt hatte. Der Regen tat sein Übriges, er trommelte auf das Dach des altersschwachen Wagens. Im matten Licht vor ihnen gingen wahre Sturzbäche nieder, sie schätzte die Sicht auf keine drei Meter.

Die ganze Zeit über hatte sie geschwiegen. Bei Flanns Redefluss wusste sie gar nicht, was sie sagen sollte; krampfhaft suchte sie nach einem freundlichen Thema, das sie anschneiden konnte. Jetzt, wo er seine Rede beendet hatte, fiel ganz sicher auf, dass sie noch immer absolut keinen Mucks von sich gab. Um nicht für unhöflich oder verstockt gehalten zu werden, wollte sie sich lieber etwas einfallen lassen. Innerlich verzweifelte sie ein wenig; das waren Situationen, die sie hasste. Smalltalk war noch niemals ihre Stärke gewesen. Da standen hundert Fettnäpfe bereit, in die man garantiert mit dem Gesicht zuerst fiel, wenn man Emma Sperling hieß.

Ihr Fahrer hatte offensichtlich bemerkt, dass er sie gar nicht zu Wort kommen lassen hatte; während die Lichter hinter ihnen immer kleiner wurden, sah er sie zweimal von der Seite an. Als er schließlich die Stille zwischen ihnen beendete, zuckte Emma zusammen. Sie hatte gewusst, er würde versuchen, eine Unterhaltung zwischen ihnen in Gang zu bringen. Lass ihn laut und deutlich reden, betete sie insgeheim, denn das Heulen des Motors und der prasselnde Regen würden es nun wohl noch schwerer machen, ihn zu verstehen. Aber Flann schien sich jetzt wesentlich mehr auf sie einstellen zu wollen, er redete in mäßigem Tempo und bemühte sich hörbar um ein weniger gälisch gefärbtes Englisch.

"Is' ok, dass ich se abhol'... und nicht Hagan Ò Briain, Miss? Wollt' mal vorsichtshalber gefragt haben... Nicht, dass se denken, ich entführ' se jetzt. Man hört ja schlimme Sachen."

Das war ihr Gedanke gewesen. Jetzt musste sie doch lachen, was ihre Anspannung ein wenig löste. "Oh nein, das ist in Ordnung ... Mr. Doyle ... Flann. Sie wissen meinen Namen und dass ich aus Deutschland komme. Und dass ich auf Mr. Ò Briain gewartet hatte. Das ist Beweis genug, dass alles ist, wie es sein soll." Sie wandte sich zu ihm und erwiderte sein Lächeln.

"Und? Schon mal auf der Grünen Insel gewesen?" Er schien sich unbedingt mit ihr unterhalten zu wollen.

"Nein", sagte sie und war froh, dass er nun ein Thema aufbrachte, das sie leichter bedienen konnte. "Noch niemals. Ich bin sehr gespannt, was es morgen früh zu sehen gibt, wenn es hell ist... Die Bilder, die man über Irland findet, sind wunderschön. Vom Norden - und insbesondere im Winter - habe ich bisher aber nur wenige gesehen."

Beinahe hätte sie aufgeschrien, als Flann plötzlich und ohne Vorwarnung das Steuer herum riss und der Wagen in waghalsiger Geschwindigkeit eine scharfe Linkskurve nahm. Er drosselte das Tempo nicht, sondern folgte einfach den Windungen, wie sie kamen, den Fuß auf dem Gaspedal. Die Fliehkraft hatte sie unangenehm gegen ihren verwegenen Fahrer geworfen. Es war ein Wunder, dass sie bei dem Regen nicht ins Schleudern kamen.
"Sorry, Miss, 's sind die Kurven", entschuldigte er seinen Fahrstil knapp.

Emma rappelte sich zusammen und straffte ihren Gurt ein wenig mehr. Als sie wieder aufrecht saß, bemerkte sie, dass es ihr die Wasserflasche aus der Tasche gedrückt hatte. Sie öffnete sie vorsichtig und wartete die nächste Kurve ab. Als sie hindurch waren, trank sie schnell einige Schlucke.

Entgegen ihrer Kenntnisse über die Strecke entschied sie, ihm diese nicht zu offenbaren - sie wollte die Möglichkeit nutzen und ihm Fragen zum Weg und zur Gegend stellen. So würde sie nicht krampfhaft nach immer neuen Themen suchen müssen, nur damit er nicht dachte, sie sei unhöflich oder würde nicht wissen, wie man sich mit einem Fremden unterhielt. Die erste Frage, die man wohl auf einer Fahrt wie dieser stellte, ergab sich beinahe von selbst.
"Ist es sehr weit vom Flughafen bis zu...?"

"Zum Horn Head?" Er wiegte den Kopf hin und her. "Kommt immer aufs Wetter an und ob wir stecken bleiben, Miss." Er warf ihr einen kurzen Blick zu, bevor er sich wieder auf die Straße konzentrierte. "Der Wagen is alt. Momentan spinnt er." Er lachte. "Aber nur, wenns regnet."

"Na dann", entgegnete sie resigniert, "das klingt ja beruhigend."

"Das war 'n Scherz, Miss." Er zwinkerte. "Wenn wir hier oben keine Scherze über's Wetter machen würden, wir würden den Winter im Norden nich' überleben, glauben se mir."

Ihr war nicht zum Lachen zumute. Im Augenblick konnte sie sich noch überhaupt nicht vorstellen, dass sie jemals irgendwo ankommen würden. Damit die Zeit herum ging und weil Schweigen peinlicher als Reden war, fragte sie Flann nun Löcher in den Bauch. Ob er schon immer im Norden lebte, ob man bei Tageslicht auf dieser Strecke die Bucht sehen könnte und ob im Winter mit viel Schnee zu rechnen war. Sie erkundigte sich auch nach seiner Familie und erfuhr dabei, dass er einen Sohn und drei Töchter hatte; bis auf eine Tochter, die einen Engländer geheiratet hatte und in Blackpool lebte, waren alle nach Dublin gegangen, weil es in Donegal keine Arbeit für sie gab. Er selbst hielt ein paar Tiere, Rinder und Schafe - und sie erzählte ihm, dass ihre Tante sie eingeladen hätte, in Griechenland zu leben und dass sie sich aber für den Job in Irland entschieden habe.

"Also, Sie sind schon 'n verrücktes Mädchen, Miss, wenn ich so sagen darf." Er schüttelte seinen grauen Kopf. "Schmeichelt uns ja, dass se uns vorgezogen haben. Aber sind se da ganz sicher? Ich mein', die Sonne und all das..." Er wies durch die Scheibe und  in die Dunkelheit hinaus. "Und seh'n se, was wir Ihn' hier bieten können? Nichts als karges Land, Kälte und Nebel. Zieh' n se sich warm an, Miss, wenn se hierbleiben wollen. Der Wind is'rau und die Nässe kriecht einem in die Knochen." Er lachte auf. "Aber wenn se sich gut unterhalten woll'n, wenn se Sinn für gute Stories hab' n, dann schnappen se sich 'nen Iren und lassen sich unsere Geschichten erzähl'n. Mit Geschichten sind wir die Besten, das schwör' ich. Die krieg'n se nirgendwo sonst."

Sie fuhren jetzt über eine Brücke und überquerten den nördlichen Zipfel des Lough Moorlagh. Von dem langgestreckten See konnte man in der Dunkelheit und bei dem Regen nicht viel erkennen. Weiter ging es Richtung Annagry, wo Emma zum ersten Mal Abzweigungen, Häuser, ausreichend helle Straßenlaternen und eine Tankstelle sah. Sie überholten ein oder zwei Autos und einen Mann, der seinen Hund ausführte. Dann war der Ort  zuende und es ging weiter auf der R259, einer zweispurigen, aber schmalen Straße, an deren Seiten immer wieder weiß getünchte kleine Häuser auftauchten. Sie schienen einfach so in der Landschaft zu stehen, Umzäunungen oder Gärten gab es nicht.

Weitere winzige Ortschaften folgten, dazwischen lag immer wieder nur Schwärze und Landschaft, die Emma mehr erahnen als sehen konnte. In Sichtweite musste es höhere Berge geben; ein weiteres Mal verfluchte sie den Umstand, dass sie die gesamte Strecke bis zum Horn Head im Stockdunkeln fahren würden. Sie war zu neugierig, die Gegend, die sie in den letzten Tagen nur auf Fotos gesehen hatte, auch einmal in natura zu erleben.

Die Straße wand sich immer wieder durch flache Täler und Höhen, es war aber mehr zu spüren als dass man da draußen irgendetwas sah. Das Land war ebenso finster wie der Himmel, und auch, als es zu regnen aufhörte und die Sicht besser wurde, hob sich das eine vom anderen nicht ab. Sie schwiegen jetzt. Im Wagen wurde es endlich wärmer, vielleicht hatte sie sich aber auch nur an die klamme Kälte gewöhnt. Bald mussten sie auf die N56 gelangen, die sie auf einer Karte im Internet verfolgt hatte - und richtig, sie entdeckte eine Ausschilderung, und nachdem sie eine von Wald durchzogene Gegend hinter sich gelassen hatten, wechselte nicht nur die Bezeichnung der Straße, sondern auch die Richtung. 

Es ging nun stetig nach Norden. Ihre Erinnerung sagte ihr, dass es auf der rechten Seite eine wilde Bergkette geben musste. Die Büsche und Bäume neben der Straße wechselten jetzt über Kilometer mit struppig bewachsenem Boden ab. Immer wieder durchquerten sie winzige Ortschaften, die jedes Mal aus kaum mehr als drei bis fünf Häusern, einer Tankstelle und einer Kirche bestanden - und schon ging es wieder in die wilde, pechschwarze Finsternis hinein, in der man im Licht der Scheinwerfer nur große Ansammlungen von Büschen sowie einige zerklüftete Hänge ausmachen konnte.

Das Land stieg fortlaufend an; so wenig sie auch von der Gegend erkennen konnte, es war am Druck in den Ohren zu spüren. Ein Radio schien nicht zu Flann Doyles Ausstattung zu gehören. Musik hätte die Fahrt wesentlich unterhaltsamer gemacht.
Während der Ire leise vor sich hin summte und der Motor dazu wie ein unermüdliches Uhrwerk tuckerte und brummte, hatte Emma alle Mühe ihre Augen offen zu halten. Immer wieder fielen sie ihr zu - bis sie ihrer Müdigkeit nachgab, ihrem Fahrer vertraute und sich in einen seichten Schlaf fallen ließ. Bilder zogen unter ihren Augenlidern vorbei. Dunkle Wälder waren da, eine Klippe, irgendwelche Leute. Gesichter. Tante Moni, die ihr winkte und in ihrem Kopf sprach, sie hätte besser nach Griechenland kommen sollen. In die Sonne, sagte sie, in die Sonne. Griechenland war gleißend hell und warm, luftig und entspannt. Und Donegal so dunkel und schwer. Da waren Schatten, Bäume. Graue Mauern. Eine dünne, kindliche Stimme, die ein Lied sang.

Strange news is come to town, strange news is carried...

Ende Teil 8


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