56

Beverly

„Was meinst du mit Es wird nicht heilen?", fragte Aidan mit versteinerter Miene.

„Erinnerst du dich an die Wunde an meinem Bein? Oder die an meinem Hals?" Ich drückte das Tuch noch ein wenig fester um Addie's Arm, und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. „Das sind Wunden, die nie von alleine vollständig heilen werden, und auch Dämonen können das nicht einfach so bewerkstelligen. Schon gar nicht schnell genug, um Addie..."...zu heilen, bevor sie verblutet.

„Wenn wir nichts machen, wird sie sterben. Beverly." Aidan sah mich eindringlich an. Seine Worte kamen nicht ganz bei mir an, und ich war mir nicht sicher, ob er sie überhaupt selbst verstand. Addie war bereits nicht mehr ansprechbar und unsagbar blass im Gesicht. Das altbekannte Gefühl von Blut auf meinen Händen und der metallische Geruch, jagten mir einen Schauer über den Rücken. Mir wurde übel.

„Das Einzige, das ihr helfen kann, ist Dämonenblut, aber das hab ich nicht." Es hieß, man solle in solchen Situationen Ruhe bewahren. Ich wusste nicht, wie Aidan das hinbekam, aber ich wurde von Sekunde zu Sekunde unruhiger, und nervöser. Aber er gehörte offenbar zu den Personen, die umso ruhiger wurden, je stressiger die Situation wurde. Ich zwang mich durchzuatmen, und meine Gedanken zu sortieren. Addie lief die Zeit davon, und die einzige Person, die vielleicht im Besitz von Dämonenblut war, war Gott weiß wo. „Wo ist Chase?"

Aidan zog die Augenbrauen zusammen, und sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. „Keine Ahnung, bei... einer Frau, vermutlich?"

„Verdammt, ruf ihn an, und bete, dass er abhebt!" Sein Handy lag im Schlafzimmer, und er konnte Addie's Arm nicht einfach loslassen, das hätte den Druck vermindert, also rutschte ich nach oben, zu Addie's Kopf, um beide Wunden so gut wie möglich zuzudrücken, während er in sein Zimmer hastete. Ich schickte Stoßgebete in den Himmel. Wir hätten sie heute nicht alleine lassen dürfen. Wir hatten beide gewusst, dass es ihr nicht gut gegangen war. Aidan erschien wieder in der Türe, mit dem Handy am Ohr, und kniete sich neben Addie.

„Verdammt!" Frustriert ließ er das Telefon sinken, als auch nach weiteren Sekunden keiner abhob.

„Versuchs bei Trish!", drängte ich. Er wählte ihre Nummer, klemmte sich das Handy zwischen Schulter und Ohr, und drückte zwei Finger gegen Addie's Hals, um ihren Puls zu fühlen. Ich musste keine Ärztin sein, um selbst zu wissen, dass er bestimmt viel zu schwach war. Aidan sah nicht gerade glücklich aus, aber er nickte mir zu, und gab mir zu verstehen, dass sie noch lebte. Ihr Brustkorb hob und senkte sich kaum merklich. Ich lauschte ganz genau, ob Trish ans Handy ging. Nach dem vierten Klingeln nahm sie den Anruf entgegen, und ich atmete erleichtert auf. Vielleicht wusste sie, wo Chase war. Sie musste es einfach wissen.

„Wo ist Chase?", fragte Aidan, noch bevor Trish die Gelegenheit hatte, ihn auf die Uhrzeit aufmerksam zu machen. Sie brauchte ein paar Sekunden. Sekunden, die Addie nicht hatte.

„Nicht ganz zufällig: Neben mir", entgegnete sie genervt. So ein Schwein muss man mal haben. Mir fiel ein Stein vom Herzen.

„Gib ihn mir, sofort!" Es dauerte erneut einige Sekunden.

„Alter, es ist mitten in der Nacht."

„Addie hat versucht sich umzubringen!"

„Was?" Jetzt war Chase mit Sicherheit wach. Ich winkte nach dem Handy und Aidan reichte es mir, während er vorsichtig wieder die Tücher um ihren linken Arm festdrückte.

„Chase, sie hat sich die Pulsadern mit Dämonenglas aufgeschnitten. Addie braucht Dämonenblut, jetzt, sonst stirbt sie!"

Ich hatte nicht die Zeit, darüber nachzudenken, wo zur Hölle sie das Dämonenglas überhaupt her hatte. Hatte sie wirklich Chase Zimmer auf den Kopf gestellt, um eines zu finden? Ich ging nicht davon aus, dass er seine Messer einfach so auf dem Schreibtisch herumliegen hatte.

Chase klang verwirrt, und angespannt. Panik schwang bestimmt auch in seiner Stimme mit. „Ich hab keins mehr! Das letzte, das ich hatte, habe ich dir gegeben!" Natürlich! Jetzt war nun wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, mir Schuldgefühle aufzudrängen, oder? Ich wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass Addie verblutete, weil Chase mir das letzte bisschen Dämonenblut gegeben hatte, das in seinem Besitz gewesen war. Es war kurz still in der Leitung, und es klang, als würde Trish etwas sagen.

„Trish hat noch Dämonenblut, ich bin gleich da."

„Beeil dich!", bemerkte ich noch, bevor ich das Handy zwischen mich und Aidan legte. Wir warfen einander Blicke zu, von denen ich nicht ganz sicher war, was sie zu bedeuten hatten. Ich konnte kaum an etwas anderes denken, als daran, Addie's Wunde zuzuhalten, und selbst weiter zu atmen. Erst als es still zwischen uns wurde, merkte ich, wie sehr mein Herz raste, und wie mir heiß und kalt gleichzeitig war. Mir blieb kurz Zeit, um mich im Bad umzusehen. Wir befanden uns in Mitten eines blutigen Chaos. Am Waschbecken lag noch das Messer aus blauem Glas, von dem Blut tropfte. Addie lag in einer Blutlache, und ich fragte mich, wie viele Liter Blut sie wohl verloren hatte, und wie viel ein Mensch verlieren konnte, bevor er starb. Auch vom Waschbecken rann die rote Flüssigkeit herunter, und es sah aus, als hätte sie versucht, sich am Rand der Kommode abzustützen, wäre aber wegen ihrer blutverschmierten Hände abgerutscht, und zu Boden gefallen. Zerknitterte Handtücher lagen um uns verstreut.

Je länger wir da saßen, um Addie's Wunden zuzudrücken, desto schlimmer wurde es. Aidan brauchte ein weiteres Tuch, das er um ihre Wunde wickeln konnte. Ich schloss meine Augen, und versuchte mich auf ihren Herzschlag zu konzentrieren. Einen so schwachen Herzschlag, hatte ich erst einmal gehört. Als ich das Messer in seinen Rücken gestoßen, und darauf gewartet hatte, dass er zu Boden sank. Ich war so lange geblieben, bis er gestorben war, bevor ich weggelaufen war.

„Sie stirbt", sagte Aidan plötzlich, und riss mich aus meinen Gedanken. Er sah aus leeren Augen auf seine Schwester hinab. Vermutlich verstand er gar nicht, was hier passierte. Ich schüttelte heftig den Kopf.

„Sie stirbt nicht", sagte ich so überzeugend wie möglich. Ich ging nicht davon aus, dass er mir glaubte, schließlich glaubte ich mir selbst kaum. Das Dämonenblut würde zwar ihre Wunden heilen, die Frage war nur, ob sie nicht bereits zu viel Blut verloren hatte, um zu überleben. Und, ob sie überhaupt durchhalten würde, bis Chase hier sein würde. Ich vertrieb meine düsteren Gedanken. So durfte ich nicht denken. Auf keinen Fall. Addie würde es schaffen. Denn wenn nicht, dann... Es war einfach unvorstellbar.

Es dauerte noch einige Minuten, bis Chase kam. Er rannte zu uns, und hatte eine kleine Holzbox dabei.

„Oh mein Gott", sagte er, als er das Chaos im Bad sah, und mich und Aidan, neben Addie's reglosem Körper.

„Ja, das scheint die allgemeine Meinung zu sein", bemerkte Aidan, und hätte mich zum Lachen gebracht, wenn die Lage nicht so ernst gewesen wäre. Chase stellte die Holztruhe auf dem Boden ab, und setzte sich neben mich. Ich hätte meinen Hintern darauf verwettet, dass diese Truhe unfassbar alt war, und mindestens so kostbar, wie der Inhalt selbst. Das erkannte ich an den Symbolen, die in das dunkle Holz gebrannt und geschnitzt waren. Sie alle hatten den Zweck, etwas einzuschließen. Chase öffnete die Box. Überrascht stieß ich den Atem aus, als ich zehn kleine Fläschchen Dämonenblut, auf rotem Samt gebettet zählen konnte.

„Woher hat Trish so viel Dämonenblut?"

„Von mir", erwiderte Chase knapp, während er eines der Fläschchen öffnete. Ein unangenehmer Geruch breitete sich augenblicklich aus.

„Und woher hast du so viel-" Ein einziger Blick von ihm genügte, und mir wurde schlagartig bewusst, dass es das Blut seiner Schwester war. Unter anderen Umständen, hätte ich ihm sicher eine Moralpredigt gehalten, aber eigentlich musste ich froh sein. Dieses Zeug, würde Addie hoffentlich das Leben retten. Bei dem Gedanken daran, dass ich das Blut seiner Schwester getrunken hatte, drehte es mir den Magen um. Chase nahm Addie's Gesicht in seine Hände, und versuchte den Inhalt eines Fläschchens in ihren Mund zu tröpfeln.

„Wie lange dauert das?", fragte Aidan. Ich sah ihn stumm an. Wenn es funktionieren sollte, würde es ein wenig Zeit in Anspruch nehmen.

„Ich werde rausgehen", sagte Chase und warf Addie einen verletzten und besorgten Blick zu. Er wäre lieber bei ihr geblieben, das war mir klar, aber das Dämonenblut war jetzt in ihrem Körper. Vaya musste dafür sorgen, dass es wirkte, und er würde sich nicht in Addie's Nähe wagen, noch weniger in ihren Körper, solange ein Jäger in der Nähe war. Er wandte sich an mich. „Wenn Vaya es nicht schafft, dann gib ihr mehr Dämonenblut." Ich nickte. Widerwillig stand er auf, und ging aus der Wohnung, aber ich wusste, dass er direkt vor der Türe wartete.

Sofort spürte ich Vayas Anwesenheit. Mir fiel auf, dass Aidan noch nie einen Dämon gesehen hatte. Hoffentlich würde ihn das nicht allzu sehr schockieren.

„Vaya ist hier", bemerkte ich, als ich seine Anwesenheit so deutlich spüren konnte, wie in meinem Haus damals. Mein Dämon drückte sich eng an mich heran, während sich kleine schwarze Rauchschwaden filigran durch die Luft bewegten. Ganz langsam und zart, so wie der Qualm von Addie's Zigaretten. Es wurde mehr und mehr, und er formte sich, wie auch beim ersten Mal zu einer hochgewachsenen, hageren Kreatur. Er trug die schwarzen Rauchschwaden, wie einen Schleier. Vaya stand mit den Rücken zu uns, während er sich in seiner Gestalt manifestierte. Ich linste zu Aidan, um seine Reaktion zu erhaschen. Er betrachtete Vaya mit großen Augen, allerdings sah er alles andere als schockiert aus. Viel eher fasziniert, was mich ein klein wenig verstörte. Ein eigenartiger Blick lag in seinen Augen. Er wirkte, ähnlich wie Addie, beinahe hypnotisiert.

Als Vaya sich umdrehte, sog ich scharf die Luft ein, und mein Herz setzte für einen Schlag aus. Seine Augen waren nicht länger rot. Nein, sie strahlten in einem kräftigen Goldton. Ich hatte noch nie einen Dämon, oder seinen Menschen, mit dieser Augenfarbe gesehen. Auf mich wirkte sie, wie die Augenfarbe eines Tigers, oder Löwen. Würde Vaya mir jedes Mal einen Schock verpassen, wenn wir uns sehen würden? Wann war Addie's Seele gebrochen worden? Lag es wirklich daran, dass sie keine Kinder mehr bekommen konnte? Nach allem, was ich über Addie wusste, hätte es mich nicht gewundert, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich dieses Mädchen, davon hätte unter kriegen lassen sollen. Ich hatte keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, denn Vaya kam auf uns zu. Er betrachtete Addie, und gab einen Schrei von sich, der Aidan und mich zusammenzucken ließ. Mein Dämon drückte sich noch näher an mich. Es wäre ihm lieber gewesen, ich wäre so schnell ich konnte, von hier verschwunden.

Vaya war wütend. Er war wütend, dass Addie versucht hatte ihn zu verlassen. Ihn zurück in die Hölle zu schicken. Würde sie sterben, ohne dass Vaya an eine andere Person gebunden wäre, würde er wieder in der Hölle landen. Sein Blick glitt zu mir, und mit einem Mal war er dicht vor meinem Gesicht, und betrachtete mich eingehend. Er roch meinen Dämon. Er sah meinen Dämon. Er spürte meine Angst. Ich versuchte das Zittern zu unterdrücken, und Vaya nicht in die Augen zu schauen. Seine Augen hatten etwas Gefährliches an sich, mit dem ich mich nicht anlegen wollte. Ich wollte mich auch nicht mit seinen langen spitzen Zähnen anlegen, oder den scharfen Krallen, wenn ich ehrlich war. Vaya schien ergründen zu wollen, ob ich dafür verantwortlich war, dass Addie versucht hatte sich umzubringen.

„Ist dir das wirklich wichtiger, als sie zu retten?", fragte ich bitter. Meine Stimme zitterte, aber es war mir egal. Vaya stieß wütend den Atem aus. Dann wandte er sich von mir ab. Ich atmete auf. Anders als mein Dämon es jedoch bei mir getan hatte, fuhr Vaya nicht in Addie's Körper. Er schwebte über ihr, und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Die Schulter, die er bereits zweimal verletzt hatte. Jetzt waren es drei. Hatte er ein Faible für Schulterverletzungen? Offenbar fand er nicht, dass Addie schon genug Blut verloren hatte, denn er stieß seine Krallen in sie und begann aus der Wunde an ihrer Schulter zu trinken. Mir wurde noch schlechter, und ich wandte den Blick ab, bis Vaya einen erneuten Schrei von sich gab. Ich spürte, wie sich eine Macht um Addie's Körper legte. Die Macht fühlte sich ähnlich kalt und gefährlich an, wie die, als mein Dämon mich mit dem Dämonenblut geheilt hatte.

Vaya wandte sich wieder von Addie ab, aber seine Macht wirkte weiterhin. Mir wurde bewusst, wie viel stärker er war, als mein Dämon. Es kostete mich eine Menge Überwindung, tatsächlich hier sitzen zu bleiben, während Vaya mich in Sekunden hätte töten können. Vaya drehte sich zu Aidan, und mein Körper spannte sich an. Mein Dämon warnte mich davor, etwas Dummes zu tun, aber wenn Vaya Aidan angreifen würde, würde ich dazwischen gehen.

Doch Vaya tat nichts dergleichen. Er betrachtete Aidan einfach. Er sah beruhigt aus. Zufrieden. Stolz. Aidan sah mit derselben Faszination zurück. Er schien sich nicht unwohl zu fühlen. Ganz im Gegenteil. Die beiden starrten einander mehrere Minuten an, und ich war mir nicht einmal sicher, ob Aidan überhaupt wusste, dass er gerade einen Todesdämon betrachtete, als sei er das faszinierendste Geschöpf auf Erden, und dieser ihn ganz offensichtlich zu mögen schien. Irgendwann wandte Vaya sich abrupt ab, um nach Addie zu sehen. Aidan blinzelte verwirrt, als wäre ihm jetzt erst aufgefallen, dass er lange in derselben Position verharrt war. Er bemerkte meinen irritierten Blick, und konterte diesen mit einem besorgten. Er wusste selbst nicht, was hier vor sich ging.

Vaya gab ein aufforderndes Geräusch von sich, und sah erst mich, und dann das Dämonenblut an. Addie brauchte mehr. Also tat ich es, wie Chase, und träufelte ihr das widerlich riechende, schwarze Zeug in den Mund. Es vergingen noch einige Minuten, in denen Vaya seine Aufmerksamkeit ganz allein Addie schenkte. Irgendwann nahm ich vorsichtig die Tücher von ihrem Arm. Die Wunde war fast verheilt. Zumindest blutete sie nicht mehr. Offene Schnitte zogen sich über den Arm, aber die würden bald verheilen. Sie hatte sich zwei Mal an ihrem linken Arm geschnitten. Als Aidan die improvisierten Verbände von ihrem rechten Arm zog, sah ich, dass sie sich auch dort zwei Mal geschnitten hatte. Sie hatte offenbar sicher gehen wollen. Vaya hatte vielleicht ihren Körper geheilt, aber ihre Seele war gebrochen, und sie hatte versucht sich umzubringen. In meinem Kopf ratterte es schon die ganze Zeit, wie ich ihr helfen können würde.

Bevor Vaya verschwand, wandte er sich noch einmal an Aidan. Diesmal sah er ein wenig verunsichert zurück, aber er musste nun wirklich nichts zu befürchten haben. Wenn Vaya ihn vorhin nicht bedroht hatte, würde er es auch jetzt nicht tun. Vaya gab ein gurrendes Geräusch von sich, und löste sich dann schleichend in Luft auf. Ungläubig sah ich zu Aidan.

„Was war das denn?", fragte er, leicht verstört.

„Das..." Ich brauchte einen zweiten Anlauf. Ich war zu verwirrt. „Das war... ein Zeichen der Zuneigung", sagte ich langsam. „Damit unterwerfen sich Dämonen gewissermaßen." Aidan sah mich irritiert an. Ich fühlte mich noch viel geschockter, als er. Das war mal sicher. Ihm war wahrscheinlich nicht bewusst, wie selten sich ein Dämon einem Menschen unterwarf. Es kam so gut wie nie vor. Mein Dämon hatte sich mir jedenfalls nie unterworfen. Aus seiner Sicht, stand ich unter ihm. Ein kleiner, wertloser, schwacher Mensch. Warum sollte Vaya Aidan eine solche Geste zukommen lassen, wenn er doch an Addie gebunden war? Das ergab für mich absolut keinen Sinn. Ich hatte gedacht, Vaya hätte Rose damit gedroht, Aidan zu verletzen, hätte sie sich nicht von ihm getrennt. Und jetzt unterwarf er sich ihm? Hatte Rose gelogen? Wäre immerhin nicht das erste Mal gewesen, dass sie etwas verschwieg, oder? Vaya war mächtig. Er hatte es nicht nötig, sich jemandem zu beugen.

Die Wohnungstüre wurde aufgerissen und Trish stürmte herein. Sie musste gespürt haben, dass Vaya weg war. Chase folgte ihr.

„Geht es ihr gut?", fragte Trish. Sie war mindestens so blass wie Addie, und auch Chase sah uns unruhig an.

„So gut, wie es ihr eben gehen kann", bemerkte ich erschöpft.

Addie war noch nicht wieder bei Bewusstsein, aber sie würde nun alle Ruhe brauchen, die sie kriegen konnte. Aidan und ich standen auf, um unsere steifen Muskeln und Knochen zu lockern, während Trish und Chase versuchten das Blut mit feuchten Tüchern notdürftig von Addie's Körper zu waschen. Sie bandagierten ihre Arme, damit die Wunden heilen können, und nicht wieder aufreißen würden. Dann brachte Chase sie auf ihr Zimmer, während Trish damit begann das viele Blut aus dem Bad zu wischen. Ich nahm eines der Handtücher, und griff damit vorsichtig nach dem Dämonenglas. Mir wäre nichts passiert, wenn ich es am Holzgriff genommen hätte, aber gerade heute, nach allem was passiert war, wollte ich dieses Messer nicht berühren. Ich hielt es unter laufendes Wasser, und rieb es trocken.

Als Chase zurückkam hielt ich es ihm hin. „Versteck deine Waffen besser." Ich versuchte wirklich, nicht anschuldigend zu klingen. Aber es war durchaus auch seine Schuld gewesen. Wir alle waren ein Rädchen im Getriebe. Er nickte, und verschwand kurz in seinem Zimmer.

Trish uns ich redeten nicht, während wir das Blut von der Kommode wischten, aber das war auch nicht nötig, um zu wissen, was wir dachten. Addie's Wunden waren vielleicht geheilt, aber sie hatte sich umbringen wollen.

Und ich war mir nicht sicher, ob sich das durch unser Eingreifen geändert hatte.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top