51.
In der ersten Viertelpause ist unser Team leicht in Führung, was vor allem Wes, Ash und Shadow zu danken ist. Sie spielen wunderbar gemeinsam, was vielleicht auch daran liegt, dass sie sich außerhalb des Feldes hervorragend vertragen. Nicht, dass es irgendetwas zu bedeuten hätte. Das Spiel wird noch eine Weile dauern und im Basketball braucht es teilweise nur Sekunden, um die ganze Geschichte zu ändern. Cass und Ed haben endlich begonnen, sich wieder über Gott und die Welt zu unterhalten, während Ruby und Camila irgendein belangloses Gespräch über die Spielzüge und so weiter.
Gerade, als ich mich bei ihnen einklinken will, vibriert mein Handy in der Hosentasche.
Bist du auch beim Spiel?, will Mom wissen und ich kann von hier sehen, dass sie sich nach mir umsieht. Ich lächle leicht und tippe ein Ja. Ich bin vier Reihen weiter oben als du.
Wenige Sekunden später brummt mein Handy erneut und ich mein Lächeln wird breiter. Mom ist eine von den wenigen Menschen, die im Eltern-Alter sind und trotzdem ein Hand benutzen können.
Kommst du runter?
Ich beiße mir auf die Lippen, aber eigentlich spricht nichts dagegen. Ed und Cass kommen gut ohne mich aus, und Ruby und Camila werden mir es bestimmt nicht übel nehmen, wenn ich zu meiner Mutter runtergehe.
Klaro.
Dann tippe ich Cami kurz auf die Schulter.
»Ich geh mal runter zu meiner Mom«, informiere ich sie, worauf sie und Ruby nicken.
»Okay. Kommst du nachher wieder hoch?«, will Rubs wissen und sieht mich fragend an.
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich schon. Aber ich bin auf jeden Fall dabei, wenn wir ins Diner gehen. Das lasse ich mir ganz bestimmt nicht entgehen.«
Ich wackle anzüglich mit den Augenbrauen und da sie beide die Anspielung auf Ed und Cass verstanden haben, beginnen sie nur zu lachen.
»Alles klar. Man sieht sich dann.«
Ich nicke ihnen noch kurz zu, ehe ich zu Mom runtergehe, wobei ich dann direkt neben ihr sitze, als das zweite Viertel angepfiffen wird. Sie drückt mir kurz einen Kuss auf die Wange und sieht mich glücklich an, was ich mit einem nicht ernst gemeinten Augenrollen quittiere.
Als die Halbzeit gepfiffen wird, ist die Queenston High noch immer in Führung, auch wenn es nur wenige Punke sind, die da die Grenze bilden. Die Water High könnte mit ein paar guten Kontern schon ausgleichen. Aber sie spielen fair und vielleicht ist das der Grund, dass ich sie irgendwie so sympathisch finde.
Mom und Janes Mom haben die ganze Zeit über gesprochen, während Jane irgendwie gar nicht zum Spiel erschienen ist. Nur Shadows Dad sitzt noch zusätzlich bei der Gruppe von Eltern, wo ich gerade ebenfalls bin. Aber er hat bisher kein Wort gesagt. Er hat seinem Sohn einfach aufmerksam beim Spielen zugesehen.
»Möchtest du etwas zu Essen?«, will Mom wissen und unterbricht dabei ihr Geplapper mit Janes Mutter kurz. Sie planen wahrscheinlich, zum Pausenkiosk zu gehen. Und ja, wir haben tatsächlich geschafft, so etwas zu organisieren.
»Nein, danke.« Ich habe momentan nicht so richtig Hunger und ich möchte mir meinen Appetit nicht verderben.
»Mr. Quinn?« Er schüttelt den Kopf.
»Okay. Dann gehen wir mal kurz, solange es vielleicht noch keine so lange Schlange hat«, informiert mich Mom, worauf mir beinahe die Augen aus dem Kopf fallen. Lässt sie mich gerade ernsthaft alleine mit Shadows Dad?
Mit dem Typen, der mir mein Handgelenk ziemlich übel zugerichtet hat, als wir zum letzten Mal alleine gewesen sind? Nicht. Ihr. Ernst.
Doch natürlich wartet sie nicht einmal eine Antwort ab und verschwindet einfach Janes Mom. Vielen Dank auch. Ich unterdrücke ein Schnauben und will schon mein Mobiltelefon hervorholen, um irgendetwas zu machen, aber Shadows Dad unterbricht mich mit einem Räuspern, welches meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn zieht. Ich beisse mir auf die Lippen. Vielleicht ist es tatsächlich ein wenig unhöflich von mir gewesen, ihn einfach so zu ignorieren. Aber was hätte ich denn bitte sonst tun sollen?
»Wir müssen uns unterhalten«, beginnt Mr. Quinn auch schon sofort ein Gespräch. Ich will eigentlich nicht wirklich mit ihm sprechen und ich halte auch einen gewissen Sicherheitsabstand zu ihm. Ich will nichts riskieren und egal wie sehr ich Shadow auch mag - liebe - ich vertraue seinem Vater nicht. Nicht nach der Willkommensparty oder was auch immer das genau gewesen ist.
»Über mein Verhalten«, fährt er fort, als ich meinen Mund nicht aufmache. Ich hätte sowieso nichts zu sagen gehabt.
»Es tut mir leid, wie ich mich dir gegenüber benommen habe und dass ich dich verletzt habe«, meint er mit einem angespannten Gesichtsausdruck. Er sieht ehrlich aus, aber ich weiß sowieso nicht, ob ich das so richtig glauben sollte. Eine Entschuldigung kann teilweise auch nicht alles glattbügeln. Egal wie gerne ich das auch annehmen würde.
»Ich habe mich nach dem ... nach Rovenas Schicksal nicht so schnell wieder gefunden und dabei habe ich einige Grenzen überschritten. Was mit ihr passiert ist, hat mich sehr beeinflusst und ich habe Shadow beschützen wollen.«
Beschützen? Ich bin doch gar keine Gefahr für seinen Sohn gewesen. Aber er erzählt es mir jetzt und wahrscheinlich nur einmal. Ich weiß, dass es schwer sein kann, sich zu entschuldigen und ich kann ja noch wütend auf ihn sein, nachdem er fertig gesprochen hat.
»Ich habe schon dort bemerkt, wie er dich angesehen hat, und ich wollte dich dort schon aus dem Weg schaffen - dich einschüchtern. Das hätte ich nicht versuchen dürfen, denn ich weiß, dass das nicht richtig von mir gewesen ist. Ich sehe, wie ihr euch anseht und du bist gut zu meinem Sohn und er ist in letzter Zeit glücklicher als zuvor.«
Ich beiße mir auf die Lippen, um nicht zu lächeln. Das wäre ein Zeichen der direkten Vergebung, aber innerlich wird mein Herz schon ein wenig wärmer, da Shadows Vater gerade angedeutet hat, dass Shadow dank mir glücklicher ist. Das ist irgendwie schön zu hören.
»Es ist mir klar, dass das mein Handeln nicht rechtfertigt und ich erwarte auch nicht von dir, dass du mir einfach blind vertraust, aber ich möchte, dass du das weißt.«
Damit kann ich ebenfalls leben. Mr. Quinn hat offensichtlich seinen gesunden Menschenverstand eingeschalten und gemerkt, dass er mich verletzt hat - körperlich - und die Art, auf welche er sich aufgeführt hat, ist ebenfalls nicht angemessen gewesen. Da kann eine Entschuldigung nicht viel retten.
Aber es ist ein Anfang und Menschen machen Fehler. Wenn er mir in Zukunft keinen Grund mehr gibt, ihn zu hassen, habe ich nicht vor, irgendwelchen Streit zu provozieren oder heraufzubeschwören. Ich verhalte mich angemessen, wenn Shadows Vater es ebenfalls tut.
»Vielen Dank für Ihre Entschuldigung«, sage ich also. Ihn nach einer Entschuldigung zu ignorieren scheint mir nicht besonders richtig. Ich habe gestern schon Jane vergeben. Und mir ihr habe ich viel länger Probleme gehabt. Da kann ich mich auch daran setzen, anderen Menschen zu verzeihen. Natürlich würde ich es noch nicht wagen, mich zu nahe neben Mr. Quinn zu setzen, aber ich kann ihn nach seinen Worten ansehen, ohne dass ich das Gefühl habe, mich halbwegs fürchten zu sollen. Oder ihn zu ignorieren.
Falls er noch etwas dazu hat sagen wollen, unterbricht ihn Mom mit Janes Mutter im Schlepptau jedenfalls. Sie tragen eine neue Portion Popcorn in ihren Händen, und grinsen dabei wie Kleinkinder, die gerade zum ersten Mal seit Tagen Süßigkeiten essen dürfen.
»Jetzt sind wir bereit für die beiden letzten Viertel«, meint Janes Mom und die beiden lassen sich auf die Stühle zwischen mir und Mr. Quinn fallen.
Ist Mr. Quinn noch immer so unsympathisch wie zu Beginn?
Und wisst ihr, was mir gerade aufgefallen ist? Diese Geschichte wird in 3 Tagen beendet sein😱!
Was glaubt ihr, wird alles noch passieren?
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