43.
»Was ist es eigentlich gewesen, über das du mit mir hast reden wollen?«, frage ich also und lenke unser Gespräch auf seine Welt. Ed seufzt als Antwort tief auf, es wirkt irgendwie ein wenig, als würde er gar nicht erst darüber reden wollen.
»Ich habe keine Ahnung, wie man sich gegenüber einem Mädchen normal verhalten soll«, gesteht er und fährt sich dabei über das Gesicht. Ich verschränke empört die Hände vor der Brust.
»Natürlich weisst du das. Ich bin ein Mädchen und mir gegenüber bist du normal«, motze ich ein wenig beleidigt. Ich meine, es stimmt doch!
Ed verdreht aber nur die Augen.
»Natürlich bist du ein Mädchen und bei dir kann ich auch normal sein, aber ich stehe nicht auf dich. Ich brauche Hilfe, wenn es darum geht, normal zu sein, wenn ich neben jemandem bin, bei dem ich nicht irgendwie merkwürdig sein möchte. Bei dem es mir nicht egal ist, weil ich der Person vielleicht noch nicht so vertraue und ... keine Ahnung. Es ist nicht gegen dich, Hope. Es ist ein Problem, das damit zu tun hat, dass ich Schwierigkeiten dabei habe, normal zu sein, wenn es um Leute geht, die ich beeindrucken möchte. Und gleichzeitig möchte ich mich nicht verstellen. Es ist merkwürdig und keine Ahnung.«
Ed holt nach seiner Rede wieder tief Luft, weil er die ganzen Sätze einfach heruntergerattert hat, ohne dies einmal zu tun und ich benetze meine Lippen, um mir eine Antwort zurecht zu legen. Ich kann verstehen, dass das schwer für Ed ist. Für mich wäre es ebenfalls schwer, wenn ich nicht so gut mit Shadow auskommen würde.
»Erst einmal musst du dir nicht so viele Sorgen machen, was du sagen wirst. Wenn du dir einen Text zurechlegst, wirst du nicht mehr normal mit ihr sprechen«, beginne ich also mit meinen Tipps, auch wenn ich nicht so recht weiß, ob ich überhaupt hilfreich bin.
Ed seufzt leicht und reibt sich über das Gesicht.
»Was, wenn es aber total merkwürdig wird und sie gar nicht mehr mit mir reden möchte?«, will Ed wissen. Ich zucke leicht mit den Schultern.
»Dann ist es eben so. Aber du hast auch beim letzten Mal normal Konversation mit ihr betreiben können. Das sollte eigentlich kein Problem sein. Und Konversation sollte automatisch kommen, wenn du mit jemandem redest, den du magst.«
Ed beisst sich auf die Lippen, während sich ein nachdenklicher Ausdruck auf seinem Gesicht breit gemacht hat.
»Ich weiß nicht einmal, ob ich sie mag. Ich meine, ich habe Cassie ein Mal gesehen. Ich habe mit ihr geredet und ich habe mich gut unterhalten, und ich weiss nicht. Es ist einfach so, dass ich jetzt irgendwie ständig an sie denken muss und das ist bestimmt viel zu früh, weil ich kaum etwas über sie weiss, aber ich weiß, dass ich wieder mit ihr reden möchte. Sie ist einfach so ... offen und verständlich und ich mag es, mit ihr zu sprechen. Zumindest habe ich es am Freitag gemocht.«
Es ist so süß, dass Ed halbwegs verknallt ist. In ein Mädchen, welches er kaum kennt. Und es ist noch viel süßer, dass er sie mag, weil sie gut reden können. Oder konnten. Keine Ahnung. Aber bei ihm ist es wahrscheinlich schon ein wenig Liebe auf den ersten Blick.
»Dann hast du dich ja nicht davor zu fürchten, wie sie sein mag. Wie sie redet, weil du ja offensichtlich weisst, dass du gerne mit ihr redest. Und selbst wenn du irgendetwas sagst, was du nicht so meinst, wird es kein Problem sein, denn schliesslich kannst du dich ja noch immer selbst korrigieren. Wir sind Menschen, Ed. Da rutschen uns teilweise eben die falschen Sätze raus.«
Ich will ja gar nicht wissen, wie oft ich die falschen Sachen sage. Und ich merke es meistens nicht einmal. Es ist normal, manmach Fehler zu machen und davor sollte sich Ed nun wirklich nicht fürchten. Denn er ist sonst doch so ein netter Kerl und er sagt so weit ich weiß, praktisch immer das Richtige. Zumindest zu mir.
»Und wenn sie sich beleidigt fühlt?«
»Sie wird sich nicht beleidigt fühlen. Denn du wirst sie nicht beleidigen. Und alles andere kannst du ihr erklären und dann wird sie merken, dass es deinerseits nicht böse gemeint gewesen ist und dass sie dir deine Worte nicht übel nehmen sollte.«
Ed seufzt und beginnt mit seinen Fingern auf dem Tisch zu trommeln.
»Kannst du am Anfang bitte neben mir sitzen? Ich meine, du hast uns sowieso nicht zugehört und ich weiß, dass du Shadow aus der gefühlt ersten Reihe betrachten willst, aber kannst du bitte trotzdem neben mir sitzen? Wenn ich jemanden um mich herum kenne, wird mich das bestimmt beruhigen.«
So ist es bei mir meistens auch. Ich mag es, wenn ich eine Ruhequelle habe, an die ich mich stützen kann und von wo ich das Spiel schaue, spielt nicht wirklich eine besonders grosse Rolle, denn ich weiß, dass Shadow Eds Komplikationen versteht, weil er meine Komplikationen bisher immer verstanden hat. Er wird es mir nicht übel nehmen, wenn er mein Jubeln nicht durch den ganzen Raum wird hallen hören oder mein Gesicht sofort ausmachen können. Denn er wird wahrscheinlich wissen, dass ich da bin und dass ich zusehe und das ist das Wichtigste.
»Klar kann ich das. Sie wird wahrscheinlich sowieso weiter vorne sitzen wollen, wenn ihr Schulteam spielt. Ich meine, sie hat sich sogar ein Spiel angesehen, nur um unsere Mannschaft auszuchecken und nachzusehen, wie wir spielen.«
Ich lächle Ed beruhigend zu. Er kann auf mich zählen.
»Okay, und jetzt ändern wir mal deine Denkweise. Was machst du, wenn der Abend glatt läuft?«, versuche ich seine schlimmstes-Szenatio-Gedanken in eine positive Richtung zu schieben. Das funktioniert sogar, allerdings eher so, dass sich seine Augen nun vor Panik aus absolut gegenteiligen Gründen weiten wie vorher.
»Ich bin so dumm. Daran habe ich gar nicht gedacht. Was mache ich jetzt? Was soll ich tun?«
»Okay, okay, beruhig dich erst einmal«, sage ich und verziehe das Gesicht. Heute ist Ed wirklich ein wenig dramatisch. Das ist nicht gut für sein Herz. Oder zumindest vermute ich das einmal, weil ich nicht möchte, dass er an einem Herzinfarkt stribt, der durch dein Panik schieben verursacht wird.
»Wir sind letzten Freitag alle zusammen essen gegangen. Das können wir doch wieder tun. Du kannst sie und ihre Freunde einladen, mitzukommen. Da ist doch nichts dabei. Und ausserdem kannst du damit noch mehr Zeit mit ihr verbringen«, schlage ich einfach mal vor. Ehrlich gesagt denke ich gar nicht gross über die Worte nach, als sie meinen Mund verlassen, aber im Nachhinein finde ich meine spontane Idee sogar noch besser. Damit löse ich total viele seiner Probleme.
»Ja, das stimmt. Aber meinst du nicht, dass das dann zu schnell gehen würde?«
Ich zucke mit den Schultern.
»Du siehst sie nach diesem Spiel vermutlich nicht mehr. Denn sie hat keinen Grund, noch einmal hierher zu kommen. Außer natürlich du willst zur Water High wechseln, was ich traurig für mich finden würde. Du kannst ihr einfach deine Nummer auf eine Serviette schreiben und gut ist. Falls du sie nach dem Abend wieder sehen möchtest, musst du das auch klar machen, denn sonst wird sie das nicht merken. Sie wird es gar nicht in Erwägung ziehen, auch wenn sie vielleicht ständig an dich zurückdenkt.«
»Das wäre die traurigste Geschichte von meinen Geschichten«, murmelt er und sieht mich aus einer Mischung dankbar und unsicher an.
»Ich werde sowas von Hilfe brauchen. Ruby und Camila kann ich beim Nachsitzen einweihen, du sagst Shadow, dass er sich gut benehmen soll, auch wenn er das eigentlich immer tut, und Wes und Ash werden es bestimmt von Cami und Rubs erfahren, dass wir vermutlich Gesellschaft vom gegnerischen Team haben werden.«
Ich lache ein wenig bei der Vorstellung, auch wenn Ed das vermutlich gar nicht lustig findet. Aber jetzt hat er einen Plan, was er machen soll und dieser entschlossene Gesichtsausdruck steht ihm um Welten besser als die Unsicherheit und Verängstigung, die vorher in ihnen geglänzt hat.
Ich hoffe nur, dass das Spiel keine Katastrophe wird. Denn sonst kann er eine gute Stimmung im Diner sowieso gerade vergessen, egal, wie sehr er sie sich auch wünscht.
Und wie wird es wohl mit Ed und Cassie enden 🤔?
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