3.
Wenn der Tag nach diesem Mittag schon zu Ende wäre, wäre das echt ein äusserst toller Tag gewesen. Nur ist das nicht der Fall. Das heißt, ich muss jetzt noch zwei Stunden die gesamte Stufe ertragen. Weil wir eben nicht all zu viele sind, aber eine riesige Turnhalle haben, haben wir alle gemeinsam Sport. Und das zwei Stunden.
Also heisst das für mich, dass ich sterben werde. Die Footballer und Cheerleader sind total wütend auf mich, und diesmal haben sie sogar einen Grund.
Man sagt immer, Dummheit tut weh. Ich schätze, dass es in diesem Fall nicht hätte treffender bezeichnet werden können. Denn ich habe keine Ahnung, wie tief der Graben ist, den ich mir heute Mittag aus Unüberlegtheit selbst gegraben habe. Damit ich reinfallen kann. Und darin versinke. Am liebsten würde ich mir echt gegen die Stirn schlagen, aber ich brauche die wenigen verbleibenden Hirnzellen noch für andere Dinge.
Und ein Teil von mir ist noch immer stolz, dass ich Shadow verteidigt habe...
Stattdessen gehe ich also in die Mädchenumkleide. Je früher ich dort bin, mich umziehe und dann verschwinde, desto gesünder ist das für mein kleines, armes Mädchenherz, das gleich zu kollabieren droht. Okay, war nur ein Witz. Aber wenn ich mich beeile, schaffe ich es vielleicht noch, einen Platz in der hintersten Ecke zu ergattern, wo ich mich vor den Beliebten verstecken kann, die sich immer direkt vor der Türe umziehen.
In der Mitte sind die Nerds und hinten die Freundinnen der Basketballer, den einzigen Menschen hier, die sich normal benehmen können. Also die Basketballer und ihre Freundinnen.
Wenn es gut läuft, hänge ich als Aussenseiterin sogar zum Teil mit ihnen ab. Zumindest in Sport. Ich will ihren Ruf ja nicht zerstören, außerdem habe ich es nicht so mit Freunden. Wahrscheinlich, weil die einzigen Menschen, mit denen ich befreundet gewesen bin, sich in die größten Idioten verwandelt haben und ich Angst vor solchen Verwandlungen habe, wenn ich jemanden sogar noch mag. Einmal abgesehen davon gibt es sowieso niemanden, der besonders gerne mit mir abhängt.
Zu meinem Glück ist die Umkleide fast noch leer, bis auf ein paar Nerds, die anstatt dass sie sich umziehen, ihre Hausaufgaben. Ich verziehe mein Gesicht, murmle aber trotzdem ein ›Hi‹. Man kann ja nie wissen, wann diese Leute einem helfen können, außerdem grüssen sie immer zurück.
Dann gehe ich mach hinten und werfe meinen Schulsack einfach auf das Bänkchen, bevor ich mich auf den Boden setze, um mich dort umzuziehen. Das mache ich immer so.
Gerade als ich ein einfaches, blaues Top und weisse, kurze Sportshorts angezogen habe, kommen die Freundinnen der Basketballer. Ich seufze, nehme meine blauen Sportschuhe und setze mich doch noch auf das Bänkchen. Hoffentlich ignorieren sie mich einfach. Doch natürlich passiert das so nicht.
»Hi, Hope«, sagt eine von ihnen und lächelt mich vorsichtig an. Ich nehme einmal an, dass sie mitbekommen hat, wie ich den Idioten von Quarterback angemotzt habe.
»Hi«, entgegne ich also. Ich glaube, sie heisst sogar Camila. Ich nicke ihrer Freundin zu und binde meine Schuhe, ehe ich aufstehe. Solange die Coolen noch nicht hier sind, habe ich ein schönes Leben.
»Das, was du heute für Shadow gemacht hast, war echt cool«, sagt sie, als ich verschwinden will. Ich sehe sie für einen kurzen Moment lang nur still an. Ich bin mir eigentlich gar nicht sicher, wieso ich es überhaupt gemacht habe.
»Danke«, sage ich, wobei ich spüren kann, dass sich ein ehrliches Lächeln auf meinen Lippen ausbreitet. Camila kann echt toll sein. Und wie es scheint, möchte sie keinen Streit anzetteln.
»Wenn du willst, kannst du warten. Wir sind sowieso auch gleich fertig«, fügt ihre Freundin, Ruby, hinzu. Ich schlucke kurz. Ich will ihren Ruf nicht zerstören. Aber ich finde es toll, wenn sie mir wenigstens eine Chance geben. Also nicke ich trotzdem.
»Wenn es für euch okay ist«, sage ich in einem bedankenden Ton. Erstaunlicherweise fällt es mir gar nicht schwer, höflich zu sein. Nicht, wenn sie gerade so toll sind.
»Wo sind denn die anderen aus eurer Gruppe?«, frage ich, um das Gespräch aufrechtzuerhalten und nicht all zu desinteressiert zu wirken. Denn das bin ich keineswegs.
»Die kommen noch, aber im Moment sind wir sowieso eher zwei Gruppen. Wir verstehen uns zwar schon gut, aber wir haben mehr Kurse als gewöhnlich getrennt, also hängen wir mehr so herum«, erklärt mir Camila, als wäre es das Normalste, mit mir zu reden. Ruby nickt zustimmend, während mein Nicken verständlich ist.
»Sind wir fertig hier, Rubs? Dann können wir gehen«, bestimmt-fragt Camila und sieht ihre Freundin dabei drängend an. Ich binde meine Haare zusammen und biete den beiden Mädchen ebenfalls ein Haargummi an, weil sie allen Anscheines keines haben.
Rubys blick schnellt immer wieder zur Tür, was zeigt, dass sie anscheinend genauso wenig Lust wie ich hat, auf die Cheerleader und ihre überhebliche, arrogante Art zu treffen. Ich muss mir ein Grinsen verkneifen, während sie ihre Haare schnell zusammenbindet. In fünf Minuten beginnt der Unterricht, was heisst, dass die Cheerleaderinnen einmal mehr viel zu spät aufkreuzen werden.
Die brauchen nämlich nur schon fünf Minuten, um sich ihre Haare zu kämmen.
»Okay, lasst uns gehen«, sagt Ruby, nimmt ihre Schuhe in die Hand und geht mit mir und Camila aus der Umkleide. Falls es jemanden interessieren sollte, sieht es hier eigentlich gar nicht so schlecht aus. Dieses Gebäude ist erst vor Kurzem renoviert worden, weshalb es nirgends Rost oder solche Dinge hat. Es sieht richtig schick aus. Vor allem, da die Wände hier nicht einfach weiss sind, sondern einen Gelbstich haben, wobei die Kanten mit goldiger Farbe angestrichen sind.
Ach und da wir in Queenston sind, ist auch praktisch auf jeder Wand eine Krone zu finden. Die besten Kunstschüler dürfen die Wände jedes Jahr mit einer Krone ausstatten. Das heisst, dass sie einfach eine Krone malen dürfen und darunter ihren Namen schreiben. Das ist sowas wie die totale Ehrung der malerischen Begabung hier.
»Weiss eigentlich zufälligerweise jemand von euch, was wir heute machen?«, fragt Camila und verzieht bei dem Anblick des Basketballcoaches das Gesicht. Wenn es jemanden gibt, der richtig streng ist, dann ja wohl er.
»Wahrscheinlich sieht er sich an, wen er dieses Jahr in seinem Team haben will. Das heisst übersetzt Basketball.« Ich versuche nicht all zu angeekelt zu klingen, aber Basketball ist echt nicht meine Sportart. Ich kann schon Körbe machen und all das, aber ich habe echt keine Lust, an so viele Regeln gleichzeitig denken zu müssen. Das ist echt nicht mein Ding.
Ruby und Camila seufzen gleichzeitig. »Hoffentlich dürfen wir die Tems selbst wählen und kommen mit den Jungs in eines«, sagt Ruby, wobei sie mich automatisch ausschließt. Ich versuche, einfach aus den beiden schlau zu werden. Ich meine, wir quatschen auch sonst ab und zu, aber heute ist es irgendwie...anders. Und ich habe keine Ahnung, ob ich mich gerade voll zum Affen mache, wenn ich ihnen einfach so vertraue.
Genau in dem Moment tritt Shadow in mein Blickfeld. Also besser gesagt, direkt vor mich. Er räuspert sich kurz, wahrscheinlich ist es ihm peinlich. Nur zieht er damit auch Camilas und Rubys Aufmerksamkeit auf sich. Die beiden werfen sich vielsagende und überraschte Blicke zu, bevor sie Shadow gespannt ansehen.
»Können wir kurz reden?«, fragt er mich und deutet dabei auf Camila und Ruby, die er bei unserem Gespräch nicht dabeihaben will. Ich werfe den beiden kurz einen fragenden Blick zu, worauf sie sich einige Schritte von Shadow und mir entfernen. Keine Ahnung, was er sagen will.
»Also...was gibt's?«
Shadow sieht mich einen Moment lang durchdringlich an, bevor er zu sprechen beginnt.
»Du hast mir noch gar nicht gesagt, wie du heisst«, stellt er fest. Dabei fällt mir auf, wie gross er eigentlich ist. Am Mittag sind wir ja gesessen, da hat mir das gar nicht auffallen können. Aber jetzt...wird es mir so richtig klar.
»Hope«, antworte ich auf seine indirekte Frage. »Du hast dich übrigens auch noch nicht vorgestellt«, informiere ich ihn. Vielleicht ist es unnötig, wenn er sich vorstellt, weil sowieso jeder weiss, wie er heisst, aber wenn ich diesen peinlichen Prozess durchstehen muss, sollte er das auch schaffen. Shadow gluckst spöttisch, jedoch räuspert er sich so, als würde er jetzt eine total wichtige Ansage machen.
»Percy Shadow Daymond Quinn der VI. Ich bevorzuge es aber, nur Shadow Quinn oder von dir sogar Shadow genannt zu werden. Schliesslich darfst du mich duzen«, erklärt mir Shadow vollkommen ernst. Dank seiner Vorstellung zeichnet sich ein Lächeln auf meinen Lippen an.
»Percy Shadow Daymond Quinn der Sechste...heißt es nicht eher Perseus?«, hacke ich interessiert nach, doch Shadow schüttelt nur den Kopf.
»Wir sind hier nicht bei Percy Jackson, Hope«, antwortet er ein weiteres Mal au meine Frage, wobei er meinen Namen aber extra betont.
Shadow und Hope. Jetzt wissen sie endlich, wie sie heissen 😍
Hat es Percy Jackson Fans unter uns?
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