28.
»Ihr habt soooo toll gespielt«, komplimentiert Cami Ash und drückt ihm einen leidenschaftlichen Kuss auf den Mund, was mich und Ed unser Gesicht angewidert verziehen lässt.
»Ich glaube, mein Immunsystem muss bei diesem hohen Bakterienaustausch kotzen«, flüstert er so leise, dass nur ich es hören kann, was mich so laut auflachen lässt, dass sich die beiden Turteltauben voneinander lösen und uns neugierig ansehen.
Ruby neben mir starrt auf die blaue Tür vor uns, aus der gedämpfte Geräusche wie zum Beispiel Duschen zu hören sind. Wes und Shadow sind noch da drin und sie haben es auch nicht besonders eilig, herauszukommen. Das Spiel ist etwa schon seit einer halben Stunde fertig und Ed und ich warten vielleicht zehn Minuten hier, während Cami und Ruby wahrscheinlich schon doppelt so lange hier stehen, weil sie die besseren Plätze gehabt haben, weshalb sie auch schneller haben verschwinden können.
»Wenn sie noch weiter so duschen, überschwemmen sie noch das Gebäude«, sage ich, als Wasser unter einer anderen Tür durchkommt. Ich rümpfe dabei die Nase. Von einem Duschraum hätte man wirklich eine bessere Bauart erwarten können. Wenigstens hat es blaue mini Quadrat-Steinplatten, die den Boden schmücken. Sonst wäre dieser nun ebenfalls ruiniert.
Der Gang, indem wir stehen, ist nicht besonders schön gestaltet, auch wenn es der Rest des Schulhauses sehr wohl ist. Aber wenigstens hat es eine gewaltige Krone, die an der Wand leuchtet. Sie besteht aus goldigen Dornen und ist von blutroten Rosen umschlungen, welche eine rote Pfüze auf dem Boden bilden, weil sie aufgespiesst sind. Blaue Saphire dienen als Tautropfen und machen das Kunstwerk atemberaubend. Es sieht toll aus und ist irgendwie zu schön für die Kulisse, die es hat. Aber ich werde jetzt ganz bestimmt kein Mitleid mit einer Malerei haben.
»Endlich!«, ruft Ruby und reisst mich aus den Gedanken.
»Endlich was?«, frage ich, doch die Antwort erübrigt sich, als ich sehe, wie sie Wes am Hals klebt. Ich verziehe mein Gesicht erneut. Shadow ist noch immer nicht da. Von ihm hätte ich am wenigsten erwartet, dass er so lange braucht. Schliesslich hat er doch immer einen Pullover an und normale Hosen. Als ob er jetzt ohne Witz eine halbe Stunde duschen muss. Und man sagt, dass Mädchen langsam sind.
»Wollen wir etwas essen gehen? Zur Feier des Tages?«, schlägt Wes vor, nachdem sich Turteltauben 2.0 gelöst haben. Mein Blick schnellt sofort zur Tür. Wo bleibt er denn?
»Können wir. Was wollen wir essen?«, erkundige ich mich, und werfe der Tür der Umkleide böse Blicke zu, als würde das irgendetwas ändern. Vielleicht reichen meine Blicke ja, damit sich der Prinz ein bisschen beeilt. Ich habe schon ein schlechtes Gewissen, weil wir dabei sind, ohne ihn zu bestimmen, was wir machen wollen.
»Ich wäre für gebratene Flügel. Hühnchenfleisch ist genau das, was ich jetzt gebrauchen kannn«, meldet sich Ash zu Wort und schliesst dabei genüsslich die Augen, als könne er das Fleisch jetzt schon auf seiner Zunge spüren. Cami grinst.
»Geht klar. Wir können schon vorbestellen, bis Shadow nachkommt. Hope, du kannst ja warten, damit er nicht alleine ist. Wir werden euch die Adresse texten und auch gleich einen Platz reservieren.«
Alle nicken zustimmend, also tue ich es auch. Ich weiss sowieso nicht, wie ich Shadow gratulieren soll, ohne dass es komisch wird. Keine Zuschauer dabei zu haben, wird bestimmt helfen. Ich meine, was soll ich den tun? Ihm auf die Schulter klopfen? Ihn umarmen?
»Ist Cola gut als Getränk?«
Erneut nicken alle zustimmend. Es ist klug, so eine Frage zu stellen, denn es lohnt sich echt nicht, zehn Mal für ein Getränk anzustehen. Und ich spreche mit meinem Durst definitiv aus Erfahrung.
»Okay, wir gehen dann mal und sichern die guten Plätze.«
Fünf Minuten später sind einige Spieler mehr aus der Umkleide gekommen, nur Shadow nicht. Mittlerweile mache ich mir echt Sorgen um ihn.
»Hey!«, halte ich einen von ihnen zurück, bevor ich wieder alleine im Gang sitze und zusehe, wie das Wasser meine Schuhe beinahe berührt und dann wieder wegrutsche. Der Spieler sieht mich verwirrt an und ich versuche mich mit einem Lächeln, das so nervös ist, dass es wahrscheinlich mehr abschreckend als beruhigend ist, aber das kümmert mich in dem Moment nicht.
»Shadow ist noch da drinnen, nicht wahr? Geht es ihm gut?«, will ich wissen. Ich beisse mir dabei auf die Lippen, weil diese Frage vielleicht ein wenig schroff geklungen hat, allerdings ist mir das egal. Vierzig Minuten sind definitiv zu lange als dass es noch als normal gelten würde.
»Ja, er ist-«, setzt er an, doch wird von der Tür unterbrochen, die von jemandem geöffnet wird. Dieser bestimmte jemand ist sogar der Prinz höchstpersönlich. Ich verenge meine Augen zu Schlitzen, bevor ich meinen Blick an ihm hoch- und runtergleiten lasse. Er sieht unversehrt aus.
»Da ist er ja«, sagt der Spieler ein wenig verstört und verschwindet. Shadow grinst mich inzwischen an, worauf ich ein wenig rot werde. Ich habe mir offensichtlich um nichts Sorgen gemacht.
»Hast du gerade ernsthaft jemanden gefragt, ob es mir gut geht?«, fragt er und beißt sich dabei auf die Lippen, um nicht laut loszulachen. So ein sozialer Mensch aber auch. Da macht man sich Sorgen und das kriegt man als Dankeschön zurück.
»Ja. Keine Ahnung. Ich habe gedacht, dass es dir da drinnen nicht gut geht«, gestehe ich aber trotzdem. Wenn ich schon dabei bin, kann ich ihn ja genauso gut meine Arme vor der Brust verschränken und ihn anfunkeln.
»Was hätte mir denn in der Umkleide passieren können?«
Vieles.
»Keine Ahnung.« Ich reisse verzweifelt die Arme in die Luft. »Ich habe gedacht, dass du dir vielleicht einen Duschkopf in den Mund gestopft hast, um dich selbst zu ertränken.«
Diesmal kann er sein Lachen nicht unterdrücken und ganz ehrlich gesagt beruhigt mich der Klang ein wenig. Und meine Theorie hört sich total bekloppt an, wenn man sie laut ausspricht. Aber es hätte ja sein können. Ich weiß auch nicht, was man so lange in einer Umkleide machen könnte.
Als er sich beruhigt hat, schließt er mich in seine Arme und drückt mich sanft an seine Brust. Sofort kuschle ich mich in den weichen Stoff und lasse mich von seinem frischen Duft einhüllen. Ich seufze und dabei fällt auch noch die letzte Anspannung, die noch auf mir gelastet hat, von meinen Schultern.
»Danke, dass du dir Sorgen um mich gemacht hast. Und dass du geblieben bist«, murmelt er in mein Haar. Sein Herz schlägt Purzelbäume gegen meinen Kopf. Vielleicht ist es aber auch nur meines, welches so laut schlägt, dass ich es förmlich hören kann. Sofort setzt das Kribbeln ein und sein warmer Atem, der meine Haare streift, schiesst elektrisierende Pfeile durch meine Haut, bis sich all meine Härchen angespannt haben und es für einen Moment lang nur Shadow und mich gibt.
»Kein Ding«, bringe ich unter meinem verschnellten Atem hervor. Mein gesamter Körper reagiert so stark auf Shadow, dass ich das Gefühl habe, Kilometer weit gerannt zu sein. Dabei habe ich mich kein Stück bewegt.
Was für ein Wunder bei meiner Sportlichkeit...
»Du hast übrigens toll gespielt heute«, breche ich dann erneut die Stille. In Shadows Armen fühlt sich selbst diese anders an. Denn hier ist die Stille nicht angenehm, sondern beruhigend. Obwohl es eigentlich gar nicht so still ist. Unsere Herzen schlagen viel zu schnell, um nicht laut zu sein.
Sie hüllen uns in unsere eigene Blase von Geborgenheit. Die kribbelnde Nähe und das tolle Gefühl in meinem Magen ist etwas vollkommen Neues. Eine Reaktion, die bisher nur Shadow in mir ausgelöst hat. Und ich weiß ja nicht, wie es ihm dabei geht, aber für mich sind es die schönsten Gefühle, die ich jemals in mir gehabt habe. Es ist überwältigend.
»Danke«, flüstert er mir rauer Stimme, was mein Herz noch eine Runde schneller schlagen lässt. Ich kriege gleich einen Herzinfarkt, wenn das so weitergeht. Aber trotzdem sage ich nichts mehr darauf. Der Moment ist zu schön, um unterbrochen zu werden. Ich fühle mich zu gut, um es zu wagen, meinen Mund aufzumachen. Einmal abgesehen davon abgesehen, dass ich gar nichts zu sagen habe.
Das ist mit Abstand die schönste Umarmung meines Lebens und ich weiß, dass es Shadow wahrscheinlich ähnlich geht.
Und dann klingelt mein Handy. Ich versuche, es zu ignorieren, doch es hat die wundersame Wirkung zwischen uns schon zerstört. Shadow löst sich seufzend von mir und taumelt einige Schritte nach hinten, bevor er sich durch die Haare fährt.
»Du solltest dich melden.«
Ich sollte, aber ich würde mein Handy am liebsten gegen die Wand schmettern. Wer kommt denn bitte auf die Idee, mich jetzt anzurufen? Einen Blick auf den Display werfend, weiß ich es auch schon. Ed.
»Ja?«, blaffe ich vorwurfsvoll ins Telefon, worauf ich mein Gesicht sofort verziehe. Ed hat es ja schlecht wissen können. Ich hoffe, dass die Leitung meine Stimme dämpft und dass er das gerade nicht so aufgenommen hat, wie es eigentlich hätte wirken sollen.
»Ash und Cami haben schon bestellt. Wo seid ihr? Hat es Shadow auch noch geschafft, sich etwas umzuziehen?«, fragt er allerdings nur gut gelaunt.
»Ja. Wir kommen gleich. Schick mir die Adresse«, antworte ich, diesmal viel netter. Es bringt auch niemandem etwas, wenn ich mich jetzt total dumm aufführe.
»Okay. Wir werden warten.«
Dann legt er auf und ich wage es, Shadow wieder anzusehen. Er beisst sich auf die Lippe, als würde er gerade über etwas nachdenken, bevor er mir ein schiefes Lächeln schenkt. Mein Blick bleibt einen Moment zu lange auf seinen wohlgeformten Lippen hängen, allerdings habe ich mich diesmal schnell wieder im Griff.
»Wir sollten gehen«, sage ich daher. Sonst warten unsere Freunde zu lange und beginnen, uns mit Fragen zu löchern.
Das ist das erste Kapitel für heute gewesen und ich hoffe, dass es euch gefallen hat 🥰.
Was haltet ihr bisher so von der Geschichte insgesamt? Welche Charaktere mögt ihr und welche nicht?
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