Wonne und Schmerz

„Christian, ich...", wispere ich ängstlich.

„Schhhh, Ana." Vorsichtig legt Christian seinen Zeigefinger auf meine Lippen, beugt sich vor und streift federleicht mit seiner Nase über meine Wange, meinen Hals entlang bis zu meiner Kehle. Bei dieser sanften Berührung wird mir heiß und kalt. Mein Atem stockt, meine Knie zittern. Ich bin nicht mehr in der Lage klar zu denken. Mir ist zwar bewusst, dass es falsch ist, was wir hier tun, aber die Vorstellung jetzt hier bei ihm zu sein und mit ihm zu schlafen, erregt mich so sehr, dass ich fast alle Bedenken vergesse.

Mit letzter Kraft versuche ich Christian von mir zu stoßen. Aber bevor ich mich wegbewegen kann, fährt er mir fast grob ins Haar und zieht mich an seinen harten Körper.

„Nicht", krächze ich vergeblich, denn selbst ich kann die Lüge in meiner Stimme hören.

„Ana, ich habe dich gewarnt." Dann presst sich Christians Mund stürmisch auf meinen. Sein Kuss vertraut und rücksichtslos männlich, lässt auch meinen letzten Funken Wiederstand schwinden. Fordernd zwingt er meine Lippen auseinander, schiebt seine Zunge in meinen Mund und beginnt einen wilden und leidenschaftlichen Tanz mit meiner. Ich wimmere als sich ein brennendes Ziehen in meinen Unterleib ausbreitet und in alle Richtungen ausstrahlt. Es ist sinnlos noch länger dagegen anzukämpfen. Mein verräterischer Körper will ihn und mein Herz hat nie aufgehört sich nach ihm zu sehnen. Geschlagen, lege ich meinen Kopf zur Seite, biete ihm meine Kehle dar und unterwerfe mich.

Mit einem animalischen Knurren vergräbt Christian sein Gesicht in meinem Haar, atmet meinen Duft tief ein und drängt seinen athletischen Körper noch fester gegen mich. Ich keuche vor Überraschung, winde mich und versuche meine Hände frei zu bekommen, kann seinem festen Griff aber nicht entkommen. Als ich seine harte Erektion an meinem Bauch spüre, erschauere ich am ganzen Körper. Feuchtigkeit sammelt sich zwischen meinen Beinen und meine empfindlichen Brustwarzen richten sich schmerzhaft auf und reiben am Stoff meines Büstenhalters. Ich stöhne, bin verloren in meinem Verlangen und schiebe ihm hemmungslos mein Becken entgegen. Ich will, dass er mich dort berührt, dass er mich überall berührt und endlich diese quälende Leere in mir ausfüllt.

„Bitte", flüstere ich und schaue ihn flehend an. Ein triumphierendes Glitzern liegt in seinen Augen, als er sich langsam von mir löst und einen Schritt zurückweicht. Ich zittere am ganzen Leib, fühle mich seiner beraubt. Ich will protestieren, bringe aber keinen Ton mehr heraus, als ich seinen Blick auffange, der begierig über meinen Körper gleitet und auf meinem Mund zum Ruhen kommt. Seine Musterung ist wie eine Liebkosung und die Art und Weise, wie er es tut, hat etwas Besitzergreifendes.

„Bitte", flüstere ich noch einmal und zucke zusammen, als er mich blitzartig packt.

„Dreh dich um, Ana!" Der durchdringende Befehlston trifft mitten ins Schwarze und entzündet etwas Heißblütiges und Verruchtes in mir. Ohne zu zögern, folge ich ihm und drehe mich mit dem Gesicht zum Fenster. Plötzlich ist Christian hinter mir und presst meinen Körper mit seinem gegen die Fensterfront. Mein Herz beginnt wild zu pochen, als er meine Hände ergreift, sie über meinen Kopf zieht und sie dort platziert.

Vage registriere ich irgendwo ein vertrautes Klingeln, schere mich aber nicht darum. Denn schon im nächsten Moment, legt mir Christian eine Hand flach auf meinen Bauch und zieht meinen Po zu sich. Ich spüre ihn heiß und hart in meinem Rücken. Überwältigt von diesem Gefühl reibe ich mich ungeniert an ihm und erbebe bei dieser Berührung. Als Antwort knurrt Christian animalisch und presst mich noch enger gegen das Fenster. Er packt mich an der Taille, hält mich fest und lässt seine Hüften rhythmisch gegen mich stoßen, was an seinen Absichten keinen Zweifel mehr lässt. Ich stöhne bei den Empfindungen, die er in mir wach ruft. Ich will ihn jetzt und hier, tief in mir spüren.

Als bemerke Christian mein Verlangen nach mehr, packt er mein Kleid, öffnet mit geschickten Fingern den Reißverschluss und schiebt es mir von den Schultern. Erschreckt ringe ich nach Atem und schlinge meine Arme um mich. Nun stehe ich nur noch in Höschen, BH und hochhackigen Schuhen vor ihm. Bei diesem Gedanken spüre ich, wie ich rot werde. Auf einmal wird mir so heiß, dass ein feiner Schweißfilm meiner Haut überdeckt und sie zum Glänzen bringt.

„Hände über den Kopf, Ana! Wenn du sie noch einmal bewegst, höre ich sofort auf.", befiehlt er hart und presst meine Hände flach gegen das Glas. Seine erotische Stimme ist verlockend und voller Versprechungen, wenn ich mich seinen Anweisungen füge. Ich konzentriere mich auf meine Hände und keuche, als das Brennen zwischen meinen Schenkeln unerträglich zu werden scheint. Mein Körper ist sensibilisiert und pulsiert vor Verlangen. Verzweifelt presse ich meine Schenkel aneinander, auf der Suche nach Linderung. Aber selbst diese Bewegung facht ein neues Feuer in mir an. Mein Puls rast und das Blut rauscht in meinen Ohren. Die einzige Person, die mir Linderung verschaffen kann, ist Christian. Ich brenne auf den Moment, wenn er endlich in mir sein wird. Hilfesuchend drehe ich meinen Kopf. Als unsere Blicke sich treffen, krampft sich mein Geschlecht zusammen. Jede Zurückhaltung, die er bis dahin aufrechterhalten hat, scheint gebrochen. Christian steht kurz davor die Kontrolle zu verlieren und ich will, dass er sich endlich gehen lässt. Provozierend strecke ich ihm meinen fast nackten Hintern entgegen und lecke mir genüsslich über die Lippen.

Christians Augen verengen sich, werden zu Schlitzen und funkeln düster. Blitzschnell krallt er seine Finger in mein Höschen, zerreißt es und schleudert es weg. Mein BH folgt. Seine kräftigen Hände umfassen meine Brüste, rollen meine Nippel und zwicken hinein. Ich schreie kurz auf, als der Schmerz in Wonne übergeht und meine Sinne sich vernebeln. Christian lässt eine Hand tiefer streifen, über meinen Bauch, bis zum Zentrum meines Körpers. Seine Finger gleiten zwischen meine Schenkel und streicheln mein pulsierendes Geschlecht. Ich zucke, weiche zurück, bin aber in seinem Griff gefangen. Meine innere Anspannung wächst, als sein Daumen kreisend über meinen Kitzler fährt und den Druck bei jeder Bewegung erhöht. Die anderen Finger umkreisen meinen feuchten Eingang und streicheln meine Schamlippen. Ein Finger gleitet in mich, krümmt sich in mir und gleitet wieder hinaus. Christian nimmt einen zweiten und ich spüre, wie er die Finger in mir bewegt. Das Spiel seiner Hand, bringt mich an den Rand des Höhepunktes. Meine inneren Muskeln ziehen sich um seine Finger krampfartig zusammen. Ich keuche bei den auf mich einstürmenden Empfindungen, winde mich, denn ich will ihn noch tiefer in mir spüren und dränge mich seiner Hand entgegen. Aber dann hält Christian inne und ich stöhne frustriert auf.

„Ich kann nicht mehr warten. Ich muss in dir sein!", presst Christian schwer atmend hervor. Im nächsten Moment höre ich den Reißverschluss seiner Hose und das Rascheln von Stoff. Und dann spüre ich ihn endlich, heiß und hart. Keine Barriere mehr, nur Haut an Haut. Christians Hände gleiten zu meinen Hüften, ziehen mich zu sich und bringen mich in Position. Seine steinharte Erektion schiebt sich zwischen meine Schenkel, taucht mit der Spitze in die nasse Hitze und verteilt die Feuchtigkeit auf meinem Geschlecht. Dann verharrt er abwartend.

„Bitte Christian", flüstere ich verzweifelt.

„Du gehörst mir Ana!" Mit einem kräftigen Stoß, dringt Christian tief in mich und schiebt sich bis in mein Innerstes. Ich schnappe nach Luft, als mein Körper versucht, sich an seinen mächtigen Schwanz zu gewöhnen. Begierig zieht er seinen Schwanz zurück und stößt wieder in mich. Christians Hände legen sich auf meine Schultern, halten mich dort fest und drücken meinen Oberkörper weiter nach unten. Jetzt spüre ich ihn noch tiefer in mir, genauso wie ich es mag. In einem mörderischen Tempo pumpt er in mich, schneller, immer intensiver. Ich passe mich seinem Rhythmus an, dränge mich jedem Stoß entgegen und heiße seinen Hunger willkommen. Christians heiseres Stöhnen, schürt meine Sehnsucht nach Befriedung ins Unermessliche. Meine Muskeln ziehen sich um ihn zusammen und die Zeit scheint still zu stehen, als das Kribbeln in meiner Mitte beginnt und sich sinnflutartig in meinem ganzen Körper ausbreitet. Mein Körper zuckt unkontrolliert, als die Wellen der Ekstase wie ein Orkan durch meine Adern rasen und nicht aufhören überzuschwappen.

Christian stöhnt, stößt noch ein paar Mal kräftig in mich, bis auch er mit einem markerschütterten Schrei seinen Höhepunkt erreicht und seinen Samen pulsierend in mich ergießt.

Schwer atmend stützt sich Christian, mit einer Hand, am Fenster ab. Sein schweißnasser Oberkörper ruht an meinem Rücken. Ich spüre sein rasendes Herz, das mit meinem in Einklang schlägt. Mit der andern Hand hält Christian mich umschlungen. Nur sein fester Griff verhindert, dass meine weichen Knie nachgeben.

Als sich mein Körper endlich entspannt, zieht Christian sich langsam aus mir zurück, dreht mich zu sich und hebt mich auf seine Arme. Er lächelt und küsst mich auf die Nase, als er mich zur Couch trägt und mich vorsichtig darauf bettet. Dann krabbelt er zu mir, breitet eine Decke über uns aus und zieht mich in seine Arme. So liegen wir eng aneinander gekuschelt und lauschen dem Herzschlag des jeweilig anderen. Christian zieht mich immer wieder fester an sich, so als muss er sich davon überzeugen, dass ich wirklich hier bin.


Eine Stunde zuvor in London – Elena vor Anas Apartmenthaus

Schon das zweite Mal fahre ich die verdammte Straße, auf der Suche nach der richtigen Hausnummer, entlang. Als ich sie endlich entdecke, atme ich erleichtert auf und steuere den nächsten freien Parkplatz an. Geringschätzig blicke ich die Häuserzeile entlang und rümpfe die Nase. Besonders nobel sieht es hier ja wirklich nicht aus. Naja es ist halt London und nicht Seattle. Ich bin froh bald wieder von hier verschwinden zu können. Ich muss nur eine Kleinigkeit erledigen, dann geht es zurück nachhause.

So langsam weiß ich den Luxus meines Lebens wirklich zu schätzen. Nie im Leben würde ich hier wohnen. Angewidert schüttelt es mich. Schnell ziehe ich meine Handschuhe an, steige aus und gehe zum Kofferraum. Bevor ich ihn öffne, blicke ich mich um und versichere mich unbeobachtet zu sein. Vorsichtig nehme ich die kleine Schachtel mit der Spritze an mich und gehe gutgelaunt zu Anas Haus. Leider muss der gute José heute dafür bezahlen, dass er mich hintergangen hat. Ich hoffe für ihn, dass er es überlebt. Die Dosierung ist nicht zu hoch, aber man weiß ja nie. Letztendlich hat er es sich selbst eingebrockt, in dem er sich zu Ana bekannt hat. Wenn ich schon ihren Namen höre, schwillt mir der Kamm. Seit dem diese nichtssagende Person vor fast vier Jahren aufgetaucht ist, hat sie nur Ärger gemacht. Damit wird ab heute Schluss sein. Ich werde mir Christian zurückholen und dazu vielleicht auch seinen Sohn.

Ich bin sehr gespannt darauf, den kleinen Christian kennenzulernen. Wenn er mir gefällt, werden wir viel Spaß mit einander haben. Schließlich ist er noch klein und in diesem Alter vergisst man schnell, auch seine geliebte Mommy. Ja das wird mir gefallen. Und wenn er eine Nervensäge ist, habe ich dafür auch schon eine Lösung. Auf jeden Fall, wird SIE ihren Sohn nie wiedersehen.

Irgendein dämlicher Nachbar, auf dem Weg zur Arbeit, öffnet mir die Tür und schon bin ich im Haus. Das geht ja einfacher, als gedacht, denke ich grinsend und drücke den Knopf für den Fahrstuhl. Oben angekommen, ziehe ich die kleine Schachtel aus meiner Tasche, öffne sie und hole die Spritze mit der gelblichen Flüssigkeit heraus. Ich schnippe mit dem Mittefinger dagegen, drücke die letzten Luftbläschen heraus und atme tief durch. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis die Flurbeleuchtung endlich erlischt. Dann kann es losgehen. Ich klopfe an und lausche gespannt aber nichts rührt sich. Also klopfe ich erneut. Dieses Mal energischer. Ein leises Poltern und ein gedämpftes Fluchen sind hinter der Tür zu hören. Eilig weiche ich von der Tür zurück und postiere mich daneben an der Wand. Im nächsten Augenblick wird ein Riegel zurückgeschoben und die Tür schwingt auf. Ein heller Lichtkegel beleuchtet den Eingangsbereich, gefolgt von einem dunklen Haarschopf. Als ich erkenne, dass es sich um José handelt, springe ich vor und ramme ihm die Nadel, ohne Vorwarnung, in den Hals. Mit einem erstickten Schrei und weit aufgerissenen Augen, greift sich José an den Hals und zieht die nun leere Spritze heraus. Voller Entsetzen weicht er taumelnd zurück und versucht die Tür zu schließen. Aber das Gift wirkt bereits und Josés Kraft reicht nicht mehr aus, mich zurückzudrängen. Mit einem verächtlichen Grinsen, betrete ich die Wohnung, schließe leise die Tür und beobachte, wie Josés Beine den Dienst versagen und er vor meinen Augen zusammenbricht.

„Du", murmelt er noch, dann sackt er endgültig in sich zusammen und bleibt reglos liegen.

Ein wenig überrascht bin ich schon. Mir wurde zwar zugesichert, dass das Mittel schnell wirkt, aber so schnell? Das waren ja nur Sekunden. Und nun liegt der süße José reglos mitten im Flur. Hätte er nicht in irgendeinem Schlafzimmer umkippen können? Wenn ich mit dem Kleinen, den ich im Moment nirgends sehen kann, hier raus will, muss ich José wohl oder übel vorher wegschaffen. Genervt verdrehe ich die Augen und mache mich ans Werk. Angeekelt packe ich seine nackten Füße und ziehe ihn auf das Zimmer zu, dessen Tür offen steht. Mit einem kurzen Blick hinein, versichere ich mich, dass es sauber ist und ziehe José weiter. Ich stöhne unter der Anstrengung und der Schweiß steht mir auf der Stirn. Nach weiteren zwei Metern muss ich verschnaufen und lehne mich gegen die Wand. Josés reglosen Körper sieht irgendwie tot aus. Vielleicht ist die Dosis doch falsch berechnet gewesen. Armer Kerl, denke ich aber mit diesen Kleinigkeiten kann ich mich jetzt nicht beschäftigen. Ich ziehe Josés leblosen Körper weiter bis zum Bett und hieve ihn auf die Matratze. Dann lege ich seine Gliedmaßen so hin, als ob er schlafen würde und decke ihn bis zum Hals zu.

Beim verlassend des Zimmers, schließe ich sicherheitshalber die Jalousien. Man weiß ja nie, wer gegenüber wohnt. Als das erledigt ist, schaue ich mir die Wohnung an. Sie ist sehr einfach eingerichtet. Die Möbel scheinen wild zusammengestellt und aus vielen verschiedenen Epochen zu stammen. Ich weiß nicht warum, aber auf einmal beneide ich Ana. Sie hat zwar nicht viel, aber aus dem Wenigen, das ihr zur Verfügung steht, hat sie für sich und ihr Kind ein gemütliches Heim geschaffen. Als Kind habe ich mich nach so einem zuhause gesehnt.

Genug der Gefühlsduselei, ermahne ich mich scharf. Die Vergangenheit muss ruhen. Jetzt habe ich ein Ziel vor Augen, was meine Zukunft maßgeblich bestimmen wird. Es liegt in meinen Händen, dies zu erreichen und ich stehe kurz davor. Eigentlich habe ich ja bereits gewonnen. Ich stehe mitten in Anas Wohnung und bin im Begriff, mir ihren Sohn zu holen.

Auf leisen Sohlen schleiche ich durch die Wohnung und suche nach Christian. Da er sich nicht im Wohnzimmer aufhält und das einzige Schlafzimmer von José belegt ist, bleibt nur noch eine Tür. Lautlos und mit angehaltenem Atem drücke ich die Klinge herunter und spähe hinein. Ich habe Recht. Dies ist das Kinderzimmer. Christian scheint schon im Bett zu sein, denn die Gardinen sind zugezogen. Es ist dunkel, bis auf eine kleine Einschlaflampe, die ein wenig Licht spendet. Vorsichtig betrete ich den Raum und schleiche zu dem weißen Holzbett in der Ecke. Unter einer dicken Zudecke kann ich eine kleine Gestalt mit blonden Haaren ausmachen. Beruhigt, dass ich mich erst später um ihn kümmern muss, verlasse ich wieder das Zimmer.

Jetzt ist es an der Zeit, seine Mutter wissen zu lassen, dass es für sie und ihren Sohn besser gewesen wäre, sie wäre nie wieder aufgetaucht.

Im Schlafzimmer, in dem Jose liegt, finde ich sein Handy und scrolle durch seine Kontakte. Als ich Anas Nummer entdecke, grinse ich teuflisch und wähle ihre Nummer. Es dauert eine Weile, bis es klingelt und klingelt. Dann lande ich auf ihrer Mailbox. Stirnrunzelnd betrachte ich das Handy und versuche es erneut. Wieder die Mailbox. Ich wundere mich. Eine Mutter ist doch eigentlich immer zu erreichen, es sei denn... Ein Blick auf meine Uhr bestätigt meinen Verdacht. Wenn ich die Zeitverschiebung von acht Stunden beachte, ist es in Seattle jetzt 11:00 Uhr. Nagende Eifersucht überkommt mich. Wutschnaubend versuche ich es wieder und wieder, jedes Mal mit demselben Ergebnis. Dann versuche ich es mit meinem Handy bei Christian und lande direkt auf der Mailbox. Sein Handy ist aus.

Als ich kurz davor bin an die Decke zu gehen, wähle ich seine Nummer im Büro. Nach dem zweiten Klingeln nimmt Andrea das Telefonat entgegen. Ich zerplatze fast vor Anspannung, als ich ihre aufgeregte Stimme vernehme. Sie freut sich sehr mich zu hören und ist nur zu gerne bereit, mir von den Neuigkeiten zu berichten, die sich heute Morgen ereignet haben und sich wie ein Lauffeuer verbreiten. Schon eine halbe Stunde befindet sich Ana mit Christian alleine in seinem Büro und alle sind gespannt, was darin vor sich geht.

Diese Neugier teile in keinster Weise, denn ich kann mir sehr gut ausmalen, was sich in Christians Büro augenblicklich abspielt. Unwillkürlich tauchen Bilder vor meinen Augen auf, die mich vollkommen aus der Fassung bringen. Christian und Ana nackt, eng umschlungen, im wilden Liebesspiel. Angewidert balle ich meine Hände zu Fäusten, vergrabe die Fingernägel in meinem Fleisch, bis halbmondförmige Blutströpfchen hervorquellen. Zornestrunken lege ich auf, ohne mich zu verabschieden und pfeffere das Telefon gegen die Wand.

„Gut du kleine Schlange", zische ich. „Dann genieße die kurze Zeit, die du mit Christian hast. Es wird das letzte Mal sein."

Ein leises Tapsen hinter mir erregt meine Aufmerksamkeit. Mist, Mist, Mist, denke ich. Ich war zu laut. Mit geschlossenen Augen atme ich tief durch und ringe um Beherrschung. Mit dem freundlichsten Lächeln, welches ich unter den gegebenen Umständen zu Stande bringe, drehe ich mich um.

„Hallo Christian.", sage ich zuckersüß und gehe in die Knie. Ich habe ja schon einige Bilder von seinem Sohn gesehen, ihm aber gegenüber zustehen und in diese Augen zu blicken, die die seines Vaters sind, raubt mir fast den Atem. Christian steht wie angewurzelt, in einem gestreiften Schlafanzug, vor mir und hält eine Katze schützend vor sich. Mit seinen zerzausten Haaren, sieht er total verschlafen aus. Am liebsten möchte ich den kleinen Kerl sofort in die Arme schließen, halte mich aber zurück. Ich möchte ihn nicht noch mehr verschrecken. Mit weit auf gerissenen Augen starrt er mich misstrauisch an. Dann wandert sein ängstlicher Blick, auf der Suche nach seiner Mutter oder José, in der Wohnung umher. Ich sehe, wie die Rädchen in seinem Kopf arbeiten, als er begreift, dass wir alleine sind. Er zieht die Katze noch fester an sich und beginnt schluchzend zu weinen.

„Keine Angst mein Kleiner.", beruhige ich ihn. Aufmunternd lächle ich ihm zu, während ich vorsichtig näher rücke und ihm mit dem Handrücken über die Wange streiche und ihm die Tränen fort wische.

„Du musst nicht weinen. Es ist alles gut. Ich bin doch nur Elena, eine Freundin von deiner Mommy und José. Weißt du, José ist ein bisschen krank und hat mich angerufen, damit ich herkomme und dich zu deiner Mommy bringe. José schläft sich jetzt gesund. Danach geht es ihm bestimmt viel besser. Komm, wir sehen mal nach ihm."

Langsam richte ich mich auf und strecke Christian meine offene Hand entgegen. Die Katze faucht, als er sie langsam auf den Boden setzt und skeptisch meine Hand betrachtet. Dann fast er sich ein Herz und legt seine kleine warme Hand in meine. Die Berührung dieser Kinderhand, versetzt meinem Herzen einen Stich, was mich leicht zum Taumeln bring. Ich habe noch nie eine Kinderhand gehalten und kann mir nicht erklären, warum mich dieser Kontakt so aus der Bahn wirft.

Ich ziehe ihn näher an mich heran, denn ich habe das Gefühl ihn beschützen zu müssen. Gemeinsam gehen wir in Josés Zimmer und bleiben vor dem Bett stehen. José liegt noch genauso da, wie ich ihn verlassen habe. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich fast glauben er schläft wirklich.

„Jo?", fragt Christian besorgt.

„Christian, damit José schnell wieder gesund wird, muss er noch ein bisschen schlafen. Komm wir fahren jetzt zu deiner Mommy, ok?"

Ein Lächeln erhellt Christians Züge. „Ja, ja zu Mommy fahren.", quietscht er vergnügt und rennt in sein Zimmer. Langsam gehe ich ihm hinterher und muss lächeln, als ich ihn vor seinem Schrank stehen sehe. Gemeinsam suchen wir in etwas Passendes heraus und schon nach 10 Minuten ist Christian reisefertig.

Das Eis zwischen uns scheint langsam zu brechen. Es macht mir Spaß meine Zeit mit diesem kleinen Mann zu verbringen. Von Sekunde zu Sekunde gefällt mir der Gedanke, ihn bei mir zu behalten immer besser. Dennoch spuken die Gedanke, von dem was sich in Seattle zu selben Zeit abspielt, unaufhörlich in meinem Kopf herum.

Eine Stunde später befinden Christian und ich uns auf der Fähre in Richtung Frankreich. Christian hat es sich auf der Rückbank gemütlich gemacht und ist auf der Fahrt hierher eingeschlafen. Ich schnappe mir mein zweites Handy und wähle erneut Anas Nummer und beglückwünsche mich gleichzeitig zu meinem Coup.



Zurück in Christians Büro

Mein Handy klingelt erneut, aber keiner von uns rührt sich.

Gedankenverloren streichelt Christian mit den Fingerspitzen über meine Schulter, meinen Arm entlang und küsst mich sanft auf die Stirn.

Seine Zärtlichkeit rührt mich zu Tränen. Meine Augen brennen, als die ersten Tränen fließen und auf seine Brust topfen.

„Schhh, weine nicht, Ana. Es wird alles gut." Vorsichtig streichelt mir Christian über das Haar und küsst mich sanft auf die Stirn.

„Schhh Kleines. Weißt du was? Ich habe Hunger. Wollen wir etwas Essen gehen?" Christian beugt sich zu mir, küsst die Tränen fort und strahlt mich an. Ich lächle ihn schniefend an und nicke. Ich habe tatsächlich einen Bärenhunger, da ich heute Morgen vor Aufregung fast keinen Bissen herunter bekommen habe.

Wieder dieses Klingeln.

„Da ist aber jemand hartnäckig.", sagt Christian verschmitzt, als er aufspringt und im Bad verschwindet. Ich bewundere seine Kehrseite mit dem knackigen Hintern und den muskulösen Beinen. Sekunden später erscheint er wieder in der Tür und grinst über das ganze Gesicht. In seiner Hand wedelt er mit einer Boxershorts. Ich schaue ihn wohl sehr verwundert an, denn grinst jetzt noch breiter.

„Du hast kein Höschen mehr.", sagt er spitzbübisch und zieht seine Augenbrauen fragend nach oben. Verlegen schüttle ich den Kopf und muss grinsen, als die Shorts im nächsten Moment auf meinem Kopf landet.

Als ich aus dem Bad zurückkomme, sitzt Christian in einem neuen Anzug auf der Couch, mit meiner zerfetzten Unterwäsche in der Hand und wartet immer noch grinsend auf mich. Ich werde rot und lächle verlegen.

„Wollen wir?", frage ich und deute auf die Tür.

„Oh ja gerne. Ich bin fast verhungert. Aber vielleicht solltest du vorher mal nachsehen, wer seit zwei Stunden versucht dich im Zehnminutenrhythmus zu erreichen. Es schein dringend zu sein."

Verwundert runzele ich die Stirn. Ich habe es klingeln hören, aber nur zwei Mal. Wie aufs Stichwort, erklingt mein Handy in meiner Handtasche. Ich ziehe es heraus und schaue auf das Display. Eine mir unbekannte Nummer wird angezeigt. Und mit Entsetzen sehe ich am oberen Bildschirmrand, dass José elf Mal versucht hat mich zu erreichen. Ein kalter Schauer läuft meinen Rücken herunter. Rasch wische ich über das Display und halte das Handy ans Ohr. Als mir gewahr wird, wer am anderen Ende der Leitung ist, beschleicht mich eine dunkle Vorahnung.

„Hallo Ana, hier ist Elena. Du bist wirklich ein böses Mädchen. Einfach nach Seattle fliegen, wie ungezogen zz zz. Ich habe dich doch ausdrücklich davor gewarnt. Aber du wolltest ja nicht auf mich hören. Du bist gerade bei ihm nicht wahr? Ich weiß es von Andrea. Ich hoffe, du hast ihm noch nichts erzählt. Das wäre wirklich nicht gut, gar nicht gut."

„Was wollen Sie?", frage ich verwundert. Diese verrückte Person gehört wirklich in ärztliche Behandlung. Mit einer Grimasse drehe ich mich zu Christian um, der mich aufmerksam beobachtet, und zeige auf die Uhr. Noch fünf Minuten. Er nickt mit nachdenklicher Miene.

„So Schätzchen. Du hörst mir jetzt genau zu und gibst keinen Laut von dir, schon gar nicht gegenüber Christian. Er muss ja nicht erfahren, dass wir beide uns so gut verstehen, nicht wahr? Als erstes solltest du unbedingt einen Krankenwagen zu deiner Wohnung schicken. José braucht glaube ich Hilfe." Augenblicklich werde ich kreidebleich und muss mich setzen. Mit eiskalten Fingern umklammere ich das Telefon und halte es an mein Ohr gepresst. Als ich mir ihre Worte durch den Kopf gehen lasse, wird mir schlecht. Nur unter größter Anstrengung kann ich ein Würgen unterdrücken. Ich habe meinen kleinen Sohn bei José zurückgelassen und José braucht jetzt Hilfe. Wo ist mein Kind? Ich schlucke den nächsten Würgereiz herunter und versuche die schrecklichen Bilder, die sich vor meinem inneren Auge abspielen, zu verdrängen und konzentriere mich auf Elena.

„Wwas, ist mit?", frage ich krächzend.

„ICH SAGTE KEINEN LAUT! VERSTANDEN?", brüllt Elena in den Hörer.

Ich antworte nicht, drehe mich aber von Christian weg, damit er mein entsetzten Gesichtsausdruck nicht sehen kann. Nur am Rand nehme ich wahr, dass er ebenfalls telefoniert.

„So ist es gut. Hast du Christian schon etwas erzählt? Nur ja oder nein!"

„Nein"

„Braves Mädchen. Und das wird auch so bleiben. Soll ich dir auch sagen warum? Weil du deinen Sohn nie wieder sehen wirst, solltest du Christian auch nur ein Sterbenswörtchen erzählen."

Schockiert ziehe ich scharf die Luft ein und schlage mir die Hand vor den Mund. Die Angst um mein Kind schnürt mir die Kehle zu.

„So nun nicht so dramatisch, Ana. Reiß sich zusammen, deinem Sohn geht es gut. Christian darf auf keinen Fall misstrauisch werden. Nach unserem Telefonat erzählst du ihm, dass ein dir nahe stehender Arbeitskollege einen schweren Verkehrsunfall hatte und du dringend nach London zurück musst. Das wird er dir abnehmen. Du warst schon immer Mutter Theresa. Sobald du gegangen bist, fährst du umgehend zum Flughafen und steigst in den ersten Flieger nach London. Und wenn dir das Leben deines Kindes lieb ist, kehrst du nie wieder nach Seattle zurück. In London wartest du, bis ich mich melde und dir sage, wo du dein Kind in Empfang nehmen kannst. Hast du mich verstanden?"

„Ja ich komme.", sage ich mit brüchiger Stimme.

„Oh gut, dann sind wir uns einig. Ach ja die Polizei lass besser aus dem Spiel. Wir wollen doch nicht, dass dem Kleinen etwas passiert oder?" Dann ertönt ein Knacken und die Leitung ist tot. Einige Augenblicke bleibe ich mit dem Handy am Ohr so sitzen und versuche mich zu sammeln. Dann lasse ich die Hand sinken und stecke das Telefon in meine Tasche. Mit zittrigen Knien stehe ich auf und wende mich um.

Christian hat sein Telefonat schon beendet und beobachtet mich. Er steht mit verschränkte Armen an seinem Schreibtisch, genau wie heute Morgen, denke ich und eine Träne des Verlustes rinnt meine Wange herunter.

„Ist etwas passiert, Ana?", fragt er besorgt und kommt auf mich zu.

Ich nicke schwer schluckend, kann aber nichts sagen. Hilfesuchend blicke ich zu ihm auf und eine weitere Träne findet ihren Weg. Mit meinen Augen versuche ich ihm zu sagen, was ich nicht aussprechen darf. Elena hat unser Kind Christian, unser Kind! Ich weiß, dass diese Person nie Ruhe geben wird. Sie will Christian und schreckt nicht davor zurück, sich an einem kleinen Kind zu vergreifen. Und das lässt mir nur eine Wahlmöglichkeit. Nur wenn ich Christian endgültig gehen lasse, ist mein Kind in Sicherheit.

Ich habe mich entschlossen, Christian von diesem Unfall in London zu erzählen, dies aber so ausschmücken, dass es zu einem endgültigen Bruch zwischen uns führen wird. Ich wappne mich innerlich für den endgültigen Abschied von ihm. Ich liebe ihn und es fällt mir so schwer ihn gehen zu lassen. Die Zeit, die ich heute mit ihm verbringen durfte, werde ich nie vergessen und immer in meinem Herzen tragen. Noch einmal schaue ich in seine Augen. Zärtlichkeit liegt darin und Sorge. Es zerreißt mir das Herz, aber ich muss es tun, für meinen Sohn.

„Christian", beginne ich mit zittriger Stimme.

„Es tut mir sehr leid. Ich hätte nicht herkommen dürfen. Ich habe gerade erfahren, dass ein Mann, der ein sehr wichtiger Teil meines Lebens ist, einen schweren Verkehrsunfall erlitten hat. Ich muss zu ihm. Ich liebe ihn und ich möchte an seiner Seite sein. Ich bin nach Seattle gekommen, weil ich dich um Verzeihung bitten wollte. Es tut mir leid, was damals und auch was eben zwischen uns geschehen ist. Das hätte nicht passieren dürfen. Ich habe mich vergessen. Es tut mir sehr leid. Behalte mich bitte in guter Erinnerung, so wie ich dich. Ich werde dich nie vergessen. Lebe wohl, Christian."

Als ich bei meiner Offenbarung, seine Verbitterung und den Schmerz in seinen Augen sehe, wird mir eiskalt. Das halte ich nicht länger aus, stürme mit der Hand vor den Mund aus seinem Büro, an Andrea vorbei zu den Aufzügen. Als die Türen aufgehen, falle ich in den leeren Fahrstuhl und sacke zusammen. Ich habe solche Angst um meinen Sohn und um José und bete, dass es den Beiden gut geht. Im Augenwinkel nehme ich verschwommen wahr, wie Taylor am Fahrstuhl vorbei eilt, in Richtung Christians Büro. Dann schließen sich die Türen.

Unten angekommen, wähle ich sofort Josés Nummer und lande auf der Mailbox. Verzweifelt versuche ich es bei Jane und habe Glück. Als ich ihr kurz schildere, dass José verletzt in meiner Wohnung liegt, ist sie entsetzt, behält aber einen klaren Kopf und verspricht mir, umgehend zu meiner Wohnung zu fahren.

Auf dem Weg zum Flughafen halte ich mein Handy krampfhaft fest und hoffe auf eine Nachricht von Elena oder Jane. Ich versuche erst gar nicht die Tränen wegzuwischen, die Meine Wange unaufhörlich herunter laufen. Es ist alles meine Schuld. Sollte meinem Kind etwas passieren, werde ich es mir nie verzeihen.

****

Ähm, wisst Ihr, was mich interessieren würde? Wie ist die Sexszene für Euch gewesen? Ich habe mir dabei wirklich einen abgebrochen. Irgendwie soll es ja erotisch bleiben und kein Porno werden. Also ich würde mich freuen, wenn Ihr mir Eure Gedanken und Gefühle mitteilen würdet. 

Danke und LG Marit


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