Ein schwarzer Audi, viele Emotionen und ein Brief von Kate
Durch mein geplatztes Kaffeetrinken mit Mike, haben Christian und ich nun genug Zeit, um unseren Lieblingsspielplatz zu besuchen. Ein kleiner Fußmarsch durch den Park und schon sind wir da. Kaum dort angekommen, befinden wir uns auch schon auf der langen Naturrodelbahn und rutschen auf unseren Hosenböden nach unten.
Nach drei Stunden ausgiebigem klettern, rutschen und buddeln, sind wir ausgehungert und schmutzig, bis hinter die Ohren. Mit rotglühenden Wangen und zu Berge stehenden Haaren, machen wir uns auf den Weg nachhause.
Wir lachen, springen auf den Gehwegsteinen und singen lautstark das neue Lied, das Christian heute von seiner Tagesmutti gelernt hat. Als wir um die letzte Ecke in unsere Straße einbiegen, bleibe ich wie angewurzelt stehen und ziehe Christian hektisch, hinter mich.
Vor unserem Haus steht ein schwarzer Audi SUV mit getönten Scheiben und laufendem Motor. Diesen Wagen habe ich hier noch nie gesehen, was nur eines bedeuten kann: Christian Grey hat mich gefunden! Nach drei Jahren, voller Vorsicht und Abgeschiedenheit hat er es doch geschafft mich aufzuspüren.
Angst kriecht in meine Glieder und ich überlege rasend, was ich jetzt machen soll. Am besten wäre es zu verschwinden, aber in der Wohnung sind so viele Dinge, ohne die ich nicht gehen will. Panisch scanne ich die Umgebung nach seinen Männern ab. Vielleicht sind einige von ihnen ausgestiegen und suchen nach uns. Aber nirgends ist etwas Verdächtiges zu sehen.
Vorsichtig schiebe ich Christian und mich hinter einen parkenden Transporter. Von hier aus, kann ich das Geschehen sehr gut überblicken, ohne selbst entdeckt zu werden. Eine Weile passiert nichts, doch dann werden unvermittelt die hinteren Türen des Wagens geöffnet. Ich erstarre und kaue verbissen auf meiner Unterlippe. Mein Herz klopft bis zum Hals und das Blut rauscht in meinen Ohren. Ich bin so angespannt, dass die Zeit scheint still zu stehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit, erblicke ich ein paar weiße Gesundheitsschuhe, die aus dem Wageninneren hervor blitzen. Dieser Anblick verunsichert mich noch mehr. Wie gebannt fixiere ich die Schuhe und merke erst, als ich das nette Rentnerehepaar von gegenüber erkenne, dass ich den Atem angehalten habe. Mir ist so schwindelig, das sich mich am Transporter abstützen muss, um nicht zusammen zu brechen.
Als die Anspannung sich endlich löst, atme ich schwer. Ein lauter Schluchzer, den ich mit einem Räuspern zu überspielen versuche, entrinnt sich meiner Kehle. Tränen der Erleichterung laufen mir über die Wange, als ich niederknie und meinen Sohn fest in meine Arme schließe. Es ist nichts geschehen, wir sind in Sicherheit. Mir ist aber bewusst, dass es so nicht weitergehen kann. Ein Leben in ständiger Angst, wird mich umbringen oder verrückt machen und zu Letzterem fehlt nicht mehr viel. Dessen bin ich mir seid heute bewusst.
Christian quengelt und möchte nachhause. Es ist schon spät und er ist müde und hungrig. Schnell überquere ich mit ihm im Arm die Straße und verschwinde in unserem Hauseingang. Den Kopf an die Wand gelehnt, atme ich erst einmal durch. Der Schreck sitzt mir schwer in den Knochen. Ich habe Mühe, mich aufrechtzuhalten.
Im Briefkasten finde ich einen Brief. Er ist von Kate. Mit geschlossenen Augen drücke ich ihn fest an meine Brust. Zu meiner noch immer in mir schmorenden Angst, gesellt sich ein sehr schmerzhaftes Gefühl... Heimweh.
Aber schon im nächsten Moment mache ich mir Sorgen. War Kate beim Verschicken des Briefes vorsichtig? Ich mache mir selbst Mut, in dem ich mir einrede, dass es schon so lange gut ginge und Kate weiß, auf was sie achten muss. Seit 3 Jahren schreibt sie mir heimlich und in regelmäßigen Abständen Briefe, in denen sie mich über alle Neuigkeiten die in Seattle passieren und über ihren Wahnsinnsjob bei einem Verlag, auf dem Laufenden hält. Christian erwähnt sie nie. Dafür bin ich ihr sehr dankbar.
Ich stopfe den Brief in meine Jackentasche und steige mit wackligen Beinen, die Treppe nach oben.
Nach der Dusche fühle ich mich schon viel besser. Christian trällert immer noch das neue Lied und spielt dabei mit Ole. Der rote Kater hat sich gut bei uns eingelebt und genießt es von uns verwöhnt zu werden. Irgendwie hat er es geschafft, sich in kurzer Zeit in unsere Herzen zu schleichen. Ich schmunzele, als ich die beiden auf der Erde tollen sehe, gehe dann aber in die Küche, um uns Makkaroni mit Käse, Christians Lieblingsessen, zu kochen. Danach geht’s noch ab in die Wanne. Ich kitzle den kleinen Kerl und er planscht so übermütig, dass ich von Kopf bis Fuß nass bin. Mit seinem lauten Lachen und seiner ansteckende guten Laune, schafft es Christian, mich jedes Mal, aus meinem Tief zu ziehen. Wir kichern die ganze Zeit und lachen, bis uns die Bäuche wehtun.
Als es Zeit fürs Bettchen wird, wartet Ole schon schnurrend in Christians Zimmer. Eigentlich mag ich es nicht, wenn der Kater in Christians Bett liegt aber Christian freut sich so darüber, dass ich es ihm nicht abschlagen kann. Wir kuscheln uns ganz eng aneinander. Voller Vorfreude auf die Gutenachtgeschichte sieht Christian mich mit diesem glücklichen Ausdruck an, den ich so sehr an seinem Vater geliebt habe.
Was würde Daddy sagen, wenn er wüsste, dass es dich gibt? Diesen Gedanken schiebe ich ganz schnell beiseite und lese ihm die Geschichte vom Kleinen Entchen vor. Als er nach zwei Seiten eingeschlafen ist, sitze ich noch lange auf seinem Bett und sehe meinem Sohn, der mich damals gerettet hat, beim Schlafen zu. Ohne ihn wäre ich gestorben. Er ist jetzt mein Leben.
Um 22:00 Uhr liege ich selbst, mit Kates Brief in der Hand, im Bett.
„Hallo Ana,
geht es dir gut? Jetzt sind es schon über drei Jahre, die wir uns nicht mehr gesehen haben. Du fehlst mir und es tut weh, dich nicht bei mir zu haben. Gerade jetzt brauche ich dich. Es ist so viel passiert, seit ich dir das letzte Mal geschrieben habe. Viel lieber würde ich dir alles, bei mir zuhause auf der Couch, persönlich erzählen und mich über deinen Gesichtsausdruck lustig machen, wenn du von den Neuigkeiten erfährst. Aber das geht ja leider nicht. Dann muss ich es eben alles aufschreiben. Also... Tada... Trommelwirbel... Elliot hat mich gefragt, ob ich ihn heiraten möchte und ich habe ja gesagt. Kannst du dir das vorstellen? Ich als treusorgende Ehefrau? Ich krieg mich überhaupt nicht mehr ein, muss ständig lachen und weinen vor Freude. Heiraten werden wir aber erst im nächsten Sommer. Ich hoffe, dass ich bis dahin mein altes Gewicht wieder habe und in ein Kleid in 34, maximal 36 passe. Na ahnst du schon was? Sieh dir das Bild an, das ich mitgeschickt habe. Und kannst du was erkennen? Nee? Ich auch nicht. Es sieht aus wie eine Bohne oder Erdnuss, aber was soll ich sagen. Ich liebe diese Erdnuss. Das kleine Ding wächst in mir und in 7 Monaten wird ein kleiner Eliot (Ich hoffe es wird ein Junge. Du weißt ja, ich mag lieber Jungs J) auf die Welt kommen. Eliot freut sich sehr Vater zu werden und seine Eltern und Mia sind auch aus dem Häuschen.
Jetzt fehlst nur noch du zu meinem Glück. Komm zurück! Du hast noch ein paar Monate Zeit, es dir zu überlegen, aber als Patentante, muss man sich um sein Mündel kümmern und als Trauzeugin, muss man während der Trauung anwesend sein.
Ana, bitte komm endlich Heim.
Ich liebe dich.
Deine Kate“
Schluchzend und mit einem heftigen Schluckauf, mache ich das Licht aus und drehe ich mich auf die Seite. Kate und Elliot und ein Baby? Ich kann es wirklich kaum glauben. Es ist eine so schöne Nachricht von zuhause aber gleichzeitig zerreißt es mir das Herz.
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Im nächsten Kapitel gibt es eine Rückblende, in die Zeit vor drei Jahren.
LG
Marit
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