Kapitel 4.4
Sezuna runzelte etwas die Stirn. Die Lycaner waren also die nächsten. Irgendwie klang es logisch. Die Mikitos waren die Bedrohung und die Hüterin sollte diese aufhalten. Um aber nicht zu stark zu werden, hatte sie eine Schwäche, die jedoch leicht ausgenutzt werden konnte. Wahrscheinlich entschied man sich daher dazu, die Lycaner zu schaffen, um die Hüterin in dieser Zeit zu schützen. Nicht so mächtig wie die Hüterin, aber in der Masse kraftvoll genug, um so lange durchzuhalten, bis die Hüterin wieder mächtig genug war.
»Doch was dann geschah sorgte für erneuten Ärger. Plötzlich waren da Gefühle, mit denen die Drachen nicht gerechnet hatten. Ein Mikito verliebte sich in die Hüterin. Und auch ein Lycaner beanspruchte sie für sich.
Es kam zum Kampf bei dem die Mikito fast vollständig ausgelöscht worden.« Nemesis Stimme klang ruhig, während er erzählte, doch Sezuna glaubte so etwas wie Sehnsucht zu hören. Er erzählte so, als wäre er dabei gewesen. Ob er zu diesem Zeitpunkt schon existiert hatte? Er als Höllenfürst musste immerhin sehr alt sein.
Sezuna schwieg jedoch, denn im Moment erzählte er einen Teil der Geschichte und nicht alles. Wahrscheinlich wäre das auch zu viel.
Neugierig wie es weiterging, betrachtete Sezuna den Höllenfürsten aufgeregt. Das sorgte dafür, dass er weitersprach, auch wenn er leicht schmunzelte: »Um das Blutvergießen zu verringern wurden die Heiler geschaffen. Sie sollten auf magischen Wege heilen und die Verletzten versorgen. Dazu kamen die Magier, von denen man sich erhoffte mit ihrer Weisheit und Geduld Gleichgewicht in die Situation zu bringen, doch das reichte nicht. Sie alle dienten der Hüterin, die eine Macht über sie hatte, die man später Königinnen zuteilen konnte. Zudem besaß sie die Macht in sich, die eigentlich die Drachen hatten. Sie konnte in ihrem Körper Sternenstaub bilden. Das war so mächtig, dass die Drachen sich entschieden einen Mann zu erschaffen, der nicht so sehr in ihrem Bann stand, wie die anderen. Er sollte sie lieben, so wie sie ihn liebte und gleichzeitig sollte er in der Lage sein, die Magie der Hüterin in sich aufzunehmen. Wir sprechen hier von dem ersten Speicher, der je existierte. Die Gabe eine Königin zu besänftigen und ein untrennbares Band mit ihr einzugehen, wird heute den Königen zugeschrieben, denn nicht mehr viele sind in der Lage Sternenstaub aufzunehmen.«
Für einen Moment war Sezuna verwirrt, weshalb ihr die Pause gerade recht kam. Sie runzelte leicht die Stirn und versuchte, das Gesagte zu verstehen. Die Hüterin war zu stark, weil sie eigentlich so etwas wie in Drache war? Und der Mann an ihrer Seite konnte ihre Kraft aufnehmen? Das klang interessant, auch wenn sie noch nicht alles verstand.
»Was war der Mann für eine Rasse?«, fragte sie vorsichtig und unterbrach ihn so.
Der Höllenfürst antwortete knapp, dass es sich um einen Engel gehandelt hatte. Dabei machte er eine Andeutung, dass diese aus der Hölle kamen, was Sezuna verwirrte. Sie fragte jedoch nicht weiter. Später konnte sie hoffentlich noch Fragen stellen.
Sezuna versuchte, sich alles vorzustellen. Ein Engel also. Das erklärte vielleicht, warum viele diese für göttliche Wesen hielten. Es machte irgendwie Sinn.
Schließlich nickte sie Nemesis zu. Er sollte weitersprechen, denn sie konnte ihre Neugier darauf, wie es weiterging nicht unterdrücken.
»Nun war die Arbeit der Drachen getan und es war Ruhe eingekehrt. Der Planet, der regelmäßig durch die Hüterin mit Sternenstaub versorgt wurde, würde weiterleben, auch wenn die Drachen nicht mehr waren. Die Rassen breiteten sich aus und es herrschte Ruhe, doch schon bald standen sie vor einem neuen Problem. Wohin mit den toten Seelen, die im Raum umherschwebten?« Sezuna blinzelte. Sie hatte angenommen, dass dies bereits vorher geklärt gewesen war und der Höllenfürst sich bereits darum gekümmert hatte. Da hatte sie sich wohl geirrt.
»Zuerst versuchte man es mit Seelenbäumen, doch ihre Kapazität war bald erschöpft. An dieser Stelle wurde ich geschaffen«, sprach Nemesis und Sezuna riss überrascht die Augen auf. Dann hatte er es also doch nicht miterlebt! Woher wusste er es dann? Von den Sternenstaubdrachen? Hatte er vielleicht eine Verbindung zu diesen? »Der Höllenfürst, der die Aufgabe hat, die Seelen einzusammeln und von ihrem früheren Leben zu reinigen. Um die Seelen einzusammeln, wurden Engel geschaffen, die diese Seelen in ihren Flügeln sammeln konnten. Ihr Vorbild war der erste Engel, denn er war sehr mächtig. Die Drachen wollten sie lieber bei mir in der Hölle sehen als bei den anderen auf Yama. Meine Aufgabe ist es, die gereinigten Seelen zu den Seelenwächtern zu bringen. Ihre, von den Drachen zugeteilte, Aufgabe ist es, die Seelen zu verwahren, bis sie wiedergeboren werden können. Und dann wurde noch die Schicksalsgöttin geschaffen. Ihre Aufgabe ist es, die Seelen, die wiedergeboren wurden, zu leiten und somit das Gleichgewicht zu halten«, beendete der Höllenfürst seine Ausführung. Er musterte sie und konnte wahrscheinlich das Funkeln in ihren Augen erkennen. Sie hatte viele Fragen, musste aber erst einmal all die Informationen verdauen.
»Das ist Wahnsinn«, hauchte sie und hielt eine Scheibe einer Sikana Frucht in der Hand, ohne sie zu essen. Der Saft der rötlichen Frucht tropfte über ihre Hände auf den Teller, doch sie war zu gebannt von seiner Erzählung gewesen, um wirklich ans Essen zu denken. Jetzt legte sie die Frucht zurück und reinigte sich mit einem Tuch die Hände, während sie sprach. »Mutter hat mir immer eine andere Geschichte erzählt«, gestand sie verlegen. Im Grunde hatte sie ihn nicht die Wahrheit gesagt, als er gefragt hatte, was sie über die Entstehungsgeschichte wusste, doch sie hatte seine Version hören wollen.
Nemesis hob eine Augenbraue. »Ich dachte, du kennst sie nicht«, bemerkte er trocken. Zum Glück schien er eher belustigt als böse zu sein.
Sezuna lächelte schief. Es legte sich sogar eine sanfte Röte auf ihre Wangen. »Diese kannte ich tatsächlich nicht«, gestand sie und wirkte etwas kleinlaut, aber nicht eingeschüchtert. Seine größtenteils menschliche Gestalt machte ihr keine Angst. Nicht so, wie es bei seiner Dämonenform der Fall gewesen war. »Ich habe befürchtet, dass Ihr sie mir nicht erzählt, wenn ich sage, dass ich sie schon kenne«, sagte sie und blickte ihn mit großen, unschuldigen Augen an. Bei ihrer Mutter funktionierte das immer.
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