Kapitel 27
Nemesis betrachtete das Bild, das sich in seiner Kristallkugel spiegelte.
Ein Lächeln zierte seine Lippen. Seitdem er Sienna kennengelernt hatte, beobachtete er ihre Familie und half ihnen immer wieder aus. Dass nun Shioni, eine Urenkelin von Sienna, Reichskönigin werden sollte, gefiel ihm sehr. Sie war eine sehr warmherzige Frau, die etwas in ihm berührte.
Das war auch der Grund, warum er vielleicht einen Schritt zu viel getan hatte, doch er bereute es nicht.
Nemesis ließ seine Kugel schwarz werden, bevor er sich erhob. Während er durch den Raum schritt, wurde der Dämon kleiner, bis er menschliche Größe angenommen hatte. Seine schwarzen Schuppen verschwanden und die Hörner wurden von einem Sichtschutz überzogen, damit er nicht so sehr auffiel.
Seinen Teufelsschwanz schlang er um seine Hüfte, bevor er mit einer Handbewegung einen Mantel heraufbeschwor, den er sich überzog. Es wurde Zeit, dass er zu seiner Geliebten kam, um ihr bei der Krönung beizustehen.
Es war ein besonderer Tag. Nicht nur für Shioni, auch für ihn.
Mit einem langen Schritt trat er auf einen großen Wandspiegel zu und verschwand darin, nur um wenig später in der Stadt Yama, die er hatte wachsen und sich ändern sehen, auftauchte.
Niemand bemerkte ihn, bis er es wollte. Eine Gabe, die ihn sehr gelegen kam. Daher bemerkte ihn auch niemand, als er mitten in der Menschenmenge, die zur Krönung gekommen war, auftauchte.
Er lief zwischen ihnen entlang und zu dem Platz, auf dem Shioni gerade symbolisch die Krone aufgesetzt wurde.
Seine violetten Augen strahlten, als ihr goldener, funkelnder Blick auf ihn fiel. Sie bemerkte ihn. Das tat sie immer. Freude war in ihrem Blick zu erkennen. Ob wegen der Krönung oder seiner Gegenwart konnte er nicht sagen.
Sein Herz wärmte sich und er freute sich auf den Abend, den sie gemeinsam verbringen würden. Sie hatte sich schon längst daran gewöhnt, dass er nicht immer Zeit hatte und nur kam, sobald es ihm möglich war, doch es schien sie nicht zu stören.
Die Krönung ging vorbei und am Ende tanzte die gesamte Stadt, während sich die neue Reichskönigin mit ihrem Geliebten langsam zurückzog.
Dabei hatte sie sich bei Nemesis eingehakt und schritt lachend neben ihm her. »Weißt du, heute habe ich noch eine Überraschung für dich«, sagte sie neckend, was Nemesis erstaunte.
Er schenkte ihr sein typisches Lächeln, das immer irgendwie träge, fast arrogant wirkte. »Ach so? Was hast du denn noch vor?«, wollte er wissen. Das entlockte ihr ein helles, melodisches Lachen. Sie war ein wunderschöner Sonnenschein.
»Nichts. Aber ich möchte dir ein Geheimnis verraten«, sagte sie mit funkelnden Augen, während es um sie herum etwas ruhiger wurde, weil sie sich im Schutz der Dunkelheit auf das Schloss zubewegten. Sie genossen die bunten Lichter, welche die Häuser erhellten und doch nicht den Blick auf die wunderschönen Sterne verhinderten.
»Du machst mich neugierig«, sagte er liebevoll und fragte sich, was so wichtig war, dass sie ein solches Geheimnis daraus machte. Zudem wirkte sie unnatürlich aufgeregt, was er zuerst auf die Krönung geschoben hatte, doch nun war sie vorbei und sie müsste sich eigentlich wieder beruhigen.
Da ihnen nicht nur Mikoto, sondern auch einige Wachen in angemessener Entfernung folgten, war es wohl nicht so einfach darüber zu sprechen. Itaris hörten sehr gut.
Shioni hielt an, stellte sich auf ihre Zehenspitzen und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
Für einen Moment glaubte Nemesis, dass er sich verhört hatte, doch dann drang die Information zu ihm durch.
Strahlend packte er sie, hob sie hoch und drehte sich mit ihr, während ihr Lachen erklang. Er selbst strahlte vor Freude darüber, dass er Vater werden würde. Schon jetzt liebte er das Kind. So wie er die Frau liebte, die seine Sonne in dem tristen Alltag seiner Arbeit geworden war.
Zu diesem Zeitpunkt wusste Nemesis noch nicht, dass es seine letzte Gelegenheit sein würde, in der er Shioni im Arm halten durfte.
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