Kapitel 26.1

Sezuna streifte durch die Gänge des Höllenschlosses und blickte immer wieder zu den Fenstern hinaus auf den roten Sand. Sie war nervös.

Nemesis hatte ihr erzählt, dass er Yuna gern einer Freundin vorstellen wollte, was irgendwie seltsam klang. Zudem wusste sie nicht einmal, ob sie nun ihr Seelentier hatte oder nicht. Dass ihre Schwester jetzt nicht mehr hier war, beunruhigte sie, doch sie konnte nicht genau sagen, warum. Vielleicht lag es daran, dass diese dunkle Macht noch immer die Dämonen verwirrte und verrückt machte. Der Angriff in der Turnhalle hatte dafür gesorgt, dass sie ihre Sinne schärfte. Im Moment schien es jedoch sicher zu sein, denn sie spürte diese seltsame Macht nicht mehr. Trotzdem war es vielleicht nicht die schlauste Idee, allein herumzulaufen.

Eigentlich waren sie recht oft getrennt und wussten doch immer irgendwie, wie es der anderen ging. Auch jetzt spürte Sezuna Yunas Aufregung, doch sie hatte Angst, dass diese Verbindung abbrach, wenn sie zu weit weg war. Zudem wusste sie nicht genau, wohin Nemesis sie bringen würde, und das gefiel ihr gar nicht. Normalerweise hatte sie zumindest immer eine Ahnung oder brachte den Stein ins Rollen. Jetzt musste sie dem Höllenfürsten vertrauen. Was ihr zwar nicht so schwerfiel, aber trotzdem war es ungewohnt. Eigentlich vertraute sie lediglich Allan und Yuna, ohne zu hinterfragen. Selbst Yui vertraute sie noch nicht in allen Belangen.

Sezuna blickte erneut hinaus auf die rote Sandsteinwüste, wo kein Wind wehte. Irgendetwas beunruhigte sie sehr, doch sie konnte nicht sagen, was. Vielleicht war es gar nicht die Sache mit Yuna und Nemesis? Vielleicht war es eher die Sache mit Nemesis Bruder?

Sezuna atmete tief ein, bevor sie ihren Weg änderte und nicht zu Eves Zimmer ging, um sich dort mit Allan zu treffen. Stattdessen folgte sie einem Gefühl und lief die Treppe nach unten in den Empfangsraum.

Diesen durchquerte sie und ignorierte die Dämonen, die hier überall in den Schatten standen und warteten. Eigentlich hatte sie geplant hinaus in die Wüste zu treten, um etwas spazieren zu gehen, doch einer der Dämonen stellte sich ihr in den Weg.

»Der Höllenfürst wünscht nicht, dass Ihr allein hinausgeht«, sagte er barsch, aber irgendwie auch höflich.

Etwas, was Sezuna durchaus gewohnt war. Dämonen konnten nur sehr selten sanft sein. Sie klangen, auf Grund ihrer Sprache, sehr oft sehr schroff. Die Dämonensprache unterschied sich auch von der allgemeinen Sprache oder dem Itarischen, was Sezuna eigentlich sprach. Sie war sehr froh, dass fast alle Dämonen die allgemeine Sprache konnten. Das machte es einfacher, auch wenn sie lieber ihre dämonischen Worte nutzten. Manchmal sogar alles zusammen, was bei Sezuna Kopfschmerzen verursachte.

Sezuna kniff die Augen zusammen. Davon, dass sie nicht hinausdurfte, hatte Nemesis ihr gar nichts gesagt. Dann würde sie wohl ihren Plan ändern. »Ist Bel'shamaroth im Moment abkömmlich?«, fragte sie, in der Hoffnung jemand wusste, wo er sich aufhielt. Dann konnte sie ihre Zeit mit Übungen füllen und vielleicht so ihren Kopf freibekommen. Sie spürte noch immer dieses Ziehen, das sie nach draußen locken wollte.

»Er ist im Moment nicht da«, erwiderte ein anderer Dämon und klang herablassend, als er hinter Sezuna trat.

Diese drehte sich um und bemerkte, dass sich die Dämonen ihr näherten.

Die Mischung aus menschlichen Gestalten und tierischen Attributen machte sie unruhig. Allerdings nicht wegen des Aussehens, sondern wegen ihren Haltungen. Wie Raubtiere, die gerade mit ihrer Beute spielten. Dass sie die Beute war, weil sie das schwächste Wesen im Raum war, war ihr durchaus bewusst.

»Dann werde ich mich wieder in mein Zimmer zurückziehen«, verkündete sie. Bisher war sie mit den Dämonen sehr gut klargekommen. Warum waren sie plötzlich so seltsam? Lag das vielleicht an dieser seltsamen Macht, die aus dem Boden trat? An Xanados magischer Anwesenheit?

Sezuna bewegte sich, doch erneut stellte sich ihr ein Dämon in den Weg. Das sorgte dafür, dass sie Angst bekam und zurückwich. Jedoch waren auch dort Dämonen. Diese kreisten sie immer weiter ein. »Was tut ihr?«, fragte sie, versuchte jedoch fest zu klingen und sich nichts anmerken zu lassen. Was schwer war, da sie wusste, dass Dämonen Gefühle spüren konnten. Das würde sie auch gern können, denn dann wüsste sie, ob diese ihr etwas Böses wollten oder vielleicht doch nicht. Im Moment fühlte sie Angst in sich, weil die Haltung deutlich aggressiv war.

Sezuna spürte, dass irgendwas in der Luft lag. Es war seltsam, weil sich der Sternenstaub anders anfühlte. Als wäre er nervös und würde sich ständig bewegen, obwohl er das sonst nur tat, wenn Zauber gewirkt wurden. Aber so stark Sezuna sich auch konzentrierte, sie konnte keinen Wirker des Zaubers erkennen. Nicht einmal die Macht von Xanados spürte sie. Dabei musste diese doch der Auslöser sein.

Einer der Dämonen griff sie plötzlich an der Schulter und stieß sie damit zurück. Das ließ Sezuna wanken. Sie riss die Augen auf, weil ihr klar wurde, dass die Dämonen nicht spaßten. Ihr Herz begann heftig zu klopfen, weil sie nicht wusste, was sie tun sollte. »Lass das«, fauchte sie halbherzig und versuchte ihre Stimme zu nutzen. So, wie Nemesis es ihr beigebracht hatte. Es schien jedoch keine Wirkung zu zeigen. Sie war wohl einfach noch zu jung, um die Stimme einer Königin richtig einzusetzen. Oder aber die Dämonen waren viel zu stark. Beides keine guten Aussichten.

Erneut griff ein Dämon nach ihr und bohrte sogar seine krallenartigen Nägel in ihre Schultern. Er hinterließ einen brennenden Schmerz und sogar ein wenig Blut, das warm über Sezunas Haut lief. Das veranlasste Sezuna dazu, sich loszureißen. Dabei stolperte sie jedoch rückwärts und krachte gegen die harte Brust eines anderen Dämons. Dieser wand seine schlangenhaften Arme um sie, bevor eine dieser Schlangen sich in ihren Oberarm verbiss. Direkt neben der Stelle, die heftig blutete.

Sezuna schrie auf, als sie spürte, wie die Schmerzen von dieser Stelle aus durch ihren Körper schossen. Wollte er sie vergiften?

Aus Panik schickte sie eine Welle Sternenstaub durch ihren Körper und setzte sie an dem Punkt, wo die Schlange sie biss, frei. Das Tier zischte auf, ließ sie los und fing dann Feuer, was auch den Dämon dazu bewegte, sie loszulassen.

Sezuna stolperte vor und wollte eigentlich losrennen, doch sie fand keine Lücke mehr zwischen den Dämonen. Instinktiv streckte sie die Hand aus, um sich mit Windmagie einen Weg zu bahnen, doch der Windball, den sie auf die Dämonen schoss, in der Hoffnung sie machten Platz, ließ diese nicht einmal taumeln.

Panisch sah sie sich um, während sie spürte, dass der Sternenstaub der Umgebung versuchte, in sie einzudringen. Das war eine Reaktion auf ihre Panik und machte es ihr nicht leichter. Sie durfte die Dunkelheit von Xanados Magie nicht aufnehmen!

Keuchend wich sie gerade so einem Schwerthieb aus, der an ihrem Arm einen langen Schnitt hinterließ.

Sie fühlte sich, als würden die Dämonen einen Ringkampf mit ihr austragen. Nur einer bewegte sich und es schien, als würden sie ihr die Möglichkeit geben, sich zur Wehr zu setzen. Sie spielten mit ihr!

Sezuna wurde wütend, doch sie hatte auch Angst. Wenn nicht bald jemand kam, um ihr zu helfen, würde sie es wohl nicht überleben. Sie würde sich aber nicht so leicht geschlagen geben!

Um sich selbst zu schützen, zog sie den Sternenstaub der Luft zu sich und ließ ihn wie ein schützendes Schild um ihren Körper wandern. Er legte sich auf ihre Haut wie enganliegende Kleider, die sich mit ihren Bewegungen mitbewegten.

Einer der Dämonen, ein rabenartiger, klatschte. Er schien zu sehen, was sie tat. Was nicht so gut war, aber Sezuna war noch nicht gut genug, um so etwas zu verstecken. Das war einfach zu schwierig und brauchte zu viel Konzentration.

Dieser Zauber würde ihr nur ein wenig Schutz bieten und das wussten auch die Dämonen, weshalb sie sich davon nicht abschrecken ließen. Stattdessen begannen sie wieder, Sezuna zu schupsen.

Diese taumelte von einem Dämon zum anderen und wusste nicht, was sie tun sollte. Was war überhaupt los, dass sie sich so seltsam benahmen? Oder war es für Dämonen normal, dass sie so mit ihrer Beute spielten?

Sezuna versuchte, einen Zauber zustande zu bringen, doch da sie ständig hin und her taumelte, war das nicht gerade leicht. Dennoch schaffte sie es irgendwie den Sternenstaub an sich zu ziehen. Jedoch konnte sie ihn nicht als Zauber formen und verlor immer wieder die Verbindung zu diesem, während sie hin und her geschupst wurde.

Verärgert und traurig, weil sie sich machtlos fühlte, biss Sezuna die Zähne zusammen. Wenn sie doch nur stärker wäre.

Sie konnte in ihre Quelle hinabsteigen, wie es Nemesis sie gelehrt hatte, doch sie hatte versprochen es nicht ohne Anker zu tun. Nemesis war nicht da und auch Allan nicht. Das war zu gefährlich. Darum versuchte sie auch weiterhin, den Sternenstaub aus der Umgebung zu ziehen, was dafür sorgte, dass er sich um sie herum sammelte.

Dann spürte sie, wie erneut ein Angriff Kratzspuren auf ihr hinterließ, bevor sie zu Boden geschubst wurde.

Für einen Moment hatte sie das Gefühl die Kontrolle über ihren Körper zu verlieren. Etwas in ihrem Inneren begann sich Luft zu machen. Ihre Wut, die ihr Kraft verlieh? Dass Gefühle neue Kräfte verliehen, war nicht unüblich, doch das, was Sezuna spürte, machte ihr große Angst.

Es drängte sich von innen nach außen und panisch bemerkte sie, dass sich etwas durch ihre Haut schob. Es war schwarz und sorgte für Schmerzen an dieser Stelle. Dennoch wanderte es wie ein Wesen über ihre Haut und hinterließ schwarze Linien.

Sezuna wusste nicht, was es war und ihre Angst wurde größer. Statt sich gegen die Dämonen zu wehren, versuchte sie, sich gegen dieses Etwas, von dem sie annahm, es würde ihren Körper übernehmen, zu stellen. Zumindest fühlte es sich so an.

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