Kapitel 24

Während Yuna in der Seelentierhöhle nach einem Ei suchte und Sezuna die Turnhalle mit Blut tränkte, vollzog sich auf dem Planeten, auf dem die Zwillinge geboren waren, ein Ereignis, welches das Gleichgewicht der Welt sehr verändern würde.

Das Schloss, in dem einst Sezunas Mutter herrschte, strahlte eine Dunkelheit aus, die sich über die Jahre durch starke, negative Gefühle entwickelt hatte.

Jeder, der die hohen Türme sah, spürte nicht mehr wie früher Hoffnung in sich aufsteigen, sondern Verzweiflung.

Die Diener, die durch die Gänge huschten, wirkten vorsichtig und ängstlich. Hatten ihre Häupter gesenkt und versuchten, möglichst unauffällig zu sein. Was nicht zuletzt an dem Gast lag, den die neue Königin von Yama empfing.

Makoto war keine Person, der man gern begegnete, wenn sie schlecht gelaunt war. Ihre Aura war erdrückend und abschreckend, obwohl ihr Äußeres durchaus anziehend sein konnte.

Ihre langen, schwarzen Haare hatten einen interessanten, blauen Schimmer und die alabastafarbene Haut wirkte anziehend. Auch ihre Figur brachte wohl regelmäßig die Männer um den Verstand, da sie sehr wohlgeformt war. Kannte man sie allerdings, ließ man sich nicht von der Schönheit ihres Äußeren täuschen. Sie war eine Schlange. Eine wunderschöne, anziehende, aber hochgiftige Schlange.

Ihr azurblauer Blick war aus dem Fenster gerichtet und sie beobachtete, wie ihr Gast aus einer Kutsche stieg. Das Lächeln auf ihren rosafarbenen Lippen war eine Mischung aus Grausamkeit und Sinnlichkeit, das wohl vielen Männern den Kopf verdrehen konnte. Nur ihre Fingernägel, die unruhig auf das Holz des Fensterbrettes klopften, zeigten, wie ungeduldig sie eigentlich war. Das zeigte sie nur selten. Oft gab es gar kein Anzeichen darauf, dass ihr etwas nicht gefiel. Daher kamen ihre Reaktionen meist sehr unerwartet und vor allem heftig.

Es war der erste Monat in der Jahreszeit im Wasser. Im Monat des Krebses, während der blaue Mond schien, erwachte das Leben und kämpfte sich langsam durch den schmelzenden Schnee. Ein Schauspiel, das vielen Freude bereitete, doch Makoto lediglich seufzen ließ. Sie mochte den Schnee und das Eis mehr als die hellstrahlende, die Natur erwärmende Sonne. Dennoch brauchten sie die lebensspendenden Jahreszeiten, um überhaupt Nahrung zu haben. Sie tat es widerwillig, obwohl es in ihrer Macht stände, den ständigen Schnee und somit dauerhaft die Jahreszeit des Windes über das Land zu legen.

Makoto wandte sich vom Fenster ab und ging auf den Schreibtisch zu. Dort nahm sie sich eine Flasche und goss sich ein Glas Blutwein ein. Sofort füllte sich der Raum mit dem Geruch von Blut, was ihr sehr gut gefiel.

Das Glas mit dem Blutwein erwärmte sie, indem sie den Sternenstaub des Feuers in das Getränk fließen ließ, bis kleine Blasen an die Oberfläche stiegen. Dann nahm sie einen Schluck, bevor sie sich in die Sitzecke mit den eleganten Sofas zurückzog. Dort ließ sie sich nieder, legte die Beine übereinander und wartete darauf, dass ihr Gast hergeführt wurde.

Sie befand sich nicht in ihrem offiziellen Flügel, sondern in ihrem Arbeitszimmer. Weit weg vom Eingang und von ihren persönlichen Gemächern. Das hatte den Sinn, dass Besucher durch das Schloss mussten und somit einen Eindruck ihrer Macht erhielten. Zudem war es einfacher, diejenigen, die sie nicht mochte, von hier aus direkt in den Kerker zu bringen.

Makoto nippte an ihrem Blutwein und genoss ihn sichtlich. Es war zwar nicht ihre liebste Geschmacksrichtung, doch mit Lycaner hätte sie womöglich ihren Gast gekränkt. Dabei war es so wichtig, dass sie ausgerechnet diesen besonderen Gast nicht gegen sich aufbrachte.

Slach war der aktuelle Herrscher über die Lycaner auf dem Planeten Lucia. Dieser war dem Planeten Yama mit der gleichnamigen Hauptstadt am nächsten. Es gab sogar eine Stadt, die nach Luciana, der Hauptstadt von Lucia benannt war. Dort stand ein Portal, dass auf den Planeten der Lycaner führte. Ein Portal, das streng bewacht wurde. Dennoch war Slachs Ankunft niemanden aufgefallen, denn sie hatte für diese Dinge passende Leute.

Makoto hatte dafür gesorgt, denn nach dem Sturz des alten Herrschers Lucien, war nicht gewiss, wie die Lycaner zu den Itaris standen. Früher gab es Krieg, doch Makoto hatte andere Probleme. Slach, ebenfalls. So gesehen hatten sie sogar ähnliche Probleme.

Makoto musste schmunzeln. Eigentlich hatte sie ihn nachgeahmt, auch wenn sie ihre Tat schon Jahrhunderte lang geplant hatte.

Es war dennoch eher ein Zufall, dass Slach nur wenige Wochen, bevor Makoto ihre Schwester gestürzt hatte, seinen Bruder ebenfalls vom Thron gestoßen hatte.

Die Lycaner lebten nicht nach den Regeln der Königinnen, da es bei ihnen so gut wie keine geborenen Königinnen gab. Wenn doch, dann reagierten die Werwölfe sehr stark auf diese, weshalb sie oft sehr schnell getötet oder verbannt wurden. Diese Rasse kam mit Königinnen im Allgemeinen einfach nicht gut klar, weil sie sehr sensibel auf die Aura reagierten. Das würde Makoto nutzen.

Es dauerte nicht mehr lange und die Tür wurde von einem Diener geöffnet, der sich verneigte und Slach Samura, den Fürsten der Lycaner, ankündigte.

Makoto lächelte und strich sich eine Strähne hinter ihr spitz zulaufendes Ohr. Eine Geste, um etwas anziehender zu wirken.

Ihre Augen blickten auf die Tür, durch die ein Mann schritt. Mit seinen festen, weiten Schritten strahlte er Selbstsicherheit und Dominanz aus. Seine langen, weißen Haare waren offen, ließen ihn aber gar nicht so weiblich wirken, wie man hätte annehmen können. Der stechende Blick aus den silbernen Iriden war direkt auf Makoto gerichtet und in seinem weißen Mantel, der zu einer typischen Lycaneruniform gehörte, und den schwarzen, weiten Hosen, wirkte er mehr wie ein Kämpfer, der ein Schlachtfeld betrat. Nicht wie ein Diplomat. Das gefiel Makoto sehr.

Sie erhob sich, während die Tür hinter Slach geschlossen wurde. »Willkommen in Yama, Fürst«, sagte sie respektvoll, aber mit einer gewissen Note in der Stimme, die man leicht als spöttisch deuten konnte.

Slach machte eine wegwerfende Handbewegung und präsentierte dabei seine längeren, fast krallenartigen Fingernägel. Ein Zeichen von Stärke unter den Lycanern, denn nur die wirklich alten besaßen diese krallenartigen Nägel dauerhaft. »Lassen wir die Höflichkeiten«, sagte er unwirsch.

Makoto musste schmunzeln. »Nun gut, dann keine Höflichkeiten«, stimmte sie zu und setzte sich wieder.

Dass sich Slach scheinbar nicht setzte, störte sie nicht weiter. Sie schlug die Beine übereinander und blickte ihn an. Dadurch, dass er größer war, weil er stand, musste sie zu ihm hochsehen. Eine Position, die sie nutzte, um ihn ein zusätzliches Gefühl der Macht zu geben. Er würde es sicherlich nicht gutheißen, wenn sie sich anders präsentierte.

»Wir haben ein gemeinsames Problem«, bemerkte er ohne Umschweife. Makoto deutete auf den Sessel, doch dafür bekam sie nur einen abfälligen Blick. Es war ein Wunder, dass er überhaupt hier war, dann sollte sie wohl nichts weiter erwarten.

»Ein sehr nerviges Problem«, stimmte sie zu und hob die Hand. Aus einem Regal kamen mehrere Schriftrollen geflogen. Die wirklich wichtigen hatte sie aus Vorsicht in einem anderen Raum verstaut. Hier lagen nur die, die Slach ruhig sehen konnte. Diese speziellen Schriftrollen wollte sie ihm zeigen. Daher ließ sie diese auch auf Slach zufliegen. »Meine Leute haben mir erzählt, dass sich wohl nicht nur deine geflohene Lyca, sondern auch dein Bruder hier aufhält«, informierte sie mit ruhiger Stimme. Das waren Informationen, die sie ihm nicht hatte per Brief zukommen lassen wollen. Sie waren zu sensibel. Immerhin liebte sein Volk seinen Bruder. Ähnlich wie ihr Volk Shioni liebte.

Slach gab ein Geräusch von sich, das wie ein Knurren klang. Es sorgte dafür, dass sich Makotos Nackenhaare aufstellten. Sie war sich durchaus bewusst, dass ein Kampf mit Slach unschön werden könnte. Ob sie gewinnen würde oder nicht, konnte sie nicht einschätzen.

»Sie ist also auch hier«, sagte er mit einem wütenden Grollen, las sich aber die Dokumente durch.

»Mit Eurem Sohn«, sagte Makoto weiter.

Dass sich sein Bruder, seine Lyca und sein Sohn hier aufhielten, spielte ihr in die Karten. Wahrscheinlich dachten diese, dass sie hier sicherer waren als auf ihrem Heimatplaneten. Was auch stimmen würde, wäre Shioni noch immer Königin, doch das war sie nicht mehr und Makoto hatte jetzt die Macht.

Slach blickte irgendwann von den Dokumenten auf und zu Makoto. »Da Ihr mich extra hierher bestellt habt, um mir das zu sagen, habt Ihr sicherlich mehr geplant, als einfach Informationen auszutauschen«, bemerkte er und Makoto konnte einen neugierigen, aber auch hinterlistigen Ton in seiner Stimme wahrnehmen. Es schien, als wäre er ebenfalls interessiert. Er war bereit für seinen Bruder und seine Frau ein paar Dinge zu tun, die er vielleicht sonst nicht getan hätte. Hauptsache sie waren am Ende tot. Das passte Makoto gerade sehr gut, denn sie konnte seine Hilfe gebrauchen. Als Gegenleistung, dass er sich hier in Yama frei bewegen konnte, ohne ständig damit zu rechnen, angegriffen zu werden.

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