Kapitel 22
Sezuna blickte Nemesis hinterher, wie dieser mit Yuna durch die Gänge ging. Dabei lächelte sie zufrieden.
»Sag mal, wolltest du Yuna loswerden?«, fragte Eve, die irgendwie verwirrt klang. Scheinbar interpretierte sie Sezunas Grinsen falsch.
Diese schüttelte den Kopf. »Nein, sie bekommt nur etwas«, sagte sie gut gelaunt und pfiff fast vor Freude.
Allan hob eine Augenbraue. »Geschenke von dir sind zwar nicht so gefährlich wie die von Yui, aber du machst mir trotzdem Angst«, bemerkte er nüchtern.
Das ließ Sezuna laut und erfreut lachen.
»Yui? Ist das die Freundin, von der du gesprochen hast?«, fragte Eve neugierig und Sezuna nickte.
»Genau, die grünhaarige Hexe«, stimmte sie grinsend zu.
»Die, die als Geburtstagsgeschenk einen lebenden Riesenoktopus zum Essen besorgt hat, der uns essen wollte«, erklärte Allan so nüchtern, dass Sezuna noch lauter lachen musste. Daran erinnerte sie sich gern, auch wenn es sehr viel Chaos angerichtet hatte. Es war niemand zu Schaden gekommen und an sich hatten sie Spaß gehabt.
Eve kicherte. »Das klingt interessant«, sagte sie und wirkte irgendwie ein bisschen so, als wäre es ihr sogar peinlich.
»Wie sieht das hier eigentlich aus? Feiert ihr hier auch Geburtstage?«, fragte Sezuna, die ein Gespräch anfangen wollte, während sie durch die Gänge des Schlosses liefen. Sie wollten in eine der Hallen, damit Sezuna dort noch etwas mit ihrem Stab üben konnte. Solange sie vorsichtig war und nur eine bestimmte Halle benutzte, hatte es der Höllenfürst erlaubt.
»Feiern nicht unbedingt, aber Vater schenkt mir jedes Jahr etwas Kleines«, erklärte Eve und ihre Augen funkelten. Sezuna lächelte, da ihr das sehr gefiel. »Und, wenn alles gut geht, erfüllt er mir zu meinem hundertsten den Wunsch auf eine magische Schule zu gehen«, schwärmte Eve, der man anhörte, wie sehr sie das wollte.
Sezuna blickte sie mit funkelnden Augen an. »Ich würde auch so gern, aber ich bin noch nicht alt genug«, sagte sie ein wenig enttäuscht, bevor sie Eve fragend ansah. »Wie lange würde das denn noch dauern?«
Die Frage nach ihrem Alter brannte ihr schon lange auf der Zunge, doch bisher hatte sie sich nie getraut, zu fragen. Jetzt war es möglich, ohne sehr direkt zu sein.
Während sie auf die Antwort wartete, traten sie zusammen in die spezielle Halle. Hier würde sie nicht so schnell etwas zerstören können. »Nur noch fünf Jahre«, erklärte Eve kichernd. »Dann bin ich endlich volljährig«, freute sie sich, was Sezuna verwunderte. Sie hatte erwartet, dass Eve viel jünger war, aber das war generell immer schwer zu sagen. Zudem kannte sie sich nicht mit Höllendämonen aus. Wie diese altern und wann sie volljährig waren, unterschied sich wahrscheinlich von dem, wie es bei den Itaris war. Sie selbst war eigentlich für eine Itari geistig viel zu reif für ihr eigentliches Alter. Vielleicht war Eve ebenfalls ein Mischling. Das würde einiges erklären.
Sezuna strahlte. »Das ist doch wunderbar. Dann können wir den gemeinsam feiern«, schlug sie vor, immerhin mochte sie selbst auch gern Feiern. Eve wirkte nicht, als hätte sie damit sonderlich viele Erfahrungen und das machte Sezuna irgendwie traurig. Allerdings kam in ihr auch die Frage auf, was sie Eve schenken sollte. Das würde sicherlich nicht einfach werden, doch bisher hatte sie noch Zeit.
»Das wäre wunderbar«, strahlte Eve, die scheinbar sehr begeistert war. Ihre rosafarbenen Augen strahlten voller Wärme und Hoffnung. Das machte Sezuna sehr glücklich.
Während sie sich unterhielten, erreichten sie die Übungshalle. Es war schade, dass Yuna nicht da war, doch diese hatte etwas Besseres zu tun. Etwas, was Sezuna zufrieden lächeln ließ, als plötzlich der Boden bebte.
Allan und Eve blickten zu ihr, doch sie war genauso überrascht, wie die beiden. »Ich war das nicht«, sagte sie schnell und spürte, wie etwas Kaltes kurz nach ihr griff, aber sofort von ihr abließ. Dennoch erschauderte sie.
»Das ist nicht gut«, bemerkte Eve und auch Allan schien dieser Meinung zu sein.
»War das ... Xanados?«, fragte Sezuna mit belegter Stimme, weil sie an die Worte dachte, die Nemesis gesagt hatte. Wahrscheinlich war es nicht Xanados direkt, sondern seine dunkle Macht.
Bevor Eve oder Allan die Frage beantworten konnten, riss jemand die Hallentür auf und stürzte herein.
Zuerst glaubte Sezuna, dass der Dämon, der überall Federn hatte, panisch war und vor etwas floh, doch als er direkt auf Sezuna zustürmte und sein Maul mit den vielen kleinen Zähnen weit aufriss, wurde ihr bewusst, dass er angriff.
Bevor sie reagieren konnte, bewegte sich Eve, stellte sich in den Weg und hob die Hand. Der Dämon krachte gegen einen unsichtbaren Schild, den diese wohl erschaffen hatte. Sezuna spürte den unterschiedlichen Sternenstaub, der sich auf Eves Befehl hin schützend vor ihnen verdichtete.
»Was ist denn hier los?«, fragte sie erschrocken keuchend. »Warum greifen sie an?«
Sezuna stolperte etwas zurück, um sich zumindest ein Stück in Sicherheit zu bringen. »Keine Ahnung«, keuchte Sezuna, die sich erst einmal fangen musste. Mit einem schnellen Griff an ihre Hüfte zog sie ihren Stab. Was sie damit dann anfangen sollte, wusste sie jedoch auch nicht so genau. Es fühlte sich trotzdem irgendwie beruhigend an, diesen in der Hand zu haben.
»Pass auf«, bemerkte Allan, der sich vor sie stellte und versuchte, sie ebenfalls zu schützen. Was Sezuna überhaupt nicht gefiel. Damit stand er ihr auch im Weg, wenn sie selbst einen Zauber wirken wollte.
»Was ist mit ihm?«, fragte Sezuna, da der Dämon noch immer wild und scheinbar völlig in Rage, auf den Schild einschlug. Eve musterte ihn dabei ängstlich, aber genau. Er sabberte sehr viel und hatte irgendwie weißen Schaum vor dem Mund wie ein wildgewordener Hund.
»Seine Augen. Sie sind seltsam«, bemerkte sie beunruhigt. »Als wäre er nicht er selbst.«
Sezuna erinnerte sich an den Dämon. Er war für den Erhalt des Schlosses zuständig und eigentlich bisher sehr freundlich gewesen. Lioid, wie er wohl hieß, war eine Art dämonischer Hausmeister. Ein sehr guter. Zudem hatte er sich noch nie darüber beschwert, wenn Sezuna Teile des Schlosses in Mitleidenschaft gezogen hatte. Er hatte sogar einmal gemeint, dass er sich darüber freut, Arbeit zu bekommen. Jetzt hingegen wirkte er, als würde ihn nur interessieren, wie er die Kinder auseinanderreißen konnte, um sie zu fressen. Seine eigentlich freundlichen Augen waren komplett schwarz unterlaufen. Dazu kam der Schaum vor seinem Mund.
»Können wir irgendwas tun?«, fragte Sezuna, die gar nichts mit der Situation anfangen konnte. Ihren Stab hielt sie krampfhaft fest und wusste nicht, ob sie den Dämon angreifen sollte. Eigentlich wollte sie ihn auch nicht verletzen. Was, wenn er irgendwas zu sich genommen hatte, das ihn so werden ließ?
»Wir sollten ihn vielleicht außer Gefecht setzen«, schlug Allan vor, der scheinbar genauso unschlüssig war, wie Sezuna.
Die Gruppe wartete zu lange, denn es gelang dem Dämon, Eves Schild zu durchbrechen. Bevor er jedoch Eve erreichen und beißen konnte, schubste Allan sie zur Seite, was dafür sorgte, dass sich die Zähne des Dämons in seine Schulter bohrten.
Blut floss und Allans Schrei ertönte, was in Sezuna ein Gefühl auslöste, das überhandnahm. »Nein!«, schrie sie voller Angst, sie könnte ihn verlieren und richtete den Stab auf den Dämon. Dann explodierte der Sternenstaub zwischen ihnen. Sezuna wurde von den Füßen gerissen und sah, wie Lioid an die nächste Wand geschleudert wurde. Dann krachte sie ebenfalls zu Boden. Allan und Eve folgten.
Schwer atmend versuchte Sezuna, sich aufzurichten, um zu sehen, was geschehen war. Was hatte sie getan? Eigentlich hatte sie nichts in dieser Art gewollt. War ihre Magie durcheinandergeraten?
Sie ließ ihre goldenen Augen suchend umherwandern und brauchte ein bisschen, bevor sie verstand, was los war.
Der Dämon lag am Boden und rührte sich nicht. Eve zuckte leicht und schaffte es schließlich, sich auf ihre Beine zu setzen. Auch sie wirkte verwirrt und angeschlagen, allerdings nicht schwer verletzt.
Dann fiel Sezunas Blick auf Allan, der sich nicht rührte. Aus seiner Schulter war ein Stück Fleisch gerissen und es blutete heftig. So stark, dass sich bereits eine Blutlache unter ihm sammelte. Panik wallte in Sezuna auf. »Allan«, japste sie und wollte zu ihm, doch ihr Körper machte nicht so ganz mit. Stattdessen fiel sie mehr, als dass sie sich zu ihm bewegte.
Keuchend stellte Sezuna fest, dass ihr Körper zitterte und irgendwie nicht so richtig auf sie reagierte. »Allan«, japste sie noch einmal und versuchte, zu ihm zu kommen. Er brauchte Hilfe, doch sie konnte ihren Körper einfach nicht dazu bringen, ihr zu gehorchen.
Zum Glück bewegte sich Eve. Ihr gelang es, zu Allan zu kommen. »Mach langsam«, keuchte sie und meinte damit wohl Sezuna. Diese versuchte weiterhin, zu Allan zu kommen und schaffte es schließlich kriechend.
In dieser Zeit war Eve bereits dabei, die Wunde an Allans Schulter zu heilen. »Es ist nicht schlimm«, versicherte sie, als würde sie Sezuna beruhigen wollen.
Sezuna wusste, dass Allan stark war und sich von so etwas eigentlich nicht so leicht unterkriegen ließ, doch da er sich nicht rührte, machte sie sich Sorgen. »Was ist mit ihm?«, fragte sie mit klopfenden Herzen und keuchendem Atem.
»Ich glaube, du hast ihn auch mit erwischt«, erklärte Eve zögerlich, die nicht lange brauchte, um die Wunde an Allans Schulter zu heilen. Es wirkte recht schnell, als wäre nie etwas gewesen.
Sezuna traten Tränen in die Augen. »Ich wollte ihm nicht wehtun«, jammerte sie, wobei ihre Stimme gebrochen klang. Sie hatte ihn doch beschützen wollen!
»Du hast ihm das Leben gerettet«, meinte Eve nüchtern, der man allerdings anhörte, dass sie nicht ganz so gefasst war, wie sie scheinbar versuchte, sich zu geben.
»Wird er wieder?«, fragte Sezuna, die sich keine Sorgen um sich machte. Dazu war sie viel zu aufgewühlt.
»Es ist nicht schlimm«, wiederholte Eve beruhigend.
Sezuna senkte ihren Kopf und küsste Allan sanft auf die Stirn, bevor sie sich erschöpft neben ihn legte. Dann schloss sie die Augen und gab sich ihrer Erschöpfung hin. Was war nur geschehen?
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top