Kapitel 17.3

Weil weder Allan noch Nemesis etwas sagten, drückte Sezuna Allan das Ei in den Arm und machte sich mit Eve zusammen auf den Weg. Cer entschied sich dazu, sie zu führen und lief voraus. Nicht so schnell, aber trotzdem schneller als ihre Geschwister. Die beiden Jungen waren zum Toben aufgelegt und jagten sich durch den Sand. Das ließ Azrael immer heftiger mit den Schwanz wedeln, doch Eve ließ ihn nicht herunter. Sie war wohl der Meinung, dass er mit seinem verletzten Bein noch nicht laufen sollte.

So schlenderten die beiden Mädchen mit den Hunden durch die Sandlandschaft, die immer im Zwielicht lag. Sezuna blickte ab und an nach oben in die roten Wolken, versuchte aber, sich den Weg zu merken und sich nicht zu sehr ablenken zu lassen.

Sie liefen durch sehr viele, recht enge Spalten, die sie allein wohl gar nicht durchquert hätte. Schon allein deshalb, weil sie sich nicht nur einmal an den sandigen Wänden die Haut aufkratzte und das Kleid dreckig machte. Es zerriss nicht, was wohl daran lag, dass es ein Kleid von Eve war und aus magisch verstärktem Stoff bestand. Generell war es sehr reißfest und auch magieresistent.

Schließlich kletterten sie durch eine Spalte und traten hinaus in eine Art Tal. Es war von vielen Klippen umgeben und in der Mitte der recht glatten Fläche lag ein großer See, der dampfte. Durch ihre erhöhte Position konnten sie sich gut umsehen.

Sie waren noch nicht einmal richtig da, da wurden sie bereits von mehreren Hunden umkreist. Keine kleinen Welpen, wie die, die sie hergeführt hatten, sondern gewaltige Hunde, die fast genauso hoch waren, wie Sezuna und Eve. Was nicht schwer war, denn beide Mädchen waren nicht sonderlich groß.

Sezuna rutschte das Herz in die Hose. Was war los? Warum umkreisten die Hunde sie und Eve? Durften sie nicht hier sein?

Ein Hu'en in Weiß, der sich von den anderen schwarzen Hunden stark abhob, trat auf sie zu und beschnupperte sie. Dabei bemerkte Sezuna, dass sich die Welpen wohl mit den anderen Hu'en unterhielten. Zumindest wirkte es so, Sezuna konnte es jedoch nur spüren, nicht hören. Als würden sie eine Art der Kommunikation nutzen, der Sezuna nicht folgen konnte. Nur der Sternenstaub verriet, was geschah.

Sie versteifte sich und bekam plötzlich Angst, dass man sie vielleicht doch auffraß. Eve schien es ähnlich zu gehen.

Schließlich schnaubte der weiße Hund. »Ich bringe sie zu Großmutter Rayla«, sagte sie mit einer sehr hellen, weiblichen Stimme.

Sezuna wollte sagen, dass sie bereits dort gewesen war, doch sie schwieg. Wenn die Hündin sie erneut dorthin bringen wollte, war das in Ordnung. Rayla war an sich ganz angenehm und würde hoffentlich alles regeln.

Sezuna griff nach Eves Hand und lächelte sie beruhigend an. Das schien zu helfen, denn das Mädchen entspannte sich ein kleines Bisschen.

Zusammen und von den Hunden begleitet, liefen die beiden Mädchen durch das Reich der Hu'en. Überall waren Hunde zu sehen. Große und kleine, aber fast nur schwarze. Die weiße Hündin war die hellste und sonst erkannte Sezuna noch zwei weitere gräuliche Hunde. Warum waren sie andersfarbig? Waren es weibliche Tiere? Aber warum war Cer dann nicht weiß?

Schließlich führte die weiße Hündin sie wieder in die dunkle Höhle, in der Sezuna Rayla bereits kennengelernt hatte. Wie auch das letzte Mal erkannte sie nur riesige Augen, aber keinen wirklichen Körper. Dieser verschwand in der Dunkelheit fast komplett.

»Willkommen zurück, mein Kind«, erklang die weibliche Stimme und die weiße Hündin verneigte sich.

»Ich bringe Fremde«, sagte sie.

Sezuna veranlasste die Situation dazu, zu knicksen und Eve tat es ihr gleich. Zudem wurden sie von den großen, goldgelben Augen des Hundes gemustert. »Tritt näher, Mädchen, das ich nicht kenne«, bat Rayla mit ruhiger Stimme und Sezuna schob Eve nach vorn, wurde aber selbst von der weißen Hündin am Kleid gezogen, als würde diese wollen, dass sie vortrat. Doch sie war nicht neu. Sie kannte Rayla.

Die Herrscherin der Hu'en, zumindest glaubte Sezuna, dass Rayla das war, schnupperte sehr intensiv an Eve, bevor sie diese ableckte. Das ließ Sezuna leise kichern, denn das kannte sie bereits.

Es dauerte eine Weile, bis Rayla reagierte. »Willkommen im Rudel, Kind des Höllenfürsten«, sagte sie mit ruhiger Stimme, was die weiße Hündin wohl überraschte.

Eve stand da, wie überfahren und blickte die Hündin einfach nur an. »H-Hallo«, brachte sie überrumpelt hervor. Es schien ihr ähnlich zu gehen, wie Sezuna, als sie das erste Mal hier war.

»Silberschweif. Bitte zeige ihnen das Revier«, bat Rayla und die weiße Hündin neigte den Kopf. Sie schien absichtlich in Sezunas Sprache zu sprechen, damit auch diese wusste, was vor sich ging.

Ihre Worte weckten in Sezuna Neugier. Das Hu'en Revier zu erkunden, hörte sich richtig interessant an.

Sezuna und Eve folgten der weißen Hündin, die als Silberschweif angesprochen wurde. Diese führte sie wieder zurück zu dem großen See, schwieg dabei aber.

Azrael blieb brav auf Eves Arm, während Cer, Ber und Ros ab und an um die Hündin herumlief und sie immer wieder anstupste oder ansprang. Sezuna fand das interessant, denn Silberschweif blieb ganz ruhig und schien sich daran nicht zu stören. Wie eine Mutter, die es gewohnt war, mit kleinen Kindern umzugehen.

»Wir leben in Höhlen«, informierte Silberschweif sie auf magische Weise. Sofort bemerkte Sezuna, dass sie mehr Mühe hatte, die richtigen Worte zu finden und zu formen, als es die Welpen hatten. Wahrscheinlich waren diese schon öfter mit anderen in Kontakt gekommen, die ihre Sprache sprachen. Die Hündin hingegen schien nur unter ihresgleichen zu leben.

»Darf ich etwas fragen?«, wollte Eve zögerlich wissen. Sie war noch immer voller Sabber, doch sie nutzte die Zeit, um sich mit einer Kugel aus Wasser zu reinigen.

Die Hündin schnaubte leise, was Eve dazu veranlasste, Sezuna fragend anzusehen. Diese zuckte die Schultern. Sie wusste doch auch nicht, ob das eine Zusage war oder nicht.

Azrael in Eves Armen nickte, bevor er ihr Kinn ableckte. Es hatte etwas Aufforderndes.

Sezuna nickte dem jungen Mädchen ebenfalls zu. Das ließ Eve leise einatmen, was wirkte, als würde sie sich so Mut machen. »Darf ich fragen, warum Ihr so weiß seid, während die anderen eher dunkel sind?«, fragte Eve unsicher und sehr vorsichtig.

Die Hündin wandte ihren Kopf nur kurz zu ihnen zurück, bevor sie wieder nach vorn blickte und weiterlief. Dabei schien sie nachzudenken, was sie sagen sollte oder vielleicht sogar, was Eve genau gefragt hatte. »Ich ... alt«, sagte sie, wobei sie nach Worten suchte. »Alte Tiere ... hell«, erklärte sie, wobei sie sich sichtlich Mühe gab.

Das leuchtete irgendwie ein. So, wie einige Wesen im Alter ergrauten, war es wohl auch bei den Hunden.

»Wie groß ist Euer Rudel?«, fragte Sezuna. Die Hündin schien zu versuchen, ihre Fragen zu beantworten, weshalb sie neugierig weiterfragte.

»Groß?«, fragte Silberschweif und klang irgendwie zweifelnd. Fast so, als würde sie nicht richtig verstehen, was Sezuna wollte.

Azrael machte leise Geräusche und Sezuna bemerkte, wie Silberschweifs Ohr zuckte. Sie schienen zu kommunizieren und schließlich schien die weiße Hündin zu verstehen, was sie wollte.

»Viel Familie«, sagte sie schließlich unsicher. Es schien, als könnte sie mit Menge nicht so viel anfangen. Das war in Ordnung und Sezuna fragte in diesem Bereich nicht weiter.

»Wieso leben Azrael und die drei Welpen außerhalb eures Rudels?«, fragte Eve vorsichtig.

Darauf schwieg Silberschweif, während sie weitergingen.

Sezuna rechnete schon nicht einmal mehr mit einer Antwort, als diese plötzlich kam. »Eltern Rudel verlassen«, erklärte Silberschweif.

Nicht nur Sezuna runzelte ihre Stirn, auch Eve, die zu ihr blickte. »Weil die Eltern nicht mehr im Rudel sind, dürfen es die Jungen auch nicht?«, fragte sie vorsichtig.

»Eltern in anderen Rudel«, antwortete Silberschweif. »Kinder dort nicht willkommen.«

»Und bei euch?«, fragte Sezuna vorsichtig.

»Bei uns willkommen«, sagte Silberschweif. »Aber nicht Teil.«

Sezuna blickte zu Eve, die leicht die Schultern zuckte. Sie schienen beide zu verstehen, was sie sagte, doch Eve wirkte auch nicht so, als würde sie verstehen, warum dem so war, wie es eben war. Aber das waren die Regeln der Höllenhunde. Sezuna würde sich nicht einmischen.

Gemeinsam mit der Hündin wurden sie durch das Revier der Tiere geführt. Es lag um den großen See herum und sie konnte die Höhlen begutachten. Auch die Welpen kamen ihnen näher. Anfangs vorsichtig, doch auf ihren Weg schlossen sich ihnen immer mehr an. Irgendwann machten sie eine kleine Pause, spielten mit den Hunden und genossen den Tag mit den Tieren. Sie waren sehr aufgeschlossen und nahmen sie auf, als wären sie Teil ihres Rudels. Lag es vielleicht daran, dass auch Sezuna und Eve Kinder waren?

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