Kapitel 14.1
Nemesis gab Sezuna die letzten Anweisungen, die ihr bei ihrem Stab helfen sollten, bevor er den Raum verließ. Somit war sie erst einmal allein. Er selbst hatte einige Dinge, um die er sich kümmern musste, doch dazu kam er nicht. Es war Nadeschda, die Tochter seines Bruders und Nikidamus Schwester, die ihn aufhielt.
Ihre langen, blonden Haare verdeckten teilweise ihre violetten Augen. Zudem war sie recht klein, sodass die violett-schwarzen Hörner noch größer wirkten. Trotzdem hatte sie eine weibliche Figur und überall über ihren Körper, selbst im Gesicht, zeichneten sich dunkle Muster auf ihrer Haut ab. Dies waren Spuren ihrer Schuppen, die sie nicht ganz verbergen konnte, obwohl sie versuchte, möglichst menschlich zu wirken. Es funktionierte bei ihr besser als bei vielen anderen Dämonen. Sie war aber auch seine Nichte. »Jemand ist in den Bereich des Knochenschlosses eingedrungen«, informierte Nadeschda ihn mit ruhiger Stimme. Fast so, als würde es sie gar nichts angehen. »Kein Dämon und kein Bewohner der Hölle«, sagte sie mit einem fragenden Unterton.
Das veranlasste Nemesis dazu, seine Sinne auszustrecken. Sofort bemerkte er eine Aura, die hier nicht hingehörte und die ihn alarmierte.
»Ich kümmere mich darum. Persönlich«, sagte er mit Nachdruck, denn er wollte sichergehen, dass es niemand war, der vielleicht zu Sezuna gehörte. Immerhin war sie irgendwie hier gelandet und das konnte auch anderen passieren. Wenn sie Freunde hatte, dann würden diese nach ihr suchen, da war sich Nemesis sicher.
»Wie Ihr wünscht«, sagte Nadeschda und verneigte sich leicht, bevor sie sich zurückzog.
Nemesis nahm einen Mantel, auch wenn es draußen nicht kalt war. Dennoch zog er ihn über und machte sich auf den Weg in die rote Sandwüste hinaus.
Dort spürte er die Aura deutlicher und wurde misstrauisch. Es wirkte seltsam, denn da war etwas, das er nicht richtig einordnen konnte. Als wäre seine Aura unterdrückt oder von einer anderen überlagert.
War es ein Mischling aus zwei dominanten Rassen? Das würde diese doppelte Aura erklären. Bei Mischlingen, bei denen beide Rassen dominant waren, kam es oft zu einer Art doppeltem Charakter. Der Mischling konnte zwischen beiden Rassen hin und her wechseln und hatte dann nicht nur ein anderes Aussehen, sondern auch eine andere Persönlichkeit. Jedoch überlebten das viele nicht, denn beide Rassen kämpften um die Übernahme des Körpers und zerstörten ihn so oft. Trotzdem war es nicht unmöglich zu überleben. Wenn ein Teil unterdrückt war, würde das die Aura erklären. Aber wer hatte diese unterdrückt? Da Nemesis es nicht genau spürte, musste dieser Jemand sehr stark gewesen sein, sonst hätte er sofort durchschaut, was vor sich ging.
Nemesis Interesse an dem Besuch stieg weiter, während er zielsicher durch die Wüste lief und direkt auf die Aura zuhielt. Diese bewegte sich, als würde sie nicht wissen, wohin sie musste.
Schließlich trat Nemesis an eine Klippe heran und blickte hinab auf einen Jungen mit halblangem, blondem Haar.
Er wirkte nur wenig älter als Sezuna und hielt einen Degen in der Hand, mit dem er sich wohl verteidigen wollte.
Nemesis hörte ihn leise fluchen und meckern. »Wieso kann man diese Frau nicht einmal für ein paar Stunden allein lassen, ohne dass sie solche verrückten Sachen macht?«, flüsterte der Junge, der eindeutig ein Vampir war, verärgert, aber auch besorgt. Nemesis hörte es zwar aus seinen Worten, spürte es aber vor allem an seinen Gefühlen. Diese waren von Angst und tiefer Sorge gekennzeichnet.
Er blieb stehen und beobachtete den Vampir. Da er selbst mit einem Zauber versehen war, würde dieser ihn nicht sehen, Nemesis konnte ihn jedoch beobachten.
Wer war das und von wem sprach er?
Nemesis runzelte die Stirn. Irgendwie kam er ihm bekannt vor, aber woher?
Als Höllenfürst lebte er schon so lange, dass er manchmal Probleme damit hatte, Erinnerungen auszugraben und unter den vielen, vielen Jahren an Leben zu finden. Daher dauerte es einige Minuten, bis er eine Verbindung ziehen konnte. Er war der Junge, den Shioni aufgenommen hatte. Er gehörte also zu Sezuna und womöglich war er auf der Suche nach ihr.
Für einige Augenblicke beobachtete Nemesis ihn, bevor er sich entschied, sich ihm zu zeigen. Jedoch kam er nicht dazu, denn ein Beben ging durch die Hölle, gefolgt von einem Magiestoß, der so heftig war, dass er Nemesis wanken ließ und Allan zu Boden riss. Fluchend rappelte sich der blonde Vampir wieder auf. »Sezuna!«, rief er, da auch er die Magie bemerkt zu haben schien.
Nemesis wandte sich sofort in Richtung Schloss und rannte zurück. War etwas schiefgelaufen? Hatte sie sich verletzt?
Er kam dem Knochenschloss näher und bemerkte den Rauch, der aus diesem quoll.
Panik machte sich in ihm breit. Den meisten Dämonen dürfte das nichts ausmachen, doch Sezuna und Eve waren nicht so geschützt.
Er kam näher und wurde langsamer, als er sah, wie Eve und Sezuna hustend aus dem Schloss stolperten. Sie wirkten unverletzt, was ihn leise erleichtert seufzen ließ. Die seltsamen Fusseln in ihren Haaren, die in allen erdenklichen Farben schimmerten, zeigten ihm allerdings, dass irgendetwas schiefgelaufen sein musste.
Allan hatte Recht: Diese Frau konnte man wirklich nicht allein lassen!
Nemesis spürte, wie der junge Vampir schnell näherkam, doch er kümmerte sich um Sezuna und Eve. Da die Rothaarige am Boden saß, machte er sich doch größere Sorgen als gedacht.
Er trat auf sie zu und wollte ihr gerade helfen, sich aufzurichten, als er zurückwich. Nemesis hatte nicht damit gerechnet, dass Allan so schnell war, doch plötzlich stand er zwischen ihm und Sezuna. Den Degen direkt auf ihn gerichtet. In einer Position, die ihm zeigte, dass Allan Sezuna mit allem verteidigen würde, was er hatte. Auch wenn er für Nemesis keine Gefahr darstellte.
»A-Allan«, stammelte Sezuna überrascht und erhob sich langsam. Nemesis sah, wie sie Allan eine Hand auf den Rücken legte. Er stand immerhin zwischen ihnen und ließ Nemesis nicht aus den Augen.
»Bleib weg von ihr«, knurrte der Blonde, was Nemesis eine Augenbraue heben ließ. Da war eine unglaubliche Macht in ihm und sie wurde stärker, nur weil Sezuna ihn berührte.
Dem Höllenfürsten wurde klar, dass Allan die ausströmende Kraft der Rothaarigen aufnahm. Das kam sehr überraschend, da er nicht erwartet hatte, dass es noch so viele von Allans Sorte gab.
»Schon gut«, sagte Sezuna sanft, wurde aber von Allan zurück und weg von Nemesis gedrängt.
»Ich bring dich jetzt heim«, entschied Allan ernst und schob sie mit seinem Körper weiter.
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