Kapitel 1.2

Ihr langes, grünes Haar war so zerzaust wie immer, war aber nun so nass, dass es ihr überall klebte. Die viel zu große Kleidung hing an ihr herab und ließ sie irgendwie unförmig wirken.

»Sezuna, geht es dir gut?«, fragte sie, wobei auch sie etwas Wasser spuckte.

Sezuna brummte. »Seh ich so aus?«, fragte sie und versuchte ihre Haare auszuwringen.

Yui lachte rau auf. »Jap«, erwiderte sie lediglich.

Die junge Frau war bestimmt zwei Köpfe größer als Sezuna und bereits ausgewachsen. Dennoch hatte sie einen eher männlichen Körperbau, da ihre Brüste eher kleiner waren und man sie mit kurzen Haaren gern für einen Mann hielt. Allerdings benahm sie sich auch so.

»Yui«, rief eine Stimme, die hallend klang und Sezuna am Anfang immer schaudern gelassen hatte. Mittlerweile hatte sich aber daran gewohnt. Lilith machte ihr keine Angst mehr. Zumindest meistens nicht.

Von einem Pfad, der durch den Wald in ein kleines Dorf führte, kam eine junge Frau gerannt. Ihre weißen Haare hatten einen sanften Grünstich und waren zu einigen, kleinen Zöpfen geflochten, doch die meisten waren offen. Beim Rennen wirkte sie wie ein Schleier. Sie harmonierten Sezunas Meinung nach perfekt mit der minzgrünen Haut.

Lilith kam näher und blickte Yui mit ihren pupillenlosen, grünen Augen eindringlich an. »Was hast du jetzt schon wieder angerichtet?«, fragte sie. Noch immer klang ihre Stimme so, als würde sie aus einer anderen Welt kommen und durch einen Schleier sprechen. Dazu kam, dass sie vermutlich laut und streng klingen wollte, doch es gelang ihr nicht. Es klang immer wie ein Flüstern.

Yui hob ihre Hände in einer abwehrenden Geste. »Ich bring das wieder in Ordnung«, versicherte sie.

Lilith schüttelte lediglich den Kopf und stellte ihren Korb, in dem sie Heilkräuter hatte, auf dem Boden ab, bevor sie Sezuna die Hand reichte.

Diese griff danach und ließ sich aufhelfen. »Bist du verletzt?«, fragte sie sanft und ihre Augen suchten Sezunas Körper musternd ab.

»Nein«, erwiderte sie, ließ aber zu, dass Lilith sie kontrollierte.

»Das würde ich anders bewerten«, erwiderte sie und legte Sezuna die freie Hand an eine nackte Stelle Haut.

Liliths Hand begann in einem sanften, grünen Licht zu schimmern, das sich über Sezunas Körper ausbreitete.

Diese erschauderte, denn es fühlte sich an, als würde eine kühle Schleimschicht ihre Haut absuchen. Überall dort, wo sie auf die Kratzer traf, brannte es für einen kleinen Moment, bevor die Risse verschwanden.

Als Lilith fertig war, schenkte sie Sezuna ein Lächeln. »Schön dich wieder hier zu sehen«, sagte sie und nahm ihre Hand, um sie Richtung Haus zu führen. »Du musst sicher Hunger haben. Lass mich dir etwas machen.«

Sezuna konnte nicht anders und folgte Lilith schmunzelnd. Sie konnte Liliths mütterlicher Art einfach nicht widerstehen.

Kurz bevor sie das Haus betraten, griff Yui jedoch nach Sezunas Hand. »Ich brauch sie noch kurz«, bemerkte sie, sodass Sezuna nun zwischen den beiden stand.

Lilith blickte Yui an und diese erwiderte mit ihren kalten, grauen Augen den Blick.

Sezuna, die sich zwischen ihnen befand, erschauderte leicht. »Für was brauchst du mich denn?«, wollte sie wissen und blickte fragend zu Yui.

Diese grinste. »Ich möchte, dass du mir bei einem Zauber assistiert«, sagte sie gut gelaunt und voller Tatendrang.

Lilith ließ Sezunas Hand los und schnaubte. »Wehe dir, ihr macht noch mehr kaputt«, warnte sie, ging wieder zurück zu ihrem Korb und dann ins Haus.

Sezuna blickte Yui zweifelnd an. »Was für einen Zauber?«, fragte sie und schielte zur kaputten Eingangstür und dem durchnässten Inneren. Hatte sie nicht schon genug kaputt gemacht?

»Ich möchte das Wasser, das noch im Haus ist, einfach wegteleportieren«, erklärte Yui gut gelaunt und von ihrer Idee völlig überzeugt.

Sezuna hob eine Augenbraue. »Welches Wasser meinst du?«, fragte sie, doch sie hatte die Frage kaum beendet, da ging im zweiten Stock ein Fenster kaputt und ein Wasserfall ergoss sich aus dem zweiten Stock auf die Rosen.

»Dieses«, lachte Yui, als würde das alles erklären.

Sezuna seufzte frustriert. »Gut. Dann sag an, was du dir vorgestellt hast«, murmelte sie, konnte sie Yui doch sowieso nicht von ihrem Vorhaben abhalten.

Die Hexe rieb sich die Hände. Dann begann sie Sezuna den Zauber zu erklären.

Diese hörte genau zu, runzelte hin und wieder die Stirn, sagte aber nichts.

»Gut«, murmelte sie, bevor sie begann, das Gras mit ihren Füßen niederzudrücken, bis ein Kreis entstand. Fragend, ob das so in Ordnung war, blickte sie zu Yui, die bereits mit ihrem Messer im Inneren des Kreises verschiedene Symbole ritzte. Daher bekam sie es auch erst mit, als sie aufblickte.

Zufrieden nickend knackte sie mit den Fingern, bevor sie aus dem Kreis trat und die Hände hob.

»Im Namen der Magie, befehle ich dir ...«, begann sie, was dafür sorgte, dass Sezuna sofort von dem Kreis zurückstolperte. Wenn Yui diese Zeilen nutzte, war nie abzusehen, was geschehen würde. Aber anders schien die Hexe gar keine Magie wirken zu können. »... nimm mit dir, was nicht hierhergehört und bringe es zu einem anderen Punkt.«

Sezuna verdrehte ihre Augen über den Zauberspruch, der auch von einem Kleinkind hätte sein können. Das änderte jedoch nichts daran, dass der magische Kreis im Boden begann zu leuchten. Der Sternenstaub aus der Luft sammelte sich und begann die Umgebung in ein helles Licht zu tauchen.

Entsetzt stellte Sezuna fest, dass sie von diesem ebenfalls erfasst wurde. Ihr ganzer Körper begann zu kribbeln und sie hatte das Gefühl, von den Füßen gerissen zu werden. »Yui!«, schrie sie in einer Mischung aus Panik und Ärger darauf, dass schon wieder sie von diesem Zauber getroffen wurde. Warum musste das immer ihr passieren? Sie hätte es besser wissen müssen!

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