26.Meinungen

Allison

„Liebe Allison,
ich hoffe Draco geht es wieder besser und ihr könnt die Mission bald erledigen. Es wird Zeit. Der dunkle Lord will nicht länger warten. Ihr wisst, was auf euch zukommt, falls ihr scheitert."

Ich schloss meine Augen. Das Verschwindekabinett war repariert. Bald wäre es soweit.
Bald wäre Dumbledore tot.
Kaum merklich fingen meine Hände an zu schwitzen. Alleine der Gedanke machte mich rasend.

Ich nahm meine Feder aus meiner Tasche, die ich zum Frühstück gleich mitgenommen hatte. Die Eule hatte den Brief schon vor 10 Minuten gebracht, doch ich hatte ihn bestimmt 8 Mal durchgelesen, bevor ich ihn vor mich legte und eine Antwort formulierte.
Ich saß alleine am Slytherintisch.
Draco war noch im Krankenflügel und Pansy hatte ihn besucht, weshalb ich ungestört meine Gedanken sortieren konnte.

„Wir werden euch nicht enttäuschen. Es ist bald soweit.
-Allison"

Ich steckte das Blatt Pergament zurück in den Umschlag und hing ihn zurück an die Eule, welche unzufrieden aus meinem Glas Wasser trank.
„Es tut mir leid, aber es ist wichtig.", flüsterte ich ihr zu und streichelte ihr Gefieder.
Ich hielt ihr einen Eulenkeks als Entschädigung hin, welchen sie gierig annahm.
Danach machte sie sich wieder auf den Weg und ich schaute ihr noch etwas hinterher, bis ich mich wieder meiner Mahlzeit zuwendete, die ich kaum angerührt hatte.
Ich packte meine Feder mit dem Tintenfass sachte wieder ein und wollte gerade aufstehen, als Jemand meinen Namen nannte.

„Ms. Malfoy?"
Ich wendete mich abrupt um und bemerkte bereits jetzt, etliche Blicke auf mir.
Es war Professor McGonagall.
„Professor?", fragte ich unwissend wirkend, obwohl es nur einen Grund für ihre plötzliche Interesse an mir geben konnte.
„Könnten Sie mich bitte in mein Büro begleiten?", fragte sie freundlich nach.
Ich nickte und stand mit meiner Tasche auf.
„Natürlich.", antwortete ich genauso entgegenkommend und setzte mich in Gang.
Nicht ohne zum Lehrertisch in die Richtung meines Hauslehrers zu schauen, der mich ebenfalls in Augenschein genommen hatte. Ich konnte seinen Blick nicht deuten, aber das brauchte ich auch nicht.

Die Hauslehrerin der Gryffindors öffnete mir die Tür zu ihrem Büro und deutete auf einen Stuhl vor ihrem Schreibtisch.
Schon während ich mich setzte, graute es mir im Magen.
Ich legte mir bereits alle Antworten in meinem Kopf bereit, die ich sagen könnte.

„Wissen Sie warum Sie hier sind?", fragte sie nach einiger Zeit des Schweigens.
„Ich denke schon."
Sie musterte mich eindringlich, als würde sie in meinen Augen eine nicht vorhandene Antwort auf all ihre Fragen suchen.
Doch ich entgegnete ihr selbst mit einem fragenden Blick. Und endlich sprach sie weiter.

„Professor Snape kam am gestrigen Tag zu mir, um von einem Vorfall der vergangenen Woche zu berichten."
Sie richtete sich auf.
„Gegen Ihren Willen.", ergänzte die Professorin für Verwandlung.
Es entstand wieder ein unangenehmes Schweigen.

„Ja, aber eigentlich müsste ich gleich zum Unterricht-"
„Ich weiß Ms. Malfoy, ich habe ihrer Fachlehrerin schon Bescheid gegeben, dass Sie ein wenig später dazu stoßen werden.", unterbrach sie mich mit sanfter Stimme.
Sie räusperte sich und lehnte sich ein Stück weiter zu mir um erneut zu sprechen.
„Einige Jungen aus meinem Hause, so sagte Severus, hätten Sie unangemessen behandelt. Stimmt das?", sie sagte es nicht vorwurfsvoll, eher sehr mitfühlend.

„Das empfand ich nicht so.", murmelte ich etwas verlegen.
Was hatte er ihr wohl noch erzählt?
„Sind Sie sich sicher? Ich nehme an, dass Severus nicht grundlos zu mir kam."
Ich lächelte zaghaft um ihr das Gefühl zu geben, dass ich es ernst meinte.
„Ja. Ich denke, dass Professor Snape nur falsch beobachtet hatte. Er steht nicht so gut zu den Gryffindors, wie Sie vermutlich wissen.", antwortete ich schließlich.

Professor McGonagall musterte mich nochmals, bevor sie sagte: „In Ordnung, Sie dürfen dann gehen."
Ich nickte ihre Aussage ab und stand unbeholfen wieder auf.
Ich lief auf die Tür zu und hielt davor kurz inne, um ihr noch einen schönen Tag zu wünschen, was sie erwiderte. Danach beeilte ich mich, um zu meinem Unterricht zu kommen.
Was hatte sich mein Hauslehrer bloß dabei gedacht?

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Severus

Als ich vorhin von Minerva hörte, dass Allison die Sache abstritt, war mir klar gewesen, dass es nichts gebracht hatte.
Ich wusste, dass sie wütend auf mich werden würde, doch ich dachte, dass sie vielleicht mit einer Lehrerin besser darüber reden konnte, jedoch hatte ich mich in diesem Fall gänzlich getäuscht.

Ich schaute auf meine Uhr, die mir bereits eine Viertelstunde nach 19 Uhr anzeigte.
Sie war mal wieder zu spät. Es kam relativ selten vor, doch wenn es so war, gab es immer einen Grund.
Und hier war der Grund nur allzu offensichtlich.
Doch wenn sie dachte, dass sie sich heute drücken konnte, lag sie falsch.
Nach weiteren 10 Minuten fing ich an, sie zu suchen.
Zuerst natürlich in der Großen Halle, wo es ziemlich übersichtlich war, da die meisten Schüler und Schülerinnen schon gegessen hatten.
Dort war Allison jedoch nicht, weshalb ich zurück in den Kerker zum Gemeinschaftsraum der Slytherins lief.

Als ich ankam, erblickte ich Parkinson, welche mir versicherte, dass sie seit dem Unterricht nicht mehr dort gewesen sei, weshalb ich wieder ging und die Treppen zum Krankenflügel hoch stapfte. Vielleicht war sie bei ihrem Bruder um ihn zu besuchen, dachte ich mir.
Draco war, wie ich schnell feststellte, jedoch mit Zabini in einem tiefen Gespräch verwickelt, welches ich unterbrochen hatte.
„Professor?", fragte er mich verwirrt.
„Ich suche deine Schwester.", hatte ich gesagt und gehofft, dass er mir weiterhelfen konnte.
Er schüttelte den Kopf.
„Sie war heute nicht hier.", entgegnete er, weshalb ich mich wieder auf den Weg machte.

Ich checkte nochmal mein Büro, ob sie nicht doch noch gekommen war.
Ist sie nicht.
Ich fragte einige Porträtbilder, die jedoch genervt zu sein schienen oder mich gar ignorierten.
Obwohl ich sie einfach am nächsten Tag damit konfrontieren könnte, suchte ich sie weiter, bis ich bei der Bibliothek ankam, welche mir auch hätte früher einfallen können.

Zügig ging ich die fast leeren Reihen ab, bis ich Allison fast ganz hinten an einem Tisch sitzen fand.
Erst wollte ich ihr einen Vortrag halten, bis ich bemerkte, dass sie beim Lesen eingeschlafen war.
Mit einer Hand stützte sie ihren Kopf und mit der anderen hatte sie mit ihrem Zeigefinger die Sätze nachgespurt.

Sie wirkte geradezu friedlich in ihrem schlafendem Zustand.
Ich schaute ihr über die Schulter in das Buch, welches sie vor dem Einschlafen gelesen hatte. Es war ein Buch für Zaubertränke, was ich bereits an der Überschrift bemerkt hatte.
„Tränke für das bessere Schlafen- Rezept und Herstellung"
Augenblicklich runzelte ich die Stirn.
Hatte sie etwa vor Schlaftränke zu brauen?

Ich flüsterte leise Allison's Namen um sie nicht zu erschrecken, doch sie schreckte trotzdem peinlich berührt und irritiert zugleich hoch. Sie blinzelte einige Male, bis sie sich an das grelle Licht in der Bibliothek gewöhnt hatte und blickte mich verdutzt an. Sie musste schon eine ganze Weile hier gewesen sein.
Ein Blick auf die Uhr verriet ihr den Grund für meine Anwesenheit.
„Entschuldigen Sie. Es tut mir so leid.", sagte sie mit dünner Stimme.

Noch nicht richtig realisierend, schlug sie das Buch rasch zu um es wieder an die richtige Stelle zu bringen.
„Wie haben Sie mich gefunden?", fragte sie müde.
Ich blickte zum Regal, wo sie das Buch wieder hineingeräumt hatte und wieder zurück zu ihr.
Die Bibliothek war stiller als sonst. Kaum Jemand war mehr hier.
„Es war der einzige Ort im Schloss, wo ich noch hätte suchen können."
Sie schüttelte einleuchtend den Kopf.
„Es tut mir wirklich leid.", entschuldigte sie sich nochmals.

Ich setzte mich und deutete ihr, es auch wieder zu machen.
„Kannst du schlecht schlafen, Allison?", fragte ich sie nach einer Weile des Schweigens.
Sie hatte es zu schnell verneint und alles sprach außerdem gegen ihre Aussage.
„Ich weiß das du mich anlügst, aber über diese Tatsache hinaus, würde ich gerne den Grund dafür erfahren.", ich blieb weiterhin ruhig.
Allison schaute mich für einen kurzen Moment misstrauisch an, als könnte ich sie mit dieser Information in den Ruin treiben.
Wie erwartet, antwortete sie nicht.

„Ich frage deshalb, weil ich unter bestimmten Umständen dazu in der Lage bin, dir Tränke dafür auszuhändigen. Natürlich kannst du, wie viele andere Schüler, versuchen, selbst welche zu brauen, doch da, durch Unwissen, immer etwas schief gehen kann und du erst seit wenigen Monaten überhaupt am Zaubertrankunterricht teilnimmst, würde ich dir dringend davon abraten.", sagte ich ihr, um zu vermitteln, dass ich keine schlechten Absichten hatte.

Doch manchmal reichte es nicht, um Menschen zu überzeugen.
Manche Menschen, darunter auch Allison, würden nie Jemandem wirklich Vertrauen schenken können.
Das liegt nicht daran, dass die Person nicht vertrauenswürdig ist, sondern an dem Schutz, der den anderen Menschen bewahrt, falls er doch hintergangen werden sollte. Den Abstand, welchen sie immer beibehalten werden.
Und da ich Allison erst getäuscht, hintergangen hatte, war sie umso vorsichtiger, als sonst.

Obwohl ich es als Hilfe bezeichnet hätte, welche sie nicht als diese anerkannte.

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