20.Ein anderes Gesicht
Allison
Ich setzte mich zum Frühstück zu Harry und Ron, die gerade angefangen hatten, ihr Toast zu essen. Aus näherer Betrachtung sahen die beiden noch müder aus, als sowieso schon.
Während Harry nur kleine Bisse nahm und eher angewidert schaute, mampfte Ron nur vor sich hin.
„Guten Morgen Jungs."
Sie hatten mich gar nicht wirklich bemerkt, zu sehr waren sie mit ihren Gedanken beschäftigt.
„Morgen.", grummelte der Rotschopf.
Ich blickte beide verwirrt an. Was war denn los?
Harry konnte anscheinend meine Gedanken lesen.
„Vertretung mit Snape.", murmelte Harry, als hätte er gerade die Nachricht bekommen, dass Jemand aus seiner Familie verstorben war.
„So schlimm ist er gar nicht. Okay, vielleicht hat er etwas gegen Gryffindors und vor allem gegen dich, Harry, aber wenn ihr eure Aufgaben sorgfältig bearbeitet, kann er nichts sagen.", versuchte ich ihm Mut zu machen, doch sein Blick änderte sich nicht.
„Wo ist eigentlich Hermione?", lenkte ich vom Thema ab.
Ron schaute auf, als wäre ihm ihre Abwesenheit noch gar nicht wirklich aufgefallen.
„Sie kommt vermutlich gleich.", sagte er trotzdem eher gelassen und aß weiter.
Ich nahm mir auch ein Toast und bestrich es mit einer dünnen Schicht Erdbeermarmelade. Eigentlich konnte ich am Morgen nicht wirklich etwas essen, aber mein Magen war so leer, dass ich es wirklich gebrauchen konnte.
Ich biss gerade hinein, als Hermione sich erschöpft gegenüber von mir niederließ.
Sie schien hektisch und begrüßte uns halb ausatmend.
„Oh, ihr habt heute ja wirklich Hunger, naja bei Ron ist das kein Wunder. Er hat immer Hunger.", sagte sie und schnappte erst einmal nach Luft.
Sofort legte ich mein restliches Toast auf den Teller. Ich war bei sowas wirklich empfindlich, vor allem wenn es um mein Essenverhalten ging.
„Hast du es eilig?", fragte ich stattdessen.
„Ja, ich muss noch zu McGonagall vor dem Unterricht.", antwortete sie mir freundlich und bemerkte nicht, dass ich mit dem Essen aufgehört hatte.
Sie griff sich einen Apfel und verabschiedete sich auch schon wieder.
„Man, wie kann sie immer nur so motiviert sein.", bemerkte Ron und rieb sich die Hände, um die Krümel von seinen Händen loszuwerden.
„Es ist eben Hermione.", meinte Harry verschlafen und blickte zum Lehrertisch, wo Snape sich plötzlich von seinem Platz erhob.
„Ron, wir müssen los! Wir sehen uns dann später, Allison?"
Ich nickte und verabschiedete mich ebenfalls
Ich musste auch langsam los.
Denn ich musste nun zu meinem nächsten Unterricht.
Wahrsagen.
Dort hatte ich immer das Gefühl einzuschlafen, wenn ich mich nicht mit irgendetwas ablenken konnte. Eigentlich hatte ich das Fach als spannend empfunden, doch hier war es ganz anders.
Außerdem war die Lehrerin nicht wirklich vertrauenswürdig. Andauernd flüsterte sie mir zu, dass mich bald etwas Schlimmes erwarten würde und ich acht auf mich geben soll.
Das sagte sie mir aber schon seit Wochen.
So lief ich mit einem eher gelangweilten Blick durch die Gänge und schließlich auch die Leiter zum entsprechendem Turm hoch. Und wie erwartet, ließ mich die Wärme und Dunkelheit, sowie der süße Duft ermüden.
Ich begrüßte Professor Trelawney knapp und setzte mich schließlich auf meinen Platz.
Heute würden wir wieder in die Kugel schauen, da sie meinte, es wäre eine gute Vorbereitung für die Prüfung.
„Wiederholung kann nie schaden. In der Wahrsagerei kann sich in kurzer Zeit eure ganze Zukunft ändern. Nur die Techniken bleiben erhalten.", sagte sie knapp, bevor wir auch schon anfangen mussten.
Danach ging sie Tisch für Tisch durch. Bei manchen sagte sie mehr, bei anderen weniger. Zu einigen Schülern brauchte sie auch nichts zu sagen.
Sie kam zu mir und meinem Sitznachbarn, den ich nicht kannte. Ich hatte ihn nur einige Male flüchtig gesehen, sonst wechselten wir hier nur wenige Worte.
„Wen haben wir denn da? Ms. Malfoy...Was können Sie mir denn erzählen? Was sehen sie in der Kugel?", fragte sie mich und rückte ihre Brille zurecht.
Ich sah nichts.
Doch natürlich würde ich ihr das nicht erzählen, also versuchte ich mein Glück.
„Es scheint, als stehen schwere Zeiten bevor. Ich muss auf mich aufpassen, sonst könnte vielleicht etwas Schlimmes geschehen.", antwortete ich ihr also und setzte noch eine traurig schauende Miene auf.
Der Junge neben mir musste sich sein Lächeln unterdrücken.
„Sehr gut Ms. Malfoy..Jedoch sollten Sie auch auf ihre Familie aufpassen. Es scheint, als würde sie vielleicht auch in Gefahr schweben.", sie lächelte mich mitleidig an.
Obwohl ich nicht daran glaubte, hatte sie vermutlich Recht. Standen nicht für uns alle schwere Zeiten bevor? Wenn der dunkle Lord erst einmal...
Ich stoppte meine Gedankengänge.
Nicht jetzt.
Ich würde nicht jetzt darüber nachdenken.
„Das möchte ich doch nicht hoffen.", sagte ich schnell und sie ging zufrieden weiter.
Am Ende der Stunde stiefelte ich zu Alte Runen, welches eigentlich schnell vorbei ging. Dann hatte ich noch eine Stunde Zauberkunst bei Professor Flitwick.
Die hatten wir mit den Hufflepuffs, welche ziemlich gestresst wirkten.
„Wie kann sie uns nur einen 10-seitigen Aufsatz zu nächste Woche aufgeben? Als hätten wir nicht genug zutun.", zischelte ein Mädchen ihrer Freundin zu.
Das hatten wir gestern von Professor McGonagall auch aufbekommen.
Aber glücklicherweise hatte ich schon in der Nacht einige Stunden daran gearbeitet, sodass ich nur noch ungefähr zwei Seiten brauchte.
Ich hatte jetzt Dienstags auch freie Abende.
Ich hatte mich gestern mit Lupin ausführlich darüber unterhalten.
Ich entschied mich gegen seinen Rat.
Doch wir hatten einen Kompromiss gefunden, mit dem wir beide einverstanden waren.
Wenn ich Hilfe brauchte, mir etwas auf dem Herzen lag oder meine mentale Gesundheit sich verschlechterte, stand seine Tür immer offen.
Ich versprach ihm, dass ich rechtzeitig zu ihm kommen würde.
Und das war meiner Meinung nach, die beste Lösung gewesen.
Ich hatte mehr Zeit und trotzdem Jemanden, mit dem ich über Probleme reden konnte.
Die Worte von Pansy rissen mich aus meinen Gedanken.
„Allison? Wir müssen anfangen.", sagte sie und hielt mir meinen Zauberstab hin.
„Oh ja, ja klar."
Wir stellten uns hin und übten den Zauber von letzter Stunde weiter.
Als es klingelte, war ich eine der Letzten, die fertig mit einpacken wurde, da ich noch eine Frage an meinen Lehrer hatte.
Die beantwortete er mir zufriedenstellend, woraufhin ich mich bei ihm bedankte und mit meiner vollen Tasche den Raum verließ um zum Mittagessen zu gehen.
Doch schnell entschied ich mich erst einen Umweg in die Kerker zu nehmen um meine Unterrichtsmaterialien in meinem Zimmer zu verstauen.
Dabei ließ ich mir Zeit, obwohl ich Harry zugestimmt hatte, dass wir uns zum Mittagessen sehen würden.
Viele mochten ihn nicht, da sie dachten, dass er arrogant wäre, aber dem war überhaupt nicht so.
Ich kann ihn gut leiden.
Vielleicht würden wir sogar sehr gute Freunde werden.
Das dachte ich zumindest die wenigen Minuten, die ich noch unwissend über die Nächsten blieb.
Laute Geräusche erschütterten den Toilettenraum der Jungen in der 1. Etage.
Es hörte sich an wie ein Kampf.
Neugierig blickte ich hinein, doch konnte auf dem ersten Blick nichts erkennen, also trat ich ein, um nach den Schuldigen Ausschau zu halten.
Ich lief schnell in eine Kabine, als der nächste Zauberspruch auf seinen Gegenüber prallte.
Harry. Es war Harrys Stimme gewesen.
Doch der Zauber hatte anscheinend Niemanden erwischt. Er muss knapp an der Person vorbeigeschossen sein, denn ich hörte keinen Gegenzauber.
Ich schaute unter der Kabinenwand hindurch und sah nur einen Zauberstab aufblitzen, der gefährlich in meine Richtung lenkte. Schnell kletterte ich auf den Toilettendeckel und verlor vor Geschwindigkeit fast das Gleichgewicht.
Wieder daneben.
Nur dieses Mal konnte ich Draco's Stimme wahrnehmen.
Erst Sekunden später realisierte ich.
Draco!
Sie lieferten sich einen Kampf.
Und sie würden erst aufhören, wenn einer verletzt-
„SECTUMSEMPRA!"
Stille.
Nichts als Stille.
Draco wehrte sich nicht.
Er hatte ihn getroffen.
Er hatte Draco getroffen.
Sofort stieg mein Puls und ich fing an zu zittern.
Ich hatte diesen Zauberspruch noch nie gehört.
Sofort stürmte ich aus der Kabine und lief zu dem reglosen Körper an den Waschbecken.
Draco.
Es war wirklich Draco.
Nein.
Nein.
Nein.
„Draco?", sein Name aus meinem Mund war nur ein leises Flüstern.
Da lag er.
Blutüberströmt auf den kalten Fliesen.
Ich hielt die Luft an und rannte zu ihm.
Seine Augen waren noch offen.
Ich kniete mich neben ihn.
„Draco?"
Verzweifelt nahm ich sein Gesicht in meine Hände und sah ihm in seine Augen.
„Alli.."
Ich versuchte seine Wunden mit meinen Händen zu verschließen, aber das Blut strömte überall aus seinem Körper heraus.
Ich saß in einer riesigen Blutlache.
Ich war betäubt.
Ich sah nicht mehr meinen Bruder vor mir liegen, sondern Blaise.
Wie ich seine blutende Wunde zuhielt.
Ich befand mich plötzlich wieder mitten in der Nacht im Wald.
Die Nacht in dem ich sein Leben rettete.
Ich schüttelte hektisch mit dem Kopf und versuchte in die Realität zurückzukommen.
Schritte ertönten.
Harry.
„Was hast du getan!?"
Was hatte er nur getan?
„Ich-", er brach ab.
Erneute Schritte.
Die Augen Snape's fixierten mich und dann meinen Bruder.
Er kam auf uns zugeeilt.
Und Harry, Harry verschwand.
Er lief davon.
„Allison, weg von ihm.", befahl mein Hauslehrer.
Wie in einem Bann gefangen, schob ich meinen Körper von dem meines Bruders weg.
Nur wenige Meter, aber so weit, dass Snape sich über ihn beugen konnte.
Er murmelte unverständliche Worte, die in einem normalen Zustand vermutlich zu mir durchgedrungen wären, aber jetzt hörte ich nur mein eigenes Blut rauschen und wechselte von dem blutenden Körper Draco's zu Blaise's.
Ich saß in einem Gemisch von Blut und Wasser. Woher kam das ganze Wasser?
Ich blickte hoch zu den Wasserhähnen.
Sie alle waren aufgedreht.
Wie hatte ich das nicht bemerkt?
Schnell verwarf ich den Gedanken.
War doch vollkommen egal.
Ich bemerkte, wie das Blut plötzlich verschwand.
Es lief zurück in Draco's Körper.
Eigentlich sollte mich das überraschen, aber das tat es nicht.
Andere Fragen schwirrten mir durch den Kopf.
Warum war Snape so schnell hier gewesen?
Und warum kannte ausgerechnet er den Gegenzauber dazu?
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