Kapitel 11
„Wie konntest du nur?"
Erschrocken zuckt Yoona bei der Lautstärke seiner sonst so sanften Stimme zusammen.
„Chim!"
Jimin dreht sich kurz zu Taehyung. Dann schaut er Yoona tief in ihre erschöpften Augen und stürmt wutentbrannt aus dem Schlafzimmer.
„Er meint es nicht so. Er hat sich nur Sorgen gemacht, das haben wir beide. Was hast du dir nur dabei gedacht?", kommt es wesentlich einfühlsamer von dem braunhaarigen Jungen, der an der Wand ihrer Wohnung lehnt.
Seine Augen spiegeln seine Enttäuschung wieder. Betrübt wendet Yoona ihren Blick ab.
„Ich habe Jimin noch nie so aufgebracht erlebt", flüstert sie.
Taehyung seufzt.
„Dein unüberlegtes Handeln hat ihn verletzt."
Yoona blickt in die dunklen Augen, als sie ehrlich antwortet: „Es tut mir leid. Ich dachte...Ach, ich weiß auch nicht, was ich dachte. Ich-...Das war so dumm von mir."
Liebevoll erwidert der braunhaarige Alpha ihren Blick.
„Mach so was nie wieder, versprich es. Meine Sorgen um dich hat mich fast umgebracht. Und Jimin ist vollkommen durchgedreht, als wir dich hier nicht gefunden haben und du auf keine Nachrichten reagiert hast."
„Versprochen."
Yoona wischt sich die letzten Tränen aus den Augenwinkeln und steht auf. Taehyung beobachtet sie fragend.
„Ich muss mich entschuldigen."
Wissend nickt er. Yoona geht an ihm vorbei, wobei er sie in eine kurze Umarmung zieht. Dann betritt sie den Flur. Sie entdeckt Jimin auf dem Balkon, wo er nachdenklich am Geländer lehnt. Durch das offene Wohnzimmer betritt sie den Außenbereich. Eine kühle Brise weht ihr ins Gesicht. Die Nachtluft tut gut. Ihre Augen wandern zu dem blonden Alpha. Sein Körper bebt und seine Hände umklammern das Geländer, während er gedankenverloren in die Sterne starrt. Hauchzart berührt Yoona mit ihren Fingern seine Hand. Er will sich entfernen, doch die Schwarzhaarige verstärkt ihren Druck und tritt näher an den Jungen heran, sodass sie seine Körperwärme deutlich spüren kann. Sie lehnt sich gegen seinen muskulösen Rücken und berührt mit ihrer Nasenspitze sein Ohr. Sie inhaliert seinen angenehmen Geruch. Ihr Herz schlägt schon wieder doppelt so schnell.
„Es tut mir leid Jimin", flüstert sie mit geschlossenen Augen.
Ein tiefes Seufzen verlässt seine Kehle. Dann dreht Jimin sich plötzlich um und zieht den Omega so eng wie möglich an seine Brust. Dabei vergräbt er seinen Kopf in ihrer Halsbeuge.
„Tue mir das nie wieder an. Ich hatte solche Angst um dich."
***
In Yoonas Kopf herrscht ein unergründliches Chaos. Gedankenverloren starrt sie an die Decke über ihr. Dabei drückt sie das Kissen in ihren Händen immer näher an ihre Brust. Sie hatte so sehr einen endgültigen Schlussstrich unter der Sache mit Sang Tae setzten wollen. Doch das alles hatte nur dazu geführt, dass sie sich selbst in Gefahr gebracht hat. Der Gedanke an ihre schmerzende Wange lässt sie immer noch zittern. Wie konnte sich Yoona so sehr in dem Mann täuschen, mit dem sie fünf Jahre ihres Lebens verbracht hat? Er war immer schon schnell reizbar und besitzergreifend gewesen, aber das heute war ein neues Level.
Und dann auch noch die ständige Erwähnung von dieser unbekannten Person. Yoona hat eine Vermutung, von wem Sang Tae, oder auch Namjoon gesprochen haben. Doch bei dem Gedanken an diese Person zieht sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. Er hat Yoona, wie alle anderen auch im Stich gelassen. Er hat sie alleine gelassen. Sie will ihn nicht wiedersehen und doch befürchtet Yoona schon länger, dass er Teil des Rudels ist.
Wussten Jimin und Taehyung die ganze Zeit, wer ich bin?
Wussten sie die ganze Zeit, dass ich eine Omega bin?
Haben sie sich nur auf seine Bitte um mich gekümmert?
Ihr plötzliches Interesse hat vor einem halben Jahr aus dem Nichts angefangen und wenn er dafür verantwortlich ist, dann würde das auf jeden Fall eine Menge erklären. Unter anderem warum Yoona sich an der Uni ständig beobachtet fühlt. Dann war es wohl doch nicht nur Einbildung...
Es ist alles noch viel komplizierter, als sie zu Anfang gedacht hat. Morgen würde sie die Alphas zur Rede stellen. Sie verdient endlich Antworten. Bedrückt seufzt die Schwarzhaarige und starrt liegend in die Dunkelheit. Sie kann nicht Schlafen und will gerade alles andere als alleine sein. Sie sehnt sich nach der beruhigenden Nähe der Jungs. Leise erhebt sich die Schwarzhaarige aus dem Bett und tapst auf nackten Füßen in den Flur. Es ist komplett still in der Wohnung. Zögernd öffnet sie die andere Schlafzimmertür und schaut sich in der Dunkelheit um. Sie erkennt zwei Umrisse in dem Bett vor ihr.
„Yoona? Was machst du hier? Ist etwas passiert?"
Die helle und verschlafenen Stimme trifft sie mitten ins Herz. Jimin klingt tiefer und rauer, als sonst. Verdammt...
Sie erkennt, wie sich der blondhaarige Alpha müde aufsetzt und sie in der Dunkelheit sucht.
„Nein, es ist alles gut", haucht sie.
Yoona geht sich nervös durch ihre langen offenen Haare, als sie immer näher an das Bett herantritt.
„Ic-...ich...kann-...Ich wollte nur-... Kann ich bei euch schlafen? Nach allem heute, möchte ich nicht alleine sein", bekommt sie nur schwierig einen vernünftigen Satz zusammen.
Zum Glück kann man ihre geröteten Wangen in der Dunkelheit nur schwer ausmachen. Die Schwarzhaarige vernimmt ein leises Rascheln und spürt dann plötzlich Finger, die sanft ihr Handgelenk umfassen.
„Komm schon her."
Yoonas Haut überzieht ein Kribbeln, bei der Sanftheit mit der Jimin die Worte ausspricht. Unbeholfen stolpert sie nach vorne. Sie kann sich nicht mehr auf ihren Beinen halten, verliert ihre Balance und fällt in das Bett hinein – direkt auf den Blondhaarigen hinauf. Bestimmend fasst er Yoona an der Taille und lenkt sie so auf den Platz zwischen ihm und Taehyung. Yoona entfährt dabei ein leises Quieken. Dann zieht Jimin sie näher an sich heran und umarmt sie von hinten, was Yoona mit einem Schlag alles um sie herum vergessen lässt. Nur noch dieser Moment zählt. Der leichte Geruch beider Alpha, der sie umgibt. Jimins heißer Atem, der ihren Nacken streift, Jimins Lippen, die einen hauchzarten Kuss auf ihren Hals drücken. Es ist perfekt. Jimin vergräbt sein Gesicht in Yoonas Nacken. Und diese intensiven Gefühle, die Yoona empfindet, sind unbeschreiblich. Plötzlich regt sich auch Taehyung. Seine Hand schmiegt sich an ihre erhitzte Wange, als der Braunhaarige Yoona einen keuschen Kuss auf den Mundwinkel drückt. Dies lässt ihr Herz fast stoppen, bevor dieses anschließend im doppelten Tempo weiterschlägt. Dann legt er seinen Arm um sie, wodurch sein Körper ihrem noch näher kommt – so nah, dass sie seinem Atem an ihren Lippen spüren kann.
„Es war ein anstrengender Tag. Du solltest schlafen, meine Schöne."
Yoona spürt jedes Wort an ihren Lippen und nimmt den gemischten Duft der Alphas immer intensiver wahr. Pure Zufriedenheit durchströmt sie, sodass sie ruhig ausatmet und ein genießerisches Seufzen nicht unterdrücken kann. Sie liegt immer noch sehr nah bei Taehyung und kann daher spüren, wie sich seine Lippen an ihrem Mund zu einem kleinen Lächeln verziehen. Er küsst liebevoll ihre Stirn und lässt seinen Kopf dann in das Kissen unter sich sinken. Die angenehme Wärme, die Yoona umgibt, lässt sie immer schläfriger werden, bis sie in den Armen beider Alpha in einen erholsamen und tiefen Schlaf fällt.
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