{45} Satoru POV

Panik. Nackte Panik erfasste mich und ich stürzte das Treppenhaus des Krankenhauses runter. Ich sprang förmlich mehrere Stufen auf einmal, nur um so schnell wie möglich hier wegzukommen.

Ich war, nach dem Anruf von Yuji, das Y/N im Krankenhaus war, wie der Teufel hergefahren und hatte mir die schlimmsten Sorgen gemacht, weil ich dachte, sie vertrüge die neue, richtige Antibabypille auch nicht und es hätte Komplikationen gegeben.

Aber als ich den Arzt sagen hörte, was nicht stimmte, da ...

Schwanger.

Schwanger.

Schwanger.

Ich keuchte und versuchte, verzweifelt Luft zu holen.

Aber ich konnte einfach nicht atmen. Ich bekam keine Luft. Mein Hals war wie zugeschnürt und ich schluckte mehrmals gegen das Gefühl an, aber was ich machte, die Panik blieb. Mein Herz pumpte schnell, mein Blut raste und mein Puls hämmerte im Rekordtempo. Mir wurde schwindelig, doch ich lief weiter.

Ich musste weg, weg, weg, weg!

Das durft nicht sein, das dürfte einfach nicht sein! Y/N konnte einfach nicht schwanger sein und mich damit zum Vater machen. Ich war nicht bereit.

Ich hielt völlig außer Atem an und packte das Geländer der Treppe. Meine Knöchel traten weiß hervor, so viel Kraft nutzte ich. Wenn ich es nicht täte, würde ich umfallen.

»Scheiße«, schimpfte ich flüsternd und kniff die Augen zusammen. »Ich kann das nicht, ich ...« Ich holte tief Luft und stieß einen Schrei aus, der im Treppenhaus widerhallte. »FUCK! FUCK! FUCK!«

»Gojo! Blieb stehen!«

Ich kniff die Augen zusammen. Nein, wenn er mir jetzt vor die Augen trat, würde ich den Wichser umbringen. Ja, ich war froh, dass er Y/N sofort hergebracht hatte und auch, das er mich direkt angerufen hatte. Aber sagte er jetzt ein Wort zu mir, was für ein Arsch ich war, zu verschwinden, wäre es um mich Geschehen.

Ich lief weiter und verschwand aus dem nächstbesten Notausgang, bis ich letzten Endes in meinem Auto saß.

Und dann fuhr ich. Zwei ganze Stunden. Aber ich fuhr nicht weg, sondern wahllos umher. Im Kreis, im Dreieck und durch jede verdammte Straße, die ich kannte. Ich war so durcheinander und aufgewühlt, dass ich nicht klar denken konnte.

Sie war schwanger.

Ich würde Vater werden.

WIR wurden Eltern.

Ich parkte und ging in die Bar, vor der ich unterbewusst angehalten hatte. Ich blinzelte nicht mal und steuert die Bar an, ohne das drum herum zu beachten. Der Lautstärke nach, fand eine Party oder so ähnlich statt, aber ich kümmerte mich nicht darum. Ich war in Gedanken weit abgedriftet und malte mir die Szenarien aus, die meine Zukunft nun bestimmen würden.

Ich hob die Hand und machte den Barkeeper auf mich aufmerksam. »Hey, die Flasche Bourbon bitte.«

»Wir verkaufen kleine Flaschen.«

Ich hob den Kopf und kniff die Augen zusammen. »Dann füll mir eben so viele Gläser ab, bis die Scheiß Flache leer ist, du Penner.«

Er hob eine Braue. Offensichtlich kannte er mich nicht, aber das war okay, denn mit der Blackcard, die ich jetzt auf den Tisch legte, wusste er etwas anzufangen.

»Die ganze Flasche, Huh? Mieser Tag?«

Ich lachte lustlos. »Gib mir einfach nur den Alkohol und stell keine Fragen.«

Er brummte etwas, aber stellte ein Glas, wie die volle Flasche vor mich. Ich ließ meine Geldkarte mit den Worten liegen, dass er am Ende des Abends alles abrechnen sollte, und ging automatisiert zu einem Tisch, im letzten Eck. Ich sah mich um, weil ich mehreren Menschen ausweichen wollte, und stellte fest, dass wohl ein Junggesellinnenabschied stattfand. Denn viele spärlich bekleidete Damen umrundetet, und bejubelten eine, in ein sexy Brautkleid gewickelte Frau mit Krone auf dem Kopf. Ich sah weg und schob mich auf die Bank.

Und dann trank ich.

***

»Wie ich sehe, bin ich eine halbe Flasche zu spät.«

Ich hob den Kopf und sah Yuji an, der sich mit gegenüber auf die Bank gesetzt hatte.

»Tatsächlich bist du eineinhalb Falschen zu spät« Ich deutete auf eine weitere leere Flasche Whiskey. »Wie has du mich gefunden?«

Er legte den Kopf schief. »Ein Ferrari vor einem Laden wie dem ist nicht unbedingt subtil.«

»Mhm«, machte ich nur und sah dann weg.
»Okay, ich merke es mir fürs nächste Mal. Und jetzt, verpiss dich, Itadori.«

Yuji lehnte sich zurück und blieb.
»Es ist schon irgendwie beeindruckend, wie viel du saufen kannst, ohne auf- oder umzufallen. Du kannst sogar noch normal reden. Respekt.«

Auch ich lehnte mich ebenfalls zurück. »Freut mich, dich beeindrucken zu können.«

»Du würdest mich beeindrucken, wenn du zu deiner verdammten Frau gehen würdes, um bei ihr zu sein.« Ich kniff die Augen zusammen, aber er redete einfach weiter. »Sie hat gerade erfahren, das du sie geschwängert hast, und braucht dich – warum auch immer – jetzt mehr denn je.«

Ich schwenkte das Glas, sah der goldbraunen Flüssigkeit nach und kippte sie in einem Zug runter. Dann nahm ich mir eine Kippe aus der Packung, die ich mir gekauft hatte, und zündetet sie umständlich an. »Warum gehst du nicht wieder zurück und hältst Händchen mit MEINER Frau.«

Er schnaubte und schürte die Wut meines alkoholbenebelten Hirns. »Nicht würde ich lieber tun. Aber sie will nun mal leider nicht mich, sondern dich Arschloch.«

Ich lachte. »Eifersüchtig?«

»Ja'ich geb's zu. Das bin ich. So sehr, dass es wehtut. Zufrieden? Du weißt, was ich für sie empfinde, also geil dich dran auf, wenn du willst. Du und ich wissen aber, dass, wenn sie schlauer wäre, tatsächlich ich derjenige wäre, der jetzt bei Y/N wäre und sich mit ihr freuen würde, statt sich wie ein verdammter Dreckskerl zu verpissen.«

Mein Lachen stockte und verschwand gänzlich. »Du bist heute ziemlich ehrlich, was?«

»Du hast sie nicht verdient, Gojo.«

Ich knurrte bei der Wahrheit, die mich fast umbrachte. »Ja, denkst du echt, das weiß ich nicht? Und dennoch hat sich unsere kleine Y/N für mich entscheiden. Muss ja ein richtig beschissenes Gefühl sein, oder?«

»Es müsste sich ungefähr so anfühlen, wie von seinem Ehemann alleingelassen zu werden, wenn man gerade erfahren hat, dass man Mutter wird.«

Ich biss die Zähne zusammen. »Fick dich, Itadori! Du hast doch keine Ahnung.«

Er schüttelte den Kopf. »Hey, du blöder Motherfucker, reiß dich einfach zusammen und geh zurück. Sie braucht dich.«

Ja, das wusste ich.

»Ich geh zurück. Keine Sorge. Nur bevor ich das mache, werde ich mir noch ein, nein zwei Flaschen gönnen. Denn die werde ich brauchen, um meiner Frau vorzuheucheln, wie glücklich sie mich mit ihre Schwangerschaft doch macht. Ich lüge ungern, wenn ich nüchtern bin. Und jetzt, tu mir den Gefallen, und verpiss dich endlich.«

Ich ließ Yuji nicht antworten, sondern lief zur Bar, angelte mir zwei Falschen irgendwas hinter dem Tresen her und wackelte damit herum, während ich in angrinste und mit den Lippen ›FUCK YOU‹ formte.

Dann lief ich grinsend durch die Gruppe von Mädels und zwinkerte ihnen zu, bevor ich mich auf den Weg nach draußen machte.

***

Ich blinzelte.

Das Licht das durch den Vorhang drang, blendete mich. Stöhnend erhob ich mich und dabei rutschte die Decke von meinem Oberkörper. Meinem nackten Oberkörper.

Ich runzelte die Stirn und stand auf. Okay, ich war scheinbar komplett nackt. Irritiert lief ich ins Badezimmer und erleichterte mich. Ein Blick in den Spiegel ließ mich seufzen.

»Shit«, nuschelte ich und wusch mein Gesicht. Ich sah genau so aus wie ein Kerl, der alleine zweieinhalb flachen harten Alkohol getrunken hatte. »Shit, shit, shit.«

Ich lief zurück und als ich eine Person in dem Bett sah, das, wie ich jetzt erkannte, offensichtlich in einem Motel stand, trafen mich die Erinnerungen des gesamten Abends, wie ein schlag. Ich torkelte und musste mich an der Wand abstützen.

Y/N im Krankenhaus.

Ich, wie ich abhaue.

Die Bar.

Yuji, der mich gefunden hatte.

Dann wird alles etwas verschwommener, was die Sache jedoch sehr viel schlimmer machte.

Ich tanzte. Trank. Dann nichts. Plötzlich lag ich im Bett, eine Frau auf mir. Mein Schwanz in ihr. Wir fickten. Wir fickten gut und lange, und wild und ...

Shit.

Ich würgte bei den Erinnerungen und die kalte Panik von letzter Nacht kam mit einem eisenharten Schlag zurück. Fassungslos starrte ich auf die Frau, die eindeutig nicht Y/N war.

Ich ... Ich hatte meine Frau betrogen.

Auf dem Absatz wirbelte ich herum und kotzte mehrmals in die schmutzige Badewanne. Ich würgte und spuckte Galle, bis nicht mehr kam und meine Magen wehtat.

Plötzlich schmeckte ich diese fremde Frau und sah in jedem grauenhaften Detail, was ich alles mit ihr getan hatte. FUCK!

Ich schloss die Augen und lief dann ins Zimmer zurück. Ich mied jeden Blick auf die Tussi, als würde es so alles ungeschehen machen, und zog mich ohne Umschweife an.

Mit drei Schritten war ich aus dem Zimmer verschwunden und schirmte mir dann fluchend mit dem Arm die Augen ab.

»Scheiße«, gab ich von mir, als sich dezent schwankend lief.

»Du bist ein Arschloch, Gojo. Das wusste ich ja schon, aber ich hätte nie gedacht, dass du Y/N das antun würdest. Versteh mich nicht falsch, mir war klar, dass du sie irgendwann bescheißt. Aber nicht so, Mann. Nicht unter diesen Umständen. Das ist selbst für dich ziemlich niveaulos.«

Ich erstarrte und suchte die Stimme, bis ich Yuji fand, der quasi fast am Eingang des Zimmers lehnte, aus dem ich eben gestrauchelt kam. Er sah hinein und biss die Zähne zusammen, als er die Tussi im Bett liegen sah.
»Du bist ein Wichser, Satoru.«

»Seit wann bist du hier?«

»Seit du mit einer Frau um die Hüfte und deiner Zunge in ihrem Mund hier reingestolpert bist.«

Ich sah ihn an. Er sah mich an und ich konnte nicht beschreiben, wie beschissen ich mich fühlte. Schuld und Ekel lagen schwer auf meinen Schultern.

»Yuji, ich-«

»Nein. Aus der Sache redest du dich sicher nicht raus. Was du da getan hast, ist widerwärtig. Du bist echt das Letzte!«

Ich gab ihm recht und fügte gedanklich noch weiter unschöne Adjektive hinzu, die mich und was ich gemacht hatte, beschreiben.
»Und was jetzt?«, fragte ich. »Haust du mir eine rein?«

»Nein. Obwohl du es durchaus verdient hast.« Er stieß sich ab. »Nein, jetzt wirst du zu Y/N gehen und ihr sagen, was du gemacht hast. Und dann, wenn sie sieht, was für ein Wichser du bist ...«

»Dann was?«, erkundigte ich mich und ging auf ihn zu. Ich ließ ihn nicht sehen, wie aufgewühlt ich war. Ließ nicht durchblitzen, wie schlimm ich mich fühlte und wie sehr ich mich hasste.

»Glaubst du, sie kommt zu dir? Glaubst du, sie verlässt mich und rennt zu dir? Mit meinem Kind unter dem Herzen?«

Als ich das sagte, brach etwas in mir und ich musste heftig Luft holen. Y/N war mit MEINEM Kind schwanger und ich vögelte eine andere, gleich nachdem ich es erfahren hatte?

Ich würde sie so sehr verletzen, dass sie mir nicht verzeihen würde. Sie hatte mir doch vor ein paar Monaten erst gestanden, dass es ihre größte Angst war, dass sich eine andere Frau hatte. Sie hatte mir ihre größte Furcht offenbart und ich habe genau diese Angst erfüllt.

»Ja, merkst du endlich, was du gemacht hast?«

Ich antwortete nicht, sondern fokussierte mich darauf, Luft in meine Lunge zu bekommen. Ich sah zu Boden, sah auf meine geballten Fäuste und ...

»Du wirst es ihr sagen«, erklärte Yuji in einem so selbstgefälligen Ton, dass alle Gefühle sich in Taubheit wandelten. »Jetzt sofort.«

»Sie ist meine Frau und ich entscheide«, sagte ich heißer, »wann und wie ich es ihr sage. Respektier das.«

»Ach, deine Frau, ja? Du meinst, dieselbe Frau, die du heute Nacht beschissen hast? Wo war dein Respekt ihr gegenüber, als du die andere Tussi da drin gevögelt hast, Gojo?«

Meine Antwort war ein Schlag in sein Gesicht.

Yuji taumelte nach hinten und hob sich die blutende Nase. Ich ging auf ihn zu und packte den Wichser am Kragen.

»Das alles geht dich einen Scheißdreck an, Yuji! Du bist nur der Typ, den Y/N benutzt hat, weil sie nicht heiraten wollte. Mehr nicht. Misch dich nicht in unsere Ehe ein.«

Er lachte trocken auf. »Ja, aber sie hat nicht mit mir geschlafen, weil sich nicht heiraten wollte, sonder weil sie DICH nicht an der Backe haben wollte. Weil sie nicht von dir verletzt werden wollte. Vergiss das mal lieber nicht. Und sie hatte recht, denn du hast ihre eben gerade das verdammte Herz gebrochen.«

Ich biss die Zähne zusammen. »Du bedeutest ihr Nichts. Du bist nur ein Freund, mehr nicht.«

»Vielleicht nicht mehr lange.« Er sah mich an, spuckte Blut aus und drohte: »Aber sag mir, was wirst du sein, wenn ich ihr sage, dass du fremdgegangen bist, weil du es ihr verschweigst? Glaubst du, sie verzeiht dir das?«
»Glaubst du, sie verzeiht dir, dass du es ihr nicht sofort gesagt hast, als du es bemerkt hast, dass du mit der Frau hergekommen bist, sondern erst, als es dir in den Kram gepasst hat?«

»Das Risiko gehe ich ein

„Geh heim und sag es ihr, oder ich tue es.«

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