Kapitel 3》Gin Tonic & Zigaretten 《

Am Nachmittag war es verdammt heiß. Bei 39°C im Schatten mussten wir ja diese beschissene Gartenparty halten. Alle jammerten, denn bei solchen Temperaturen, in so feinen Sachen rumzulaufen, war echt kein Vergnügen.  Nachdem man mich in ein blushfarbenes Seidenkleid mit aufgestickten Blumen gesteckt hatte, hatte ich das Bedürfnis alle paar Minuten duschen zu wollen. Es war einfach nur unangenehm. Um zwei wurden wir alle in den Garten gescheucht. Ludwig war so gütig und half mir über die spiegelglatte Marmortreppe. Bei jedem Schritt in den hohen Schuhen krallte ich mich noch mehr an seinem Arm fest.
"Lass mich ja nicht fallen", murmelte ich ängstlich.
"Auf keinen Fall", meinte Ludwig und grinste. Die Sonne brannte erbarmungslos auf uns nieder und ich hatte das Gefühl mir würde das Gehirn schmelzen. Und dort wo ich mich bei ihm fest krallte, spürte ich schon wie der Stoff seines utopisch teuren Hemdes, meinen Schweiß aufsaugte.

Als wir nach einer gefühlten Ewigkeit das Ende der Treppe erreicht hatten, winkte uns jemand zu. Ein junger Mann der ungefähr so groß wie mein Bruder war kam grinsend auf und zu. Als er näher kam musterte er mich. Seine braunen Augen waren sanft und freundlich, seine schlaffen Schultern verrieten mir das er nicht zu den adeligen gehörten. Wir wurden darauf trainiert, aufrecht zu gegen. Somit fielen Fremde unter uns stärker auf.

"So ein Vollidiot", sagte Ludwig leise neben mir und lachte.
Verwirrt sah ich zwischen den beiden hin und her.
Der Fremde kam grinsend näher und kam kurz vor uns zum Stehen.
"Wer hat das Fußvolk reingelassen?", sagte Ludwig und gluckste als er ihm die Hand gab.
"Ich hab mich eingeschleust". Der Fremde lachte ebenfalls und musterte mich noch einmal unauffällig, seine braunen Augen blitzten.
"Ach ja das ist meine kleine Schwester Cora", stellte er mich vor.
Er imitierte einen Knicks und griff nach meiner Hand. "Es freut mich Eure Bekanntschaft zu machen", seuselte er und grinste. Ich verdrehte die Augen musste aber dann auch lachen als mir einen Kuss auf den linken Handrücken verpasste.
Als sich der Freund meines Bruders wieder aufgerichtet hatte, stellte er sich richtig vor.
"Ich bin Thomas", sagte er charmant und schlug vor das wir uns setzten.
Wir suchten uns ein Plätzchen unter einem der gigantischen Sonnensegeln die zwischen die Bäume gespannt wurden. An einen kleinen runden Tisch  ließen wir uns nieder und ich lauschte ihrem Gespräch aufmerksam. Thomas erzählte das er mit seiner Band durch Österreich tourte und extra für dieses Fest nach Wien gekommen. Eigentlich war es uns nicht gestattet Freunde, die nicht irgendeinen Titel oder viel Geld hatten, einzuladen. Doch Thomas war ein Schwiegersohn den sich meine Mutter wünschen würde. Bis auf den Fakt das er ein Musiker war, schien er eine wunderbare Partie abgeben. Er war gebildet, charmant und studierter Architekt. Als er mir das erzählte, fing ich haltlos an zu lachen. Das kaufte ich ihm einfach nicht ab.
"Was ist?", fragte er in seinem starken grazer Dialekt. "Du verarscht mich doch!", meinte ich und  versuchte mich wieder zu fangen. "Nein das ist wirklich die Wahrheit. Ich sollte was anständiges werden und hab studiert. Dabei habe ich meine Liebe zur Musik entdeck". Ludwig stupste mich von der Seite an und ich nahm den Blick von Thomas. Meine Mutter warf mir den strengsten Blick zu, den ich je gesehen hatte. Daraufhin musste ich noch mehr lachen. Sie stand bei einem Grüppchen älterer Damen die offensichtlich über mich lästerten. Eine der alten Schachteln rümpfte die operierte Nase und raunte ihrer Nachbarin etwas zu. Sie musterten mich als wäre ich eine Aussätzige.

Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte spürte ich wie sich meine Leere Magen meldete. Es krachte und rumpelte so laut, das ich Angst hatte Thomas könnte es hören.
"Entschuldigt ihr mich mal kurz?", murmele ich und stehe von meinem Platz auf. Am Buffet sehe ich Adele stehen, die sich gerade einen Teller nimmt. So schnell es in den hohen Schuhen ging, lief ich zu meiner Tante.
Mir knurrte wieder der Magen, da ich bei dem Frühstück nur ein Ei und Kaffee hatte.
Sie lächelte mich an und ließ den Blick dann über die große Auswahl schweifen.
"Mit wem unterhaltet ihr euch?", fragte sie beiläufig und angelte nach einem Obsttörtchen.
"Das ist Thomas", sagte ich und spürte wie mir das Blut in die Wangen schoss.
"Aha". Sie grinste mich vielsagend an. Doch ich winkte ab. "Ist er nett, dieser Thomas?". Ich nickte. Die Tatsache das er mir ständig Komplimente machte, ließ mich ständig rot anlaufen und seine Nähe machte mich ganz hibbelig.  Bei dem Gedanken an die netten Worte die er mir ständig schenkte grinste ich instinktiv. "Ohhh". Adele lächelte wissend.

"Ich glaube das wird spannend", meinte sie dann  und ich musterte sie verwirrt. Plötzlich tauchte er neben mir auf. Ich warf meiner Tante einen vernichtenden Blick zu und drehte mich lächelnd zu ihm. Er scante das ganze Essen ab. "Kannst du was empfehlen?", fragte er etwas überfordert und lächelte mich schief an. "Der Kuchen ist gut", sagte ich knapp und lud mir ein Stück Apfelkuchen mit Rosenblättern als Zierde auf.
"Findest du es auch so furchtbar?", fragte ich als er sich an mir vorbei beugte um etwas Quiche zu erwischen.
Er nickte unmerklich. "Dann lass uns verschwinden". Verschwörerisch grinste er mich an und sah mir tief in die Augen.
"Aber zuerst essen wir was", stellte ich klar und ging mit meinen Teller zu Bar. Mit meinem heißgeliebten Gin Tonic bewaffnet  schlenderte ich dann wieder zu unserem Tisch.
Ludwig begutachtet mein Glas.
"Du fängst aber früh an", meinte er und zog einen Mundwinkel nach oben.
"Anders hält man es ja nicht aus". Er zuckte mit den Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Ich glaub ich brauch auch was", sagte er dann schließlich und stand auf. Thomas nickte mit vollem Mund. Grinsend entfernte sich mein Bruder. Dann neigte er den Kopf zu mir rüber. Dabei wehte es mir seinen tollen Duft in die Nase. Es war ein himmlischer und rauer Duft, der seinen Charakter unterstrich und doch elegant war. Eine genussvolle Überdosis die mir leichten Schwindel bereitete.
"Wenn wir gemeinsam gehen ist das zu auffällig". Ich zog die Augenbrauen zusammen. Dann sah er zu den übrigen  Gästen. "Wir werden beobachtet. Nicht  nur von deiner Familie, es sind auch ein paar Reporter da". Wissend nickte ich und ließ den Blick ebenfalls schweifen. Er hatte recht. Unter den ganzen Blaublütern waren wirklich Fremde die nicht ins Bild passten. Alleine ihre Körperhaltung verriet sie.
"Wir haben ein kleines Gartenhaus, da führt ein  geheimer Weg hin", erklärte ich ihm dann. "Das kennt sonst niemand. Und durch den Park laufen sowieso nur Security durch".
"Ihr habt einen Park?", fragte er lachend und gabelte ein Stückchen Quiche auf. Ich nickte und musste auch lachen. "Du solltest mal das Gartenhäuschen sehen", meinte ich und nippte an meinem Gin Tonic.

Ludwig kam mit zwei Gläsern in der Hand zurück und setzte sich uns gegenüber. Das Thomas neben mir auf der gusseisernen Bank sahs, störte ihn weniger.
"Weißt du wie spät es ist?", fragte ich meinen Bruder der als einziger einer Uhr trug. Mit einer Schwungvollen Bewegung hielt er sich das Ziffernblatt unter die Augen.
"Kurz vor drei". Ich stöhnte. "Noch 7 Stunden". Auf den Schock nahm ich noch einen Schluck. Die beiden lachten, während ich mich am liebsten verzogen hätte.
"Das hättest du dir aber vorher denken können". Ich streckte ihm die Zunge heraus und er lachte wieder.
Genervt begann ich endlich  meinen Kuchen zu essen. So eine scheiße.
Ich überschlug die Beine und wippte mit dem rechten Fuß.
Thomas und Ludwig unterhielten sich über Autos und ich hörte nur halbherzig zu. Ich beobachtete die Leute bis mir langweilig wurde.
"Ich geh ein bisschen spazieren", meint ich abwesend und stand auf. Gedankenverloren ging ich unter den Sonnensegeln durch bis mir Katharina winkte. Doch sie sah ganz und gar nicht glücklich aus.
Mit hochrotem Kopf kam sie auf mich zugerauscht. Als sie nahe genug war hagte sie sich bei mir unter und zog mich in eine andere Richtung mit sich.
"Sie wollen dich verschachern", sagte sie mit unterdrückter Stimme.
"Was?", platzt es aus mir raus.
"Psschht!". Das scharfe Zischen ihrer Stimme tat mir in den Ohren weh.
"Ich hab es auch gerade erst erfahren. Und du weißt das nicht von mir".
Ich schluckte schwer und merkte wie mir die Farbe aus dem Gesicht verschwand. "Mit wem?".
"So einem russischen hochadels Typen.  Er ist steinreich und ziemlich arrogant. Und er stinkt regelrecht nach Parfüm. Echt widerlich". Sie rümpfte die Nase und schüttelte dann den Kopf. "Was soll ich jetzt machen?", fragte ich hilflos und klammerte mich an ihr fest.
"Geh in den Park für einige Zeit, ich lenke diesen Typen derweilen ab
Vielleicht ist er dann nicht mehr so scharf auf unser Geld ". Das konnte. Darin war sie Meisterin.
Ich nickte und ging etwas benommen Richtung Park. Sie wollten mich also unter die Haube bringe. Aha.

In Gedanken schürte ich meine Hassgdanken gegen meine Eltern und ballte die Fäuste. Was fiel ihnen bloß ein. Wütend bog ich links ab und ging zwischen zwei hohen Hecken auf einen der vielen Springbrunnen zu.
Doch als ich näher kam sah ich Qualm aufsteigen. Brannte es etwa?
Mein Herz fing an wie wild in meiner  Brust zu schlagen, doch dann stieg mir der Geruch von Nikotin in die Nase. Und als ich um die nächste Ecke der Hecke blickte, sahs da jemand auf einer der Bänke und rauchte gedankenverloren.
Es war ein hübscher Jemand. Ein männlicher Jemand. Er blickte hoch und seine blitzenden, dunkelgrünen Augen scanten mich ab. Dann lächelte er.
"Hallo", sagte er gelassen und winkte mich zu sich. "Setzten Sie sich".
Ich atmete erleichtert aus und kam der Bitte nach. Er zog an seiner Zigarette und blies den Rauch wieder in die Luft. Seine schwarzen, kurzen Haare glänzenden im Sonnenlicht das zwischen den Bäumen herab schien. Hier war es viel angenehmer und ruhiger als auf dem Fest.
"Ist das eine beschissene Party", sagte er dann und drehte den Kopf wieder zu mir. Ich zog die Augenbrauen hoch und nickte. "Das können sie laut sagen".
Er streckte mir seine freie Hand hin.
"Ich bin Charly".
"Cora", sagte ich knapp und gab ihm meine. Als er meine Hand losgelassen hatte hielt er mir seine Zigarettenschachtel hin. "Auch eine?".
Ich nickte. "Danke".
Seit bestimmt drei Jahren hatte ich nicht mehr geraucht doch jetzt konnte ich eine Zigarette zum entspannen echt gut gebrauchen. Grinsend reichte er mir ein schwarzes Feuerzeug. Nachdem ich sie angezündet hatte, streckte ich meine Beine aus und zog einmal kräftig an. Der Rauch füllte meine Lungen und wurde wieder in den Himmel geblasen. Erleichtert ließ ich die Schultern sinken und schloss kurz die Augen.
"Die war aber bitter nötig", scherzte Charly und wieder nickte ich. "Und wie".
Ich öffnete die Augen wieder und grinste ihn an.
"Wie kommt es eigentlich das sich eine so schöne Frau hier her verläuft?". Seine stechenden Augen musterten mich aufmerksam.
"Meine Eltern wollen mich mit einem reichen Schnösel verkuppeln".
Er nickte wissend. "Das müssen grausame Eltern sein". Ich nickte und schnippte die Asche auf den Boden.  "Das kannst du laut sagen". Dann war für ein paar Minuten stille. Derweil hatte ich Zeit meine Gedanken neu zu sortieren. 

"Ist das normal das man nicht das sein will, was man seit Geburt an ist?", fragte ich und lehnte mich nach vorne. Meine Arme stützte ich auf meine Knie.
"Kommt darauf an was du bist".
"Eine Prinzessin", meinte ich trocken und zog nochmals an der Zigarette.
Charly lachte. "Nunja sowas wird man nicht so leicht los".
Dann folgte angenehme Stille. Man hörte nur dumpf das treiben des Festes und die Vögel die in den Wipfeln der Bäume ihre Lieder sangen. Vor uns plätscherte der alte Springbrunnen in dessen Mitte eine steinerne Nixe sahs.
Es war mir ein Rätsel das uns noch niemand gefunden hatte. Normalerweise müssten mindestens fünfundzwanzig Security Menschen über das Gelände laufen. Ganz zu schweigen von denen die im Haus waren oder unter den Festgästen waren.
Doch dann wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als jemand nach mir rief.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top