~Kapitel 33~
Zitternt wachte ich auf. Ich fuhr mir fahrig übers Gesicht und schüttelte den Kopf, um die Schreckensszenarien aus meinen Gedanken zu verbannen. Mein Körper glühte. Plötzlich kam Madoc ins Schlafzimmer gerannt. Er hatte sein Bowiemesser in der Hand. "Aubrey!?" Ich sah ihn verwundert an und konnte nicht so recht realisieren dass er nun hier war. Ein erleichtertes Lächeln stahl sich auf seine Züge als er mich sah. Ich sprang auf und ließ mich in seine Arme fallen. Madoc steckte das Bowiemesser zurück und zog mich an seine Brust. "Ein Glück bist du unverletzt." Er strich mir über den Kopf und wiegte mich in seinen Armen. Ich genoss seine Nähe und schloss die Augen. Ein alles überwiegendes Glücksgefühl erfüllte meinen Körper. Langsam hob Madoc meinen Kopf an und verschloss seine Lippen mit meinen. Augenblicklich mussten wir beide lächeln. Nach einer Weile löste ich mich von ihm und sah in seine Augen. Sie wirkten hell und aufgeweckt, dass komplette Gegenteil zu dem Hass der normalerweise in ihnen loderte. "Wie hast du mich gefunden?" Ich lief zum Bett und wickelte die Decke um meinen Körper. Madoc blieb dort, wo er war und sah mich nur verträumt an. Er schien zu überleben was er sagen sollte. Ich griff nach dem Bild, auf welchem er mit der Frau zu sehen war und hielt es ihm hin. Resignation trat auf seine Züge. "Du weißt, wer ich bin." Es war eine Feststellung, auf die ich nur mit einem stummen Nicken antworten konnte. "Woher hast du das?" Er zeigte mit der Klingenspitze auf das Bild. Ich machte eine Kopfbewegung in Richtung der Schublade. "Du bist der, den sie the tone hunter nennen." Madoc seufzte. "Ich wollte dich nicht unter diesen Umständen wiedersehen, Aubrey. Und ich wollte auch nie dass du erfährst wer ich wirklich bin. Das hätte dir so vieles erspart." Er schenkte mir ein trauriges Lächeln. "Jetzt kann ich es nicht mehr rückgängig machen. Na los, still deine Wissbegierde. Ich will, dass du verstehst." Ich senkte den Blick. "Was war danach?" Madoc hob eine Augenbraue. "Nachdem das Bild aufgenommen wurde." Er schmunzelte. "Dann hatten wir Sex." "Und was ist mit Liebe?" "Liebe?" Ein ironisches Lachen verließ seinen Mund. "Ich habe sie nicht geliebt. Ich musste noch nie eine Frau lieben um mit ihr schlafen zu können." Geschockt riss ich die Augen auf. Die Kälte und Gleichgültigkeit in seiner Stimme war verletzend. "Wieso, Madoc?" Ich atmete hörbar ein. "Wieso was?" "Die Frauen, die Morde.." Er runzelte die Stirn und öffnete langsam seinen Anzug. Als dieser mitsamt seiner restlichen Kleidung auf dem Boden landete kam ich nicht umhin meinen Blick über seinen entstellten Körper gleiten zu lassen. All die Narben verpassten mir eine unangenehme Gänsehaut. Er besaß fast mehr Narbengewebe als normale Haut. "Deswegen." Madoc fuhr über seinen Körper. "Hat dir das alles dein Vater angetan?" Mir wurde schlecht. Allein durch die Vorstellung der Prozeduren. Er schüttelte den Kopf. "Nein. Vieles davon war ich selbst." Anscheinend schaute ich ziemlich verwirrt drein, denn Madoc fing an weiter auszuholen. "Weißt du, das Problem war, dass ich irgendwann nicht mehr ohne diesen Schmerz leben konnte. Er war für mich eine Genugtuung geworden. Mein Vater hat mich auf jeglich erdenkbare Art und Weise kaputtgemacht. Sowohl physisch als auch psychisch. Als ich ihn tötete und das Anwesen meiner Eltern verließ, riss mich das aus meinem Rhythmus. Und so fing das Morden an, denn ich tat genau das, wozu ich erzogen wurde." Er blickte verloren auf den Boden und schloss kurz die Augen. "Meine Schmerzsucht war zu groß als das ich sie hätte kontrollieren können. Doch irgendwann sah ich ein das es doch eine andere Lösung geben musste. Und wenn ich niemand anderem weh tun konnte, fügte ich mir selbst Schmerzen zu. Ich schnitt mich, verbrannte meine Haut, schoss mir ins Bein. So wie ich es von damals gewohnt war. Aber all das konnte auf Dauer nicht den gleichen Schmerz verursachen wie die sadistischen Foltermethoden meines Vaters. Und deswegen wurde es immer mehr und immer häufiger, bis ich ein verstümmeltes Wrack war. Mehr als das ich es ohnehin schon gewesen bin." Madoc holte geräuschvoll Luft. "Ich sah ein, dass es etwas anderes geben musste außer Mord und Selbstverstümmelung. Es.. Es war einfach nur Sex, aber ich merkte schnell das dieser meine Gedanken ruhig stellte. Zumindest für einen kurzen Augenblick. Ich habe mich grundsätzlich noch nie zu Frauen hingezogen gefühlt. Ich schlief nur mit ihnen, weil sie es zuließen dass ich sie quälte." Überfordert fuhr ich mir durch die Haare. "Also bist du..?" Madoc lachte verbittert auf. "Nein, dass wollte ich damit nicht sagen. Mein Interesse richtet sich nach Menschen wie dir." Langsam fing ich an zu verstehen. Dan und Eve mochten mir einiges über Madoc erzählt haben, doch nun hörte ich es aus seiner Perspektive. "Du hast mich auf eine Art und Weise verändert die ich nicht beschreiben kann. Meine Dämonen, die Dinge zu denen sie mich drängen, dies alles wirkt zum ersten Mal in meinem Leben kontrollierbar. Mehr als sonst. Und du hast Gefühle in mir hervorgerufen von denen ich nicht wusste das sie existieren, weil ich von mir selbst nicht wusste das ich so aufopferungsvoll lieben kann."
Ich schüttelte den Kopf. "Das, was du in der Turnhalle zu mir gesagt hast.. Ist das wahr?" "Ich weiß, worauf du hinaus willst." Er trat näher auf mich zu, hielt jedoch gebürtigen Abstand zu mir. "Du willst wissen, ob ich normal Sex haben kann, ist es das?" Meine Wangen fingen an zu glühen und ich nickte. Madoc schmunzelte und küsste mich auf den Haaransatz. "Ja, dass kann ich. Sex lebt von Emotionen und wenn ich nicht gerade kurz davor bin den Kampf gegen meine Dämonen zu verlieren, ist es kein Problem. Es sind viele Jahre und Gelegenheiten vergangen in denen ich dies unter Beweis stellen konnte. Viele Momente in denen ich zumindest mein Dominanzproblem weitestgehend überwinden konnte." "Und was ist mit deiner Schmerzsucht?" "Aubrey." Madoc suchte meinen Blick, welchen ich widerwillig erwiderte. "Ich werde nicht mit dir schlafen, wenn du es nicht willst. Ich weiß, dass du Angst hast. Angst vor mir. Aber du musst vergessen, was damals in Frankfurt passiert ist. Dan ist tot. Er hat sich umgebracht. Niemand wird dir jemals wieder weh tun. Dafür werde ich sorgen." Zögernd erhob ich mich und trat näher an ihn heran, sodass kein Blatt mehr zwischen unsere Körper passte. Madoc spannte seine Kiefermuskeln an. Ich ließ meine Hand über seinen Körper gleiten. "Was ist mit dir, Madoc? Was wirst du tun?" Ich sah, dass er mit sich rang, so wie er es damals in der Turnhalle schon getan hatte. Abwartend ließ ich meine Hand auf seinem Unterbauch verweilen und fuhr gelegentlich die Konturen seiner V-Linie auf und ab. Madoc stöhnte leise auf, doch behielt er seine Hände bei sich. "Ich habe dir bereits gesagt dass ich mir geschworen habe dir niemals weh zu tun. Und diesen Schwur werde ich nicht brechen. Ich kann mich kontrollieren, Aubrey." Madoc packte meine Hand und drückte sie. "Wie sollte ich deiner Meinung nach denn reagieren?" Abwartend sah er mich an. "Was ist, wenn du nicht mehr gegen deine Schmerzsucht ankommst?" Zu gerne hätte ich mich ihm hingegeben, jetzt, in diesem Moment. Doch ich konnte mich nicht überwinden. Zumindest noch nicht. Und Madoc schien es zu wissen, denn er machte keinerlei Anstalten den nächsten Schritt einzuleiten. Stattdessen nahm er sein Bowiemesser in die Hand und legte es auf seinen Arm. "Es reicht, wenn ich mir selbst Schmerzen zufüge." Dann zog er die Klinge über seinen Arm, welchen er kurz darauf mit einem abgeschnittenen Stück meiner Decke verband. "Vertraust du mir?" Ich nickte zögernd.
"Küss mich." Verwundert sah ich ihn an. "Bitte.. Tu es einfach." Mit einem ergebenen Seufzen verschloss ich meine Lippen mit seinen. Madoc legte seine Hände an meine Hüften und zog mich an sich. Dann nahm er meine Hände und deponierte sie auf seinem Rücken. Als ich mich von ihm lösen wollte, ließ er es nicht zu. Es dauerte etwas bis ich verstand. Ich ließ meine Finger über seine Narben gleiten, über jede einzelne, immer und immer wieder. Es war wahrlich ein Zeichen des Vertrauens. Er offenbarte mir damit seine schreckliche Kindheit, sein ganzes Sein. Als ich an die noch frischeren Narben kam stöhnte er auf. Aber es war kein lustvolles Stöhnen, nein, es war ein schmerzhaftes. Ich löste meine Finger von ihm. "Mach weiter." Er sah mich eindringlich an. "Bist du dir..?" "Ja". Also fuhr ich erneut über das schreckliche Kunstwerk auf seinem Rücken und seiner Brust. Madoc fing an zu zittern und sein schmerzhaftes Aufstöhnen verwandelte sich schnell in ein wehemmendes Wimmern. Als ich alle Stellen erkundet hatte, alles bildlich vor meinem inneren Auge sah, legte ich meine Hände um seinen Hals. Ich ließ die Decke fallen. Madoc hob mich auf seine Hüfte und wenig später fiel ich rückwärts in die weiche Matratze. Sein Blick war alles andere als hasserfüllt. Er schaute mich so liebevoll an wie selten zuvor. Nun sah er mir unverwandt in die Augen. "Lass es einfach zu. Ich will es dieses Mal richtig machen. Du verdienst mehr, als nur schnellen, harten Sex. Du verdienst mehr als die, die ich zur Betäubung nahm. Du bist mir weitaus mehr Wert als meine Begleiterinnen. Und du hast es nicht verdient das ich dich genauso behandel wie sie, als ein Objekt der Lust das ich zum vergessen gebraucht habe."
Ich sah ihn halb aufgebracht, halb zurückweisend an. Ich konnte mich immernoch nicht bewegen aber ich wusste dennoch das wenn ich ihm ein Zeichen gab, er von mir ablassen würde. "Versprich mir, dass du nicht die Beherrschung verlierst. Ich will nicht erfahren wie du.." Ich brach ab. Madoc sah mir eindringlich in die Augen. "Versprochen. Ich werde mich beherrschen." Ich nickte nur stumm. Er zog ein schwarzes Seil unter dem Bett hervor. "Hast du schon mal etwas von Bondage gehört?" "Ja." Er nickte. "Gut." Vorsichtig setze er sich auf meinen Bauch und fing sein Gewicht mit den Beinen ab. "Ich werde langsam anfangen." Kurz schloss ich meine Augen. "Madoc." Sein fragender Blick traf mich und er hob eine Augenbraue. "Versprich mir einfach, dass du mich nicht schlägst." Mitleidig sah er mich an, beugte sich hinunter und küsste mich. "Ich werde so etwas niemals mit dir machen, solange du es nicht willst. Das, was in dieser Nacht passiert ist, wird nie wieder passieren. Ich gebe dir mein Wort." Dann fesselte er meine Fuß- und Handgelenke an das kalte Bettgestell. Ich ließ es zu und versuchte die Panik hinunter zu schlucken, welche sich in mir aufbaute. Seitdem ich geschändet wurde hatte ich keine männliche Person mehr an mich herangelassen außer Madoc. Doch das er mich anfasste weckte nur eine böse Erinnerung in mir. Plötzlich spürte ich eine Hand an meinem Unterleib was mich aufschreien ließ. Meine Nerven lagen blank. "Aubrey. Sieh mich an." Ich tat es, obwohl ich es nicht wollte. Madocs Augen verrieten all seine Empfindungen. Ihn plagte Unbehagen. Und er kämpfte mit sich. "Möchtest du das wirklich?" Wieder konnte ich nur stumm nicken. Madoc seufzte ergeben. Es dauerte nur eine Sekunde, da spürte ich seine Lippen an meinem Hals, wie er dort feuchte Küsse verteilte. Auf meine Reaktionen achtent bahnte er sich den Weg bis zu meinem Dekolleté hinunter und liebkoste meine Brüste. Ich wimmerte auf. Sofort löste er sich von mir, was ihm jedoch sichtlich schwer fiel. "Mach einfach weiter." So sehr ich es auch genießen wollte, wie Madoc mich mit seinen schleppend langsamen Berührung um den Verstand zu bringen schien, es funktionierte nicht. Meine Angst war zu groß, dass auch er die Beherrschung verlieren könnte. Vor allem nach dem, was eben passiert war. Er trohnte nun über mir und verschloß seine Lippen mit meinen. Dann ließ er seine Hand an meinen Unterbauch wandern. Keuchend rammte ich ihm meine Fingernägel in die Oberarme was er nur mit einem Aufkeuchen seinerseits quittierte. Doch so schnell er den Kontakt zu meiner intimsten Stelle hergestellt hatte, so schnell verschwanden seine Finger auch wieder. Beiläufig löste er das Seil von meinen Händen. Dann knabberte er an meinem Ohr und erneut traf mich sein fragender und sorgenvoller Blick. Ein Blick der besagte "Du wirst leiden, wenn ich mit dir schlafe und ich weiß nicht, ob ich mich beherrschen kann." Doch ich nickte nur und zog ihn an mich. Er presste mich auf seine Mitte, was uns beide zum Aufstöhnen brachte. Dann hielt er inne und bewegte sich ein paar Mal prüfend. Langsam und vorsichtig. Erneut schien es mir die Kehle zuzuschnüren und ich zitterte. "Hast du Schmerzen? Körperliche?" Ich schüttelte nur den Kopf und versuchte meine Zerrissenheit zu verstecken. Madoc wischte mir die Tränen weg, welche sich träge den Weg meine Wangen hinunter bahnten. Und dann ließ ich mich einfach fallen. Meine Angst verschwand und mein Kopf schwieg. Es gab nur den jetzigen Moment und nichts weiter. Madoc vergrub sein Gesicht an meinem Hals und stöhnte rhythmisch zu seinem vorgegebenen Takt, währenddessen ließ ich meine Hände in seine Haare wandern und krallte mich dort fest. Je länger wir miteinander schliefen, unschuldig und ohne böse Absichten, desto mehr spürte ich wie etwas in mir heilte. Etwas, von dem ich dachte es würde für immer in Scherben liegen. Es war ein atemberaubendes Gefühl.
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