~Kapitel 14~
Mit Höchstgeschwindigkeit raste er über die Autobahn. Sein Körper zitterte und immer wieder huschten heiß-kalt Schauer über seinen Rücken. In seinem Kopf arbeitete es. Madoc biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich auf seinen pochenden Arm. Das Gefühl des Schmerzes war zwar abgeklungen, jedoch noch präsent. Es beruhigte ihn allmählich etwas. Die verschiedensten Theorien geisterten in seinem Verstand umher. Er hätte verhindern können, dass der Defiler Aubrey mitnahm. Nicht auszumalen, was er ihr alles antun könnte. "Weitaus schlimmere Dinge als eine Vergewaltigung." So wie er den Defiler einschätzte, würde dieser nicht zögern, um Aubrey einer schrecklichen Folter zu unterziehen. Er hatte ihren Körper gesehen, all die Hämatome und Verletzungen, welche sie hatte einbüßen müssen. "Dafür wirst du noch bezahlen."
Seufzend griff er zum Handy. Nachdem der altbewährte Piepton erklang, welcher kundgab, dass die Leitung sicher war, meldete sich ein abgehetzter Brian. "Madoc? Ist was passiert?", fragte dieser völlig außer Atem. Misstrauisch runzelte er die Stirn. "Bist du einen Marathon gelaufen oder warum klingst du so abgehetzt?" Sein bester Freund seufzte. "Ich hasse es, wenn du Gegenfragen stellst, das weißt du doch. Aber nein, ich hatte ... Nun ja ... Ich hatte Frauenbesuch." Ein amüsiertes Lachen verließ Madocs Mund. Er schmunzelte. "Verstehe. Den Rest kann ich mir ja denken. Sorry, Kumpel, ich wollte dich ungern stören. Wer ist denn die Glückliche?" Brian gab ein fast schon abfälliges Geräusch von sich. "Darüber reden wir ein andermal. Du hast mich vorhin doch erst angerufen, was gibt es dieses Mal?" Erneut huschte ein Schauer über Madocs Rücken. Seine Hände krallten sich so fest in das Lenkrad, dass seine Knöchel weiß hervorstachen. "Es geht um den Defiler. Erneut." Am Ende der Leitung hörte er, wie Brian anfing, auf einer Tastatur zu tippen. Es dauerte nicht lange, da verließ ein geschocktes "Was hast du getan?", seinen Mund. "Ich hätte ihn einfach abknallen können, aber Aubrey war im Weg. Ich hätte sie getroffen. Das konnte ich nicht verantworten." Brian blieb kurz still. "Ach, aber dass ein gesuchter Sexualmörder entwischen konnte schon oder wie? Und dann noch wegen so einem primitiven Gefühl wie Liebe", entgegnete sein bester Freund harsch. Madoc verzog das Gesicht. "Du klingst ja schon so wie ich." Der Kriminalbeamte lachte bitter auf. "Schon möglich. Die ganze Zeit über hast du nie solch tiefgründige Gefühle für jemanden empfunden, was nicht heißt, dass ich mich nicht darüber freue, dass du sie für dich entdeckt hast. Aber ich weiß, wie du bist, Madoc. Und ich weiß, wie du sein kannst." Ihm wurde bewusst, dass Brian dieses Gespräch für etwas anderes nutzte. Der Kriminalbeamte schien mehr als nur verbittert zu sein. Wegen was blieb ihm jedoch ein Rätsel. Er entschied sich dazu nicht zu antworten, sondern ließ seinen besten Freund einfach weiterreden. "Das BKA ist für den Schutz von Deutschland verantwortlich. Du bist nur meinetwegen auf freiem Fuß, weil ich dich decke. Und jetzt, da du dich durch Luciá von deiner Vergangenheit eingeholt fühlst, wirst du unkontrollierbar." Madoc verdrehte die Augen. "Ja, eure Aufgabe ist es, Deutschland zu schützen. Aber warum hätte ich das Leben einer Person mit deutscher Staatsbürgerschaft aufs Spiel setzen sollen, nur um einen Sexualmörder zu fassen, Brian? Lass meine Gefühle bei dieser Sache außen vor."
Sein bester Freund schien darauf wohl keinen Konter zu haben, denn er ging nicht auf seine Aussage ein. "Egal, was du tust, versprich mir, dass du ihn erstens am Leben lässt, bevor wir nicht ein Verhör vorgenommen haben. Und zweitens," Madoc konnte Brians warnenden Blick durch das Handy hindurch spüren, "wirst du alles in deiner Macht stehende tun, um nicht wieder in deine alten Muster zu verfallen. Es genügt doch schon, dass ich dich decke und deine Morde vertusche, nur damit du nicht blindlings auf Unschuldige losgehst Madoc. Ich weiß nicht, was in deinem Kopf vorgeht, aber die vier Morde von letztens haben mir gezeigt, dass du deine Dämonen so schlecht unter Kontrolle hast wie schon lange nicht mehr", entgegnete er mit gedehnter Stimme. "Wenn du wüsstest, dass ich den Kampf bereits verloren habe ..." Madoc konzentrierte sich auf den BMW hinter ihm, welcher ihm eine Lichthupe gab. Er beschleunigte genervt, währenddessen fuhr Brian mit seiner Ansprache fort.
"Und was deine Gefühle zu diesem Mädchen angehen. Du hast dich niemals von so etwas wie Liebe oder Reue beeinflussen lassen. Und auch wenn das in deiner Vergangenheit der Fall war, musst du diese Charakterzüge jetzt wieder verfestigen. Zumindest für diesen Fall. Es tut mir leid, das zu sagen, aber Aubreys Leben ist nicht mehr wert als das der unzähligen anderen, die der Defiler umgebracht hat. Wieg nicht hunderte Menschenleben mit einem auf." Madoc schnaubte verächtlich. "Du widersprichst dich, Brian, falls du es überhaupt merkst. Meine alten Charakterzüge wieder zu entfalten würde bedeuten, dass ich binnen eines Tages im nächstgelegenen Knast landen würde. Ich seh die Schlagzeilen schon vor mir. Madoc Knox, der totgeglaubte Serienmörder, sicher unter Gewahrsam genommen. Aubrey ist doch ohnehin nur das Mittel zum Zweck, hab ich recht? Na los, sag es mir!" Brian hatte gerade Luft geholt, da erklang eine laute Frauenstimme. "Brian, das MI5 hat angerufen! Der Defiler hat..", fing sie an, doch unterbrach er sie direkt. "Ich weiß schon Bescheid, Melanie. Informieren Sie die anderen Kollegen." Er hörte, wie sie sich mit schnellen Schritten entfernte. Sein bester Freund wandte sich ihm wieder zu. "Ja, sie ist das Mittel zum Zweck. Es tut mir leid, aber sie ist der Schlüssel. Der Defiler verändert seine Verhaltensmuster. Und dass du nicht eingelocht wirst, wüsste ich schon zu verhindern." Dieses Gespräch brachte Madoc zur Weißglut. "Was ist, wenn sie am Ende nicht mit dem Leben davonkommt? Was dann?!" Brian stöhnte genervt auf. "Es wird schon nicht so weit kommen. Aber jeder wird den Defiler Aubrey vorziehen, wie dich damals deinem Vater. Sie wollen Experimente mit ihm durchführen. Du weißt doch, wie das ist." Madoc spannte seine Kiefermuskeln an. Ein Bild des Psychiaters, welcher ihn wie ein Testobjekt behandelt hatte, tauchte vor ihm auf. Er war schon immer nur ein Testobjekt zu wissenschaftlichen Zwecken und Theorien gewesen. Auch heute noch. "Glaub mir Brian, wenn sie es nicht schaffen sollte, kann ich für nichts mehr garantieren", sagte er grollend. Er würde den Defiler eigenhändig umbringen, würde Aubrey etwas passieren. "Dann sorge dafür, dass du sie und den Defiler findest. Du hast es mir versprochen, Madoc. Kein aus der Reihe tanzen mehr. Nie wieder." Brian legte auf.
"Fuck!" Fluchend schmiss Madoc sein Handy auf den Beifahrersitz. Er versuchte nachzudenken, doch sein Kopf fühlte sich plötzlich so an, als ob er nicht richtig mit seinem Oberkörper verbunden wäre. Als hätte er sich Heroin gespritzt. "Was ist nur mit mir los?" Seufzend massierte er sich sein Nasenbein und richtete seinen Blick angestrengt auf die Straße. Er konnte die Leitplanken nicht mehr richtig erkennen, geschweige denn die Autos, welche unkenntlich vor ihm her fuhren. Alles verschwamm und wirkte auf merkwürdige Weise verzerrt. Hinter ihm hupte es. Instinktiv trat er aufs Gas und beschleunigte erneut. Es war nicht mehr weit bis zu ihm nach Hause, nur noch ein paar Minuten. Starke Kopfschmerzen machten jedes noch so kleine Geräusch für ihn unerträglich. Das Schnurren des Motors klang wie ein Presslufthammer. Madoc schüttelte den Kopf und versuchte krampfhaft die Wirkung der psychoaktiven Substanz loszuwerden. "Wenn ich jetzt einen Unfall baue, dann war's das." Doch zum Glück kam es nicht so weit.
Nach ein paar Minuten war er bei sich zu Hause und stieg aus. Die schnelle Bewegung verursachte jedoch starke Übelkeit, was ihn dazu veranlasste, sich haltsuchend an der Karosserie seines Autos abzustützen. Sein Zittern steigerte sich und ihm brach kalter Schweiß aus. "Verdammt, Luciá! Was haben Sie mir gegeben?!" Er erinnerte sich vage an ihre Berührung und den kurz darauf eintretenden Schmerz, welcher entstand, wenn eine Nadel die Haut durchdrang. Mit großer Mühe ging er die ihm bekannten Drogen durch. Sedativa? LSD? Crack? Heroin? Eine Mischung aus allem? Er wusste es nicht. Er hoffte nur inständig, dass das, was Luciá ihm gespritzt hatte, ihn nicht abkratzen ließ. Mühsam stieß Madoc sich von seinem Auto ab und lief zu seinem Haus. Als er seinen Schlüssel aus der Hosentasche holte, erschien dieser doppelt und dreifach in seiner Hand. Er verengte die Augen, um dagegenwirken zu können. Als er es endlich in seine Wohnung geschafft hatte, ließ er sich in sein Bett fallen und legte den Arm über seine Augen. "Was ist das bloß für ein Zeug?" Sein Kopf fühlte sich an, als wäre er Matsch und als die Halluzinationen eingetreten waren, war er sich nicht mehr sicher gewesen, ob diese Substanz nur psychoaktiv war. Eher halluzinogen. Doch was auch immer es war, er wünschte sich nichts sehnlicher, als das die Wirkung endlich abklang. Die Geräusche um ihn herum drangen wie durch Watte zu ihm und es dauerte nicht lange, da fielen ihm die Augen zu.
Als er aufwachte, fuhr er abrupt nach oben. Da dadurch jedoch die Kopfschmerzen zurückkamen, ließ er sich wieder in die Matratze sinken und konzentrierte sich auf seinen Atem. Er fühlte sich seltsam und fast schon schwerelos. "Wieso um alles in der Welt hat die Mithridatisation nicht eingesetzt?" Er wüsste nur zu gern, was die Agentin ihm verabreicht hatte, dass die Toleranz gegenüber des Giftes nicht eingesetzt hatte. Selbst gegen die meisten Drogen war er beinahe immun.
Langsam schlug er die Augen auf und sah über sich an die schwarze Decke. Die Lampe, die über ihm hing, erschien ihm ganz normal. Zumindest sah er nicht mehr doppelt. Stöhnend rappelte er sich auf und massierte sich die Schläfen. Als er sich auf dem Bett abstütze, griff seine Hand in etwas Nasses. Madocs Blick wanderte neben ihn. Seine Bettwäsche mitsamt Bett war von seinem Blut rot getränkt worden. Das Pochen in seinem Arm war immer noch allgegenwärtig, wie ihm jetzt erst auffiel. "Ich hab viel zu viel Blut verloren." Schnell nahm er sich eine Kompresse aus der Schublade seines Nachtischs und presste sie auf seine blutende Schulter. Die Verbände an seinem Unterarm und seiner Hand hatten glücklicherweise gehalten. Vorsichtig stand er auf und tat ein paar prüfende Schritte. Das seltsame, schwebende Gewühl blieb zwar, jedoch war dies auch das Einzige, was er von der Wirkung noch spürte. Prüfend blickte er sich in seiner Wohnung um. Er hatte eine regelrechte Blutspur von seiner Eingangstür bis zum Schlafzimmer gezogen, doch dadurch, dass sein ganzes Haus und dessen Inneneinrichtung in Schwarz und dunklen Grautönen gehalten war, konnte man das Blut schlecht erkennen. Nur das matte Glänzen verriet, dass er lieber aufpassen sollte, wo er hintrat.
Madoc begab sich in den geräumigen Flur und augenblicklich stellten sich seine Nackenhaare auf. Instinktiv wusste er, dass er nicht alleine war. Erneut ließ er den Blick schweifen. "Wenn du spielen willst, hast du bereits verloren", lachte er ins Leere hinein, doch sein unangekündigter Besucher würde ihn schon hören. Schmunzelnd lief er ins Bad und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, welches den Rest der gebliebenen Benommenheit vertrieb. Er entledigte sich seiner vom Blut getränkten Kleidung und warf sie achtlos in den Wäschekorb. "Und mal wieder wandert ein teurer Anzug in den Müll." Er schüttelte den Kopf über die Tatsache, dass er einen enormen Verschleiß an Anzügen und Hemden hatte. Madoc besah sich im Spiegel. Sein Bart musste unbedingt mal wieder getrimmt werden. Normalerweise trug er immer, wie für ihn typisch, einen Dreitagebart, doch war dieser schon seit geraumer Zeit über diese Länge hinausgewachsen. Kurzerhand griff er zum Rasierer und schaltete ihn an. Bei jeder Bewegung, die er mit seinem verletzten Arm machte, schien seine Schulter zu explodieren und es dauerte nicht lange, da zitterte seine Hand unkontrolliert. Fluchend nahm er den Rasierer in die rechte Hand. Glücklicherweise konnte er mit beiden Händen gleich gut umgehen.
Nachdem er fertig war, trocknete er sein Gesicht ab und trug Aftershave auf seine Haut auf. Madoc hatte sich doch dazu entschlossen, seinen Bart komplett abzurasieren. Mit einem prüfenden Blick betrachtete er die Schussverletzung. Die Kugel schien nicht in seinem Fleisch zu stecken, was ihn erleichtert aufatmen ließ. Nach kurzem Überlegen griff er nach dem Desinfektionsmittel und besprühte die Wunde. Tränen schossen ihm in die Augen und er presste die Zähne aufeinander. Als der Schmerz abgeklungen war, entschied er sich kurzerhand die Wunde selbst zu verschließen. Er fischte aus einer der Kisten, welche in seinem Schrank standen, eine Nadel, ein Feuerzeug und Faden hervor. Er hielt die Nadel über das Feuerzeug und desinfizierte sie somit. Dann verknotete er den Faden und tat den ersten Stich. Der süße Schmerz war wie Balsam für seine Seele. Als er fertig war, verband er seine Schulter und legte die Utensilien beiseite.
Da sein Verstand nun wieder klarer war, erwachte die Mordlust erneut in ihm und er erinnerte sich daran, was er hatte tun wollen. Und als hätte er es gewusst, meldete sich die Stimme seines Vaters zu Wort. "Wie groß die Versuchung doch ist zu töten, habe ich nicht recht, mein Sohn?" Mal wieder schien er sich vor Mordlust zu verbiegen und auch seine Schmerzsucht tat nichts Positives dazu bei. Wie Luciá sagte: Er war ein Mörder, welcher Schmerzen brauchte, um zu leben. Madoc ballte angespannt die Hände zu Fäusten. "Dann eben auf ein Neues. Es geht nicht anders." Mit nichts weiter als einer Boxershorts bekleidet lief er ins Wohnzimmer und von dort aus in seinen Meditationsraum, wie er ihn so schön nannte. Die Tür ließ er bewusst offen, schaltete jedoch alle Lichter aus.
In der Mitte des kleinen, ganz in Schwarz gehaltenen Raumes befand sich ein rundes Kissen, auf welchem er sich niederließ. Er setzte sich in den Schneidersitz und tastete nach dem Messer, welches neben seiner Sitzmöglichkeit lag. Madoc verlangsamte seine Atmung und zog sich in seinen mentalen Palast zurück. Ein Ort, an dem er in der Lage war, das Erlebte zu verarbeiten und auch erneut zu erleben. Als er sich damals den Experimenten hatte unterziehen müssen, war dies die einzige Möglichkeit für ihn gewesen, nicht den Verstand zu verlieren. Und dies hatte sich bis heute bewährt. Er ging in seinen Gedanken bis zu jenem schicksalhaften Tag zurück, an dem sein Vater angefangen hatte, ihn zu einem Killer zu erziehen. Vor diesem Tag war er ein ganz normaler, siebenjähriger Junge gewesen, der gerne mit seinen Spielzeugautos spielte und Echsen hinterherjagte, wenn diese sich in die Nähe ihres Hauses verirrten, welches sich in der texanischen Wüste befand. Dort gab es weit und breit kaum Menschen, außer ein paar Einsiedler, die ihre Häuser ein paar Meilen von ihnen entfernt errichtet hatten. Alle paar Tage kam ein Lkw vorbei und belieferte sie mit Lebensmitteln und allem, was sie eben zum Leben brauchten. Selten fuhren sie nach Texas oder überhaupt irgendwo hin.
Madoc spürte die sengende Sonne auf seinem Kopf und den heißen Sand an seinen Füßen. Der Schweiß rann ihm in Rinnsalen den Rücken hinab. Sein Vater trat neben ihn. "Wenn du tust, was ich sage, hören die Schmerzen auf. Töte." Ein Mantra, welches Sero immer wieder wiederholte. Auch wenn die Hitze ein auszuhaltender Schmerz war, wusste er, dass sie bald unerträglich werden würde. Vor ihm saß seine Katze, welche er über alles liebte. Sie leckte sich seelenruhig das rote Fell sauber. Das Springmesser in seiner Hand zitterte. Er konnte nicht. Es ging einfach nicht. "Du Schwächling!" Sein Vater nahm das Messer und ergriff seinen Arm. Außerhalb seiner Gedanken machte Madoc dasselbe. Er nahm die Klinge und drückte sie auf seine Haut. Als Sero einen Schnitt tat, tat er auch einen. Und das fünf Mal. "Du weißt, was nun auf dich zukommen wird."
Er öffnete die Augen. Sein angespannter Zustand war verflogen und er legte die blutbesudelte Klinge neben sich. Der Schmerz war eine Genugtuung. Nur so fühlte er sich lebendig. Ein leises Knarren ertönte. Madoc grinste schelmisch und schloss erneut die Augen. Als er davon ausging, dass der unangekündigte Besucher in der Tür stand, klatschte er in die Hände. Augenblicklich wurde der Raum in sanftes Licht getaucht. Er hielt die Augen geschlossen. "Luciá. Was verschafft mir die Ehre Ihres Kommens?" Die Agentin näherte sich ihm und blieb dann unmittelbar hinter ihm stehen. Ein erstickter Laut verließ ihre Kehle. "Ist was? Das sind nur Narben, nichts weiter", lachte er amüsiert und erhob sich leichtfüßig. Die Latina betrachtete angewidert, aber auch fast schon fasziniert das schreckliche Kunstwerk auf seinem Körper. Er besaß fast mehr Narbengewebe als gesunde Haut. Und all die Narben spiegelten perfekt seine Lebensgeschichte wider. "Wie haben Sie das alles überlebt?", hauchte sie fassungslos. Ihr Blick richtete sich auf sein Gesicht, jedoch ohne einen bestimmten Punkt zu fixieren. "Mein Vater wollte, dass ich überlebe. Er wollte sein Experiment schließlich nicht umbringen." Die Agentin näherte sich ihm und fuhr seine Brustmuskeln hinab bis zu seinem Bauch. Ein wohliges Gefühl machte sich in ihm breit. Diese Situation hatte etwas ungewohnt Intimes. "Verbrennungen, Schusswunden, Schnitte.. Gab es denn nichts mit was ihr Vater Sie nicht gequält hat?" Madoc schenkte ihr ein Lächeln. "Nicht alles hatte Nachteile. Wissen Sie, was Mithridatisation ist? Mein Vater hat mir jahrelang verschiedene Gifte in nicht tödlichen Mengen verabreicht. Und heute bin ich gegen vieles immun, bei dem ein normaler Mensch sterben würde. Deswegen wundert es mich, dass mein Körper so sehr auf das Mittel reagiert hat, welches Sie mir verabreicht haben." Der Agentin schlug die Schamesröte ins Gesicht. "Mein Vorgesetzter hat es in Auftrag gegeben, da wir von Ihrer Mithridatisation wissen, Knox. Es blockiert Ihre Rezeptoren und verhindert, dass Sie unüberlegt handeln." Er musste schmunzeln. "Also ein Mittel, dass mich ausschaltet und somit vom Morden abhält? Cleverer Schachzug, meine Liebe." Luciás Augen funkelten. Ihre Hand lag immer noch auf seiner erhitzten Haut. Madoc holte tief Luft. "Es tut mir leid, was ich über ihre Schwester gesagt habe, Luciá. Ich wollte sie nicht umbringen. Es war der Wille meines Vaters, dem ich nachgeben musste. Das müssen Sie mir glauben." Ohne auf seine Worte zu achten, näherte sie sich ihm weiter. Er stutzte kurz, als ihr Mund fast den seinen berührte. Verwundert senkte Madoc die Stimme. "Was wird das?" Aubrey erschien vor seinem inneren Auge und er schien ihre Lippen auf seinen zu spüren, doch schob Madoc diesen Eindruck beiseite. Brian hatte recht. Er durfte sich nicht von Liebe leiten lassen.
Luciá lächelte. "Lassen Sie sich drauf ein." Dann legte sie ihre Lippen federleicht auf seine. Madoc umschloss ihre Taille und zog sie näher an sich. Es hatte etwas Paradoxes, doch es war ihm egal. Die Agentin legte ihre Hände in seinen Nacken und sprang auf seine Hüften. Ihr Kuss wurde drängender. Während Madoc zurück zum Schlafzimmer lief, löste er sich kurz von ihr. "Sollten wir nicht an die Arbeit gehen?", witzelte er. "Das hat Zeit." Sie lachten beide, gaben sich dann aber wieder dem leidenschaftlichen Treiben hin, welches sich zwischen ihnen abspielte.
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