Kapitel 8
Ich musste wohl ziemlich fest auf Reece's Schulter eingeschlafen sein, denn ich lag am nächsten Morgen in meinem Bett und wusste nicht, wie ich dort gelandet war.
Auf jeden Fall war es hell draußen.
Aus dem Zimmer nebenan schallte schon wieder, diesmal etwas gedämpftere, Gitarrenmusik herüber. Die Jungs kamen auch wirklich nicht einen Tag ohne Musik aus.
Ich meinte, Katy Perry's Teenage Dream zu hören aber ich könnte mich auch irren. Meiner Meinung nach könnte den ganzen Tag nur the Beatles und Fools Garden im Radio laufen. Wobei ich Ed Sheeran auch sehr mochte.
Ich gähnte kurz, streckte mich und wagte dann, meinen Blick auf den Wecker schweifen zu lassen und hüpfte augenblicklich aus dem Bett.
Halb 11.
Wenn ich noch frühstücken wollte, musste ich mich tierisch beeilen.
Ich stolperte, fast noch im Halbschlaf, aus meinem Zimmer heraus und auf den Gang bis ich merkte, dass ich noch meine Klamotten von gestern trug. Es wäre schon ziemlich seltsam gewesen, wenn ich im Schlafanzug aufgewacht wäre...
Also stolperte ich noch etwas benommen wieder zurück in mein Zimmer, ging schnell duschen und zog mir saubere Sachen an. Da es heute ziemlich warm war, durfte mein Lieblings-Tshirt nicht fehlen. Ich warf es mir über, zog noch eine passende kurze Hose an und dann konnte ich endlich frühstücken gehen.
Zu meiner Überraschung saßen meine Eltern und Sofia auch noch im Speisesaal und aßen ihr Essen. "Ihr seid ja noch hier!", lachte ich und setzte mich zu ihnen an den Tisch. "Wer Urlaub hat, der darf auch ausschlafen!", sagte meine Mutter und biss genüsslich in eine Waffel mit Sahne. "Hast du denn gut geschlafen?", fragte Papa und zwinkerte mir vielsagend zu. Ich riss die Augen auf. "Ich habe gut geschlafen, danke der Nachfrage...", sagte ich ein wenig unsicher. "Achso, dann ist ja gut.", sagte Papa daraufhin und es kam mir ein bisschen so vor als wäre das nicht die Antwort, die er gerne gehabt hätte. Ich schwieg vorerst und ging mir dann etwas Müsli holen.
Plötzlich schreckte ich hoch, sodass die Hälfte der Milch aus meiner Müslischale schwappte. "Guten Morgen Julie!", rief Reece, der seine Hände von hinten auf meinen Schultern platziert hatte. "Guten Morgen Sofia, Guten Morgen Mr. und Mrs. Derry!" Mama und Papa lächelten Reece an und sogar Sofia schaute von dem Rührei auf ihrem Teller auf. "Hi Reece", sagte meine kleine Schwester begeistert, als sie den blonden Jungen identifiziert hatte.
"Hast du heute Lust, mit uns auf den Rummelplatz zu gehen? Blake hat heute wieder Zeit und George ist auch wieder da." Ich warf Mama einen fragenden Blick zu und sie nickte lächelnd. "Klar, ich komme gerne mit!"
"Ich will auch mit!", kreischte Sofia und riss ihre Hände in die Höhe, sodass ihr die kleine Kindergabel aus der Hand fiel. Reece hob sie in Lichtgeschwindigkeit auf und drückte sie ihr wieder in die Hand. Ich lachte. "Ich glaube nach dem was gestern passiert ist, bleiben wir heute mal zuhause!", sagte Papa und sofort war Sofia eingeschnappt und verschrenkte die Arme. "Und wieso darf Julie raus? Habt ihr keine Angst, dass sie verloren geht? Mh?", sagte die Kleine frech und mit hochgezogenen Augenbrauen zu Papa. "Weil Julie fast 14 Jahre älter ist als du. Und außerdem hat sie Leute dabei, die auf sie aufpassen. Was ich jedenfalls mal schwer hoffe."
Papas Blick aus zusammengekniffenen Augen und zusammengezogenen Augenbrauen wanderte von Sofia zu Reece. Dieser zuckte kurz, stellte sich aufrecht hin und salutierte. "Wir werden auf Julie aufpassen, Sir."
Papa lachte. "Ich weiß doch, wollte dich nur auf die Probe stellen. Ich erkenne die rotzigen Typen schon von 10 Kilometern Entfernung und du bist keiner von denen. Sieh es als Kompliment."
"Papa!", rief ich etwas empört aber dieser lachte nur. Zusammen mit Reece verließ ich den Speiseraum.
***
Mit einem Hey und einer Umarmung begrüßte ich Blake und George, als wir ihnen draußen begegneten. Irgendwie kam es mir vor, als hätte ich Blake schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, obwohl wir uns ja erst seit weniger als einer Woche kannten und uns vorgestern noch getroffen hatten.
"Auf einen supertollen Tag!", rief der fast schwarzhaarige Brite und sprang in die Luft. Ich freute mich richtig diesen Tag mit den Jungs zu verbringen, mit meinen Jungs, wenn ich das so sagen darf.
Als wir das Eingangstor des Rummelplatzes durchtraten, wurde meine Vorfreude noch extremer. Aus meinem Hotelfenster könnte ich gar nicht erfassen, wie riesig das alles hier war. Aber wir waren ja schließlich in LA. Da gab es kein nicht-groß.
Wir bezahlten unsere Tickets und sahen uns erstmal in dem gigantischen Park um.
Wir stellten uns an diversen Achterbahnen an, manche mit Looping, manche mit 90° nach unten stürzen. Ein Glück hatte ich drei Jungs dabei, an denen ich mich festklammern konnte, wenn es mir zu wild wurde.
Blake grinste immer, wenn ich ihn in der Geisterbahn ansprang und lachte mich anschließend ein bisschen aus.
Ich muss zugeben, so ein großer Angsthase war ich überhaupt nicht aber es war einfach niedlich, wie die Jungs sich um mich kümmerten.
An einer der vielen Schießbuden battlete ich mich mit George, wer die meisten Dosen vom Tresen schießen konnte.
Ratet mal wer gewann...
Ganz stolz stolzierte ich mit dem lila Plüschnilpferd unterm Arm die Gassen des Platzes entlang und lächelte die kleinen Kinder an, dir neidisch auf meinen Preis starrten.
Sofia wird sich über ihr neues Kuscheltier freuen und wenn ich ihr erzähle, dass George geholfen hat es zu gewinnen, wird sie es ohnehin vergöttern.
Ich merkte gar nicht, wie schnell die Zeit verging, als es schon langsam dämmrig wurde.
"Jemand Lust auf Zuckerwatte?", fragte Blake mit vier mal Zuckerwatte in den Händen.
"Wie soll ich denn jetzt Nein sagen, wenn du sie schon gekauft hast!", lachte ich und nahm mir eine. Blake grinste und dabei fiel ihm ganz süß eine dunkle Haarsträhne vor die Augen.
Für so einen Anblick hätten viele andere Mädels wahrscheinlich getötet.
Er legte den Kopf schief und zerrte zwei weitere der zuckrigen Süßigkeiten auseinander, die bei der Wärme zusammengeschmolzen waren. Wieso man auf einem Rummel im Sommer überhaupt auf die Idee kam, Zuckerwatte zu verkaufen, war mir immer noch ein Rätsel.
Es war schon fast acht Uhr abends als wir den großen Free Fall Tower entdeckten. Ich war sofort Feuer und Flamme. Mit so einem Teil war ich ja schon ewig nicht mehr gefahren!
"Nein, Niemals! Keine achtzig Pferde kriegen mich auf so ein Höllenteil!", weigerte sich Blake und verkreutzte die Arme vor seinem Gesicht. Mein Hundeblick konnte ihn auch nicht überzeugen. "Tausend Achterbahnen - gerne - aber so ein Teil? Nie im Leben!"
Ich dreht mich weiter zu George und Reece.
"Sorry Julie. Ich hätte vier Zuckerwatten und eine Pommes. Wenn ich da hoch gehe, dann kotze ich euch alle voll."
"Okay Okay, genug des Kopfkinos!", lachte ich und winkte ab.
Blieb nur noch Reece.
Der blonde Junge biss sich auf die Unterlippe und schaute immer wieder abwechselnd zu mir und dann nach oben auf die Spitze des Turms.
Ich merkte richtig, wie er innerlich mit sich rang.
"Ich komme mit. Ich habe ja schließlich deinem Vater versprochen, auf dich aufzupassen."
Ich wurde ein wenig rosa und grinste ihn schief an. Dann nahm ich ihn an der Hand und zog ihn zum Eingang. Blake und George wünschten und ein gutes Überleben und warteten unten auf uns.
Der Free Fall Tower bewegte sich leicht ruckelnd aufwärts und mein Magen fühlte sich an, als ob ihn jemand mit einem Quirl umrühren würde. Stück für Stück wanderte die Plattform, an dessen Sitzen wir festgeschnallt waren, den Tower hinauf und mit jedem Zentimeter wurde mir mulmiger zu Mute.
War das wirklich so eine gute Idee gewesen?
Ganz oben angekommen, drehte sich das Teil ein paar Runden um sich selbst und leise Musik dudelte aus den Lautsprechern an unseren Sitzen.
Normalerweise war ich nicht so ein Schisser aber bei der Höhe kann sich auch der größte Draufgänger in die Hose gemacht.
Der Versuch, nach unten zu schauen, erwies sich als eine der schlechtesten Entscheidungen meines Lebens und ich zog meinen Kopf ganz schnell wieder ein, wie eine Schildkröte.
Ganz doll am Griff festgeklammert, begann ich mich umzuschauen. Auch wenn ich wusste, dass ich eigentlich sicher war, wollte ich keine falsche Bewegung machen.
Als mein Blick auf den Sitz neben mir fiel, konnte ich mir ein kleines Lächeln nicht mehr verkneifen.
"Reece! Alles okay?", fragte ich, mit einem schmunzeln im Gesicht.
"Ehm... ja klar."
Reece saß so weit wie es nur überhaupt ging zurückgelehnt in seinem Sitz und seine Fingernägel bohrten sich in den Schaumstoff der Haltestange, sodass seine Fingerknöchel ganz weiß heraustraten.
Ich wurde ganz blass.
"Reece!", sagte ich bestimmt, da ich ernsthaft um den Zustand des Briten besorgt war. "Jetzt mal ehrlich!"
Reece schluckte.
Dass die Plattform noch zu rotieren begann, half ihm dann auch nicht weiter.
"Reece! Jetzt antworte!"
Reece schloss kurz die Augen und ich hatte schon Angst, dass er in Ohnmacht fallen würde, als er sie dann doch wieder aufschlug.
"Okay! Vielleichthabeichhöhenangstaberbineinefeigesauundwollteesnichtzugeben"
Ein "Oh" war das einzige was ich im Moment von mir geben konnte. Eigentlich hätte ich es mir denken können.
Ich schwieg, denn ich wusste beim besten Willen nicht, womit ich ihm jetzt Mut machen konnte.
Die Stille war etwas unangenehm und ich hatte ein wenig Angst, dass Reece sich jede Sekunde übergeben würde.
Ich hatte ihn noch nie so fertig erlebt und auch wenn ich nicht erwartet hatte, dass er unter solcher Höhenangst leidete, konnte ich mitfühlen.
"Hey Julie...", sagte Reece, immer noch ganz bleich.
"Oh nein bitte bitte nicht übergeben! Das muss doch unglaublich widerlich sein wenn man da unten steht und dann...-"
"Kann ich bitte einfach nur deine Hand halten?", unterbrach mich Reece und ich stutzte.
"Ehm ja klar.", sagte ich und hielt ihm meine Hand hin, die er auch gleich umschloss und sie ganz fest hielt. Seine Hand war ganz kalt aber sein Gesichtsausdruck entspannte sich langsam wieder.
Plötzlich hörte die Musik auf zu dudeln und die Lichterketten, die um uns befestigt waren gingen alle nacheinander mit einem mittellauten Klacken aus.
Klack.
Klack.
Blizz.
Allmählich gingen alle Lichter auf dem gesamten Rummelplatz aus und wir hatten die perfekte Aussicht auf einen unbeleuchteten, dunklen Platz.
Heilige Scheiße.
Stromausfall.
Ausgerechnet jetzt.
"Ähm... Re..Reece?", stotterte ich und jetzt war ich es, die ihre Fingernägel in Reece's Handfläche bohrte. "Hab ich Halluzinationen?"
Ich hörte, wie der blonde Brite einmal fest schluckte und dann tief ausatmete.
"Ganz ruhig. Die wissen schon was sie machen... Hoffentlich."
Ich hielt immer weiter Reece's Hand und beherrschte mich, nicht nach unten zu schauen.
"Du Julie?"
Mein Blick wanderte zu Reece, der mich anscheindend schon die ganze Zeit anschaute.
"Reece?"
Der Junge wurde leicht rosa und schaute benommen in meine Augen.
"Ich hab... gestern... vergessen dir... etwas zu sagen... du... ach verdammt!", stotterte er und ich wusste gar nicht so richtig, was er von mir wollte.
Er blinzelte und schaute mir dann wieder in die Augen.
Wie auf einen Schlag setzte mein Gehirn wieder aus und ich sah alles nur noch wie durch einen Nebelschleier. Mein Gehirn war nur noch Suppe und wenn ich jetzt eine Klausur schreiben müsste, hätte ich definitiv einen Blackout.
Reece Augen glitzerten fast so sie ein kleiner Smaragd und schauten ganz fest in meine.
"Julie."
Ich weiß nicht wieso aber in meinen Ohren klang seine Stimme gerade schöner denn je.
"Ich... Ich glaube ich... habe..."
Mein Herz schlug so schnell wie noch nie zuvor und ich hatte ernsthafte Angst, mir würde es jeden Moment aus der Brust hopsen.
Reece holte tief Luft.
Dann beugte er sich gaaanz langsam in meine Richtung.
Immer näher kämen seine Augen meinen und ich musste fast schielen, um Blickkontakt zu behalten.
Mein Herz lief einen Marathon und war schon so außer puste, dass es nicht mehr lange durchhalten würde.
Mit einem lauten ZRIP zischte die Plattform den Tower herunter. Es ging so schnell, dass ich überhaupt keine Zeit hatte, Angst zu bekommen.
Als die Gurte lockerer wurden, schnallte ich mich ab.
Mein Magen war brei. Ebenso wie mein Gehirn.
Ich stolperte die Stufen der Attraktion hinunter und landete geradewegs auf dem Steinboden.
"Oh man alles okay bei euch?", fragte Blake, während er mir hochhalf.
"Wir dachten schon, da oben wäre sonst was passiert! Der Typ hier hat gesagt, irgendwie seien die Sicherungen rausgeflogen! Was für ein zuverlässiger Freizeitpark!", meinte er ironisch.
Die Lichter waren mittlerweile wieder angesprungen.
"Oh mein Gott Reece!", rief George und rannte auf ihn zu, als Reece ebenfalls aus dem Tower geklettert kam. Es war süß. Er machte sich ernsthafte Sorgen um seinen Kumpel.
Als Reece's Blick meinen traf würde ich tierisch Rot und schaute auf den Boden, wobei ich mir ein Lächeln nicht verkneifen konnte.
"Was ging denn da oben ab?", fragte Blake belustigt und schaute abwechselnd von mir zu Reece.
Als keine Antwort kam zuckte der braunhaarige Brite mit den Schultern und wir machten uns auf den Weg zum Ausgang.
Nein aber mal ehrlich. Ich fragte mich auch, was da oben abgegangen war...
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Irgendwie gefällt mir das Kapitel nicht so :/ Ich hoffe aber, ihr mögt es trotzdem und euch stört es nicht allzu doll, dass jetzt ein paar mehr Tage nichts kam aber ich habe den Schulstress echt unterschätzt
Ich verspreche aber, dass ich jetzt so gut es geht, versuche, jede Woche ein Kapitel zu Posten ♡♡♡
Bis dann
(Und schreibt doch mal ein paar Ideen in die Kommentare, was ich hier noch einbauen könnte)
Und sagt mal ob euch die Kapitel zu lang sind :)
PS: Ich habe keine Ahnung ob Freizeitparkattraktion ohne Strom funktionieren oder wie das bei einem Stromausfall läuft. Falls einer davon Ahnung hat: Ab in die Kommentare
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