Kapitel 5

"Du glaubst ja gar nicht, wie hübsch mein Kleid aussieht! Ich fühle mich darin wie eine Disney Prinzessin!", hörte ich meine Tante mit meiner Mutter tratschen. Ich konnte es gar nicht fassen, dass die beiden es sich auf der weißen Couch gemütlich gemacht hatten, während wir hier alles schön dekorierten. Sehr übel konnte ich es meiner Tante aber nicht nehmen, sie war ja die Braut, aber wenigstens Mama kann ja mithelfen.

Zusammen mit meinem Cousin Aaron knüpfte ich rote Rosen an den weißen Torbogen. Ehrlich gesagt wusste ich nicht, wieso wir das jetzt schon machen sollten. Würden die Blumen nicht bis nächste Woche verwelken?
Sofia bastelte währenddessen konzentriert mit unseren Cousinen an bunten Papiergirlanden. Amelia und Elisa waren Zwillinge und glichen fast eins zu eins ihrem großen Bruder. Die dunklen Locken hatte er ihnen also auf jeden Fall vererbt. Wenn Aaron zehn Jahre jünger gewesen wäre, wären die drei als Drillinge durchgegangen.

Nach einer Weile wischte sich Aaron mit der dreckigen Handfläche über die Stirn. "Wieso mussten sie sich denn so ein Wetter aussuchen! Ich glaube ich schmelze gleich!", nörgelte er und warf einen Blick zu unseren Eltern, die sorglos dasaßen und quatschten. "Sei bloß froh, dass es nicht regnet!", lachte ich. "Deiner Mutter würde es nicht so gut gefallen wenn ihre Hochzeit ins Wasser fällt. Im wahrsten Sinne des Wortes."
Aaron zuckte mit den Schultern und widmete sich wieder den Rosen zu.

"Sieht doch gar nicht mal so schlecht aus!", stellte ich zufrieden fest, als wir uns das Endergebnis der zweistündigen Arbeit ansahen. Aaron legte den Kopf schief und musterte unser Werk. "Es ist ganz okay geworden. Jedenfalls muss ich nicht kotzen, wenn ich es angucke."

Lachend sah ich ihn an.

"Du bist der seltsamste Cousin, den ich habe! Weißt du das?", lachte ich und boxte ihm gegen die Schulter. Er zog die Augenbrauen hoch und sagte: "Ist das jetzt ein Kompliment? Wenn ja, Danke sehr." Ich musste ihn nur angucken und schon lachten wir los.

"Hey Julie, hier ist George.", sagte eine mir bekannte Stimme am anderen Ende der Leitung.
Ich nahm mir vor, die unbekannte Nummer, die auf dem Bildschirm meines Smartphones angezeigt wurde, nach dem Telefonat einzuspeichern.
"Hi! Was ist los?", fragte ich.
"Ich wollte nur Bescheid sagen, dass wir heute eine Grillparty auf der Wiese hinter dem Hotel veranstalten. Du bist herzlich eingeladen. Bring auch gerne deine Familie mit, dann können wir sie auch mal kennenlernen!", antwortete George und man hörte Reece im Hintergrund, wie er ihm die Informationen zuflüsterte.
"Ich werde sehen, wann ich hier fertig bin, dann kommen wir vorbei!" Ich konnte mir vorstellen, wie die Jungs sich in dem Moment gegenseitig anlächelten.
"Super!", sagte George begeistert. "Dann bis nachher!", verabschiedete ich mich und legte auf.

"Wer war das denn?", fragte Aaron und wackelte mit den Augenbrauen. Ich rollte nur mit den Augen. "Nur ein Kumpel. Hast du Lust, nachher mit auf eine Grillparty zu kommen?" Man könnte sehen, wie er innerlich seine nicht vorhandenen Termine abcheckte und anschließend nickte. "So jemand wie ich ist natürlich immer auf Zack aber für dich könnte ich vielleicht einen Termin frei machen.", grinste er und wurde ich musste lachen.

"Ihr macht ja gar nichts mehr!", ertappte uns meine Tante bei unserer unerlaubten Pause. "Wir sind eben mit dem Bogen fertig geworden!", verteidigte ich mich und zeigte auf den mit Rosen übersähten Torbogen.

"Gute Arbeit, Kinder!" Meine Tante klatschte begeistert in die Hände und wendete sich zu ihren Töchtern und ihrer Nichte um. "Schön habt ihr das gemacht!", sagte sie und nahm Amelia eine fertige Papiergirlande aus der Hand und zog sie auseinander. Viele sich küssende Pärchen kamen zum Vorschein.
"So viele Tanten und Onkel!" Sofias Blick schweifte die lange Girlande entlang und ihre Augen leuchteten. "Wenn ich mal heirate, dann will ich auch so schöne Deko haben wie du, Tante Ella!", sagte Sofia zu unserer Tante gewandt und man sah wie ihr die Tränen kamen.

"So! Genug für heute!", sagte meine Tante schlussendlich. Es war schon fast dunkel als wir mit unserer Arbeit aufhören durften. Ich und Aaron hatten die letzten zwei einhalb Stunden die langen Tische mit weißen Spitzentischdecken überzogen, die Bühne aufgebaut und die gebastelten Girlanden aufgehängt. Das war eine ganz schöne Meisterleistung.

"Das sieht doch alles schön ganz wundervoll aus!" Mein Onkel Manuel trat jetzt auch in den großen Saal und bewunderte die Location. Der geschmückte Torbogen am Eingang, der große goldene Kronleuchter, der von der Decke hing, die Wände, die mit bunten Girlanden übersäht waren und die überglückliche zukünftige Braut, die die Bühne ausprobierte. Sofort ging er zu seiner zukünftigen Frau und umarmte sie von hinten.
Die beiden waren schon ein sehr niedliches Pärchen und ich hoffe, irgendwann finde ich auch sojemanden, wie meine Tante.

"Mama? Papa? Die Jungs, die ich im Hotel kennengelernt habe, machen heute Abend eine Grillparty. Wollt ihr mitkommen?", fragte ich auf dem Weg zum Auto, welches auf dem extra freigeräumten Parkplatz parkte.
"Hast du dir mal deine Schwester angeguckt?", lachte Mama und zeigte auf Sofia, die schon auf Papas Schultern eingeschlafen war. Ich grinste. "Dann gehe ich mit Aaron alleine hin, okay?"
"Gut. Passt nur auf, dass es nicht zu spät wird. Aaron muss ja auch noch nachhause hinterher." Ich nickte und stieg ins Auto ein.

Schon als ich die Autotür vor dem Hotel wieder öffnete stieg mir der Geruch von gegrillten Würstchen in die Nase und mir lief das Wasser im Mund zuaammen. "Boar, ich hab nen Mordshunger, ich hab seid Mittag nichts mehr gegessen!", rief mein Cousin, der sich neben mich gestellt hatte. "Na dann los, bevor du hier noch wegen Essensentzug verreckst.", lachte ich und machte mich auf den Weg zu der großen Gruppe, die mitten auf der großen Wieso stand.

"Tickets?" Ein sehr groß gewachsener Mann mit leichtem Bartansatz hielt uns davon ab, zum Grill zu gelangen. Verdutzt sah ich ihn an und wurde rot. "Tickets? Ich habe keine Tickets.", murmelte ich und schaute den Mann an. Plötzlich lachten drei Stimmen hinter ihm los und drei Personen, zu denen die Stimmen passten, sprangen hervor.

"Joe! Du verscheuchst ja unsere Gäste!", lachte Reece und schob Joe zur Seite, damit wir durchkonnten. Er umarmte mich und ich war etwas verdutzt, da das noch nie vorgekommen war. Ein kleines bisschen erstarrt blieb ich stehen und wurde in der nächsten Sekunde von Blake und George umarmt.

Oha. Daran könnte ich mich gewöhnen.

"Wen hast du da mitgebracht?", flüsterte mir Reece zu und warf einen Blick auf Aaron, der in der Weltgeschichte herumguckte. Ich wollte die Jungs ein bisschen auf die Probe stellen und lächelte verschmitzt. "Das ist mein Special Guest. Ich habe ihn heute morgen kennengelernt und wir haben uns auf Anhieb super verstanden!", log ich. "Nicht war, Aaron?" Mein Cousin zuckte zusammen und drehte seinen Kopf zu mir. Er hatte mal wieder nicht zugehört. Trotzdem zeigte er mir zwei Daumen nach oben.

Misstrauisch musterte George Aaron aber sagte nichts weiter. Wahrscheinlich war er einfach zu schüchtern, um zuzugeben, dass ihm dieser Kerl, der möglicherweise meine Freund sein könnte, ihm nicht so richtig gefiel. "Los Aaron! Essen!", rief ich dem braunhaarigen Jungen zu und schlagartig rannte er zu mir und legte seinem Arm um meine Schulter. Ich merkte schon, wie sich die Jungs hinter meinem Rücken Blicke zuwarfen.
Joe, den ich vorerst als Kumpel der Jungs einstufte, kam auch mit zum Grill und alle zusammen nahmen wir uns diese typischen weißen Pappteller und roten Plastikbecher und luden uns voll. Aarons Teller lief fast über vor Bratwurst und Steaks. Er war einer dieser Kerle, die nie fett wurden, egal wie viel sie aßen.
"Wer möchte Cola?", rief Blake und schwenkte die Colaflasche wild hin und her. Wir alle meldeten uns aber ich musste noch etwas hinterherrufen. "Achtung! Pass auf, wenn du die Flasche aufdrehst! Du hast sie doch eben geschüt-" und schon war es zu spät. Mit vollem Elan hatte Blake die zuvor geschüttelte Colaflasche geöffnet und der halbe Inhalt war herausgezischt. Der nassgespritzte Junge konnte aber nur lachen. "Sorry, manchmal denke ich einfach nicht nach!", sagt er und wir alle lachten.

Zum Essen setzten wir uns zu fünft auf einen Mauervorsprung, auf dem es ehrlich gesagt ein wenig eng wurde. Als wir aufgegessen hatten, gingen wir alle auf die freie Fläche, und in bisschen zur Musik zu tanzen. Als plötzlich die Musik zu 'fixed' durch die Lautsprecher dröhnte, konnte ich mich nicht mehr halten und tanzte endhültig ab. Reece nahm meine Hände und ich spürte, wie mein Körper mit einem Kribbeln durchzogen wurde. Zu dem eingängigen Song hüpften wir durch die Gegend.
"Bei dem Song haben die Jungs gute Arbeit geleistet, nicht wahr?", sagte Joe, während er uns beim Tanzen zusah. "Ich liebe diesen Song! Ich glaube, New Hope Club ist ab jetzt meine Lieblingsband!", gab ich zu und wippte im Takt der Musik. "Na ein Glück, dass die Jungs heute hier anwesend sind!", lachte Joe und ich schaute ihn verwirrt an. "Sie sind hier auf der Party? Wo? Wieso hab ich sie noch nicht gesehen?" Ich sah wie Blake dem leicht verwirrten Joe gegen das Schienbein trat aber wieso, wusste ich nicht.
"Ehm also... sie sind gute Freunde von uns. Aber ich glaube, sie sind schon wieder abgehauen. Tut mir leid.", stotterte Reece und zuckte mit den Schultern. "Ist ja nicht so wild, ich hab ja euch!", lachte ich. "Und Aaron." Mein Blick wanderte zu meinem Cousin.

Als Aaron schon seinen gefühlt zwanzigsten S'more verdrückt hatte, wurde es Zeit zu gehen und wir verabschiedeten uns von Reece, George, Blake und Joe. "Ich schreibe dir dann morgen einfach, wann wir losfahren das Kleid aussuchen, okay?", sagte ich zu George und dieser nickte.

Kurz darauf zog mich Reece zu sich und drehte sich von den anderen weg. "Aaron ist okay, also das heißt wir verstehen es, wenn du in Zukunft lieber mit ihm anhängen möchtest, als mit uns. Aber ich wollte nur sagen, dass George sich schon echt doll auf morgen freut. Er zeigt das nur manchmal nicht so."

Ich grinste ihn an. "Leute, Aaron ist mein bekloppter Cousin! Ihr braucht euch keine Sorgen machen!", lachte ich nur und alle stimmten mit ein. "Hättest du das nicht eher sagen können?", lachte Blake und schlug Aaron auf die Schulter.

Wie umarmten uns gegenseitig, winkten uns zum Abschied zu und dann verschwanden wir ins Hotel. Mein Cousin stieg in den nächstbesten Bus und fuhr zu sich nach Hause.

Ich legte mich in mein weiches Bett und träumte von einem Reece-förmigen S'more, der zu fixed tanzte...

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Happy Halloween 👻

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