Kapitel 20

Am nächsten Morgen wachte ich in einem fremden Bett auf.
Sofort schossen mir tausend Fragen durch den Kopf und ich versuchte, mich daran zu erinnern, was gestern passiert war.
Doch als mein Gehirn sich dazu entschied, mir alle Erinnerungen der vergangenen Nacht als Kurzfassung eines Films zu präsentieren, wünschte ich mir, ich würde einfach noch schlafen.

Die Jungs waren verschwunden.
Und in der näheren Zukunft würden wir uns auch nicht mehr über den Weg laufen.

Als ich mich aufrichtete und den Blick durch das Zimmer schweifen ließ, in dem ich mich befand, wurde mir klar, dass es doch nicht so fremd war wie ich dachte. Von meinem Bett aus sah ich Sofia wie sie auf einer kleinen Couch saß, den Blick an den Großbildfernseher an der Wand geheftet und die Melodie vom Hannah Montana Intro mitsummend.
Augenblicklich ließ ich meinen Kopf wieder zurück auf das Kissen fallen, seufzte laut und fuhr mir mit den Händen durchs Gesicht.

"Das hat man davon, wenn man sich spät nachts nochmal rausschleicht, ohne zu checken ob man seine Schlüsselkarte dabei hat!", lachte meine Mutter laut, als sie durch sie Tür trat.

"Frühstück ist schon vorbei, hol dir einfach was vom Bäcker gegenüber wenn du nachher rausgehst."
Eigentlich hatte ich heute nicht vorgehabt, auch nur einen Schritt vor dir Tür zu setzten. Aber da ich noch eine Ersatzschlüsselkarte aus der Lobby holen musste, konnte ich das wohl knicken.

Laut stöhnend hievte ich mich aus dem Bett und stellte meine nackten Füße auf dem Boden ab. Schon jetzt war ich müde, obwohl ich noch nicht einmal fünf Minuten wach war.

Ich zog mich an. Grau, passend zu der Laune, die immer mehr meinen Körper hochwanderte und mich müder und müder werden ließ. Aber nicht nur die Müdigkeit fraß much von innen heraus auf.
Ich war deprimiert.
Traurig.
Am Boden zerstört.
Und auch ein kleines bisschen verletzt.

Und das merkten meine Eltern natürlich im Laufe des Tages.
"Geht's dir gut Schatz?", fragte Mama besorgt, als sie gegen zwei vom Mittagessen wiederkam und ich wie ein elender Tropfen Wasser auf der Couch lag, wohl bemerkt immer noch nicht in meinem Zimmer, da ich noch nicht die Motivation gefunden hatte, meine Schlüsselkarte zu holen.

Ich ließ ein grunzartiges Seufzen hören und würde noch schlapper als ohnehin schon.
"Julie Elisabeth Derry. Ich kenne dich jetzt schon fast 18 Jahre und wenn du denkst, ich kann dir nicht ansehen, wenn es dir schlecht geht, dann liegst du falsch.", antwortete Mama auf meinen durchaus seltsamen Laut und kam an die Couch getreten.
Ich wusste, dass ich mit meiner Mutter über alles Mögliche reden konnte aber ob ich das wollte war eine andere Geschichte.

Seufzend rollte ich mich auf die Seite, sodass ich Mama direkt in die Augen sehen konnte. Und ehe ich nachdenken konnte, platzten alle Gedanken, die ich für die letzten 24 Stunden in mein Gehirn gepresst hatte, aus meinem Mund ich ich übersprudelte nur so von Wörtern, dass ich daran zweifelte, dass Mama in der Lage war mir zu folgen.
Während ich redete setzte ich mich auf und untermalte meine Rede unbewusst mit wahllosen Gesten.

Als ich an dem Punkt ankam, an dem die Text Nachricht und die verschwunden Jungs ins Spiel kamen, wurde ich ruhiger. Trotzdem erzählte ich weiter, wenn sich auch einige kleine Tränen in meinen Augen sammelten.

"Deswegen durften wir dich nachts heulend vom Flur aufsammeln?", fragte Mama, die trotz dieser eigentlich lächerlichen Situation ganz ernst blieb.
Ich nickte.
"Bitte nicht lachen.", murmelte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.
"Wieso sollte ich lachen? Denkst du, ich habe noch nie wegen einem Jungen fast meinen Verstand verloren?"
Ich ließ mir die Worte durch den Kopf gehen, dann nickte ich wieder.
Verloren schaute ich zu ihr hoch.
"Und jetzt?", fragte ich.

Mama grübelte eine Weile, dann stand sie auf.
"Hat dein Reecey so gewirkt als würde er dich hassen, als er merkte, dass du ihn entdeckt hast?"
Ich dachte nach. Nein hatte er nicht.
"Hat er dir Sachen vorgeworfen, die du nicht gemacht hast?", fragte sie als nächstes.

Wieder dachte ich nach. Nein. Nein! Er hatte alles auf sich geschoben!

Ich schüttelte wild den Kopf.
"Na siehst du! Er nimmt die Schuld auf sich, das heißt, er wollte dich nicht absichtlich verletzen. Er wollte es nur erträglicher für alle machen, was er natürlich nicht richtig hinbekommen hat. Und ich bin mir tausenprozenzig sicher, dass es ihm Leid tut. Und dass sie jetzt nicht mehr da sind, war nur eine Kurzschlussreaktion.
Vielleicht tut er es nur zu deinem Besten, damit er sich dir nicht mehr aufdrängen muss!"

"Reece drängt sich mir nicht auf!", sagte ich empört und stand ebenfalls auf.
"Weißt du, Frauen sind ziemlich schwer zu durchschauen. Ihr habt euch beide einfach nur komplett missverstanden. Nur bist du wahrscheinlich die einzige von beiden, die das jetzt weiß."

Zum gefühlt tausendsten Mal heute seufzte ich.
"Und wenn es nicht so ist? Wenn er mich jetzt wirklich hasst? Und Blake und George auch? Weil ich ihren besten Freund verletzt habe?"

Mama rollte mit den Augen und schaute mich ungläubig an.
"Julie. Wenn er dich von Grund auf hassen würde, hätte er dir dann diese Text Nachricht geschickt?"

Da hatte sie Recht. Wenn er wirklich nichts mehr von mir hören wollen würde, hätte er mich sicherlich ignoriert, oder?

"Aber wieso hat keiner der drei zurückgeschrieben, als ich geantwortet habe?"
Mit einem Mal traf es mich wie ein Schlag.
Was, wenn sie schon auf dem Weg zurück nach England waren? Das würde erklären, wieso die Nachrichten nicht ankamen.

"Schatz. Selbst wenn du jetzt nie wieder von den dreien hörst, so hart es jetzt auch klingt, es muss dir egal sein. Man lernt so viele Menschen über die Jahre kennen, man muss auch mal vergessen können. Manche Leute verdienen es nicht, dass sie dir über Ewigkeiten hinweg das Herz brechen und dir die Sicht auf neue Personen versperren. Das muss dir bewusst sein."

Ich nickte.

"Und jetzt geh dich ablenken. Wir haben nicht mal mehr vier Tage. Nutz das aus, wir sind nicht alle Tage in Los Angeles! Deine Schlüsselkarte wartet unten auf dich."

Nachdenklich setzte ich einen Fuß vor den anderen und trat aus dem Zimmer, schloss dessen Tür und ließ meine Mutter somit zurück.

Ich schaffte es nicht weit, mich auf dem Gang fortzubewegen. Meine Gedanken blockierten meine Sinne und irgendwie wurde mir viel zu schnell schwindelig.
Aber Mama hatte Recht.
Vielleicht war das mit Reece nur so eine Ferienromanze, die man aus irgendwelchem Liebesschnulzen oder Fanfictions kennt.
Ich musste loslassen können und mich ablenken.
Nur wusste ich nicht, ob das so einfach werden würde.

***

Und ich hatte Recht.
So sehr ich es versuchte, ich bekam die drei Jungs, besonders Reece, nicht mehr aus meinem Kopf heraus.
Um es für mich erträglicher zu machen, fuhr ich zu allen Aktivitäten mit, die meine Familie herausgesucht hatte.
Aber ich wusste, es würde nochmal so viel Spaß machen, wenn die Jungs dabei wären.
Die Musik die sie machten, wie sie manchmal aus dem Nichts anfingen zu singen und wie liebevoll sie mit Sofia umgingen.

Wir fuhren zum Hollywood Sign, spielten Football am Strand, gingen spazieren, aßen massenweise Eis und ließen es uns gut tun, indem wir immer wieder in den Hotelpool gingen.
Aber nie war es das Gleiche.
Ich erinnerte mich, wie George Sofia Komplimente wegen ihrem Badeanzug machte und Reece ihr die basic Schwimmbewegungen beibrachte.

Wie ich in Reece's Augen verloren gegangen war und nicht mehr loskam.
Himmel, wie ich sie vermisste.

Ich strengte mich an, so doll wie noch nie zuvor, nicht an Reece zu denken, doch durch irgendeine magische Weise gelangten Gedanken über ihn und die anderen beiden immer wieder in meinen Kopf und ich konnte es nicht abstellen.

Ich hatte mich verliebt in Reece.
Und das Loch in meinem Herzen, das er hinterlassen hatte, würde eine ganze Weile brauchen, um gefüllt zu werden.

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Hi 🖑
Lang lang ist's her aber ich melde mich auch mal wieder.
Wenn auch mit einem nicht so brüllermäßigem Kapitel...
Ich hoffe trotzdem, dass es euch einigermaßen gefällt.
Das Problem ist, dass ich gerade nicht so viele Ideen für die Zwischenkapitel habe, aber nur noch ein paar Kapitel und dann geht's richtig los! 😋 Ich freu mich schon und hoffe, ihr seid auch weiterhin dabei!

Bis dann♡

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