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s h r i e k

februar 2015

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Allison || Die Mütze ist mir während unseres Sprints in die Augen gerutscht und ich verheddere mich beim Laufen immer wieder in meinem Wintermantel, denn Burberry ist nicht der richtige Begleiter für eine Verfolgungsjagd, ganz egal wie schön das Kleidungsstück auch ist, das Harry mir zu Weihnachten geschenkt hat.

Blonde Haarsträhnen werden mir in den Mund geweht und ich spucke sie verzweifelt wieder aus, nur um daraufhin gleich erneut von dem Wind überwältigt zu werden. Außerdem können meine Wangen mittlerweile wahrscheinlich dem kirschroten Lippenstift Konkurrenz machen, den ich extra für den Anlass heute gekauft habe.

„Ich glaube, wir haben sie abgehängt. Alles okay?", fragt Harry mich keuchend, als wir schließlich zum Stehen kommen.

Ich lache, denn trotz all der Probleme ist alles mehr als okay. Trotz all der Katastrophen des bisherigen Tages bin ich glücklich. Denn wie könnte ich auch nicht, wenn ich ihn bei mir habe.

„Das ist jetzt bereits das zweite Mal in den letzten Monaten gewesen, dass ich mit dir vor Fans fliehen musste", entgegne ich und stupse Harry grinsend an. „Dein Leben ist verdammt gefährlich."

Lachend schlingt er mir einen Arm um die Schulter, woraufhin mir direkt wärmer wird und führt mich den Bürgersteig entlang. Es ist bitterlich kalt, selbst für London, und ich bin froh, dass ich das Leuchtschild mit dem Namen des Restaurants endlich sehen kann, in das mein Freund mich heute an unserem Jahrestag ausführt.

„Ich bin nicht immer so", meint er mit einem frechen Grinsen. „An den meisten Wochenenden bin ich sogar ganz froh, wenn ich meine Ruhe von der Welt habe. Das ist einfach nur mein Job."

Ich weiß, dass das stimmt, denn wie könnte ich das auch nicht, kenne ich ihn doch mittlerweile bereits länger als zwei Jahre. Zwei Jahre, die sich wie eine kleine Ewigkeit anfühlen.

„Aber du liebst deinen Job", erinnere ich ihn, denn in Momenten wie diesen muss er das manchmal hören. Meistens ist Harry unglaublich zufrieden mit seinem Leben, aber in Augenblicken, in denen ich unter seinem Ruhm leiden muss, verabscheut er jeden Teil davon. Doch es ist nicht seine Schuld und egal wie sehr ich leide, ich will nicht, dass er sich Vorwürfe macht.

Solange er glücklich ist, bin ich es auch.

„Es ist der beste Job der Welt", murmelt Harry schließlich und öffnet mir dann die Tür des Luxusrestaurants.

Sofort strömt uns warme Heizungsluft entgegen und erleichtert bewege ich meine Finger, die mittlerweile an zehn Eiszapfen erinnern.  Noch zehn Minuten länger in der Kälte und man hätte sie abbrechen können, um damit jemanden zu durchbohren.

Es ist meine Schuld, dass wir so durchfroren sind, denn während mein Freund eindeutig mit dem Auto fahren wollte, habe ich ihn überredet, dass ein Spaziergang im Schnee romantisch wäre. Wahrscheinlich wäre er das auch gewesen, wenn uns nicht auf dem zweiten Stück eine Gruppe Mädchen erkannt hätte, die Harry selbst dann nicht in Ruhe ließen, als er alle von ihnen bereits zehn Mal umarmt hätte. Sie waren uns gefolgt und hatten keine Anstalten gemacht, damit aufzuhören, weswegen wir schließlich zu drastischen Maßnahmen greifen mussten. Was folgte war eine Verfolgungsjagd, die Harry und ich schließlich knapp gewannen, denn kurz vor dem Restaurant haben wir sie abschütteln können.

„Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?", fragt uns der Mann hinter dem Empfangstresen.

„Wir hatten reserviert", entgegnet mein Freund. „Auf Styles."

Der Angestellte durchsucht kurz das Buch vor sich und nickt dann. „Aber natürlich doch. Darf ich ihnen die Jacken abnehmen?"

Ein wenig widerwillig trenne ich mich von meinem Mantel, denn sobald ich ihn abgegeben habe, ist mir direkt wieder kalt. Die Heizung mag zwar laufen, aber irgendwie scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu existieren, dass gute Steakhäuser keine Raumtemperatur über achtzehn Grad bieten dürfen. Das habe ich mittlerweile oft genug feststellen können, wenn ich mit Harry unterwegs gewesen bin, doch den Grund habe ich bis heute noch nicht verstanden.

Ich sehe keinen Sinn dahinter, die Gäste zu halben Eiszapfen erstarren zu lassen, denn mehr Geld gibt es dafür von mir zumindest nicht.

„Wenn mir die Herrschaften bitte folgen würden?", bittet uns der Angestellte und führt uns dann über eine Wendeltreppe ins obere Stockwerk, das letztendlich einen riesigen Saal enthüllt. Das Licht ist nur spärlich, alles wunderbar elegant eingerichtet und die Kellner bedienen im Frack. Am beeindrucktesten sind jedoch die Stühle, die alle individuell mit unechtem Kuhfell überzogen sind. Zumindest hoffe ich, dass es sich um kein authentisches handelt, denn die Kühe haben sicherlich ein besseres Schicksal verdient.

„Hier entlang bitte", meint der Angestellte und bahnt uns einen Weg durch die Location, in der bereits einige Gäste speisen.

Es ist Etikette in Restaurants wie diesen in Abendkleidung aufzutauchen. Harry und ich sind wahrscheinlich die einzigen, die nicht in Anzug und langer Robe erschienen sind. Während meinem Freund die pikierten Blicke mancher anderen Gäste nichts ausmachen, zucke ich unter ihnen zusammen und versuche mich kleiner zu machen.

Dennoch bin ich froh über den Rollkragenpullover und die dicke Jeans, die ich trage, denn ansonsten würde ich bereits jämmerlich bibbern. Beeindruckt sehe ich deswegen zu einer Dame im Alter meiner Mutter herüber, die ein schulterfreies Cocktailkleid trägt und nicht einmal eine Gänsehaut besitzt. Vielleicht gewöhnt man sich irgendwann an die Temperaturen, wenn man lange genug in der Welt der Reichen unterwegs ist. Vielleicht bin ich aber auch einfach ein hoffnungsloser Fall.

„Könnten wir vielleicht einen Tisch weiter hinten bekommen?", bittet Harry den Angestellten schließlich und steckt ihm einen Geldschein entgegen.

Dieser nickt eilig und führt uns dann zu einem Tisch in der Ecke, wo er meinen Stuhl zurückzieht und wartet, bis wir uns gesetzt haben. Dann verschwindet er lautlos wieder, nachdem er uns die Speisekarten überreicht und uns gesagt hat, dass unser Kellner jeden Augenblick kommen wird.

Ich schlage das Menü nicht auf, sondern mustere stattdessen meinen Freund, der mit seinem einfachen schwarzen Pullover ebenfalls ganz falsch gekleidet ist für diese Location.

„Warum hast du das getan?", murmele ich in Harrys Richtung, bemüht, leise zu sein, aber mit dennoch kaum unterdrückter Wut. „Warum musstest du schon wieder jemandem Geld zustecken?"

„Damit wir den besten Tisch bekommen."

Mein Zeigefinger streicht über die edle Tischdecke. „Das ist es nicht wert, Harry."

„Ich will einen romantischen Abend mit dir verbringen", entgegnet er mit verschränkten Armen. „Das Geld ist mir egal."

„Aber es ist nicht normal, sich einfach alles zu erkaufen", erwidere ich genervt, denn es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass wir diese Diskussion führen. Auf einen gemeinsamen Nenner werden wir wahrscheinlich nie kommen.

„Willst du jetzt echt heute darüber streiten, Al?"

Nun verschränke ich ebenfalls die Arme, denn was er kann, kann ich schon lange. „Findest du es normal, dass du einfach allen Geld zusteckst?"

„So ist das nun einmal."

Ich schnaube. „Nein, ist es nicht und gerade klingst du wahnsinnig abgehoben."

„Himmel Al, wir sehen uns gerade einmal ein paar Tage, bevor ich wieder nach LA fliege, um mit den Jungs am Album zu arbeiten. Also können wir uns bitte nicht streiten?"

Harry sieht mich mit einem kleinen Lächeln im Gesicht an und schließlich werde ich schwach. Ich kann ihm nie lange böse sein und irgendwann wir das mein Untergang. Heute jedoch lächele ich einfach ebenfalls und verschränke unsere Finger miteinander.

„In Ordnung. Lass uns einfach einen schönen Abend haben."

Lächelnd gibt er mir einen Kuss. „Alles Gute zum Jahrestag, Al."

„Alles Gute zum Jahrestag, Hazza", flüstere ich und lege meine Lippen erneut auf seine, ein wenig länger, als man es in einem Restaurant tun sollte. Doch Harry stört sich nicht daran und für einige Minuten ist es mir ebenfalls egal. Er ist es, der mich immer öfter einen Sprung ins Abenteuer wagen lässt.

„Weißt du schon, was du isst?", frage ich irgendwann überfordert, nachdem ich die Speisekarte bereits minutenlang gemustert habe. Es ist so dunkel, dass man sie kaum lesen kann, aber das ist nicht mein eigentliches Problem. Viel mehr bin ich überfordert von all der Auswahl und den verschiedenen Fleischsorten. Wenn es bei uns Zuhause Steak gibt, was gefühlt alle zehn Jahre passiert, dann wirft mein Vater irgendein irgendwelche beliebigen Stücke auf den Grill und wenn sie dann schließlich auf unseren Tellern landen, sind sie viel zu schwarz. Außerdem erinnert der Geschmack grundsätzlich an Gummi.

„Das Ribeye", antwortet Harry, der seine Speisekarte schon vor Minuten zugeschlagen hat. „Aber ich würde dir das Filet empfehlen. Das ist weicher und milder."

Ich nicke und beschließe, ihm einfach zu vertrauen, denn viel mehr bleibt mir nicht übrig. „Dann nehme ich das."

„Es wird dir schmecken. Versprochen."

Seufzend drücke ich seine Hand. „Harry."

„Sorry, ich habe nicht nachgedacht", murmelt er. „Aber es kommen keine weiteren unbedachten Versprechen mehr, okay? Wir genießen einfach diesen Abend."

„Das klingt wunderbar", lächele ich.

Unser Kellner nimmt die Bestellung auf und während wir warten, hält Harry die ganze Zeit meine Hände in seinen fest. Wir unterhalten uns über seine Tour, mein Studium und alles, was uns in den Sinn kommt. Ich liebe es, dass ich mit ihm über alles reden kann. Noch mehr liebe ich allerdings die Momente, in denen wir einfach schweigen, ein kleines Lächeln auf den Lippen, und die Anwesenheit des anderen genießen.

Er ist der einzige Mensch, bei dem ich nicht andauernd das Bedürfnis habe, etwas sagen zu müssen, wenn die Stille zu viel wird. Er ist der einzige Mensch, bei dem ich nicht krampfhaft versuchen muss, die Worte, die eigentlich immer in meinem Inneren existieren, an die Oberfläche zu zwingen. Bei ihm fliegen sie von alleine und zum ersten Mal im Leben habe ich keine Angst davor.

Harry Styles ist mein Risiko, das größte Risiko von allen, aber er ist gleichzeitig auch meine Sicherheit.

„Was glaubst du, wo wir an unserem nächsten Jahrestag sein werden?", frage ich ihn schließlich, nachdem wir unsere Hauptspeisen schon längst gegessen und uns ein Dessert geteilt haben. Mittlerweile sind wir bereits zwei Stunden hier, aber keinem von uns ist danach, schon zu gehen.

„Vor dem Altar?"

„Sehr witzig", schnaube ich.     

„Wer sagt, dass das ein Witz ist?"

Ich schlucke. „Ist es nicht?"

„Ist es", meint er schließlich. „Aber du hättest deinen Blick sehen sollen. Die Panik in deinen Augen war nicht zu übersehen."

„Du machst mich manchmal echt wahnsinnig, weißt du das eigentlich?"

Lachend zwinkert er mir zu. „Was wäre das Leben ohne ein wenig Abenteuer?"

„Ist es so schlimm, dass ich das eigentlich gar nicht will?", murmele ich. „Einfach nur eine stinklangweilige Beziehung, in der wir glücklich sind?"

„Nein, ist es nicht, Al. Solange wir glücklich sind, nehme ich alles", entgegnet er.

Ich streiche ihm durch die Locken, was ihn lächelnd die Augen schließen lässt.

„Also, was wollen wir an unserem nächsten Jahrestag machen?"

„Wir könnten Bungeejumping gehen", schlägt Harry vor.

Entsetzt starre ich ihn an, bis er in Gelächter ausbricht. Dabei schlägt er die Hände zusammen, woraufhin uns die Gäste am Nebentisch pikiert ansehen. Es stört meinen Freund nicht im Geringsten.

„Das war ein Witz. Du nimmst heute alles viel zu ernst."

Ich verdrehe die Augen. „Bei dir weiß man nie, was man glauben soll."

„Nie im Leben würde man mich zum Bungeejumping kriegen. Eher sterbe ich."

Nachdenklich sehe ich ihn an. „Also was machen wir stattdessen nächstes Jahr?"

„Wir könnten verreisen, falls ich frei habe."

„Das hört sich wunderbar an", lächele ich. „Wohin würden wir denn reisen?"

„Wohin auch immer du willst. Hauptsache du bist glücklich."

„Ich will aber, dass du auch glücklich bist", argumentiere ich.

Harry streicht mir lächelnd über den Handrücken. „Bin ich, solange du es bist. Also wohin würden wir reisen?"

„Paris", entgegne ich.

Eigentlich kennen wir beide die Antwort. Sie ist immer die gleiche, seitdem er mir vor all den Jahren dieselbe Frage im Café North gestellt hat. Damals in Manchester, als er mir noch fremd gewesen ist. Heute kenne ich ihn in- und auswendig, zumindest die meisten Teile von ihm. Einen Part werde ich nie ganz begreifen können und gerade das macht ihn so einzigartig. Harry ist wie eine schillernde Leinwand, die von Zeit zu Zeit immer wieder neu bemalt wird. Immer wenn ich denke, ihn verstanden zu haben, entdecke ich einen weiteren Teil von ihm, der mir bisher fremd gewesen ist.

Ich habe nichts dagegen, den Rest meines Lebens damit zu verbringen, mich immer wieder neu in ihn und all seine Eigenarten zu verlieben.

„Dann also Paris", lächelt Harry und küsst mich. „Was genau würden wir denn in Paris sehen?"

Während wir uns über die Zukunft unterhalten, so beiläufig und sicher, als wäre sie die wahrscheinlichste Möglichkeit, klopft mein Herz vor Liebe.

„Die Mauer der Liebe und den Eiffelturm. Und Montmartre", zähle ich alles auf, was mir in den Sinn kommt. Doch eigentlich ist die Liste endlos lang, denn man wird nie genug von der Welt sehen können.

„Irgendwann einmal werden wir beiden in Paris landen, Al."

Ich sehe in die strahlendgrünen Augen, deren Wunder ich nie begreifen werde, selbst wenn ich für den Rest meines Lebens die Zeit dazu habe. „Was machst dich da so sicher?"

„Es ist irgendwie so ein Gefühl", lächelt Harry.

Dann zieht er mich vom Stuhl hoch. „Bereit um nach Hause zu gehen?"

„Bereit", entgegne ich und wundere mich einen Augenblick darüber, wie selbstverständlich ich seine Wohnung als mein Zuhause bezeichne. Irgendwann in den letzten Monaten hat es sich als meine Sicherheit herausgestellt. Ich hasse Veränderungen, aber wenn sie schleichend kommen und mich dann überraschen, fühlt sich plötzlich alles richtig an.

Als wir eine halbe Stunde später schließlich durch die schwarze Eingangstür von Harrys Wohnung treten, die sanft hinter uns ins Schloss fällt, fühlt es sich wirklich wie mein Zuhause ein.

„Du bist schon wieder ganz woanders", lächelt Harry und stupst mich an. „Woran denkst du?"

„Mir ist gerade eine Erkenntnis gekommen", meine ich langsam und drehe mich einmal um die eigene Achse, während ich die Umgebung beobachte.

Eigentlich wohnt Harry selbst noch nicht lange hier, denn er ist erst vor einigen Monaten aus der Wohnung, die er sich mit Louis geteilt hat, in dieses Haus gezogen. Dennoch kommt mir alles bereits so vertraut vor, als hätte ich nie etwas anderes gekannt.

Der Flur ist nicht besonders groß für Promi-Verhältnis, aber riesig im Vergleich zu der meiner Wohngesellschaft. Ich drehe mich, bis ich schließlich direkt auf das riesige Leinwandbild blicke, dass Harry und mich gemeinsam abbildet. Irgendwie fühlt es sich richtig an.

„Was für eine Erkenntnis?", fragt Harry.

Ich hole tief Luft, sammele meine Gedanken, wäge kurz ab, ob ich wirklich den Schritt wagen sollte. Doch dann wird mir bewusst, dass ich es eigentlich schon seit Wochen schleichend beschlossen habe.

„Ich will mit dir zusammenziehen", entgegne ich leise. „Natürlich nur, wenn du das auch noch willst."

Er fährt sich durch die Haare. „Ist das dein Ernst?"

„Mir ist nie etwas ernster gewesen", entgegne ich mit zittrigem Lächeln.

„Dann lass uns zusammenziehen, Al."      

Harry hebt mich so plötzlich hoch, dass ich quietsche und wirbelt mich dann durch den Flur, so heftig, dass mir schwindelig wird. Dabei küsst er mich immer wieder, bis wir beide außer Atem sind. Ich hoffe, dass er mich nicht fallen lässt.

„Wir können morgen deine Sachen holen und du kannst das Gästezimmer oben haben, um dein Arbeitszimmer daraus zu machen. Und wir können neu streichen, wenn du willst und falls du andere Möbel haben willst, können wir die natürlich kaufen. Und wir brauchen Bilder von deiner Familie, die wir aufhängen können und von Helen und Jillian und ich werde dir zwei Schränke im Ankleidezimmer ausräumen, weil deine Hälfte nicht aussreicht und–"

„Hol mal Luft, Hazza", unterbreche ich ihn lachend.

„Sorry", murmelt er mit roten Wangen und einem Grinsen. „Ich freue mich nur so."

„Ich mich auch", versichere ich ihm, meine Finger immer noch in seinen Haaren vergraben, seine Hände immer noch an meiner Hüfte, während er mich festhält und ins Wohnzimmer herüberträgt.

Dort lässt er mich vorsichtig aufs Sofa fallen und küsst mich dann, als hätten wir alle Zeit der Welt. Und ich schätze, die haben wir auch. Zumindest heute Abend, in unserem eigenen kleinen Universum.

Meine Finger krallen sich in seinen schwarzen Pullover und ziehen ihn über seinen Kopf, wobei wir unseren Kuss kurz unterbrechen. Doch dann liegen Harrys Lippen direkt wieder auf meinen, tanzen mit ihnen, singen ihr ganz eigenes Lied. Einen Song, dessen Töne nur wir beide kennen und dessen Farben bunter schillern als die Welt.

Meine Kleidung folgt und verschwindet in den Weiten seines Wohnzimmers. Irgendwann liegen wir nur noch in Unterwäsche auf dem Sofa, mit geröteten Lippen und glitzernden Augen. Doch schließlich verschwindet auch diese und wir werden Eins.

Mit Harry zu schlafen fühlt sich immer wie etwas Besonderes an, doch heute Abend ist es noch einmal intimer gewesen als sonst.

Vorsichtig zieht er danach die Wolldecke über mich und drückt mir einen Kuss auf die Stirn, während ich meinen Kopf gegen seine Brust kuschele. Sein schnell klopfendes Herz dröhnt durch meine Ohren, lässt mich einen Augenblick lang endlos glücklich sein.

„Hazza? Ich kann nicht direkt morgen mit dir zusammenziehen", murmele ich schließlich mit sanfter Stimme. „Ich muss noch mit Helen reden und meinen Eltern und dann brauche ich ein wenig Zeit, um alles zu regeln."

Mit sanften Fingern streicht er mir eine Haarsträhne aus den Augen und als ich meinen Kopf ein wenig anhebe, um ihn anzusehen, fällt mir auf, dass sein Blick längst auf mich gerichtet ist. Ein kleines Lächeln sitzt in seinen Mundwinkeln, während er mit meiner Haarsträhne spielt.

„Ich weiß", entgegnet er. „Ich meine, ich hätte natürlich nichts dagegen, wenn du direkt bei mir einziehst, aber mir ist bewusst, dass das ein wenig unrealistisch ist. Solange du überhaupt bei mir einziehst, bin ich glücklich."

Lächelnd streichele ich ihm über den Oberarm, fahre die vielen Tattoos nach, die auf so einzigartige Weise zu ihm gehören. Wie eine Landkarte seines Lebens, bei dem ich noch nicht alle Stationen entschlüsselt habe. Aber wenn ich Glück habe, werde ich noch Zeit dazu haben und alleine dieser Hoffnungsschimmer genügt.

„Wir haben noch drei Tage, bevor ich wieder weg muss", flüstert Harry irgendwann so leise, dass ich ihn kaum verstehen kann.

„Ich weiß." Meine Finger stoppen kurz, zittern ein wenig, bevor sie weiter ihre Linien über seine nackte Haut fahren. „Aber wir werden einfach das Beste daraus machen."

„Versprochen?", murmelt er.

Ich lächele leicht. „Versprochen."

Einen Augenblick lang sehe ich ihn an und versuche all die Kleinigkeiten in mein Gedächtnis zu brennen. Doch wenn ich ehrlich bin, werde ich sie ohnehin ein Leben lang nicht wieder vergessen.

Seine grünen Augen, gerade ein wenig dunkler als sonst, weil wir uns nicht die Mühe gemacht haben, die Deckenleuchte anzuschalten und das Wohnzimmer nur durch das schimmernde Mondlicht erhellt wird. Seine leicht geröteten Wangen, obwohl es eigentlich nicht warm ist. Die kaum merkliche Narbe an seinem Kinn, die er seit unserem letzten Schlittschuhausflug trägt. Sie ist immer noch ein wenig rot.

Vorsichtig lasse ich meine Finger über die Narbe gleiten, bis Harry lächelnd meine Hand festhält.

„Tut sie manchmal weh?"

„Du könntest sie küssen, das heilt immer", schlägt er grinsend vor, was keine wirkliche Antwort ist.

Ich komme seinem Vorschlag dennoch lachend nach und sehe danach nachdenklich durch die bodentiefen Fenster, die einen hervorragenden Blick auf die Unendlichkeit der Nacht bieten.

Mit leicht zusammenkniffenden Augen sehe ich hinaus in die Dunkelheit, die hier in der Großstadt den Kampf gegen das Licht dennoch nie ganz gewinnt.

„Was machst du da?", fragt Harry mich schließlich, nachdem er meinem Blick gefolgt ist.

„Ich versuche, die Sterne zu sehen."

„Funktioniert es?"

„Nicht wirklich", gebe ich zu. „Aber ich werde nicht aufgeben, immer wieder danach zu suchen."

Seine grünen Augen gleiten nachdenklich über mein Gesicht, mustern mich, obwohl er eigentlich genau weiß, dass ich das hasse.

„Was starrst du mich so an?", frage ich stirnrunzelnd.

Lächelnd sieht er mich an. „Das wird noch eine Weile ein Geheimnis bleiben."

„Ich hasse Überraschungen", erinnere ich ihn.

Harry lacht. „Und ich liebe es, dich zu überraschen."

Bevor ich protestieren kann, küsst er mich und die Welt leuchtet.

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Ihr Lieben,

Ich dachte, dass ich euch noch ein Kapitel hochlade, bevor für mich die Ferien gleich endgültig vorbei sind. So langsam möchte ich mit dieser Geschichte nämlich wirklich einmal abschließen, weil sie bereits seit guten 1,5 Jahren fertig geschrieben ist.

Glaubt ihr, es ist eine gute Idee, dass Harry und Al zusammenziehen?

Glaubt ihr, Allys Mitbewohnerin ist damit einverstanden?

Bis zum nächsten Mal.

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