23 | pyrrhic

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p y r r h i c

august 2013
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Allison || Die Schreie sind wie Kanonenschüsse, die sich allesamt direkt in mein Herz bohren und es in tausend Teile zerfetzen. Das Gekreische lässt mich zusammenzucken und ich ziehe die Schultern ein, bemüht darum, inmitten all der anderen Gäste so unsichtbar wie möglich zu werden.

Eleanor neben mir steht dagegen all der Aufmerksamkeit mit absoluter Ruhe gegenüber und verteilt ein Lächeln nach dem anderen, während wir uns den Weg über den roten Teppich bahnen. Ihr blaues Kleid stellt ihre Kurven hervorragend zur Geltung und sie gibt mir das Gefühl, als hätte sie ihr ganzes Leben nichts anderes getan, als Filmpremieren zu besuchen.

Ich hingegen könnte mir gerade tausend schönere Orte vorstellen, an denen ich gerade lieber wäre. Einzig Harry, der in einiger Entfernung von uns mit seinen Bandmitgliedern Autogramme kritzelt und aufgrund des Gekreisches wahrscheinlich bereits halb taub ist, ist der Grund, warum ich nicht schreiend wegrenne. Ich habe meinem Freund versprochen, dass ich heute mit ihm unseren ersten öffentlichen Auftritt gebe und das Versprechen ist es, was meine Füße nun auf diesem roten Teppich festklebt.

„Sind die Fans immer so", ich winke unbestimmt durch die Luft, während ich nach dem richtigen Wort suche, „euphorisch?"

Eleanor lacht. „Euphorisch trifft es gut. Aber ja, meistens gehen sie alle so ab, wenn sie die Jungs sehen. One Direction hat eingebautes Kreischpotenzial."

Mit wackeligen Schritten folge ich ihr einige Meter den roten Teppich entlang, der für meine Highheels, auf denen ich ohnehin nicht richtig laufen kann, der absolute Tod ist.

„Du löst aber auch einiges an Aufregung aus", merke ich an, als die Mädchen in unserer Nähe lauter schreien, sobald wir an ihnen vorbeistolzieren.

„Die Schreie sind nicht alle für mich, sondern auch für dich."

Eleanor winkt ihnen mit einem halben Lächeln auf den Lippen zu und dreht sich dann wieder zu mir hin. Sobald sie meine aufgerissenen Augen sieht, fängt sie an zu grinsen. „Was hast du gedacht, Ally? Du bist Harry Styles' Freundin."

Ich schlucke laut. „So aufregend bin ich gar nicht. Wieso ignorieren sie mich nicht einfach?"

„Weil du das hast, was sie alle haben wollen", entgegnet Eleanor und ergänzt dann, als sie meinen verwirrten Blick sieht: „Du hast Harry."

„Aber Harry ist einfach – Er ist doch einfach Harry."

„Ja. Aber gleichzeitig himmeln in Millionen von Mädels an und die Hälfte ist begeistert darüber, dass ihr eine Beziehung habt, während die andere Hälfte dich am liebsten umbringen will." Sie legt mir beruhigend einen Arm über die Schulter. „Tut mir leid, Ally. Aber das ist die Wahrheit und ich will dich nicht anlügen. Es ist nicht immer einfach."

Das ist die Untertreibung des Jahres und ich wische mir panisch meine schwitzenden Handflächen an dem Kleid ab, das meine Eltern mir am Wochenende aus Manchester mitgebracht haben, als sie mich besuchten. Am liebsten wäre ich gerade ebenfalls in meiner Heimatstadt und ganz weit weg von diesem Drama. Mit vor Angst klopfendem Herzen sehe ich hilfesuchend in Harrys Richtung, doch er bemerkt mich nicht einmal.

Eleanor stupst mich an. „Komm, lass uns ein Foto machen, Ally."

„Das ist keine gute Idee", murmele ich mit aufgerissenen Augen.

„Wieso nicht?"

Ich beiße mir auf die Unterlippe. „Dann werden doch noch mehr auf mich aufmerksam."

Bisher bin ich neben Eleanor erfolgreich unter dem Radar geflogen und habe nur Schreie entlockt, wenn wir direkt vor Fans vorbeigeschritten sind. Doch sobald es offizielle Fotos gibt, werden sie auf der ganzen Welt gesehen und damit gibt es keine Chance mehr, zu flüchten. Ab dieser Sekunde wird die Freundin von Harry Styles offiziell existieren und nicht einfach nur ein paar verschwommene Schnappschüsse in den Klatschblättern darstellen.

„Du wirst spätestens dann fotografiert, wenn du gleich mit Harry gesehen wirst", berichtet mir Eleanor von meiner persönlichen Hölle. „Wahrscheinlich ist es also besser, wenn sie sich vorher ein wenig an dich gewöhnen können, bevor du ihnen gleich das Herz brichst."

„Wahrscheinlich brechen die Fans eher mir das Herz", flüstere ich, doch meine Stimme ist so leise, dass die Worte unter der Aufregung ertrinken.

„Komm schon, Ally. Es ist einfach ein Foto und wir haben bisher auch gar keins zusammen. Sieh es also einfach als ein Foto mit einer Freundin", meint Eleanor aufmunternd.

Seufzend lasse ich mich von ihr vor die Linse einer Fotografin ziehen, die hektisch den Auslöser drückt. So oft wie sie ihren Finger bewegt, befürchte ich kurz, dass sie einen Krampf bekommt, aber anscheinend ist sie darin so geübt wie mein Vater, der ebenfalls stundenlang an seiner Kamera hantieren kann, ohne Schmerzen in den Händen zu bekommen. Es ist mir unheimlich.

„Wie ist ihr Name, Liebes?", ruft ein Reporter hektisch.

Ich brauche einen Moment, bis ich merke, dass er mit mir redet. „Ally Baker", erwidere ich überrumpelt und sehe, wie Eleanor daraufhin kaum merklich das Gesicht verzieht. Im nächsten Moment hat sie sich schon wieder gefangen, aber ich bin in den letzten Monaten immer besser darin gewesen, auch die kleinen Gefühlsregungen von ihr zu sehen.

„Was ist los?" Panisch sehe ich sie an, während wir weiter über den roten Teppich schreiten, in Richtung der Tür, die hoffentlich meine Erlösung sein wird. Noch trennen uns unzählige Meter von der Rettung. „Was habe ich falsch gemacht, El?"

Sie umklammert bestimmt meinen Ellbogen, während sie mich ruhigen Schrittes über den Teppich zieht.

„Versprich mir bitte, dass du jetzt nicht ausrasten wirst", murmelt sie in meine Richtung, während sie immer noch ein Lächeln auf den Lippen trägt. Sie ist eine so gute Schauspielerin. Ich hingegen fühle mich, als würde ich jede Sekunde immer wieder jämmerlich ertrinken.

„Das kann ich nicht versprechen", murmele ich.

Sie sieht mich besorgt an. „Versuch es wenigstens?"

Ich nicke stumm, während ich auf ihre Worte warte.

„Du bist bisher einfach nur ein namenloses Mädchen gewesen. Die Presse hat bisher nur verschwommene Schnappschüsse von dir gehabt und die Information, das du Harrys Freundin bist", erzählt Eleanor mir. „Aber du hast ihn gerade deinen ganzen Namen gegeben und damit die Einladung, in deiner Vergangenheit zu graben."

Ich seufze erleichtert. „Keine Sorge, da finden sie nichts Schlimmes."

Meine Freundin wirft mir einen mitleidigen Blick zu. „Es geht nicht darum, dass sie nichts Schlimmes finden. Es geht darum, dass sie überhaupt etwas finden. Sie werden sich auf jeden Fetzen Information stürzen und ihn tausend Mal analysieren. Und dann werden sie ihre eigenen Lügengeschichten erfinden, um die Aufmerksamkeit hochzuhalten. Das ist nichts persönliches, sondern einfach das Geschäft."

Ich stolpere über meine eigenen Füße, während ich versuche, Luft einzusaugen, doch ich schaffe es nicht. Immer hektischer geht meine Atmung, bis ich mich irgendwann nur noch an Eleanor festhalten kann, die mich festhält und hilfesuchend die Menge absucht.

„Alles ist gut, Ally. Alles wird gut", murmelt sie mir überfordert ins Ohr.

Ich werde immer tiefer in den See der Lügen und Intrigen, in das Leben und den Untergang hereingerissen, während mein Herz sich so verzweifelt nach Luft sehnt. Doch jeder Atemzug fühlt sich an, als würde ich Gift inhalieren.

„Alles wird gut. Alles okay." Eleanors Worte sind wie ein Mantra in meinen Ohren, doch egal, wie sehr ich mich auch daran klammere, ich schaffe es nicht, wieder nach oben zu tauchen.

Es fühlt sich an, als säße ich in einem Zug, der immer schneller auf eine Mauer zurast, ohne die Möglichkeit zu haben, zu bremsen. Ich werde jämmerlich zerschellen.

„Atme einfach, Ally."

Als Harry mich schließlich bemerkt, muss er die Panik in meinen Augen lesen können, denn sein Lächeln verrutscht und er eilt auf mich zu. Sobald Eleanor ihn sieht, streicht sie mir noch einmal über den Rücken und verschwindet dann.

„Al." Harry schließt die Arme um mich und schirmt mich somit vor den tausend Kameras ab. „Hey, sieh mich an."

Ich schüttele den Kopf, während ich mein Gesicht an seiner Schulter vergrabe.

„Bitte", murmelt er. „Bitte sieh mich an."

Er legt mir eine Hand auf die Wange und hebt vorsichtig mein Kinn an, bis ich in seine grünen Augen sehen kann. Es macht alles noch viel schlimmer, denn es zerfetzt mein Herz, die Sorge in seinem Ausdruck zu sehen.

„Was ist passiert, Al? Hat irgendwer was gesagt?"

Mit zittrigen Fingern klammere ich mich an seinem Hemd fest, während ich stumm den Kopf schüttele.

„Was ist dann los? Bitte sprich mit mir." Sein Kehlkopf bewegt sich, als er deutlich schluckt. „Bitte. Du machst mir gerade verdammt Angst."

„Es ist nichts", flüstere ich.

Die größte Wahrheit und die größte Lüge zugleich. Denn eigentlich ist noch gar nichts passiert, noch ist alles in bester Ordnung, aber ich kann den kommenden Knall bereits vor mir sehen und habe keine Chance, die Explosion aufzuhalten. Sie wird mich in einem Feuerball verschlucken.

„Bitte lüg mich nicht an", flüstert Harry mir ins Ohr. Das Brechen seiner Stimme fühlt sich an wie tausend Nadelstiche, denn er verdient es nicht, dass ich ihn mit mir auf den Abgrund ziehe. Er verdient das Beste im Leben und ich bin mir plötzlich nicht mehr sicher, ob ich ihm das je werde geben kann.

„Ich – Es ist wirklich nichts Großes. Es ist nichts Bestimmtes passiert", versuche ich ihm verständlich zu machen. „Es ist einfach nur alles viel zu viel. Viel zu laut und viel zu hektisch und viel zu fremd und–"

Mein Atem lässt mich nicht weiterreden, also klammere ich mich einfach an ihn, während er mir beruhigend über den Rücken streicht und ein Lächeln auf seine Lippen zwingt, das alle Umstehenden zu überzeugen weiß. Jeden, außer mir.

„Das heute ist einfach eine Extremsituation. Aber es ist nicht immer so", murmelt er, als würde er merken, dass er mich mit jeder Sekunde mehr verliert. „Nur eine Ausnahme, okay? Nur eine Ausnahme. Also bitte renn nicht weg von mir. Bitte nicht."

Ich presse die Augen zusammen, um die Tränen zurückzudrängen. Denn ich will nichts mehr, als zu rennen und gleichzeitig doch nichts weiter, als mein Leben lang von ihm gehalten zu werden. Es zerreißt mich, auf die fürchterlichste Weise. Harry ist mein Risiko, meine Flamme und gerade verbrenne ich jämmerlich unter seiner Berührung, während ich innerlich doch zu Eis erstarrt bin und mich nach seiner Wärme sehne.

„Versprich es mir, Al. Bleib bei mir, okay? Wir kriegen das hin."

Ich schlucke. „Tun wir das?"

„Tun wir", flüstert er, so leise, dass ich bloß die Bewegungen seiner Lippen sehne. „Das verspreche ich dir. Also versprichst du es auch?"

Ich schweige und die Sekunden fühlen sich an wie Stunden unter meinen Fingerspitzen. Doch schließlich gewinnt mein Herz den Kampf, während mein Verstand ertrinkt. „Das kann ich dir nicht versprechen, Hazza. Denn es ist nicht klar, ob wir das hinkriegen. Aber ich kann dir versprechen, dass wir es versuchen."

„Okay. Das ist genug." Harry atmet hörbar aus und sieht mich dann mit zittrigem Lächeln an. „Und jetzt werden wir uns erst einmal beruhigen, okay?"

Es ist nett von ihm, so zu tun, als wäre ich nicht die Einzige, die unter der Aufmerksamkeit zu tausend Teilen zerbricht, während er sie in sich aufsaugt.

Ich nicke stumm, während ich mich mit geschlossenen Augen an ihn klammere und verzweifelt versuche, mir einzureden, dass es nur wir beide hier sind auf dieser großen, weiten Welt.

Es hilft, dass Harry sich so vertraut anfühlt wie mein Zuhause.

„Ich habe übrigens über das Versprechen nachgedacht, dass ich dir gegeben habe", murmelt er mir mit sanfter Stimme ins Ohr, während seine Hände immer noch über meinen Rücken streicheln und mich langsam ruhiger werden lassen.

„Welches Versprechen?"

„Dass ich dir etwas vorsingen werde."

Meine verkrampften Finger lösen sich wie in Zeitlupe aus seinem Hemd, das mittlerweile sicherlich ganz zerknittert ist. Harry wirkt jedoch nicht so, als würde ihn das im Geringsten stören, stattdessen schenkt er mir einfach ein Lächeln, als ich ihn ansehe und meine Finger vorsichtig in seinen Haaren vergrabe.

„Das ist Monate her, dass du mir das Versprochen hast."

„Ich weiß, aber es gab keine Zeitbegrenzung, oder?" Er schenkt mir ein Lächeln. „Also werde ich dir jetzt was Vorsingen. Unter einer Bedingung."

„Welcher?"

„Du musst dabei die Augen schließen, Al."

Stirnrunzelnd sehe ich ihn an. „Warum denn?"

„Weil deine Augen manchmal ganze Welten enthalten und ich nicht sehen will, falls es dir nicht gefällt", murmelt Harry mit roten Wangen.

Mein Herzschlag fliegt genauso schnell wie seiner, aber zum ersten Mal heute ist es, weil ich glücklich bin und nicht, weil ich mich fühle, als würde ich jeden Augenblick voller Panik explodieren.

„Mir wird es gefallen", versichere ich ihm.

Er räuspert sich und es vergeht eine Ewigkeit, während gleichzeitig die Welt stillsteht, bis er schließlich die ersten Töne über seine Lippen gleiten lässt. Sofort beginnt mein Herz ebenfalls zu singen, zu schreien und zu weinen, während ich mich langsam wieder wie ich selbst fühle. Musik ist es, das mich wieder in die Realität zurückreißen kann und Harrys Stimme ist mein Untergang und mein Aufstieg zugleich.

Als die letzten Töne über seine Lippen gleiten, sieht er mich zögernd an, doch das breite Lächeln auf meinen Lippen ist Antwort genug. Ich liebe es, ihn singen zu hören.

„Geht es dir jetzt besser, Al?"

„Viel besser", versichere ich ihm. „Danke."

Erleichtert sieht er mich an und hält mich fest, bis ein Verantwortlicher in seine Richtung tritt und ihm sagt, dass er wieder zu den Interviews herübergehen muss. Mich überrascht es kurz, dass sie uns überhaupt so viel Zeit gegeben haben, bis mir auffällt, dass das, was sich für mich wie mehrere Stunden angefühlt hat, in wenigen Minuten abgelaufen ist.

„Ich muss dich jetzt alleine lassen", meint Harry zu mir und ich kann die leichte Unruhe in seinen Augen sehen. „Aber meine Mum, Rob und Gem sind da drüben. Geh einfach zu ihnen, okay?"

Ich drücke seine Hand, um ihm zu versichern, dass ich mich wieder gefangen habe. „Okay."

Er sieht mich zögernd an, während er mich immer noch an sich presst und ich bin überrascht, als sein Herzschlag schließlich kurz aussetzt, um nur noch schneller zu fliegen. „Ich wollte dir noch sagen, dass ich..."

Er beißt sich auf die Unterlippe, während ich ihn abwartend ansehe.

„Ja?"

Harrys Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. „Wir sehen uns gleich, Al. Okay?"

„Okay", entgegne ich und starre ihm einen Moment lang hinterher, während er sich zurück auf den Mittelpunkt des roten Teppichs begibt, bevor ich mit unsicheren Schritten auf seine Familie zugehe.

Ich habe Angst vor ihrer Reaktion und will mich ihnen nicht aufdrängen, denn genau genommen habe ich sie bisher bloß einmal an Weihnachten gesehen und da bin ich nicht einmal fest mit Harry zusammen gewesen. Seitdem wir in einer Beziehung sind, bin ich seiner Familie noch kein einziges Mal wiederbegegnet und es nun an diesem Tag zu tun, macht es nicht gerade einfacher.             

Doch als ich mich zögerlich neben sie stelle, werde ich lächelnd begrüßt und von allen dreien wie selbstverständlich in eine feste Umarmung gezogen.

„Es freut mich, dass du da bist, Ally", strahlt Anne.

Sie legt mir einen Arm über die Schulter, der mir das Gefühl von Sicherheit gibt. Außerdem hilft es unwahrscheinlich, dass ich ein einfaches schwarzes Cocktailkleid trage, denn es gibt mir die Illusion, mich in der Menge verstecken zu können. Wenn ich den Absperrungen den Rücken zudrehe und mich auf meine Gesprächspartner konzentriere, dann kann ich ein wenig besser so tun, als würden mir nicht tausend Leute bei jedem Schritt zusehen.

„Es ist schön, euch wiederzusehen", sage ich ehrlich. „Harry erzählt andauernd von euch."

Gemma verdreht lachend die Augen. „Wahrscheinlich nicht nahezu so oft, wie wir uns alles über dich anhören dürfen, Ally."

Meine Wangen brennen, aber es schleicht sich trotzdem ein Lächeln auf meine Lippen.

„Wo ist eigentlich euer Dad?", frage ich Harrys Schwester, die daraufhin meinem Blick ausweicht.

„Er hat total viel Arbeit momentan und konnte leider nicht kommen", murmelt sie und schnaubt dann. „Das ist zumindest seine heutige Ausrede."

„Aber Harry ist der Tag heute doch sehr wichtig", erwidere ich langsam.

Anne schenkt mir ein trauriges Lächeln. „Das wissen wir und Harrys Dad weiß das auch."

„Und er kommt trotzdem nicht?"

Robin presst die Lippen zusammen, während er den Kopf schüttelt. Ich meine, unterdrückte Wut in seinen Augen zu sehen, aber ich kenne ihn nicht gut genug, um ihn wirklich lesen zu können.

„Habt ihr eigentlich schon Perrie gesehen?", fragt Anne eilig und nickt in Richtung von Little Mix, die gerade über den Teppich schweben. „Sie sieht so traumhaft aus und ich kann es kaum erwarten, ihren Verlobungsring von Nahem zu sehen."

Ich folge ihrem Blick und winke Zayns Freundin unsicher zu, als sie uns ebenfalls entdeckt. Perrie schenkt mir ein ehrliches Lächeln, doch ich bin mir nicht sicher, ob sie überhaupt weiß, wer ich bin.

Das Kreischen der Menge steigt an, als ich mich mit Harry Familie langsam in Richtung der Türen bewege, hinter denen sich die rettende Sicherheit befindet. Bei besonders lauten Schreien zucke ich zusammen, auch wenn ich mich bemühe, mir nichts anmerken zu lassen.

„Das ist bestimmt alles nicht leicht für dich, oder?" Robin sieht mich mitfühlend an. „Ich kann mir vorstellen, dass das nicht einfach ist. Aber bisher hältst du dich wirklich gut."

Ich weiß nicht, ob Harrys Stiefvater meinen kleinen Zusammenbruch wirklich nicht mitbekommen hat oder er selbst trotz meines Zerbrechen der Ansicht ist, dass ich mich ganz gut schlage. Statt es weiter zu analysieren, sehe ich ihn einfach dankbar an, dass er mich zu verstehen scheint. „Es ist wirklich nicht ganz einfach. Wenn ich mit Harry alleine bin, ist er wie alle anderen. Aber dann gibt es diese Momente wie heute, wo alles so anders ist."

Gemma schenkt mir ein Lächeln. „Es braucht Zeit, bis man sich daran gewöhnt."

„Hast du es?", frage ich leise.

„Nein. Dass Harry nicht einfach nur mein Bruder, sondern ein gefeierter Star ist, fühlt sich in manchen Momenten immer noch total merkwürdig an."

Ich bin dankbar zu hören, dass ich nicht die einzige bin, die zumindest zeitweise damit zu kämpfen hat.

Bis ich gemeinsam mit Harrys Familie das Kino betrete, verwickeln sie mich so gekonnt in ihr Gespräch, dass ich gar keine Zeit habe, einen weiteren Zusammenbruch zu erleiden. Es hilft ebenfalls, dass ich mit jeder Sekunde wieder selbstsicherer werde und lerne, die Schreie auszublenden.

„Man hätte Ohrenstöpsel verteilen sollen", scherzt Gemma, als wir gemeinsam durch die riesigen Glastüren treten und der Aufmerksamkeit der Welt endlich entkommen.

Ich lache über ihre Worte und gleichzeitig auch einfach, weil ich endlich wieder Ich selbst sein kann. Das Atmen fällt mir leichter und als wir schließlich den Kinosaal betreten, in dem This is Us heute seine Premiere geben wird, bin ich wieder Allison Baker.

Als ich mich neben Anne auf den Sessel fallen lassen will, schüttelt sie lächelnd den Kopf. „Nun geh schon zu Harry. Er wartet sicherlich schon auf dich."

„Was ist, wenn die Jungs zusammensitzen sollen? Ich will mich nicht aufdrängen." Unsicher sehe ich zu der Reihe viel weiter vorne herüber, wo mein Freund bereits neben Niall Platz genommen hat.

„H hängt nahezu an deinen Lippen", erwidert Gemma augenverdrehend. „Du könntest dich gar nicht aufdrängen. Vorher erdrückt er dich noch mit seiner Liebe."

Anne gibt mir einen sanften Stups. „El sitzt auch bei Louis. Also geh schon zu ihm."

„Diese beiden Frauen sind wirklich anstrengend, Ally. Also verschwinde lieber", meint auch Robin mit einem Augenzwinkern und lachend verabschiede ich mich von ihnen.

Dann stolziere ich die Treppenstufen in dem nur spärlich beleuchteten Kinosaal herunter, wobei ich bei jedem Schritt einfach hoffe, dass ich mich nicht vor allen Anwesenden auf die Nase lege. Als ich es schließlich ohne Zwischenfälle bis zu Harry schaffe, hole ich erleichtert Luft, weil ich der Blamage gerade noch entkommen bin.

„Ich..." Räuspernd sehe ich zu meinem Freund und will gerade fragen, ob es okay ist, wenn ich mich neben ihn setze, als er mich schon wie selbstverständlich auf den Kinosessel neben sich gezogen hat.

„Willst du Popcorn, Ally?" Fragend hält Niall mir einen Eimer entgegen und ich greife beherzt zu.

„Dankeschön."

Bevor ich jedoch ein Gespräch mit dem Iren starten kann, legt Harry sanft seine Lippen auf meine und schenkt mir ein strahlendes Lächeln, als wir uns schließlich wieder lösen.

„Das habe ich vorhin schon machen wollen, aber ich dachte mir, dass du das mit den tausend Kameras nicht für eine gute Idee gehalten hättest."

Dankbar verschränke ich meine Finger mit den seinen und lege meinen Kopf an seiner Schulter ab, woraufhin er mir einen sanften Kuss auf die Haare gibt.

„Ihr beiden seid so verliebt, das ist gruselig", zieht Niall uns grinsend auf, woraufhin Harry ihm bloß den Mittelfinger entgegenstreckt.

Zum ersten Mal heute lache ich wirklich von Herzen und ich kann die Erleichterung in den Augen meines Freundes sehen. Bevor er jedoch etwas sagen kann, werden die Lichter ganz ausgeschaltet und ein Moderater heißt uns alle zur offiziellen Premiere willkommen. Nach seiner Rede folgt höflicher Applaus und dann reißen uns die Bilder auf der Leinwand mit auf ein Abenteuer, das mir durch Harrys Erzählungen zwar nicht ganz fremd sind, allerdings hierdurch noch viel augenscheinlicher wird.

Während des ganzen Filmes hält Harry meine Hand fest und auch als wir schließlich den Kinosaal wieder verlassen, um zur Aftershowparty herüberzugehen, lässt er mich nicht ein einziges Mal los.

„Hast du Angst, dass ich wegrenne?", ziehe ich ihn grinsend auf.

Er streichelt mit dem Daumen über meinen Handrücken. „Darf ich meine Freundin nicht so nahe wie möglich bei mir haben wollen?"

Überrumpelt über den Ernst in seinen Worten nicke ich bloß und lasse mich dann von ihm zu seiner Familie herüberziehen, die ihn sogleich mit Umarmungen überschüttet.

„Wer hätte gedacht, dass du es echt einmal auf die Leinwand schaffst?", zieht Gemma ihn grinsend auf, woraufhin er sie leicht anstupst und ihr die Zunge herausstreckt.

Annes Gratulation fällt eindeutig rührseliger aus, denn sie umklammert Harry, als würde sie ihn nie wieder loslassen wollen, während er meine Hand immer noch festhält.

„Du bist wundervoll gewesen, Schatz."

„Ich habe doch noch nicht einmal geschauspielert, Mum. Sie haben doch einfach unsere Tour gefilmt."

Sie sieht ihn mit tränenglitzernden Augen an. „Ich habe einfach Angst davor, dass wir deinem Leben nicht mehr gerecht werden können, H. Du lebst deinen Traum und reist durch die tollsten Städte und wir haben dir nicht mehr wirklich was zu bieten."

„Das stimmt doch überhaupt nicht, Mum." Harry streichelt ihr beruhigend über den Rücken. „Ihr werdet immer wichtig für mich sein und Zuhause ist immer noch mein liebster Ort der Welt."

Ich fühle mich ein wenig wie ein Eindringling, aber Anne scheint es nichts auszumachen, dass ich sie ebenfalls weinen sehe. Sie streicht sich bloß lächelnd die Tränen aus den Augen und sieht uns dann alle an.

„Lasst uns zur Party gehen, bevor ich mich noch in einen Springbrunnen verwandele."

Lachend folgen wir ihn in den Saal, wo Harrys Eltern sich schließlich verabschieden und Gemma mit einer alten Familienfreundin verschwindet.

Ich habe Harry jedoch nur wenige Minuten für mich alleine, bevor Liam mit seiner neuen Freundin zu uns kommt. Die Brünette trägt ebenfalls ein schwarzes Kleid, doch während ich mühevoll versuchen muss, eine gute Figur zu machen, wirkt sie ebenfalls wie direkt vom Laufsteg. Ich frage mich, ob das Aufnahmekriterium für One Direction Freundinnen ist und ich irgendwie die Stellenbeschreibung falsch interpretiert habe.

„Hey, freut mich dich kennenzulernen", lächelt Sophia und schüttelt mir die Hand.

Sie ist mir direkt sympathisch. „Freut mich auch."

„Wie wäre es, wenn Harry und ich uns was zu trinken holen?", schlägt Liam vor.

Mein Freund ist mit seinem Bandkollegen verschwunden, bevor ich protestieren kann und ich merke, wie mein Magen mir in die Hose sinkt, als ich plötzlich ganz alleine mit Sophia bin. Diese Ungewissheit ist eine Qual für mich und ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll. Sie ist glücklicherweise diejenige, die nach einigen Sekunden Stille das Schweigen bricht.

„Es ist schön, dass ich nicht die einzige Neue bin", sagt Sophia mit einem unsicheren Lächeln. „Ich meine, irgendwie bin ich ja schon die einzige Neue, weil du mit Harry schon viel länger zusammen bist, aber dann irgendwie ja doch nicht, weil du auch noch nicht wirklich lange dabei bist. Ich glaube, das war auch dein erster öffentlicher Auftritt? Damit bist du ja irgendwie schon neu, aber das ist wirklich nicht beleidigend gemeint, und irgendwie bist du es ja dann doch nicht, weil – Du bist schon seit einem halben Jahr fest mit Harry zusammen, oder? Oder verwechsle ich da jetzt was? Damit bist du ja nicht mehr ganz so neu und –" Sie holt tief Luft. „Tut mir leid, wenn ich nervös bin, rede ich immer viel zu viel."

„Schon okay", grinse ich. „Ich rede überhaupt nicht, wenn ich nervös bin, also sind wir eine hervorragende Mischung."

Sophia atmet erleichtert aus. „Das ist gut zu hören, Ally, denn ich habe vor heute so viel Angst gehabt, dass ich letzte Nacht nicht geschlafen habe."

Ich nicke, denn mir ist es nicht anders ergangen. Während Harry seelenruhig in seine Träume geflüchtet ist, habe ich die halbe Nacht wachgelegen und versucht, mich so wenig wie möglich zu bewegen, um ihn nicht zu wecken. Die Augenringe heute Morgen bin ich nur losgeworden, weil Lou Teasdale Eleanor und mich gestylt hat.

„Was hältst du von all dem Drama da draußen?", fragt Sophia.

„Es ist..."

„Intensiv, oder?", lacht sie, als ich nicht weiterrede.

„Eher meine ganz persönliche Hölle", gebe ich zu.

„So schlimm, Ally?"

Ich beiße mir auf die Unterlippe. „Findest du nicht?"

„Es ist nicht so, als könnten wir etwas daran ändern", erwidert sie. „Wir müssen einfach da drüber stehen, aber wir kriegen das schon hin."
„Das sagt Eleanor auch immer", versichere ich ihr, doch meine Worte beruhigen bloß Sophia, während ich innerlich immer noch Zweifel hege. Eigentlich ist es auch völlig egal, wie wir mit den Fans klarkommen, denn solange ich Harry habe, ist alles machbar. Hoffe ich zumindest.

Als Liam und Harry endlich wieder zu uns zurückkommen, drückt mir mein Freund eine Cola in die Hand und ich nippe eilig daran, um dem Gespräch der anderen drei erst einmal stumm folgen zu können. Sophia schafft es, mir ein paar Lacher zu entlocken und ist ein wahnsinnig offener Mensch, aber ich bin trotzdem froh, als Harry uns schließlich entschuldigt.

„Wo gehen wir hin?", frage ich ihn neugierig, als er mich durch den Saal zieht, der deutlich gefüllt ist mit Gelächter und einer ausgelassenen Menschenmenge.

Er schweigt mit einem eisernen Grinsen im Gesicht, während ich ihn weiterhin nerve.

„Wie kannst du bitte so geduldig sein?", beschwere ich mich bei ihm.
Harry grinst. „Wie kannst du bitte so ungeduldig sein?"

„Ich hasse Überraschungen einfach", erinnere ich ihn. „Das ist einfach ein Risiko."
„Manche Risiken sind es wert", murmelt er mir ins Ohr.

Schließlich zieht er mich in einen Fotoautomaten und schließt den Vorhang hinter uns, bevor er mir ein Lächeln schenkt. „Wir haben noch gar keine wirklichen Pärchenfotos gemacht und das hier ist die perfekte Gelegenheit."

Ich nicke zustimmend, doch nach ein paar Augenblicken merke ich, dass Harry seine Wörter nicht so unschuldig meint, wie ich sie aufgefasst habe.

„Komm schon, Al", murmelt er mit rauer Stimme in mein Ohr und ich verfluche mich, weil er es schafft, meinen Körper überall kribbeln zu lassen.

„Was ist, wenn jemand diese Bilder sieht?"

Harry verdreht die Augen. „Die wird schon keiner sehen. Sie sind einfach für mich, wenn ich dich auf Tour wieder vermisse, okay?"

„Ich dachte, dann wolltest du mich einfach anrufen?", ziehe ich ihn auf, während mein Herz bis zum Hals klopft.

„Das auch", flüstert er und beginnt, meinen Hals mit Küssen zu verteilen. „Aber solche Fotos sind auch nicht schlecht."

„So schnell kriege ich mein Kleid gar nicht aus", argumentiere ich, während mich seine Lippen aufseufzen lassen.

Geschickt zieht Harry den Reißverschluss meines Outfits aus und streicht mir den Stoff von den Schultern, bis ich nur noch im BH vor ihm sitze. „Siehst du? Das geht ganz schnell", grinst er.

Ich stöhne, als seine Hände sich um meine Brüste legen und mich necken. „Komm schon, Al."

„Und die Bilder wird wirklich keiner sehen? Sie werden nur hier ausgedruckt?", versichere ich mich, während meine Hände sich in seinen Haaren vergraben, als er eine besonders empfindliche Stelle meines Körpers bearbeitet.

„Versprochen", flüstert Harry mir ins Ohr.

Mit fahrigen Händen schiebe ich ihm das Jackett von den Schultern, das achtlos auf den Boden gleitet und knöpfe dann sein Hemd auf, das einen Augenblick später ebenfalls auf den Boden fällt.

Als ich über seinen Bauch fahre, immer weiter nach unten, entweicht ihm ein Stöhnen und er zieht mich näher an sich, in dem Versuch, jeglichen Raum zwischen uns zu zerstören.

„Ich drücke jetzt den Auslöser, okay?" Mit dunklen Augen sieht Harry mich an, bewegt sich jedoch kein Stück, während er auf meine Antwort wartet. Ich habe die Macht, er überlässt mir die Entscheidung, obwohl sein Atem mittlerweile stoßweise geht und ich deutlich die Beule in seiner Hose spüren kann.

„Okay", flüstere ich.

Harrys Lippen saugen sich an meinem Hals fest und ich schließe stöhnend die Augen, während meine Finger sich in seinen Haaren vergraben. Seine Fingerspitzen streicheln über meine Brüste und ich bin so von ihm eingenommen, dass ich den Blitz gar nicht wirklich mitbekomme. Die restlichen Fotos enden ebenfalls nicht weniger unschuldig und als Harry mir schließlich grinsend den Fotostreifen hinhält, sind wir beide völlig außer Atem.

Ich muss schlucken, als ich die Bilder sehe.

„Vielleicht sollte ich die am Buffet aufhängen, denn sie setzen dich wirklich gut in Szene", flüstert er mir ins Ohr.

„Ich hasse dich."

„Tust du nicht." Seine Finger fahren meine Oberschenkel hinauf. „Du liebst mich, Al."

Harrys Lippen finden die meinen, bevor ich protestieren kann. Ein Teil von mir weiß nicht einmal, ob ich es überhaupt will.

Alles, was ich weiß, ist es, dass es das absolute Risiko schlechthin ist, ihn in einem Fotoautomaten immer wieder zu küssen.

Alles, was ich weiß, ist, dass ich es trotzdem tue, weil Harry mein Abenteuer ist und seine Lippen mich Feuer fangen lassen.

Alles, was ich weiß, ist, dass ich nur hoffen kann, dass er mich auffängt, wenn wir jämmerlich verbrennen.

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Ihr Lieben,

Harry und Ally sind nun offiziell ein Paar in der Öffentlichkeit, Fotos gib es auch. Vorbei sind die rosaroten Zeiten und das wirkliche Leben beginnt.

Das Drama kann also kommen ;) Was meint ihr, wird die erste Explosion sein?

Habt ihr eigentlich noch Ferien? Und seit ihr im Sommerurlaub gewesen?

Meine Ferien haben erst diesen Monat begonnen und ich liebe momentan nichts mehr, als mich mit einem guten Buch in den Garten zu setzen. Draußen schreiben kann ich leider gar nicht, aber ich werde mich bemühen, das dann zumindest abends als Routine einzuschieben.

Oh und weil ich seit gestern Taylor Swifts neues Album gehört habe: Mögt ihr es? Was ist euer Lieblingslied von Lover?

Bis zum nächsten Mal.

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