60 - Kugelsichere Nester Pt. I

Kapitel 60 – »Kugelsichere Nester Pt. I«


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»Sleepless nights what the hell am I meant to do
Never thought I'd break, never thought I'd be this way
I can say sorry but that'll never be enough
Feeling like a failure, feeling like I lost your trust

I know it's kinda hard
I know I fucked it from the start
I know it's kinda hard
I know I fucked it from the start

I can't change I can't change
The way I had left you all alone
I don't ever want to see you fall again
I'm not saying, I'm not saying
That I can make it all ok
I'm just wanting you to hear me say
I don't ever want to see you fall«

Blind Love – Awaken I Am

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Fr., 2. Februar 2018

Moonhee


Es war das seltsamste Gefühl seit langem, an dem Sicherheitsmann vorbei an der Schranke ins Wohngebiet »Hannam The Hill« zu gehen. Jimin hatte mich angemeldet, weswegen das Betreten mit meinem Ausweis und einer Unterschrift auf einem Formular absolut kein Problem gewesen war. Nun streifte ich mit unsicheren Blicken durch die Straßen – oder besser gesagt Fußwege – entlang der Villen und Apartment-Komplexe, in denen angeblich so viele koreanische Berühmtheiten wohnten.

Ich hatte absolut keine Ahnung, wie groß das Gelände wirklich war. Die Pfade führten zwischendurch über moderne Treppen mit Glasgeländern, vorbei an vielen Pflanzen, Bäumen und künstlich angelegten Felsgebilden. Es fühlte sich an wie eine ganz andere Welt. Als durchquerte man gerade ein unbezahlbares Ferienresort. Die Tennisplätze, an denen ich auf meinem Weg vorbeikam, verstärkten diesen Eindruck nur.

Wahrscheinlich konnte ich in diesem Augenblick nicht einmal ansatzweise den Prunk dieser Anlage ausmachen, da alles lediglich in das Licht der am Weg entlangführenden Laternen und eingelassenen Lampen in den Grünanlagen beleuchtet wurde. Die Nacht war längst über Seoul hereingebrochen, trotz der frühen Abendstunden. Aber kein Wunder, wir befanden uns immer noch erst am Anfang des Februars.

Durch die Wegebeschilderung fiel es mir letztendlich doch leichter als gedacht, den Wohnkomplex zu finden, in dem sich das Apartment der Jungs befand. Die Eingangstür war zwar sehr modern, doch erinnerte an die eines ganz normalen Mehrfamilienhauses. Mit viel mehr Glasscheiben und Sicherheitskameras, verstand sich.

Ich klingelte bei der Nummer, die Jimin mir über KakaoTalk geschrieben hatte. Es meldete sich keine Stimme über die Sprechanlage, aber ein Summen kündigte mir an, dass sich die Türe nun öffnen ließ. Ich drückte sie auf und trat ein in den in warmes Licht getauchten Eingangsbereich. Cremefarbener Marmor säumte den Boden und die Wände, eine Treppe führte hinauf in die oberen Stockwerke und ein Fahrstuhl wartete direkt gegenüber der Tür darauf, benutzt zu werden.

Er führte mich letztendlich ins 2. Stockwerk. Natürlich hätte ich für diese kleine Höhe auch die Treppen nehmen können, doch das letzte, was ich wollte, war außer Atem vor Jimin aufzukreuzen. Trotzdem raste mein Herz wie wild, als der Lift sich öffnete und mir wieder ein cremefarbener Eingangsbereich entgegenstrahlte. Nur zwei Türen führten in entgegengesetzte Richtungen von dem Flur ab. Eine davon stand offen und eine mir nur allzu bekannte Gestalt lehnte sockig in einem lockeren T-Shirt und sündhaft teuer aussehenden Jogginghosen ihm Rahmen.

»Ich dachte schon, du kommst nicht mehr«, grinste Jimin mich an und fuhr sich obligatorisch durch die Haare.

»Ich habe den Weg unterschätzt«, gab ich etwas verlegen zu. »Die nächste U-Bahn-Haltestelle ist echt ein gutes Stück weg von hier.«

Jimin reckte gespielt hochnäsig den Kopf nach oben und stellte sich mit verschränkten Armen gerade in den Türrahmen. »Tja...die Leute, die hier in dieser Gegend wohnen, nehmen eben nicht die U-Bahn.«

Ich schnaubte, woraufhin er mir ein versöhnliches Lächeln schenkte und mich in einer einladenden Bewegung mit dem Arm in die Wohnung winkte. Sofort begrüßte mich warmes Licht und – welch Wunder – kein riesiger Haufen bunt durcheinandergewürfelter Schuhe. Hatten die Jungs etwa mit dem vielen neuen Stauraum gelernt, wie man Ordnung hielt?!

Jimin ließ mir Zeit, aus meinen Schuhen zu schlüpfen, ehe er mich den Flur entlangführte, der schließlich im Wohnbereich mündete. Rechts lagen ein langer Esstisch und dahinter eine riesige Küche. Geradeaus bildeten zwei Säulen eine Art Trennlinie zum Wohnzimmer, in dem zwei hellbraune Ledercouches vor einem überdimensional großen Flachbildfernseher standen. Die ganze linke Wand war verglast und führte wohl auf einen Balkon, den man durch die zugezogenen Vorhänge aber nicht sehen konnte. Alles in allem dominierten auch hier ein freundliches Cremeweiß, warme Beleuchtung und helle Holzakzente.

»Wow«, sagte ich unwillkürlich, als ich Jimin durch das Esszimmer in Richtung der Küche folgte. »Das ist allerdings ein Upgrade.«

Er grinste verlegen, während er sich hinter die Kochinsel stellte. »Kann man schon sagen...wir wohnen hier aber erst seit Ende letzten Jahres. Möchtest du auch ein bisschen Wein?«

Ich nickte zaghaft, während ich mich weiter umsah. Trotz der großen Größe und den relativ wenigen Einrichtungsstücken, hatten die BTS-Members doch überall ihre kleinen Spuren hinterlassen. Zum Beispiel in Form von kleinen Sammelfiguren, herumliegenden Dokumenten, der ein oder anderen vergessenen Tasse oder schlichtweg dem ganzen Essen, das sich hier und da in der Küche stapelte.

Jimin unterdessen zog zwei Gläser aus einem Schrank heraus und ging darauf an den verglasten Weinkühlschrank, um eine Flasche hervorzuholen. Nachdem er uns beiden auf der Kochinsel etwas eingeschenkt hatte, reichte er mir mit einem Lächeln das Glas und stieß mit mir an.

Es fühlte sich seltsam surreal an. Hier stand ich, im Dorm der wohl gerade bekanntesten Boyband weltweit, und trank mit Park Jimin Weißwein auf einen noch nicht ganz geklärten Streit. Es fühlte sich an wie ein seltsames Kribbeln, das sich über meinen ganzen Körper ausbreitete. Wie ein kurzer Moment, in dem man sich nochmal komplett über die eigene Situation klarwerden musste.

»Also...wie läuft es denn jetzt so im Dorm...wo ihr so viel mehr Platz habt...«, versuchte ich etwas schüchtern eine Konversation mit ihm zu starten.

Jimin sah etwas peinlich berührt zu Boden und scharrte mit den Socken auf den hellen Fliesen. »Nun ja...ich muss zugeben...ich war am Telefon nicht ganz ehrlich zu dir. Aber das ging leider nicht anders, weil fremde Leute in der Nähe waren. Eigentlich wohnen wir nicht alle zusammen in diesem Dorm. Seokjin und Taehyung haben es nie getan. Die beiden haben eigene Apartments gekauft, als es hieß, dass wir hierherziehen. Jins befindet sich fast gegenüber von diesem Haus, er ist also, wenn er will, in drei Minuten bei uns. Tae dagegen wohnt in einem Loft im Samseong-dong in Gangnam. Er schläft trotzdem noch gelegentlich hier oder bei Jin, wenn wir ungünstige Termine haben.«

Ich zog verwundert die Augenbrauen nach oben. »Aber...warum macht ihr da so ein Geheimnis draus? Es ist doch nichts dabei, dass ihr nicht alle hier zusammen wohnt...oder?«

»Doch, eben schon«, seufzte Jimin und bedeutete mir, ihm ins Wohnzimmer zu folgen, wo wir uns auf die Couch setzen konnten. „Vor der Öffentlichkeit müssen wir ein Bild wahren. Die Fans wollen eine Band, die ihnen so etwas wie "Familie" vermittelt. Wenn sie denken würden, dass wir nicht mehr alle zusammenwohnen – so wie wir es immer getan haben – könnte der Eindruck aufkommen, wir stehen uns nicht mehr so nahe. Das wollte die Agentur vermeiden, weswegen eben...nun ja...andere Informationen herausgegeben wurden. Eigentlich ist es Schwachsinn, denn jeder kann ganz einfach herausfinden, dass die Grundrisse der Hannam-Apartments nicht genug Zimmer besitzen. Hobi und ich haben übrigens den Raum da hinten, der hier ans Wohnzimmer anschließt. Sogar mit eigenem Bad, Ankleidezimmer und zwei begehbaren Kleiderschränken.«

Er deutete auf die vermeintliche Tür und grinste mich stolz an. Das Lächeln verblasste jedoch wieder ein wenig, als ich es nicht erwiderte. Dafür hatte mich die vorherige Aussage von ihm zu sehr geschockt.

Letztendlich hatte ich vielleicht nicht genug Wissen über die K-Pop-Industrie, um das alles immer richtig einschätzen zu können. Ich hatte viel Ahnung über das Trainee-Dasein sammeln können, da es in meiner Jugend allgegenwärtig gewesen war. Die Branche an sich jedoch hatte ich nie wirklich an mich ranlassen können. Dass Jimin so locker über die Tatsache redete, dass sie die Öffentlichkeit über etwas so Banales wie ihre teilweise getrennten Wohnverhältnisse belügen mussten, erschreckte mich irgendwie. Inwiefern mussten sie noch lügen und sich verstellen, um es der breiten Masse recht zu machen? Und wie egal war das der Band wirklich? Fragen über Fragen...die ich Jimin in diesem Moment eigentlich nicht stellen wollte.

»Wieso...haben du und Hoseok euch nicht auch noch aufgeteilt?«, fragte ich stattdessen und zwang mich zu einer gelasseneren Miene. »Wenn Jin hier noch ein Apartment hat, hätte man doch bestimmt dort noch ein Zimmer abdrücken können, oder?«

»Ach, weißt du«, begann Jimin und nahm einen Schluck von seinem Wein. »Jin hat schon sehr lange den Wunsch gehabt, endlich alleine zu wohnen. Da wollte ihm keiner von uns einen Stein in den Weg legen. Und Hobi plant eh schon seit einer Weile, sich ebenfalls was Eigenes zu suchen und dann zwischen hier und dort zu pendeln. Aber irgendwie ist er einfach lieber in Gesellschaft. Und uns stört es wirklich nicht, ein Zimmer zu teilen. Momentan ist jeder eigentlich ziemlich zufrieden, so wie es momentan ist.«

Er wirkte aufrichtig bei diesen Worten und es nahm mir ein wenig die Zweifel daran, dass er es nicht doch nur sagte, weil er es selbst von sich erwartete. Offensichtlich schien er wirklich kein Problem damit zu haben, in seinen Mittzwanzigern als wahrscheinlicher Multimillionär noch ein Zimmer mit seinem Bandkollegen zu teilen. Ganz wie bei Yoongi und unserem Gespräch über das Yoojung Sikdang kam wieder dieses wohlige Gefühl in mir auf, dass sich wohl doch nicht so viel bei den Jungs geändert hatte. Sie gaben sich in vielen Punkten immer noch mit dem zufrieden, was sie hatten. Waren genügsam, obwohl sie es längst nicht mehr sein müssten.

»Das ist schön«, gab ich schließlich ehrlich zu und genehmigte mir auch endlich einen weiteren kleinen Schluck.

Jimin lächelte und betrachtete verträumt sein eigenes Glas. »Du bist seit langem die erste außenstehende Person, die wir in den Dorm eingeladen haben, wusstest du das?«

»Nein...wusste ich nicht.«

»Gut, dann weißt du es jetzt...Wir haben nicht allzu viel Zeit, um Leute hier her einzuladen. Dieser Abend heute ist auch mehr eine Seltenheit als die Regel. Also dass keiner sonst da ist, meine ich.«

Ich starrte auf meine Knie, während sich meine Finger fester um mein Glas krallten. »Und dann willst du ernsthaft die Zeit nutzen, um sie mit...mit mir zu verbringen?«

Ich wusste, ich konnte ein Gespräch über das Geschehene nicht noch viel länger herauszögern. Egal worüber wir redeten, irgendeine Mauer blieb zwischen uns bestehen. Es war lange nicht so locker und einfach wie zwischen Yoongi und mir. Und ich wollte das ändern. Länger mit Jimin hier dieses Wippenspiel zu führen, würde mich nur unnötig verrückt machen.

»Hätte mir das jemand vor einer Woche gesagt, hätte ich denjenigen um ehrlich zu sein ausgelacht", erwiderte Jimin und fuhr sich verlegen lächelnd durch die Haare. „Aber ich bereue die Einladung nicht. Es hat sich irgendwie so gut angefühlt, dich das zu fragen, nachdem wir am Sonntag zum ersten Mal wieder miteinander geredet haben...«

Ich starrte ihn lange an, während er meinem Blick gekonnt auswich. Mich beschlich das leise Gefühl, dass es wohl nun an mir lag, das ganze Thema erneut auf den Tisch zu bringen. Letztendlich war ja auch ich diejenige, die etwas richtigzustellen hatte. Leider zehrte sich alles in mir danach, genau dies nicht zu tun. Doch ich musste mich nun überwinden. Ich musste es tun, wenn ich wollte, dass Jimin und ich wieder ohne diese Mauern zwischen uns miteinander reden konnten.

»Ich war damals absolut am Boden zerstört, als du mich hast abblitzen lassen«, begann ich schließlich mit leiser Stimme. »Zu diesem...Verhältnis mit Yoongi ist es nur gekommen, weil ich mich auf dieser Party damals komplett abgeschossen habe. Und von da an habe ich darin irgendwie...die Zuneigung gefunden, die ich zu dieser Zeit eigentlich so sehr wollte. Es war vielleicht eine der dümmsten und naivsten Dinge, auf die ich mich je eingelassen habe. Ich wusste das und habe es trotzdem weiterlaufen lassen. Aber ich bin jeden Abend ins Bett gegangen und da warst dann trotzdem nur du in meinem Kopf. Der Tag, an dem du uns erwischt hast...Ich weiß ehrlich nicht, was da mit mir los war. Ich habe an diesem Abend mein Gehirn einfach ausgeschaltet. Ich dachte, wenn ich das mit Yoongi nicht Gesicht zu Gesicht beende, würde ich ihn verletzen. Wir haben unsere letzte Zigarette geraucht. Und plötzlich dachte ich, es wäre auch okay, einen letzten Kuss zu haben. Und dann...hat eins zum anderen geführt...«

Mein Gesicht brannte heiß und ich schaffte es ab diesem Punkt nicht mehr, auch nur ansatzweise in Jimins Richtung zu sehen. Nun hatte ich es endlich ausgesprochen. Und seltsamerweise fühlte es sich plötzlich so an, als wäre es wirklich erst gestern gewesen. Das machte das Ganze nur noch unangenehmer.

Als Jimin sekundenlang nichts sagte, wagte ich es mit all meiner Kraft, den Kopf zu heben. Er saß da wie versteinert und starrte das Glas an, das er mit beiden Händen zwischen seinen leicht geöffneten Beinen hielt. Bei seinem Anblick stieg leichte Panik in mir auf. Angst, er könnte sich von der Couch erheben und mich bitten, wieder zu gehen, weil er es sich doch anders überlegt hatte. Und mir schossen wieder seine Worte von letztem Sonntag durch den Kopf.

»Ich dachte einfach, dass...Ich fand das einfach nicht okay, dass du und Yoongi...Immerhin ist er quasi mein Bruder...Ich dachte, du würdest ihn nur ausnutzen...Und irgendwie hast du das ja auch, oder?«

Ich fragte mich immer noch, wie viel Gewicht ich auf diese Aussage legen konnte. Er hatte es so klingen lassen, als hätten seine Gefühle für mich absolut keine Rolle gespielt. Als wäre es nur darum gegangen, dass ich Yoongi benutzte. Aber das entsprach absolut nicht dem, was er mir damals an den Kopf geworfen hatte. Wollte er mir damit wirklich sagen, seine Gefühle für mich hätten nie existiert? Oder versuchte er es nur zu verdrängen, genau wie ich es auch sehr lange getan hatte?

»Ich habe dich betrogen, Jimin«, wisperte ich leise, wobei die Worte mir ohne großes Nachdenken über die Lippen stolperten. »Ich habe mich absolut scheiße verhalten und alles kaputt gemacht. Ich habe nicht auf dich gewartet, wie ich es dir versprochen habe. Und das ist eine Sache, die ich mir niemals in meinem Leben verzeihen werde.«

Er hob den Blick und sah mich aus seinen braunen Rehaugen an. Die Traurigkeit, die in ihnen lag, versetzte mir einen heftigen Stich ins Herz, doch ich schluckte die in mir aufkommenden Tränen herunter. Ich würde ihm das nicht nochmal antun. Ich war nicht in der Position, getröstet zu werden. Aber wenn ich weinte, würde er sich vielleicht dazu gezwungen fühlen, weil er eben so war. So gut konnte ich ihn inzwischen einschätzen.

»Ich habe es dir letztes Mal schon gesagt und ich sage es dir wieder«, zwang ich mich mit bebender Stimme fortzufahren, während ich ihm in die Augen sah. »Ich werde dich nicht bitten, mir zu verzeihen, denn ich kann es nicht von dir erwarten. Alles, was ich tun kann, ist dir zu sagen, wie unsagbar leid mir das alles tut.«

Das vor ihm auszusprechen, ohne dabei endgültig loszuheulen, hatte mich all meine Kraft gekostet. Ein »Wenn ich es rückgängig machen könnte, würde ich es tun« lag mir noch auf der Zunge, doch irgendwie verschluckte ich es wieder und sah stattdessen erneut betreten zu Boden. Jimins Blick – das spürte ich genau – blieb weiter auf mir ruhen.

Die Sekunden zogen sich wieder wie Stunden, in denen die Stille das große Wohnzimmer beherrschte. Nur wenn man sich ganz stark konzentrierte, konnte man die fernen Geräusche der Stadt hören. Die Autos, die über die Straßen rauschten. Das Rascheln, das neben mir von der Couch kam, gehörte definitiv nicht dazu. Es jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken, denn es klang nicht wie die Art von Rascheln, die man hörte, wenn sich jemand von einem entfernte.

Meine Hände zitterten, als ich den Kopf wieder hob. Jimin war nähergekommen. Noch ein Stück und unsere Schenkel würden sich berühren. Seine hellbraunen Haare fielen ihm über die Stirn, doch zum ersten Mal machte er keine Anstalten, sie mit seinen Fingern nach hinten zu streichen. Seine Aufmerksamkeit galt einzig und alleine mir. Dabei sah sein Gesicht so ungewohnt ernst und undurchdringlich aus. Seine Lippen immer noch perfekt wie eine zarte, frisch erblühte Knospe.

»Jebi?«, sagte er leise und mit so einer Vorsicht in der Stimme, als würde er sich plötzlich die Frage stellen, ob es überhaupt okay war, dass er mich noch so nannte.

»Ja?«, wisperte ich zurück.

Seine Hand. Sie bahnte sich plötzlich ihren Weg zu meiner. Ganz sanft strichen seine Finger über mein Handgelenk und tasteten sich vor bis zwischen die meinen. Seine Berührung ließ mich fast zusammenzucken und vernebelte mir für einen kurzen Moment die Sicht. Geschah das gerade wirklich?!

»Ich...«, begann Jimin, während seine Hand sich zaghaft endgültig mit meiner vereinte. »...Ich...hab mir lange eingeredet, dass ich dich hassen würde, aber...so ist es nun einmal nicht. Nicht einmal, als ich dich damals...mit Yoongi gesehen habe.«

Er fesselte mich mit seinen braunen Augen und grub seine Finger fester zwischen die meinen. Sein Blick war so unergründlich und schien dabei jedes noch so kleine Detail meines Gesichts zu studieren. Als wollte er jede noch so kleine Reaktion erfassen, die ich auf seine Worte zeigte. Ob er bemerkte, wie ich dadurch nur einmal mehr zerfloss? Als wäre er die Flamme und ich das Wachs?

»Ich will dich nicht nochmal verlieren, Moon-ah«, platzte es plötzlich sehr viel emotionaler aus ihm heraus. »Wirklich nicht! Und wenn du mir versprichst, dass du mich niemals wieder anlügst, dann werde ich dir auch verzeihen.«

Mein Atem rasselte, als ich zu der Antwort ausholte, über die ich keine Sekunde nachdenken musste.

»Ich verspreche es dir. Indianerehrenwort.«

Darauf ließ ich meine Hand aus seiner gleiten und verhakte lediglich unsere beiden kleinen Finger mit einander. Und das selige Grinsen, das darauf Jimins schöne Zähne entblößte, hätte mich am liebsten vor Freude in Tränen ausbrechen lassen.

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