45 - Yoojung Sikdang
Kapitel 45 – »Yoojung Sikdang«
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»Make me believe again
In some kind of faith
Help me to see again
Before it's too late
'Cause forever is never
That far away«
Make Me Believe Again – Nickelback
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So., 28. Januar 2018
Moonhee
Das Gespräch mit Yoongi hatte mich als einziges Nervenbündel zurückgelassen. Vielleicht, weil ich nun wusste, dass einer der berühmtesten Männer Südkoreas und vielleicht sogar der ganzen Welt angeblich doch noch auf mich stand. Dass er seine Gefühle mit Wut und Trotz verdecken zu versuchte, wie Yoongi es mir erklärt hatte. Wo wir auch schon zum nächsten Punkt kamen: Ein weiterer der berühmtesten Männer Südkoreas und vielleicht sogar der ganzen Welt wollte wieder mit mir befreundet sein. Eigentlich genug Aufregung für ein ganzes Leben. Da half es nicht wirklich, sich daran zu erinnern, dass es sich immer noch um die gleichen Menschen handelte, wie vor vier Jahren.
Das Problem war, dass Yoongi die Sache mit Jimin nie angesprochen hätte, wäre es ihm nicht wirklich wichtig gewesen. Er hätte es auch einfach lassen können. Und trotzdem hatte er mir von ihrem Streit erzählt, indem Jimin mich bis zum Mond verflucht hatte. Etwas, das er laut Yoongi nicht tun würde, wäre es ihm nicht noch unheimlich wichtig.
»Ich weiß, dass er innerlich darauf brennt, alles ins Reine zu bringen. Dinge, die er damals gesagt und getan hat, rückgängig zu machen«, hallten mir seine Worte im Kopf. »Manchmal merkt man erst, was man hatte, wenn es dann weg ist. Und die Tatsache, dass ihm das bis heute nachgeht, spricht für sich.«
Es sprach eigentlich nur wieder für Yoongis unglaubliche Menschenkenntnis und sein unterschwelliges Bedürfnis, sich um jeden zu kümmern. Anders konnte ich es mir nicht erklären. Ich wusste nicht, wie viel Bedeutung ich seiner Aussage beisetzen sollte. Ich wusste vor allem nicht, ob es schlau war, sich Jimin noch einmal auf weniger als zehn Meter Abstand zu nähern. Und doch brannte da etwas in mir. Ein Teil, der eben genau das tun wollte. Jeden Zentimeter zwischen uns vernichten. Auch, wenn es vielleicht meinen eigenen Tod bedeutete.
Leider schien das Schicksal mir in diesem Punkt nicht wirklich gut gesonnen zu sein. Denn da lag Yoongis Jacke auf meinem Bett, die ich nun schon seit gefühlt einer halben Stunde böse anstarrte. Wahrscheinlich war es ein abgekartetes Spiel gewesen, dass er mir die gestern für den Nachhauseweg gegeben hatte. Nun musste ich sie ihm irgendwie zurückgeben. Der Junge war zu schlau.
Vielleicht würde sie von alleine zu ihm zurückfliegen, wenn ich sie nur lange genug mit Blicken erdolchte. Aber nein. Der hochwertige schwarze Mantel rührte sich keinen Zentimeter. Und wenn ich zu nahe an ihn herantrat, konnte ich Yoongis Geruch daran riechen. Er hatte sich kein bisschen verändert über die Jahre. Kaum Parfum. Mehr seine angenehm herbe eigene Note und Männershampoo.
Ich seufzte schwer, als ich widerwillig mein Handy aus der Tasche zog und seinen Chat aufrief. Er hatte ein Foto von sich vor der Kulisse Singapurs als Profilbild, bei dem man nichts als seine Silhouette vor dem nächtlichen Lichtermeer erkennen konnte. Wahrscheinlich geschossen in einem dieser unbezahlbaren Hotels.
Gestern Abend hatte ich ihm schon geschrieben, dass ich ihm die Jacke vorbeibringen würde. So, wie er es wahrscheinlich geplant hatte. Ich hatte es schon mit dem Gedanken im Kopf abgeschickt, dass er es praktisch legen würde. So, dass er mich vielleicht noch zum Essen entführen konnte. So war Yoongi. Indirekt aber gewieft. Er wusste genau, dass ich ungern den ersten Schritt machte und half dem ganzen auf seine Weise auf die Sprünge.
Seine Antwort war relativ schnell danach gekommen. Er hatte vorgeschlagen, dass ich, wenn es mir passte, beim BigHit-Building vorbeikommen könnte. Wenn ich heute zufällig mal in der Nähe war. Lustig, dass es sich in Gangnam befand. Genau dem gleichen Stadtteil, in dem ich wohnte. Theoretisch war ich immer in der Nähe.
Okay, ich musste zugeben...ein wenig freute ich mich schon über die Tatsache, eine Ausrede zu haben, Yoongi wiederzusehen. Ja, ich hatte ihm zugesichert, dass wir versuchen konnten, erneut sowas wie eine Freundschaft aufzubauen. So, wie es den Umständen entsprechend eben funktionierte. Und ich hatte ihm auch versprochen, irgendwie zu versuchen, mich mit Jimin zu versöhnen. Aber im Normalfall wäre das genau folgendermaßen gelaufen: Ich hätte es nicht übers Herz gebracht, mich bei Yoongi zu melden oder ihn um ein Treffen auf einen weiteren Kaffee zu bitten. Ich hätte mich schlichtweg einfach nicht getraut.
Mit klopfendem Herzen schrieb ich in den Chat mit ihm, dass ich mich nun auf den Weg machen würde, um ihm den Mantel zu bringen. Danach ließ ich das Handy in meine eigene Jacke gleiten, die ich gleich darauf überzog.
Das Problem an der Sache nun? Ganz sicher befanden sich auch die restlichen BTS-Members heute auf der Arbeit. Ich brauchte mir ganz sicher keine Hoffnungen machen, dass sie heute einen Chill-Out-Sunday genießen konnten, wie der Großteil der normalsterblichen Bevölkerung. Wenn sie mal freie Tage hatten, takteten die sich bestimmt nicht nach den Wochenenden, sondern so, wie es eben am ehesten in den strengen Zeitplan passte.
Ich atmete tief durch und machte einen Schritt auf den Mantel zu. Da war er wieder, Yoongis Geruch. Ich würde ihn jetzt wohl für eine Weile ertragen müssen. Ich konnte ihn nicht länger hierbehalten als nötig. Zumindest redete ich mir das die ganze Zeit ein. Vielleicht nahm ich es eher als Grund, meinen alten Freund so schnell wie möglich wieder zu sehen.
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Das BitHit-Gebäude erhob sich vor mir wie ein vornehm grauer Riese. Eigentlich sah es relativ unspektakulär aus. Jedenfalls nicht nach etwas, das eine dermaßen berühmte Boyband beherbergte. Die Fassade glänzte im Sonnenlicht leicht beige und die Fenster reflektierten in einem intensiven Blau. Überall fanden sich minimalistische Goldakzente, die dem ganzen eher einen altmodischen als modernen Touch verliehen. Ebenfalls Gold waren die Hangul-Lettern, in denen Yangjin-Plaza über dem Eingang geschrieben stand.
Ich wusste, dass BigHits alte Räumlichkeiten sich auch hier irgendwo in der Nähe befunden hatten, jedoch war das Unternehmen letztes Jahr in ein größeres Gebäude gezogen. Eines, in dem sie nicht nur ein Stockwerk besetzten und jeder der BTS-Rapper sein eigenes Studio bekommen hatte. Zumindest hatte Yoongi mir das bei unserem Kaffee erzählt.
Ein paar offensichtliche Angestellte standen an einer kleinen Mauer vor dem Gebäude und rauchten. Weiter rechts stand eine Gruppe junger Frauen und schoss diskret ein paar Fotos der Außenfassade. Die Raucher schienen sich keineswegs daran zu stören, dass sie mit auf den Bildern landeten.
Ich atmete tief durch, als ich mit einem kurzen Blick nach links und rechts über die Straße und gleich darauf auf die elektronische Glastür des Gebäudes zu ging, Yoongis Mantel dabei fest an meine Brust gepresst. Die Türen glitten mit einem leisen Geräusch auseinander und eröffneten mir den Blick auf den sterilen Eingangsbereich. Alles war in einem marmorartigen Weiß gehalten und wirkte um einiges moderner, als die Fassade vermuten ließ. Der Name des Unternehmens stand in riesigen schwarzen Lettern an der Wand, gleich neben der Empfangstheke, an der eine schick gekleidete Dame gerade ein paar Unterlagen sichtete.
Ich wollte gerade schon zielstrebig auf sie zulaufen, als mir eine tellergroße Hand wie aus dem Nichts den Weg versperrte. Erschrocken schwenkte ich meinen Blick nach rechts, nur um mich im Schatten eines Bergs von Mann zu sehen, der mit dunklen Augen auf mich herabfunkelte. Er trug einen schwarzen Anzug, auf dem ein goldenes Schild mit der Beschriftung »Security« angebracht war. Klar, wieso hatte ich auch jemals gedacht, man könnte hier einfach so reinspazieren?
»Haben Sie einen Termin im Haus?«, fragte der Kerl mich mit scharfer Stimme.
»Ich...ich denke, ich habe einen«, stotterte ich zurück.
»Können Sie eine Bestätigung vorzeigen?«
»Nun ja...die Person, die ich treffen will, weiß Bescheid, alsooo...«
»Der Name dieser Person?«
»Min...Min Yoongi.«
Schon bevor ich den Mund überhaupt aufgemacht hatte, wusste ich schon, dass es nicht bringen würde. Wahrscheinlich hielt er mich für einen dieser durchgeknallten Fans und dummerweise musste er dafür bestimmt auch genug Gründe zu haben. Ich wollte nicht wissen, wie oft hier irgendwelche Mädchen einfach reinspaziert kamen und mit vagen Ausreden versuchten, den BTS-Mitgliedern auf irgendeine Weise näher zu kommen.
»Würde besagte Person Sie wirklich erwarten, wäre sie so frei gewesen, dies auch anzumelden«, entgegnete mir der Mann kalt.
Ich zog entrüstet die Stirn kraus. War die Rezeption, an der die Dame immer noch in einem Stapel Papiere herumwühlte, hier etwa nur zur Zierde? Woher wollte er bitte wissen, ob ich die Wahrheit sagte oder nicht?
»Aber Sie haben doch nicht einmal nachgeschaut, ob er es getan hat!«, fuhr ich ihn an.
Der Mann schnaubte. »Haben Sie eigentlich eine Ahnung, wie oft ich diese Diskussion am Tag führe?! Sie sind ganz sicher nicht die Erste, die behauptet, von der Band höchstpersönlich eingeladen worden zu sein. Nicht einmal die Erste heute! Also verschwinden Sie, bevor ich Ihnen dabei behilflich werde!«
Ab diesem Punkt reichte es mir. Ich zog trotzig mein Handy hervor, ging mit zittrigen Fingern auf meine Kontakte und suchte nach Yoongis Namen, um ihn anzurufen. Während ich still vor mich hin betete, dass er abnahm, hielt ich tapfer dem bösen Blick des Securitys stand. Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer, als das Tuten aufhörte und ein Rascheln hörbar wurde.
»Moon-ah?«, begrüßte mich Yoongis tiefe Stimme. »Was gibt's?«
»Eure Torwache lässt mich nicht rein, weil du Scherzbold mich angeblich nicht angemeldet hast.«
Ein leises Lachen am anderen Ende der Leitung, während der Typ direkt vor mir nur genervt die Augenbrauen hochzog.
»Warte einen Moment, ich hol dich ab.«
Ohne ein Danke abzuwarten legte Yoongi auf und ich sah mich wieder mit dem Security konfrontiert.
»Er kommt«, war alles, was ich ihm in kühlem Ton entgegenschleuderte.
»Schön«, schnaubte er und verschränkte die bulligen Arme vor der Brust. »Wenn er in fünf Minuten nicht da ist, werde ich Sie wohl oder übel nach draußen begleiten müssen.«
Eine unangenehme Stille entstand, in der ich mich dazu zwang, mir nicht anmerken zu lassen, wie oft ich zum Aufzug schielte. Dieses Gebäude war groß genug, um die Sorge aufzuwerfen, dass ein für gewöhnlich sehr gemütlich schlurfender Yoongi mehr als fünf Minuten brauchte, um hier zu sein. Und mit einem Schlag wurden mir die Worte des Rappers erst richtig bewusst. Er wollte nicht den Mantel abholen. Er wollte mich abholen. Das hieß dann wohl wirklich, dass das hier nicht nur ein kurzer Austausch werden würde. Taten wir mal lieber so, als hätte ich das nicht schon von vornherein befürchtet.
Unterdessen erdolchte mich der Sicherheitsbeamte mit einem abschätzigen Blick von oben. Offenbar hielt er es für unvorstellbar, dass ich tatsächlich gerade mit Suga von BTS telefoniert hatte. Vielleicht dachte er, ich würde erwarten, dass er durch »meinen Bluff« doch nachgeben würde und genoss nun sichtlich die Tatsache, dass er sich nicht so reinlegen ließ.
Ein Glück brauchte Yoongi tatsächlich nur 3 Minuten. Mein Herz raste, als die Fahrstuhltüren sich öffneten und seine schmächtige Gestalt in die Eingangshalle trat. Er trug einen schwarzen Oversize-Pullover mit dem Aufdruck »Stussy Tokyo« und eine ebenfalls schwarze Jeans mit knöchelhohen Oldskool-Vans. Er sah gut aus wie eh und je.
Genugtuung stieg in mir auf, als sich die Augen des Security-Manns bei seinem Anblick ein wenig weiteten. Kurz sah er von Yoongi zu mir und wieder zurück, dann ließ er mich mit einer letzten abschätzigen Musterung von oben bis unten endlich an ihm vorbei treten.
Yoongis Blick war eindeutig amüsiert, als er mich kurz zur Begrüßung umarmte und mit einem kurzen Nicken zurück zum Lift geleitete. Ich betete, dass er dabei nicht bemerkt hatte, wie schnell mein Herz immer noch schlug.
»Eure Sicherheitsleute nehmen ihren Job ja verdammt ernst«, murmelte ich, als sich die Fahrstuhltüren hinter uns geschlossen hatten. Hauptsache, um irgendwas gesagt zu haben und mich selbst ein wenig zu beruhigen. Warum flashte mich seine Anwesenheit bei unserem dritten Wiedersehen immer noch so?!
Ich sah in der Spiegelung an der Wand, dass Yoongi schmunzelte. »Naja...ich habe deine Nachricht gerade erst gelesen, nachdem du angerufen hast. Deswegen habe ich dich auch nicht unten angekündigt.«
»So beschäftigt gewesen?«
»So vertieft wohl eher. Wir arbeiten schon am neuen Album für Mitte des Jahres.«
Der Fahrstuhl erreichte den 3. Stock und öffnete mit einer kurzen Ansage und einem Pling seine Türen. Der Flur, der sich vor uns erstreckte, war genauso weiß wie auch schon die Eingangshalle. In schwarzen Lettern standen mit Pfeilen verschiedene Räume ausgeschrieben und manche Ecken wurden von grellgrünen Pflanzen in modernen schwarzen Bottichen geschmückt.
»Die anderen sind heute auch hier«, sagte Yoongi und musterte mich dabei von der Seite, als wollte er nur meine Reaktion darauf testen.
»Toll«, murmelte ich und zwang mich zu einem Lächeln. Warum zum Teufel hatte ich ihm nicht einfach den Mantel in die Hand gedrückt und war auf der Stelle wieder verschwunden?! Ah ja richtig. Weil ich es liebte, mich selbst in verdammt unangenehme Situationen zu werfen!
»Sie wissen nicht, dass du da bist«, fuhr der Rapper fort, ohne den Blick dabei von mir abzulassen, während er mich weiter den Flur entlangführte. »Wenn du willst, kann das auch so bleiben.«
»Wie lang willst du mich denn hier drin einsperren?«, fragte ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen und dem Hauch eines Lächelns.
Yoongi zuckte mit zusammengepressten Lippen fast schon gleichgültig mit den Schultern, nur um mich kurz darauf frech anzuschmunzeln. »Wird ja wohl einen Grund haben, dass du keine Sekunde warten konntest, hier aufzukreuzen. Da muss ich dir ja mindestens ein bisschen von meiner raren Zeit bieten. Und vielleicht ein Abendessen.«
»Ach ja?«, erwiderte ich mit gespielt skeptischer Miene, obwohl mein Inneres vor Freude Purzelbäume schlug. »Was gibt's denn zum Essen? Dein berühmtes angebranntes Japchae?«
»Pah«, stieß Yoongi hervor und rammte mich für die Erinnerung an sein einziges Küchenmalheur leicht von der Seite. Seine plötzliche Berührung machte mich auf eine seltsame Weise aufgeregt.
»Weißt du«, fuhr er fort, nachdem ich mich ein Glück wieder einigermaßen gefasst hatte. »Inzwischen koche ich nicht mehr selbst. Ich lass mich bekochen.«
Ich zog die Augenbrauen hoch, als wir gerade vor einer weißen Tür mit Milchglasfenster und einem elektronischen Schloss Halt machten. »So nennt man das Bestellen beim Lieferservice heute also? Sich bekochen lassen?«
Yoongi schnaubte und schüttelte mit einem kaum merklichen Lächeln den Kopf, während er kein Geheimnis daraus machte, den Code vor mir einzutippen. »Du bist genauso rotzfrech wie früher. Und ich dachte, du wärst inzwischen erwachsener geworden.«
»Und ich dachte, wenn ihr alle zusammenlegt, müsstet ihr euch längst einen Privatkoch leisten können«, feuerte ich zurück, während er mir die Tür zu seinem Studio öffnete.
Der Rapper verdrehte die Augen. »Wir bevorzugen das Grillfleisch von dem kleinen Restaurant zwei Blocks von hier, danke.«
»Das Yoojung Sikdang?!«
Es war mir herausgerutscht, ohne dass ich es aufhalten hatte können. Ich war so überrascht über sein darauffolgendes Nicken, dass ich total vergaß, mich einmal in seinem Studio umzusehen. Sie aßen tatsächlich noch den günstigen Fraß dieses kleinen Barbecue-Restaurants? Das, das sie auch einige Male mit mir in ihrer Pre-Debut-Zeit besucht hatten? Ich hätte darauf gewettet, dass es längst nicht mehr existierte! Genauso, wie ich darauf gewettet hätte, dass die Jungs von BTS sich inzwischen wesentlich exquisitere Speisen liefern lassen würden.
»Aber«, presste ich hervor, als ich die in mir aufploppenden Erinnerungen an die günstigen, aber doch ziemlich guten Mahlzeiten des Yoojung Sikdangs wieder verscheucht hatte, »machen die nicht hauptsächlich...naja...Barbecue? Vor Ort, meine ich.«
Yoongi ließ sich auf seinem Stuhl nieder, während ich immer noch wie angewurzelt mitten in dem kleinen Raum stand, der mich gerade nicht weniger hätte interessieren können.
»Sie haben das ganze Restaurant mit Postern von uns beklebt und sie machen eine Menge Geld durch die vielen Fans, die kommen, um dort zu essen. Im Gegenzug bereiten sie uns gerne Essen vor, das sie uns dann vorbeibringen. Es ist natürlich nicht das gleiche, wie frisch vom Tischgrill...aber wir haben ohnehin kaum noch Zeit für sowas. Und in Restaurants können wir uns auch nicht mehr so einfach setzten. Also ist das das Beste, was wir haben können.«
Ich musste ein bisschen schlucken. Sie aßen wirklich noch bei dieser kleinen, heruntergekommenen Bude in der Seitenstraße ein paar Blocks von hier. Obwohl es eine gewisse Freude und Nostalgie in mir hervorrief, machte es mich auch ein wenig traurig. Ob sie sich je wieder einmal wie normale Menschen auf die Böden vor den Zatakus des kleinen Ladens setzen würden? Ihre Schuhe zu den anderen an der Tür stellen? So wie wir es damals getan hatten?
Yoongi jedenfalls schien diese ganze Sache nicht so tragisch zu sehen. Er wirkte eher noch belustigter über meinen fassungslosen Gesichtsausdruck und die Sprachlosigkeit, die er mit seiner Erzählung bei mir verursacht hatte.
»Jetzt schau nicht wie so ein Fisch«, gluckste er. »Ich weiß genau, dass dir das auch lieber ist, als irgend so ein 5-Sterne-Fraß oder ein Privatkoch. An manchen Erinnerungen hält man eben fest. Und das Yoojung Sikdang gehört für mich da eindeutig dazu.«
Er warf mir dabei einen Blick zu, der mir ein seltsames Magengefühl gab. Ob es wohl der langsam aufkommende Hunger war...oder das Gefühl, dass es offensichtlich noch etwas gab, an dem er – ohne es je zu zeigen – über all die Jahre festgehalten hatte...?
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