19 | In flames

»He looks at her like he just realized what love is.«

Ada betrat die Bar und sah sich suchend um. Das gedimmte Licht gab dem Raum mit den massiven Holzmöbeln eine angenehme Atmosphäre, in welcher sie sich sofort wohlfühlte.

Lucas, der Besitzer, stand hinter dem Tresen und unterhielt sich mit einigen Männern. Er wirkte so lebensfroh und aufgeweckt wie immer. Es wunderte Ada nicht, dass die Bar so gut lief. Lucas war einer der nettesten und witzigsten Personen, die sie kannte.

Sie ließ ihren Blick weiterschweifen und entdeckte ihre Freundin Brianna, die bereits an einem Tisch saß und ihr zuwinkte. Mit schnellen Schritten war sie bei ihr und setzte sich auf den freien Stuhl.

„Hey, sorry für die Verspätung! Meine Bahn ist leider ausgefallen", erklärte sie sich. Ada selbst waren Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit sehr wichtig, weshalb es ihr unangenehm war, wenn sie dem nicht nachkommen konnte – ganz egal, ob äußere Einflüsse daran schuld waren oder nicht.

Doch Brianna schüttelte nur den Kopf, wobei sich ihre Locken ebenfalls bewegten. „Mach dir keine Sorgen. Ich bin nur froh, dass ich pünktlich gekommen bin, sonst wüsste ich nicht, ob wir einen Platz bekommen hätte. Diese eine Frau dort drüben", flüsterte sie und deutete mit dem Finger auf jemanden hinter sich, „hätte sich beinahe mit mir um den Tisch geprügelt."

Ada, die wusste, dass ihre Freundin einen Hang zum Übertreiben hatte, grinste. Aber sie hatte Recht: Die Bar war heute wieder brechend voll.

Briannas Blick wanderte zu der kleinen Bühne, auf der Nylah, Reece, Nathan und Ewan bereits standen und alle Instrumente und Verstärker zu überprüfen schienen.

„Ich bin echt gespannt, was die draufhaben", überlegte Brianna und musterte die Band kritisch.

„Ich auch", murmelte sie. Obwohl Ada selbst heute gar keinen Auftritt hatte, war sie dennoch angespannt. Vermutlich lag das daran, dass Reece ihr damals auf dem Balkon gesagt hatte, wie nervös er selbst auf der Bühne war. Und auch Nylah hatte heute alles andere als sorglos gewirkt. Sie fühlte mit den beiden mit.

„Und die mit den schwarzen Haaren wohnt jetzt bei euch in der WG, oder?", erkundigte sich Brianna mit einem Blick auf Nylah. Sie sah fantastisch aus in dem kurzen, schwarzen Top und der enganliegenden Jeans.

Ada nickte bestätigend. „Ja, sie heißt Nylah."

„Kommst du mit ihr klar?", fragte ihr gegenüber weiter.

„Ja, definitiv! Sie ist super lieb, es ist kaum möglich, sie nicht zu mögen."

„Und wie sieht es zwischen ihr und Daphne aus?" Mit dieser Frage hatte Brianna ins Schwarze getroffen, was wohl an Adas zerknirschtem Gesichtsausdruck abzulesen war.

„Ohje, so schlimm?", schlussfolgerte Brianna und zog die Stirn in Falten. Ada seufzte tief.

„Es liegt nicht an Nylah, sie hat sich alle Mühe gegeben. Aber Daphne... du kennst sie ja. Ihr geht es wegen dem Studium und ich glaube auch wegen ihrem Exfreund, obwohl sie ihn seit der Trennung nicht mehr erwähnt hat, nicht wirklich gut. Und irgendwie lässt sie das alles an Nylah aus."

Brianna schnaubte. „Hast du mit ihr geredet?"

Ada nickte. „Ich habe ihr gesagt, dass ich das absolut nicht in Ordnung finde, aber ich weiß nicht, wie viel davon angekommen ist", sie zuckte hilflos mit den Schultern, „es ist einfach eine super unangenehme Situation in der WG."

Ada fühlte sich allein bei dem Gedanken schuldig, aber sie war froh, dass Daphne heute nicht mitgekommen war. Die Brünette und sie waren eigentlich schon immer sehr gut befreundet gewesen, obwohl, oder vielleicht gerade weil, sie so gegensätzlich waren. Und es brach ihr das Herz dabei zuzusehen, wie Daphne sich entwickelte. Sie hatte ihr schon mehrmals ihre Hilfe angeboten und das Gespräch gesucht. Doch alle Versuche wurden abgeblockt und langsam war Ada am Ende mit ihrem Latein.

„Sorry, ich wollte deine Stimmung nicht versauen", entschuldigte sich Brianna bei ihr und sah sie zerknirscht an. Sie versuchte sich an einem Lächeln.

„Halb so wild, ich bin mir sicher, dass sich alles wieder einrenkt", redete sie sich ein, was ihre Freundin mit einem mitfühlenden Blick quittierte.

„Anderes Thema, wer sind denn die anderen beiden Jungs neben Nathan?"

Adas Blick wanderte zur Bühne hinüber. „Der mit den Tattoos an den Armen und dem Grinsen, das Lucas Konkurrenz macht, ist Ewan. Ich habe ihn noch nie schlecht gelaunt erlebt, er ist wirklich ein Sonnenschein", sie grinste.

Brianna nickte. „Und der andere?"

„Äh", begann Ada, weil ihr für einen Moment die Worte fehlten, „Das ist Reece."

Brianna zog eine Augenbraue nach oben. „Bitte nicht so viele Infos auf einmal."

Ada lachte. Sie fühlte sich mit einem Mal irgendwie verlegen. „Hmm, Reece ist das komplette Gegenteil von Ewan. Er wirkt immer wie ein mürrischer, alter Opa, der auf nichts Lust hat. Aber ich glaube, das ist eher so eine Fassade. Als ich mich mit ihm unterhalten habe, war er immer sehr höflich und charmant."

Als Ada Briannas Blick bemerkte, hätte sie ihre Worte am liebsten wieder zurückgenommen.

Charmant?", wiederholte ihre Freundin mit einem breiten Grinsen und stützte ihr Kinn in ihrer Hand ab. „Erzähl mir alles."

Ada starrte Brianna entgeistert an und schob dann ein nervöses Lachen hinterher. „Da gibt es nichts zu erzählen, ich kenne ihn doch kaum."

Brianna lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und musterte sie, als wäre sie ein hochkompliziertes Forschungsobjekt. „Du hast dich also endlich, nach diesem Arschloch Bryce, in jemanden verguckt."

Ada riss die Augen auf und schüttelte heftig den Kopf. „Ich? Nein, ganz sicher nicht! Wie gesagt, ich kenne ihn kaum! Ich habe nur ein paar Mal mit ihm gesprochen, mehr war da nicht."

„Das heißt ja nicht, dass du dir nicht wünscht, dass da mehr gewesen wäre", konterte Brianna, woraufhin Ada ihren Mund öffnete und wieder schloss. Ihr Gesicht lief rot an. Brianna grinste wissend.

Zum Glück wurde diese Tortur im nächsten Moment endlich beendet, als Lucas nun zur Band auf die Bühne stieg und Briannas Aufmerksamkeit von ihr weggelenkt wurde. Ada atmete erleichtert aus, bevor sie ihren Blick ebenfalls nach vorne richtete.

„Guten Abend und herzlich Willkommen zu einem weiteren Samstag, an dem wir neben guten Getränken, auch gute Musik genießen dürfen. Heute habe ich euch etwas Frischfleisch mitgebracht. Bitte begrüßt mit mir Serendipity!", rief Lucas gut gelaunt ins Mikro, bevor er aus dem Scheinwerferlicht verschwand, um der Band Platz zu machen.

Nach seinen Worten klatschten Brianna und Ada gemeinsam mit dem Rest der Bar, bevor sich einen Moment Stille über das Lokal legte. Unwillkürlich hielt sie den Atem an.

Ewan gab den anderen ein Zeichen, woraufhin er, Nathan und Reece zu spielen begannen. Ada selbst hatte leider relativ wenig mit Musik zu tun. Dennoch fiel ihr auf, dass sich die drei bereits wie ein eingespieltes Team anhörten und das obwohl sie wusste, dass die Proben mit Nathan, als neuem Bandmitglied, bisher nur vereinzelt stattgefunden hatten. Dennoch klang es so, als ob diese Konstellation schon immer so bestanden hätte.

Ein paar Augenblicke später begann Nylah zu singen und unwillkürlich bekam Ada Gänsehaut. Sie hatte von vornerein gewusst, dass die schwarzhaarige Frontsängerin etwas auf dem Kasten hatte, dennoch war sie beeindruckt.

Gespannt lauschte sie, wagte es beinahe nicht zu atmen. Sie hatte es schon immer großartig gefunden, wenn jemand musikalisch veranlagt war – vermutlich, weil sie selbst weit davon entfernt war. Ada wusste, dass ihre Stärken woanders lagen, doch für einen Moment bereute sie, dass sie damals als Kind nicht zum Klavierunterricht gegangen war, wie es ihre Mutter immer gewollt hatte.

Ada schüttelte den Kopf, um diese Gedanken beiseite zu schieben und konzentrierte sich wieder auf die Musik. Ihre Augen huschten über die einzelnen Bandmitglieder hinweg und ohne, dass sie es verhindern konnte, blieb ihr Blick bei Reece hängen. Sein Blick war gerade nach unten auf seine Gitarre gerichtet, weshalb ihm seine blonden Haare leicht in die Stirn fielen. Seine Arme und Finger bewegten sich scheinbar mühelos. Es ärgerte Ada, dass ihr auffiel, wie sich die Muskeln an seinen Armen bei gewissen Griffen anspannten.

Am Anfang hatte sie nicht gewusst, was sie von dem Riesen – nein, wirklich! Neben seinen 1,90 cm sah Ada aus wie ein Zwerg – hatte halten sollen. Aber je länger sie ihn kannte, je öfter sie sich mit ihm unterhielt, desto mehr merkte sie, dass sie ihn womöglich etwas zu interessant fand.

Just in diesem Moment, als hätte er ihre Gedanken, die um ihn kreisten, gehört, blickte Reece auf. Seine braunen Augen, die in diesem Licht beinahe schwarz wirkten, richteten sich auf sie und im selben Moment setzte ihr verräterisches Herz für einen Moment aus. Nur um dann, doppelt so schnell wie davor, weiterzuschlagen.

Obwohl zwischen ihnen einige Meter Abstand waren, da ihr Tisch sich nicht direkt vor der Bühne befand, war es, als ob sie direkt vor ihm stehen würde. Ihr wurde heiß und sie fühlte sich mit einem Mal entblößt.

Langsam bildete sich auf Reece Lippen ein träges Lächeln und Ada war nicht fähig wegzusehen. Sie wollte es gar nicht.

„Da läuft nichts, schon klar", hörte sie ihre Freundin neben ihr sagen.

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