Wir betraten diesen geschmückten irischen Pub und sofort wurde Odran von mehreren Männern empfangen, die anscheinend Geschäftspartner meines Vaters waren.
Ich kannte niemanden und vermutlich wusste auch niemand, wer ich war, denn ich glaubte kaum, dass Cathan mich je erwähnt hätte.
Das machte mir aber nichts aus. Für so einen Mann war es eben nicht leicht, über solch eine Fehltritt zu sprechen. Ich vermutete auch, dass er jedesmal, wenn er mich ansah, sich selbst hasste, seine Frau hintergangen zu haben.
Mit diesen Gedanken im Kopf schaute ich mich genauer um und erkannte in der hinteren Ecke des Raumes ein großes Bild von ihm, um welches Kerzen und kleine Gläser mit Schnaps standen.
Ja, die Iren nahmen wirklich seltsam Abschiedsworte von geliebten Menschen...
Oder waren nur wir so? Keine Ahnung...
Der Rest des großen Raumes war leer geräumt. Die Holztische und Stühle wurden allesamt an den Rand geräumt, damit die Trauernden Platz genug hatten, um sich hier zu entfalten.
Da Odran bei den Männern stehenblieb und sie ihm allesamt ihr Beileid aussprachen, machte ich es mir an der dunklen Theke bequem, wo mich sofort die etwas mollige Barfrau mit den roten Haaren anlächelte.
"Was darfs sein, Kleiner", zwinkerte sie aufmunternd und ich zeigte auf eine Flasche Bier hinter ihr, die sie mir freundlich vor mir auf den Tresen stellte. Ich wollte es gerade in meine Hand nehmen, da erschrak ich kurz, als ich ihre Hand an meiner spürte und sah sie fragend an.
"Dein Vater war ein Guter", meinte sie nur mitfühlend und streichelte dabei mit ihrem Finger über meinen Handrücken, um sich mit einem letzten wehmütigen Blick auf mich gerichtet wieder den anderen Gästen zuzuwenden.
Anscheinend kannten mich doch einige Leute...
Immer wieder nahm ich einen Schluck meines Getränks, lauschte dabei der ruhigen irischen Musik und beobachtete Odran, der voll mit Schmerzmitteln war. Anders hätte er sich wohl kaum so lange auf seinem verletzten Fuß halten können.
Obwohl... Wahrscheinlich doch. Odran war unzerstörbar...
Und dann, nach einiger Zeit, in der mich mich vollkommen einsam fühlte, wurde Odran gebeten, etwas über den Verstorbenen zu erzählen.
Ich richtete mich auf, sah genau wie die anderen in Richtung Odran, der sich neben Cathans Bild aufstellte und war schon gespannt, was er so zu erzählen hatte.
Zum Glück hatte er schönere Erinnerungen an unseren Vater als ich, denn ich hätte nichts zu ihm sagen können.
Odran strich nervös über seinen Anzug, sah dabei das Bild an und nahm sich mit zitternder Hand eines der Gläser, um es mit Schnaps zu füllen, ehe er es vor sich hielt und mich dabei ansah.
"Er war ein großartiger Geschäftsmann, der steht's bemüht war, seinen Söhnen alles ermöglichen zu können. Er war ein liebender Ehemann und liebender Vater und es tut mir unfassbar weh, Rian heute nicht hier zu haben. Er hätte sicher mehr zu sagen, oder eher gesagt, fallen ihm die besseren Worte in solch Situationen ein. Ich ...."
Ich wollte Odran weiter zuhören, doch ich spürte plötzlich eine Hand an meinem Rücken und drehte mich verwundert zur Seite, um direkt in Mandys blaue Augen zu sehen, die mich aufmunternd anlächelte und ihren Kopf an meiner Schulter ablegte, während sie sich Odran zuwandte.
Hinter ihr tauchte nun auch Chiara auf, die Tränen in den Augen hatte, während sie ihren Geliebten dort vorne stehen sah.
Beide hatten sie schwarze Kleider an und obwohl ich am liebsten etwas gesagt hätte, wandte ich mich schweigend wieder Odran zu und war mehr als nur dankbar, dass Mandy hierher gekommen war.
Odrans Blick wanderte zu Chiara und als er plötzlich in ihren Augen gefangen mit seiner Rede ins Stocken kam, schüttelte er kaum merklich seinen Kopf und hielt das Schnapsglas wieder vor sich.
"Auf meinen Vater."
Odran trank als erster, wandte sich noch Mal an das Bild zu und stellte den kurzen direkt davor ab, ehe er sich einzelne Tränen aus dem Gesicht wischte und direkt auf Chiara neben uns zukam, die ihn tröstend in ihre Arme schloss.
"Soll ich dich begleiten?", wollte Mandy wissen, doch ich schüttelte sofort den Kopf und gab ihr anschließend einen Kuss auf ihre Stirn.
"Ich gehe vor, wenn alle anderen fertig sind. Das beste kommt immerhin zum Schluss", lächelte ich gequält und als Odran plötzlich mit seinem traurigen Ausdruck vor mir stand, nahm ich ihn fest in meine Arme und versuchte für diesen Moment für ihn da zu sein. "Das war eine schöne Rede, Bruder."
"Rian hätte die halten sollen", flüsterte er mir leise ins Ohr und atmete danach tief durch, während er sich wieder von mir löste und Chiara seine Hand reichte. "Ich möchte dich einigen Partnern vorstellen."
Die beiden verschwanden zwischen den Leuten und Mandy nahm direkt vor mir auf dem Hocker Platz, um mich von oben bis unten zu Mustern.
"Kein Hemd?", wollte sie grinsend wissen und zupfte dabei an meinem dunklen Shirt, was mich ebenso zum Schmunzeln brachte.
"Nein, er soll sich ja aus Schock nicht im Grab umdrehen. Am besten so gekleidet, wie er mich eben kannte."
Sie hob eine Braue und schüttelte den Kopf leicht über meine Aussage, ehe sie sich der Barfrau zuwandte und sich einen Weißwein bestellte.
Wir saßen dann einfach eine Weile schweigend da, lauschten der Musik, streichelten unsere Hände und beobachteten Chiara, wie sie schüchtern zwischen den ganzen Leuten stand und Odran sie als seine Zukünftige vorstellte.
"Oh mein Gott!", meinte Mandy aber plötzlich mit dem Blick auf einen Mann gerichtet und warf ihre blonden Haare nach vorne, um sich sofort zu mir zu drehen, als wäre sie auf der Flucht vor etwas .
"Sag nicht, dass du noch einen irren Ex Mann hast?!", wollte ich sofort mit dem Blick über ihre Schulter gerichtet wissen und sah mir den Mann dabei genauer an.
Er hatte einen fucking Schnurrbart und graue Haare. War das echt Mandys Typ?!
"Nein du Idiot!", lachte sie plötzlich und hielt sich erschrocken über sich selbst die Hände vor den Mund, wodurch nur noch ein erstickendes Grunzen aus ihr herauskam, dass so süß war, dass ich fast auch noch laut los gelacht hätte.
"Komm, wir gehen eine rauchen", versuchte ich mich zusammenzureißen und zog sie hinter mir her nach draußen, wo die Sonne mir direkt ins Gesicht knallte. "Also, wer war das?"
Ich stellte mich ihr gegenüber und machte mir eine Zigarette an, während sie sich langsam beruhigte.
"Ich darf nicht darüber sprechen", meinte sie plötzlich entschuldigend und ich legte nur einen Gesichtsausdruck auf, der ihr nur zu gut zeigte, dass es mir egal war, ob sie darüber sprechen durfte, was sie auch sofort verstand.
"Er ist ein Patient", erklärte sie und nun wurde ich wirklich hellhörig.
"Und? Was ist daran so lustig?"
"Er ist kein Mann."
Ich starrte sie verwirrt an und sah zu der Tür neben uns, weil ich einfach überhaupt nicht verstehen konnte, was sie da meinte.
"Was?"
"Mein Gott, Senan. Er ist eine Frau, sie sich als Mann ausgibt."
"Er hat einen Schnurrbart!", widerlegte ich ihre Aussage.
"Sie hat einen Schnurrbart meinst du wohl", kicherte Mandy wieder und ich wusste echt nicht, was daran so lustig sein sollte.
"Sag mal Mandy", dämmerte es mir langsam denn ich wusste, was Keeva heute vorhatte und sah es auch in Mandys Augen. "Hast zu zufällig von den Muffins gegessen, die Keeva für Rian und seine Schmerzen gemacht hatte?"
"Ja, wieso?", lachte sie plötzlich wieder so laut, dass ich sogar von diesem Ton leicht zusammenzuckte.
"Wir müssen nach Hause", meinte ich nur noch und legte ihr meine Hand auf den Rücken, um mir selbst auch ein Lachen zu verkneifen. Ich wusste ja, dass Keeva Hanfmuffins machen wollte, da sie Rian einige seiner Schmerzen nehmen wollte, dass Mandy diese aber isst, hätte ich nicht gedacht.
"Nein, ich will noch bleiben", kicherte sie und zeigte dabei auf den Pub, den sie plötzlich viel zu lange anstarrte, als wäre sie gar nicht mehr richtig da.
"Wie viele hast du denn gegessen. Von den Muffins meine ich", wollte ich wissen und sah sie fragend an, doch sie zuckte nur mit den Schultern.
"Auf dem Weg 2 Stück, wieso?", erklärte sie langsam und wandte ihren Blick wieder auf mich. "Was hast du denn mit diesen Muffins die ganze Zeit? Wenn du welche willst, Keeva hatte sie vergessen. Chiara hat den Korb mitgebracht. Er steht drinnen auf der Theke."
"Waaaaas?!?!!"
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