59. Genießer

"Bist du soweit?"

"Ja."

Odran stand auf mich wartend an meiner Zimmertür und richtete gerade noch sein weißes Hemd, um sich anschließend durch seine dunklen Haare zu fahren, während ich mich noch Mal Mandy zuwandte, die genau wie die anderen noch tief und fest schlief.

Ich hauchte ihr einen sanften Kuss auf ihre Stirn, zog die Decke bis über ihre Schultern und schnappte mir noch mein Handy von der Nachtkommode, um mit Odran gemeinsam in den Flur zu verschwinden.

"Rian sollte dabei sein", meinte dieser tief durchatmend und nachdem wir die Treppen nach unten genommen hatten, hielt ich kurz inne und sah durch die Fensterfront hinaus zum Meer.

Die Sonne stand schon weit oben. Die Wellen gingen ganz ruhig und irgendwie faszinierte mich dieser wunderschöne Anblick.

Ich wollte dieses Bild tief in meinem Verstand verankern. Die Ruhe vollkommen in mich aufnehmen und ich wusste auch, wieso das so war.

Es würden nämlich Veränderungen kommen.

Veränderungen, die ich nicht wahrhaben wollte, auch wenn ich nach ein paar Stunden Schlaf wirklich Keeva nachgeben und Recht geben musste.

Hier hatten wir alle keinen Platz mehr. Mit zwei Brüdern war das noch in Ordnung, doch jetzt lebten hier auch noch drei wunderbare Frauen und das tapferste, niedlichste Mädchen der Welt.

Wir brauchten wohl alle mehr Luft zum Atmen...

"Kommst du?"

Ich riss meinen Blick nur widerwillig von dem hellblauen Himmel, zog mir noch schnell eine dünne rote Jacke über mein schwarzes T-Shirt und folgte Odran anschließend nach draußen, der mich für einen Moment kritisch musterte.

"Was?", wollte ich auf seine Blicke hin wissen und er zeigte sofort auf seinen Zweitwagen, den Mercedes.

"Das Teil ist absolut beschissen. Ich will meinen Porsche zurück!"

"Ja, schon gut. Jake bringt ihn heute vorbei", beruhigte ich ihn und verdrehte dabei meine Augen kaum merklich. "Dir ist schon klar, dass es Menschen gibt, die sich nicht Mal ein Fahrrad leisten können und du beschwerst dich darüber, einen Mercedes zu fahren."

"Ich habe hart dafür gearbeitet, Senan. Nicht körperlich, aber seelisch und ich habe es mir verdient, auf weichen, gemütlichen Leder zu sitzen, während ich die Straße unter meinem Arsch spüre."

Da hatte er wohl Recht...

Wir stiegen ohne weiter über die Autos zu diskutieren in den Mercedes und fuhren sofort los zu der Kneipe, in der die Bestattung stattfinden sollte.

Kein Friedhof... Keine Trauer... Nur jede Menge fremde Leute, die Schnaps auf den Verstorbenen tranken und zu lauter, irischer Musik tanzten.

So war das nunmal bei uns.

Gedankenverloren rauschten wir durch die breiten Straßen Dublins und während Odran immer wieder auf sein Handy starrte, beobachtete ich diese sorglosen Menschen auf den Gehwegen, die lachend mit ihren Einkaufstüten durch sie Welt spazierten, als wäre das Leben überhaupt nicht anstrengend für sie. Wir gerne wäre ich auch so sorglos gewesen.

Als mein mein Handy dann einen kurzen Ton von sich gab, wandte ich meinen Blick vom Fenster und sah an mir herunter.

Ich kramte es aus der Tasche meiner schwarzen Jeans, entsperrte es kurz darauf und sah sofort eine Nachricht von Mandy aufblinken.

Ich hoffe, dass es dir gut geht und das du diesen Tag mit deinem Bruder gemeinsam gut überstehst. M

Mein Handy dämlich angrinsend schickte ich ihr ein Herzsmily zurück, dass leider nicht im Geringsten hätte ausdrücken können, was ich für sie empfand.

"Was gibt's zu grinsen?", fragte Odran plötzlich von der Seite und stieß mir dabei seinen Ellbogen leicht in meine Seite, wodurch ich ihn sofort herausfordernd ansah.

"Woher hast du noch so viel Energie. Dachte nach letzter Nacht -"

"Pssssst", unterbrach er mich mit hochgezogener Braue und lachte anschließend kurz auf. "Ein Gentleman genießt und schweigt."

"Ernsthaft?", gab ich amüsiert von mir und sah ihn dabei skeptisch an. "Ich wünschte diese Erkenntnis hättest du schon letzte Nacht gehabt."

"Du Idiot", boxte er mir gegen meinen Arm und ich musste mich wirklich zusammenreißen, nicht noch weitere Sprüche gegen ihn zu feuern.

Er würde mich sonst sicher aus dem fahrenden Auto schmeißen, denn wenn Odran eins nicht leiden konnte, dann, wenn man über sein Sexleben sprach...

und wenn man seine Muffins aß.

Irgendwie erinnerte er mich mit diesen zwei Eigenschaften leicht an das Krümelmonster.

"Ich hör schon auf.... Krümel", gab ich ihm noch grinsend zurück und erfreute mich an seinem dämlichen Gesichtsausdruck, während er den Wagen am Straßenrand parkte, ich die geschmückte Kneipe vor uns erblickte und die gute Stimmung nun irgendwie hinter uns lag.

"Denkst du er sieht uns von oben zu?", wollte Odran leicht besorgt wissen und sofort schüttelte ich den Kopf und öffnete meine Tür.

"Wenn dann von unten", antwortete ich ihm und ja, ich hasste mich selbst gerade so zu ihm zu sein, aber das war nunmal meine Art mit solchen Dingen umzugehen. Lieber ließ ich meine dämlichen Sprüche ab, als den nächsten Drogendealer hier in den Seitengassen zu suchen, um es irgendwie zu verkraften.

"Er wird dich sicher heimsuchen", meinte Odran nur trocken auf meine Aussage und nachdem wir ausgestiegen waren, sah ich ihm über das Autodach entgegen.

"Dafür wäre er sich viel zu fein."

"Da hast du Recht."

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Sorry, nur ein kurzes ! Die nächsten werden wieder länger und ja, wir nähern uns so langsam dem Ende 😱😱😱 ich hab Angst !!!

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